gb-1828-08-04-01
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Linköping, 6. Juli und 4. August 1828
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 Doppelbl.: S. 1-7 Brieftext; S. 8 Adresse, 4 Poststempel [frco. (?)] [LINKÖPING], [GREIFSWALD / 16 / 8], [N 1 / 18 / 8], 2 Siegel.
Briefteil vom 6. Juli 1828: Unbekannt (Sophia Carolina Kernell?). Briefteil vom 4. August 1828: Adolf Fredrik Lindblad.
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Felix Mendelssohn
Bartholdy.
Leipziger Strasse N° 3.
Berlin.d:6 .
July1828
LiebsterFreund!
So lange habe ich
interessant, daß
Briefzu beantworten, und dadurch die Veranlaßung eines neuen zu geben.
Und
Qvartett
Qvartettist mir, auch ohne deine
Comentarien, nur wie ein Stück vorgekommen. Ich habe es so oft durchgelesen und durchgespielt, (wenn nähmlich meine Art zu spielen diesen Nahmen verdienen kann) daß ich es fast ganz auswendig weiß, welches bey mir viel ist, denn so genau kenne ich selbst meine eigene Sachen nicht. Über Einzelheiten kann und will ich nicht sprechen, denn ich möchte sagen, es sind keine darinn. aber das Ganze ist dem
aus dem Munde genommen oder aus der Seele gesprochen, wie der Deutsche schöner sagt. Es ist verfluchtBeethoven
Beethovensch. Das wird dich nicht beleidigen daß ich dir dies sage, denn du hast es mir ja gelernt, wie dieße
Originalitätwonach der
Pöbel(der kritische nähmlich) schreit zu haßen und zu fliehen ist.
Felix! Musik. Ist nicht eben diese Sentimentalität, wovon wir so oft gesprochen der Punkt worauf alles zurückzuführen, selbst der Blick der Seele. Daß du es bey dieser „gewißen Einfachheit im Singen erkannt hast ist sehr wahr ausgesprochen und in deinem Liede liegt der Beweis klar und kurz, im Qvartett ist er noch mehr ausgeführt. Dies Qvartett mahlt nicht wie
operation, es tropfelt das Blut nicht über eine Schaale warmes Waßer, sondern herunter auf ein reiches Blumenbett, und das Gemach ist keine Barbierstube, sondern die grüne belebte Welt. Dies und taußend Sachen mehr hat
Beethovenin die
Musikgelegt, und das Du es auch thüst ist kein Fehler, denn hätte ein Verständiger es in Worten ausgedrückt würde man das Leben selbst so wie der Lebendige es fühlt, wiedererkannt haben, und dies muß
Der Schluß des ersten und letzten SatzesMomente für mich und wie all das vorige zusammenkommt, da schneide ich fürchterliche Gesichter. Felix! Daß ich Dich ein einziges Mal in meinem Leben wiedersehen könntest!
Die Leute verstehen dies, wie Du es denken kannst nur halb und halb, wollen hie und da mehr melodie, (Nimm es Ihnen nicht übel!) sprechen von gar zu grellen
Dissonanzen,
BeethovenscheForm staunen insgesamt über
Musikverstehen auf meine Weise; denen gefällt es ganz und sie hoffen alle mit mir Du wirst die
Musikerlösen. – Du hast hier sonst einen großen Ruf und eine
Damehat die Stimmen aus dem
Partiturdeines
Qvartettsgezogen.
Über die Ausführung deiner SommerNachtsTraumsouverturemusicalisch nicht viel mehr zu sagen, als daß sie, nach achtmahliger Probe dennoch ziemlich schlecht ging, und hauptsächlich darum weil der Geigen zu wenige waren. Gefallen hat sie, im Allgemeinen, sehr, aber verstanden ist sie wenig da fast das ganze Publikum mit dem Drama unbekannt gewesen. Die Bläser waren beßer als ich sie in Berlin gehört sogar das Englische Horn, aber, wie gesagt, die Geigen waren zu schwach. Dem Cousine
Es hat mich sehr gefreut daß
Kantate
Ich sitze fest; Mit Blumenbunde (, nennens die Dichter) ward ich den ten MayMusik zu fapriciren
schicke ist ein Beweis davon. –Magnus
Redens
Sophieund ich die ersten
Cousinedie sie kennt.
Nun lebe ich auf dem Lande, sonst in Stockholm, wo ich nach methode unterichte in der Musik. – ich finde diese Methode vortrefflich als Elementar unterricht und
Logierhat am besten von Allen die Aufgabe gelöst eine
zu schreiben. Seinemusikalische Gramatik
Accordenlehre ist durchaus die beste, die kürzeste und die
consequenteste, was hierinn praktisch ist gut
Composition
Systemewäre
Die
Magnusschicke gefällt mir beßer wie
hierüber zu sprechen? Wenn er wollte, dem wäre dies ein leichtes. – Der letzte Satz in dieser Sonate gefällt mir nicht übel. d. h. in dem Ton das es angiebt. In jedem Falle so schreibe mir etwas darüber. Du kannst verstehen wie dieses mich freuen und aufmuntern würdest. Willst Du an derMarx
etwas ändern im
SonateVon deiner Cousine und von Brandel der mich
Berlinnichts
Musikalienaufgefrischt und neu belebt zu sehen. Es ist ja nicht mehr nöthig daß ich sage wie sehr ich Euch alle liebe, dies geht bey mir so weit daß ich auch jedem verzeihe den ich ehemals nicht gut leiden konnte. – Was mich zuweilen wehe thut ist das ich fast die ganze Zeit mußte krank seyn wie ich in
Berlinwar –
– Außer diese Sonate habe ich noch 2,
Duettefürs Klavier und Geige
Violin Qvartette
Qvintuor
–
Ouverture
.Rietz
Ad.Fr. Lindblad.
d.4
August.
Einen ganzen Monath ist vorüber seitdem ich das vorige geschrieben habe. und noch ist der Brief nicht abgesandt. Mir ist es auch wirklich als ob ich ihn gar nicht absenden wolltest. Ach! um wie viel lieber ginge ich nicht selbst. Die ganze Zeit habe ich auf den Lande verlebt in einer sehr schönen Gegend wo mir die schöne Natur und das liebvolle Wesen meiner Gattin Ersatz geben muss für den Mangel an musikalische Mittheilung. Nun habe ich wieder angefangen zu lesen, ich hatte es wirklich in ein paar Jahren nicht gethan. Der Shakespeare hällt mich mit eisernen Klauen fest. Es kann unmöglich etwas Höheres geben. Es ist die reinste Wahrheit und dabey noch immer die schönste Dichtung. Die Menschen bewegen sich wie andere Mennschen aber wie sie zu einander stehen gewinnt jeder einen grösseren bedeutungsvolleren Carakter und durch das ganze Stück geht ein Duft der rein musikalisch ist und sogar das Grellste was es giebt hat bey Shakespearen einen Klang. Es ist einfälltig bey mir dass ich darüber spreche,
Fast bereut es mir dass ich dir die Sonate sende, sie ist doch auch gar nichts werth, ich möchte jetzt dir lieber die andern Sachen schicken, aber da sie einmal ordentlich abgeschrieben ist so mag sie fahren. – Ich habe noch immer deine Ermahnung im Gedächtniss, dass ich nicht zu frühe uber die Form hinaus schreiten soll, und diess |7|
Deine Elternund deine Geschwister bitte ich nochmals recht herzlich zu grüssen.
Und nun Lebewohl.
Dein treuer
Ad. Fr. Lindblad.Wenn Du an Edelmuth reich bist so schreibe mir bald und sage mir doch etwas von meiner Sonate. Wie neugierig ich darauf bin kannst Du verstehen da ich seitdem ich in Berlin g war, über Musik kein gescheidteres Wort als mein eigenes gehört habe. Liebster Felix! Schreibe mir bald! –
Ich kan kaum schliessen. Ich muss dir auch sagen wie ich die neuen Klavier Componisten hasse, alle miteinander, und der Philister Haupt der Hummel insonders. Diesse elegante Bestialität die sich in seinen oratorisch frivolen Styl mit offenbahrt ist mir unendlich mehr zuwider als Rossinis liederliches Vagabundenleben. Es ist einen Hauptfehler bey mir dass ich’s nicht lassen kann mich über diesse Leute zu ärgern, da ich doch weiss wie wenig sie der Kunst anthun.
d: 6 July 1828. Liebster Freund! So lange habe ich deinen Brie f unbeantwortet gelaßen! Wie das gekommen weiß ich kaum und meine über alle Maaßen gehende Saumseligkeit wird fast dadurch interessant, daß ich, über alle Eindrücke erhaben, bis zu diesem Grade unbezwingbar ist, denn der eine Theil meines Wesens, den ich, wäre diese fürchterliche Trägheit nicht, für den ganzen halten würde, hat nichts sehnlicheres gewünscht als eben deinen lieben Brief zu beantworten, und dadurch die Veranlaßung eines neuen zu geben. Und deinen Qvartett ! Du kannst es glauben, ich habe es für keinen Spaas angesehen, daß ich wirklich durch dich eine Abschrift dießes Stückes bekommen, ich sage mit Fleiss, dieses Stückes, denn das ganze Qvartett ist mir, auch ohne deine Comentarien, nur wie ein Stück vorgekommen. Ich habe es so oft durchgelesen und durchgespielt, (wenn nähmlich meine Art zu spielen diesen Nahmen verdienen kann) daß ich es fast ganz auswendig weiß, welches bey mir viel ist, denn so genau kenne ich selbst meine eigene Sachen nicht. Über Einzelheiten kann und will ich nicht sprechen, denn ich möchte sagen, es sind keine darinn. aber das Ganze ist dem Beethoven aus dem Munde genommen oder aus der Seele gesprochen, wie der Deutsche schöner sagt. Es ist verflucht Beethovensch. Das wird dich nicht beleidigen daß ich dir dies sage, denn du hast es mir ja gelernt, wie dieße Originalität wonach der Pöbel (der kritische nähmlich) schreit zu haßen und zu fliehen ist. Lieber Felix! Giebt es eine recht große wahre Schönheit, sie mag in dießer oder jener Form erscheinen, die nicht in deinem Liede mitklingt und einstimmt? Es giebt keine, oder ich habe gar keinen Begriff von Musik. Ist nicht eben diese Sentimentalität, wovon wir so oft gesprochen der Punkt worauf alles zurückzuführen, selbst der Blick der Seele. Daß du es bey dieser „gewißen Einfachheit im Singen erkannt hast ist sehr wahr ausgesprochen und in deinem Liede liegt der Beweis klar und kurz, im Qvartett ist er noch mehr ausgeführt. Dies Qvartett mahlt nicht wie deinen Sommernachts Traum, und dennoch möchte man wohl den warmen Sommer und sogar die Nacht und den Mondschein darinn finden. Es jammert wohl und man fühlt die rothe Herzenswunde bluten, aber er ist keine verdammte operation, es tropfelt das Blut nicht über eine Schaale warmes Waßer, sondern herunter auf ein reiches Blumenbett, und das Gemach ist keine Barbierstube, sondern die grüne belebte Welt. Dies und taußend Sachen mehr hat Beethoven in die Musik gelegt, und das Du es auch thüst ist kein Fehler, denn hätte ein Verständiger es in Worten ausgedrückt würde man das Leben selbst so wie der Lebendige es fühlt, wiedererkannt haben, und dies muß es ja seyn wonach die Kunst strebt. – Ein Stück Leben in Noten aber ist kein Spaas ……… Die Musiker gehen um den Gott der Tonkunst herum und kitzeln ihn von allen Seiten. Wie wenigen aber thut er die Augen auf? Der Schluß des ersten und letzten Satzes sind nun ganz ungeheure Momente für mich und wie all das vorige zusammenkommt, da schneide ich fürchterliche Gesichter. Felix! Daß ich Dich ein einziges Mal in meinem Leben wiedersehen könntest! Die Leute verstehen dies, wie Du es denken kannst nur halb und halb, wollen hie und da mehr melodie, (Nimm es Ihnen nicht übel!) sprechen von gar zu grellen Dissonanzen, Beethovensche Form staunen insgesamt über für die Ausführung, loben es sehr und spielen es fünf Mal nach einander. Ich habe drey Freunde die ich sehr liebe und die Musik verstehen auf meine Weise; denen gefällt es ganz und sie hoffen alle mit mir Du wirst die Musik erlösen. – Du hast hier sonst einen großen Ruf und eine Dame hat die Stimmen aus dem Partitur deines Qvartetts gezogen. Über die Ausführung deiner SommerNachtsTraumsouverture ist musicalisch nicht viel mehr zu sagen, als daß sie, nach achtmahliger Probe dennoch ziemlich schlecht ging, und hauptsächlich darum weil der Geigen zu wenige waren. Gefallen hat sie, im Allgemeinen, sehr, aber verstanden ist sie wenig da fast das ganze Publikum mit dem Drama unbekannt gewesen. Die Bläser waren beßer als ich sie in Berlin gehört sogar das Englische Horn, aber, wie gesagt, die Geigen waren zu schwach. Dem hat sie gefallen. Deine Cousine mag dir wohl mehreres hierüber geschrieben haben. – Es hat mich sehr gefreut daß deine, solch ein Eindrück auf den Leuten gemacht, ich kann mich das wohl denken wie dieses dir muß sehr angenehm gewesen seyn. – Nun wann geht die Reise an? Wohin? ich freue mich ungemein darüber. Das wird nun ein reiches Leben werden. Ach! wenn Du mir etwas davon schriebest! Ich sitze fest; Mit Blumenbunde (, nennens die Dichter) ward ich den 15ten May gebunden. Da war nähmlich mein Hochzeittag, aber auch wirklich der schönste Tag meines Lebens. Es ist doch ganz anders an der Seite eines liebenden Mädchens Musik zu fapriciren machen als alleine, meine letzte Sonate, die ich dir mit Magnus schicke ist ein Beweis davon. – Meine Frau ist in der That gar zu gut für mich. ich sehe es darin, daß spä, da wir nur zwey Monathen verheirathet waren, mir alle meine Freunde be beraubt und sie zu den Ihrigen gemacht; so würdest es auch Dir gehen, wenn Du hier wärest. Wenn du dich nicht den Sommernachtstraum Frau von Redens erinnern wolltest möchte ich dir wohl erzählen, daß meine Sophie und ich die ersten Nachte wachend traumend uns singend fragten „Ist es wahr?„ Verzeihe wenn wir uns noch so fragen und auch nach Jahren keine Antwort darauf gefunden, denn dein Lied ist uns Beyde wichtig geworden. Sie grüßt dich liebend und denkt sich dich in die Gestalt deiner Cousine die sie kennt. Nun lebe ich auf dem Lande, sonst in Stockholm, wo ich nach Logiers methode unterichte in der Musik. – ich finde diese Methode vortrefflich als Elementar unterricht und Logier hat am besten von Allen die Aufgabe gelöst eine musikalische Gramatik zu schreiben. Seine Accordenlehre ist durchaus die beste, die kürzeste und die consequenteste, was hierinn praktisch ist gut seine weitere Anleitung zur Composition taugt den Teufel nichts. An seinem Systeme wäre übrigens noch vieles hinzuzusetzen. Die Sonate die ich mit Magnus schicke gefällt mir beßer wie die zwey vorigen darum mochte ich sie so gar stechen laßen damit meine Unsterblichkeit bey Lebenszeiten anfinge. Wolltest Du mir die Freundschaft zeigen und einen Verleger anschaffen (auf ein Honorar mache ich natürlich keine Ansprüche) so wäre ich glücklicher als auszusprechen ist. Es ist mein völligem Ernst daß ich die Sonate mochte stechen laßen, nähmlich wenn sie dir nicht ganz mißfällt. Wolltest Du wohl so gut seyn mit dem thäthigen Freunde Marx hierüber zu sprechen? Wenn er wollte, dem wäre dies ein leichtes. – Der letzte Satz in dieser Sonate gefällt mir nicht übel. d. h. in dem Ton das es angiebt. In jedem Falle so schreibe mir etwas darüber. Du kannst verstehen wie dieses mich freuen und aufmuntern würdest. Willst Du an der Sonate etwas ändern im dem Falle das ein Verleger sich würde finden so thue das. Von deiner Cousine und von Brandel der mich grüßte brachte von dir habe ich gehört welchen freundschaftlichen Antheil deine Frau Mutter und deine Schwestern an mich nehmen. Da ich aus Berlin nichts zurückgelassen mitgenommen als die Erinnerungen an Dich und den Deinen freut es mich um so mehr diese durch Grüße Briefe oder Musikalien aufgefrischt und neu belebt zu sehen. Es ist ja nicht mehr nöthig daß ich sage wie sehr ich Euch alle liebe, dies geht bey mir so weit daß ich auch jedem verzeihe den ich ehemals nicht gut leiden konnte. – Was mich zuweilen wehe thut ist das ich fast die ganze Zeit mußte krank seyn wie ich in Berlin war – – Außer diese Sonate habe ich noch 2, ein Duette fürs Klavier und Geige, und ein ViolinLindblad, Adolf Fredrik (1801–1878) Qvartette geschrieben. jetzt bin ich mit einem Qvintuor beschäftigt was ich glaube wird nicht ganz übel werden. – Deine Ouverture ! Laß die abschreiben und schicke sie mir um alles in der Welt. – Nun Lebewohl! Grüße deinen lieben Eltern und Geschwister ganz ungeheuer von mir. Laß bald von dir hören und sage mir recht viel. – Grüße dem Rietz. Deinen treuen Freund Ad. Fr. Lindblad. d. 4 August. Einen ganzen Monath ist vorüber seitdem ich das vorige geschrieben habe. und noch ist der Brief nicht abgesandt. Mir ist es auch wirklich als ob ich ihn gar nicht absenden wolltest. Ach! um wie viel lieber ginge ich nicht selbst. Die ganze Zeit habe ich auf den Lande verlebt in einer sehr schönen Gegend wo mir die schöne Natur und das liebvolle Wesen meiner Gattin Ersatz geben muss für den Mangel an musikalische Mittheilung. Nun habe ich wieder angefangen zu lesen, ich hatte es wirklich in ein paar Jahren nicht gethan. Der Shakespeare hällt mich mit eisernen Klauen fest. Es kann unmöglich etwas Höheres geben. Es ist die reinste Wahrheit und dabey noch immer die schönste Dichtung. Die Menschen bewegen sich wie andere Mennschen aber wie sie zu einander stehen gewinnt jeder einen grösseren bedeutungsvolleren Carakter und durch das ganze Stück geht ein Duft der rein musikalisch ist und sogar das Grellste was es giebt hat bey Shakespearen einen Klang. Es ist einfälltig bey mir dass ich darüber spreche, aber noch toller dass ich es sogar niederschreibe, aber Du meistert ja nicht meine Briefe. Fast bereut es mir dass ich dir die Sonate sende, sie ist doch auch gar nichts werth, ich möchte jetzt dir lieber die andern Sachen schicken, aber da sie einmal ordentlich abgeschrieben ist so mag sie fahren. – Ich habe noch immer deine Ermahnung im Gedächtniss, dass ich nicht zu frühe uber die Form hinaus schreiten soll, und diess macht mich ängstlich. – Aber gewiss ist es, dass der Form mich sehr schwer wird, und darinn möchte wohl der klarste Beweis liegen dass mein ErfindungsVermögen in engen Banden geschlossen ist, – oder kürzer dass es matt ist. – Diess will nicht pumpen von dir: ich weiss recht wohl was Du dazu denkst und mitunter denk’ ich auch so. – Deine Eltern und deine Geschwister bitte ich nochmals recht herzlich zu grüssen. Und nun Lebewohl. Dein treuer Ad. Fr. Lindblad. Wenn Du an Edelmuth reich bist so schreibe mir bald und sage mir doch etwas von meiner Sonate. Wie neugierig ich darauf bin kannst Du verstehen da ich seitdem ich in Berlin g war, über Musik kein gescheidteres Wort als mein eigenes gehört habe. Liebster Felix! Schreibe mir bald! – Ich kan kaum schliessen. Ich muss dir auch sagen wie ich die neuen Klavier Componisten hasse, alle miteinander, und der Philister Haupt der Hummel insonders. Diesse elegante Bestialität die sich in seinen oratorisch frivolen Styl mit offenbahrt ist mir unendlich mehr zuwider als Rossinis liederliches Vagabundenleben. Es ist einen Hauptfehler bey mir dass ich’s nicht lassen kann mich über diesse Leute zu ärgern, da ich doch weiss wie wenig sie der Kunst anthun.
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1828-07-06" xml:id="date_9876ee5c-b457-4e88-8554-fbb3187b3f2a">6. Juli </date>und <date cert="high" when="1828-08-04" xml:id="date_bde7cae5-f8dd-4362-9124-277e54413cbb">4. 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Februar und 22. April 1828</name> </title>f unbeantwortet gelaßen! Wie das gekommen weiß ich kaum und meine über alle Maaßen gehende Saumseligkeit wird fast dadurch <hi rend="latintype">interessant</hi>, daß <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_606af21b-aa12-4fb4-b389-9738d1ea35a1"> <corr resp="writer">sie</corr> <sic resp="writer">ich</sic> </choice>, über alle Eindrücke erhaben, bis zu diesem Grade unbezwingbar ist, denn der eine Theil meines Wesens, den ich, wäre diese fürchterliche Trägheit nicht, für den ganzen halten würde, hat nichts sehnlicheres gewünscht als eben deinen lieben <hi rend="latintype">Brief</hi> zu beantworten, und dadurch die Veranlaßung eines neuen zu geben.</p> <p>Und <title xml:id="title_c6f1f3d0-d669-49ff-bd86-b460ed977785">deinen <hi rend="latintype">Qvartett</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_83uzsza4-pewk-kjof-ebm3-f2o5xe6qj0dv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_works_without_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100393" style="hidden">Quartett a-Moll für zwei Violinen, Viola und Violoncello, [Juli 1827] bis 26./27. Oktober 1827<idno type="MWV">R 22</idno><idno type="op">13</idno></name></title>! Du kannst es glauben, ich habe es für keinen Spaas angesehen, daß ich wirklich durch dich eine Abschrift dießes Stückes bekommen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_94dd1902-f7d3-475e-b063-0634166a5017" xml:lang="de">durch dich eine Abschrift dießes Stückes bekommen – Eine Abschrift von Mendelssohns Streichquartett a-Moll, op. 13 (MWV R 22), aus Lindblads Besitz ist nicht bekannt.</note> ich sage mit Fleiss, dieses Stückes, denn das ganze <hi rend="latintype">Qvartett</hi> ist mir, auch ohne deine <hi rend="latintype">Comentarien</hi>, nur wie ein Stück vorgekommen. Ich habe es so oft durchgelesen und durchgespielt, (wenn nähmlich meine Art zu spielen diesen Nahmen verdienen kann) daß ich es fast ganz auswendig weiß, welches bey mir viel ist, denn so genau kenne ich selbst meine eigene Sachen nicht. Über Einzelheiten kann und will ich nicht sprechen, denn ich möchte sagen, es sind keine darinn. aber das Ganze ist dem<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a639a8d5-16b2-4c27-aa2a-c118049303d8">Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden" type="person">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name></persName></hi> aus dem Munde genommen oder aus der Seele gesprochen, wie der Deutsche schöner sagt. Es ist verflucht <hi rend="latintype">Beethovensch</hi>. Das wird dich nicht beleidigen daß ich dir dies sage, denn du hast es mir ja gelernt, wie dieße <hi rend="latintype">Originalität</hi> wonach der <hi rend="latintype">Pöbel</hi> (der kritische nähmlich) schreit zu haßen und zu fliehen ist. </p> <p><seg type="salute">Lieber <hi rend="latintype">Felix</hi>! </seg>Giebt es eine recht große wahre Schönheit, sie mag in dießer oder jener Form erscheinen, die nicht in deinem Liede<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cc171ee1-86f7-4b0c-ba12-5cc44a721619" xml:lang="de">deinem Liede – Dem ersten Satz des Streichquartetts op. 13 liegt das Lied Frage MWV K 39 zugrunde. Es eröffnete später den Druck der Zwölf Lieder für eine Singstimme und Klavier op. 9 (MWV SD 3), Berlin 1830.</note> mitklingt und einstimmt? Es giebt keine, oder ich habe gar keinen Begriff von <hi rend="latintype">Musik</hi>. Ist nicht eben diese <hi rend="latintype">Sentimentalität</hi>, wovon wir so oft gesprochen der Punkt worauf alles zurückzuführen, selbst der Blick der Seele. Daß du es bey dieser „gewißen Einfachheit im Singen erkannt hast ist sehr wahr ausgesprochen und in deinem Liede liegt der <hi rend="latintype">Beweis</hi> klar und kurz, im <hi rend="latintype">Qvartett</hi> ist er noch mehr ausgeführt. Dies <hi rend="latintype">Qvartett</hi> mahlt nicht wie <title xml:id="title_2780b589-f5d8-4d75-901a-e94001bf0226">deinen Sommernachts Traum<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_37lul6bh-k5uh-8x56-2gjs-z83iydervbia"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name></title>, und dennoch möchte man wohl den warmen Sommer und sogar die Nacht und den Mondschein darinn finden. Es jammert wohl und man fühlt die rothe Herzenswunde bluten, aber er ist keine verdammte <hi rend="latintype">operation</hi>, es tropfelt das Blut nicht über eine Schaale warmes Waßer, sondern herunter auf ein reiches Blumenbett, und das Gemach ist keine Barbierstube, sondern die grüne belebte Welt. Dies und taußend Sachen mehr hat <hi rend="latintype">Beethoven</hi> in die <hi rend="latintype">Musik</hi> gelegt, und das Du es auch thüst ist kein Fehler, denn hätte ein Verständiger es in Worten ausgedrückt würde man das Leben selbst so wie der Lebendige es fühlt, wiedererkannt haben, und dies muß<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>es ja seyn wonach die Kunst strebt. – Ein Stück Leben in Noten aber ist kein Spaas ……… Die Musiker gehen um den Gott der Tonkunst herum und kitzeln ihn von allen Seiten. Wie wenigen aber thut er die Augen auf?</p> <p>Der Schluß des ersten und letzten Satzes<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ebfb7b96-e6de-43ae-9bf6-c0d9ecf19cd7" xml:lang="de">des ersten und letzten Satzes – der ersten Satz (Adagio – Allegro vivace) und der vierte Satz (Presto) aus dem Streichquartett a-Moll, op. 13.</note> sind nun ganz ungeheure <hi rend="latintype">Momente</hi> für mich und wie all das vorige zusammenkommt, da schneide ich fürchterliche Gesichter. Felix! Daß ich Dich ein einziges Mal in meinem Leben wiedersehen könntest!</p> <p>Die Leute verstehen dies, wie Du es denken kannst nur halb und halb, wollen hie und da mehr <hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">melodie</hi></hi>, (Nimm es Ihnen nicht übel!) sprechen von gar zu grellen <hi rend="latintype">Dissonanzen</hi>, <hi rend="latintype">Beethovensche</hi> Form staunen insgesamt über <del cert="high" rend="strikethrough">für</del> die Ausführung, loben es sehr und spielen es fünf Mal nach einander. Ich habe drey Freunde die ich sehr liebe und die <hi rend="latintype">Musik</hi> verstehen auf meine Weise; denen gefällt es ganz und sie hoffen alle mit mir Du wirst die <hi rend="latintype">Musik</hi> erlösen. – Du hast hier sonst einen großen Ruf und eine <hi rend="latintype">Dame</hi> hat die Stimmen aus dem <hi rend="latintype">Partitur</hi> deines <hi rend="latintype">Qvartetts</hi> gezogen.</p> <p>Über die Ausführung deiner SommerNachtsTraums<add place="above"><hi rend="latintype">ouverture</hi><name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bcef8487-d425-49b0-9abd-5aea4cb60804" xml:lang="de">die Ausführung deiner SommerNachtsTraumsouverture – Mendelssohn hatte für eine Aufführung der Ouvertüre zum Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3), Stimmen an Lindblad nach Stockholm geschickt.</note> ist <hi rend="latintype">musicalisch</hi> nicht viel mehr zu sagen, als daß sie, nach achtmahliger Probe dennoch ziemlich schlecht ging, und hauptsächlich darum weil der Geigen zu wenige waren. Gefallen hat sie, im Allgemeinen, sehr, aber verstanden ist sie wenig da fast das ganze Publikum mit dem Drama unbekannt gewesen. Die Bläser waren beßer als ich sie in <hi rend="latintype">Berlin</hi> gehört sogar das Englische Horn, aber, wie gesagt, die Geigen waren zu schwach. Dem <persName xml:id="persName_e85931b3-0559-48ea-bb5f-ced6ffcfba6f"><choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_45bb7772-c8b4-4958-937d-f08ef140b5fe"><sic resp="writer">Kronprinsen</sic><corr resp="editor">Kronprinzen</corr></choice><name key="PSN0114807" style="hidden" type="person">Schweden und Norwegen, Joseph François Oskar (Oscar) Bernadotte von (1799-1859)</name></persName> hat sie gefallen. <persName xml:id="persName_39e49b61-8222-4688-b59a-a02ee842d36c">Deine <hi rend="latintype">Cousine</hi><name key="PSN0109843" style="hidden" type="person">Benedicks, Josephine (Peppi, eigtl. Pessel) (1798-1834)</name></persName> mag dir wohl mehreres hierüber geschrieben haben. – </p> <p>Es hat mich sehr gefreut daß <title xml:id="title_f3bb6cd0-e1fd-4884-9544-b0c8c7380377">deine <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_c51b2a58-4fc5-4f3d-962f-fc2450b47c3f"><corr resp="writer"><hi rend="latintype">Kantate</hi></corr><sic resp="writer">Cantate</sic></choice><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_vwdxikci-pcji-9lbo-qpvi-myllndkidfml"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_secular_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100170" style="hidden">Festmusik (»Dürer-Festmusik«) für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, [März bis Mitte April 1828]<idno type="MWV">D 1</idno><idno type="op"></idno></name></title>, solch ein Eindrück<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>auf den Leuten gemacht,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_93249d74-2af2-4ba1-996d-3c75aaf456a3" xml:lang="de">daß deine Kantate, solch ein Eindrück auf den Leuten gemacht – zur Genese und zur Aufführung der Festmusik (»Dürer-Festmusik«) für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester MWV D 1 am 18. April 1828 in Berlin siehe Brief gb-1828-01-10-01 Kommission zur Feier des Dürerfestes 1828 an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Berlin, 10. Januar 1828.</note> ich kann mich das wohl denken wie dieses dir muß sehr angenehm gewesen seyn. – Nun wann geht die Reise<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_af5ac96a-c792-4328-9adc-0d75d3d1a18a" xml:lang="de">die Reise – Gemeint ist Mendelssohns erste, für 1829 geplante Englandreise.</note> an? Wohin? ich freue mich ungemein darüber. Das wird nun ein reiches Leben werden. Ach! wenn Du mir etwas davon schriebest!</p> <p>Ich sitze fest; Mit Blumenbunde (, nennens die Dichter) ward ich den <date cert="high" when="1828-05-15">15<hi rend="latintype">ten May</hi></date> gebunden. Da war nähmlich mein Hochzeittag,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b5887b8a-1b8c-4172-bfd3-54f720fdb3a6" xml:lang="de">en 15ten May … mein Hochzeittag – Die Hochzeit von Adolf Fredrik Lindblad und Sophia Carolina Kernell hatte am 15. Mai 1828 in Törnevalla stattgefunden.</note> aber auch wirklich der schönste Tag meines Lebens. Es ist doch ganz anders an der Seite eines <persName xml:id="persName_cccd1584-5685-4528-bde3-52cd1c06aaeb">liebenden Mädchens<name key="PSN0112857" style="hidden" type="person">Lindblad, Sophia (Sophie) Carolina (1802-1886)</name></persName> <hi rend="latintype">Musik</hi> zu <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_26137a13-90c4-4d7c-9f80-be817cf0a0e8">fapriciren</del> <add place="above">machen<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> als alleine, <title xml:id="title_fd809abc-8dc4-4070-8ca3-4ed9417db9d8">meine letzte Sonate<name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0109753" style="hidden" type="music">Sonate A-Dur</name></title>, die ich dir mit <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_24739c93-dcc1-4327-8ff5-b63f37517ffd">Magnus<name key="PSN0113039" style="hidden" type="person">Magnus, Rudolph Albert (1809-1859)</name></persName></hi> schicke<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_fb9b21c1-c2f9-4e2a-9dc3-1a26201d8ba4" xml:lang="de">meine letzte Sonate, die ich dir mit Magnus schicke – Lindblad gab Rudolph Albert Magnus keine Noten mit. Eine Sonate A-Dur schickte er im Herbst 1829 an Lea Mendelssohn Bartholdy nach Berlin. Siehe Brief fmb-1830-04-11-01 (Brief Nr. 293) Felix Mendelssohn Bartholdy an Adolf Fredrik Lindblad in Stockholm, Berlin, 11. April 1830.</note> ist ein Beweis davon. – <persName xml:id="persName_1825eccf-5357-4317-91e4-325a0e627c76">Meine Frau<name key="PSN0112857" style="hidden" type="person">Lindblad, Sophia (Sophie) Carolina (1802-1886)</name></persName> ist in der That gar zu gut für mich. ich sehe es darin, daß <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_01058a29-869e-4efa-8754-0967fdfa41ec"> <corr resp="writer">sie</corr> <sic resp="writer">spä</sic> </choice>, da wir nur zwey Monathen verheirathet waren, mir alle meine Freunde <del cert="low" rend="strikethrough">be</del> beraubt und sie zu den Ihrigen gemacht; so würdest es auch Dir gehen, wenn Du hier wärest. Wenn du dich nicht den Sommernachtstraum <persName xml:id="persName_d0bce51b-438c-4776-9d76-767914c68db0">Frau von <hi rend="latintype">Redens</hi><name key="PSN0117922" style="hidden" type="person">Reden, Henriette Elisabeth Ernestine Caroline von (1766-1839)</name></persName> erinnern wolltest möchte ich dir wohl erzählen, daß meine <hi rend="latintype">Sophie</hi> und ich die ersten <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_db671fd1-0de0-4413-b956-b1b6e599ed9e"> <corr resp="writer">Tage</corr> <sic resp="writer">Nachte</sic> </choice> wachend traumend uns singend fragten <figure rend="inline" style="inline" subtype="inline" type="notated_Music" xml:id="figure_4bc818b3-cd43-4b22-83ea-b36e711a1fe3"> <graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Noten/gb-1828-08-04-01-N-001.jpg"></graphic> <head style="display_none">Noten: GB-Ob, M.D.M. b. 4/28, fol. 2v.</head> <figDesc style="display_none">Notennotat von Adolf Fredrik Lindblad: Felix Mendelssohn Bartholdys Lied Frage op. 9/1 (MWV K 39), T. 1 f.</figDesc> </figure> „Ist es wahr?„<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_410b6fab-ef61-454f-b719-01e53bdeb955" xml:lang="de">„Ist es wahr?„ – Textbeginn des Lieds Frage op. 9/1 (MWV K 39).</note> Verzeihe wenn wir uns noch so fragen und auch nach Jahren keine Antwort darauf gefunden, denn dein Lied ist uns Beyde wichtig geworden. Sie grüßt dich liebend und denkt sich dich in die Gestalt deiner <hi rend="latintype">Cousine</hi> die sie kennt.</p> <p><hi n="1" rend="underline">Nun</hi> lebe ich auf dem Lande, <hi n="1" rend="underline">sonst</hi> in <hi rend="latintype">Stockholm</hi>, wo ich nach <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_395317ae-3184-488e-a67d-67fe5de8890d">Logiers<name key="PSN0112919" style="hidden" type="person">Logier, Johann Bernhard (1777-1846)</name></persName></hi></hi> <hi rend="latintype">methode</hi> unterichte in der <hi rend="latintype">Musik</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d670be42-8922-46f7-9f62-50bbbce8e448" xml:lang="de">nach Logiers methode unterichte in der Musik – Johann Bernhard Logier entwickelte eine neue, vor allem in England und Deutschland außerordentlich erfolgreich angewandte Methode des Klavierunterrichts. Sie basiert auf einer gründlichen Harmonielehre und zielt auf Gruppenunterricht. 1814 ließ er die Methode patentieren. Von 1822 bis 1826 lebte Logier auf Veranlassung der preußischen Regierung in Berlin und half Franz Stoepel, einem Berliner Musiklehrer, bei der Einrichtung einer seine Methode praktizierenden Akademie. 1827 gründete auch Lindblad in Stockholm eine solche Schule. Er leitete sie bis 1861.</note> – ich finde diese <hi rend="latintype">Methode</hi> vortrefflich als <hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">Elemen</hi>tar</hi> unterricht und <hi rend="latintype">Logier</hi> hat am besten von Allen die Aufgabe gelöst eine <hi rend="latintype"><title xml:id="title_ed322f56-0744-4681-b1a1-452c3f0ae5dc">musikalische Gramatik<name key="PSN0112919" style="hidden" type="author">Logier, Johann Bernhard (1777–1846)</name><name key="CRT0111641" style="hidden" type="science">System der Musik-Wissenschaft und der praktischen Composition</name></title></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_26f153c3-b559-4913-af0c-97053c1fd3b2" xml:lang="de">eine musikalische Grammatik … Anleitung zur Composition – Johann Bernhard Logiers System der Musik-Wissenschaft und der praktischen Composition mit Inbegriff dessen was gewöhnlich unter dem Ausdrucke General-Bass verstanden wird, Berlin 1827. Das Lehrbuch der musikalischen Composition, das 1827 als eigenständige Publikation in Berlin erschien, ist ein Auszug aus diesem Buch. Siehe auch Nuala McAllister-Hart, Art. Logier, in: MGG2, Personenteil, Bd. 11 (2004), Sp. 406.</note> zu schreiben. Seine <hi rend="latintype">Accorden</hi>lehre ist durchaus die beste, die kürzeste und die <hi rend="latintype">consequenteste</hi>, was hierinn praktisch ist gut <title xml:id="title_dc03bdfe-f489-498e-b0a5-6b545b9b2e55">seine weitere Anleitung zur <hi rend="latintype">Composition</hi><name key="PSN0112919" style="hidden" type="author">Logier, Johann Bernhard (1777–1846)</name><name key="CRT0111642" style="hidden" type="science">Lehrbuch der musikalischen Composition</name></title> taugt den Teufel nichts. An seinem <hi rend="latintype">Systeme</hi> wäre <add place="above">übrigens<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> noch vieles hinzuzusetzen.</p> <p>Die <title xml:id="title_7a976600-cda7-4efe-ad45-7455bfbd88ae">Sonate<name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0109753" style="hidden" type="music">Sonate A-Dur</name></title> die ich mit <hi rend="latintype">Magnus</hi> schicke gefällt mir beßer wie <title xml:id="title_c2f15793-358a-4717-aad8-9eb35bff527b">die zwey vorigen<name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0109755" style="hidden" type="music">1. Violinsonate G-Dur, op. 9</name><name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0109754" style="hidden" type="music">Violinsonate D-Dur, op. 11</name></title> darum mochte ich sie so gar stechen laßen damit meine Unsterblichkeit bey Lebenszeiten anfinge. Wolltest Du mir die Freundschaft zeigen und einen Verleger anschaffen (auf ein Honorar mache ich natürlich keine Ansprüche) so wäre ich glücklicher als auszusprechen ist.<seg type="pagebreak"> |5| <pb n="5" type="pagebreak"></pb></seg>Es ist mein völligem Ernst daß ich die Sonate mochte stechen laßen, nähmlich wenn sie dir nicht ganz mißfällt. Wolltest Du wohl so gut seyn mit dem thäthigen Freunde <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_130b1dd3-0b6d-434e-a9e7-6662895ccdcb">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden" type="person">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName></hi> hierüber zu sprechen? Wenn er wollte, dem wäre dies ein leichtes. – Der letzte Satz in dieser Sonate gefällt mir nicht übel. d. h. in dem Ton das es angiebt. In jedem Falle so schreibe mir etwas darüber. Du kannst verstehen wie dieses mich freuen und aufmuntern würdest. Willst Du an der <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Sonate</hi></hi> etwas ändern im <add place="above">dem<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> Falle das ein Verleger sich würde finden so thue das.</p> <p>Von deiner <hi rend="latintype">Cousine</hi> und von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f25a83e3-28fb-4af0-a96f-a57337b9a8e9">Brandel<name key="PSN0110075" style="hidden" type="person">Brandel, Genseric von (1782-1833)</name></persName></hi> der mich <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_afaedebe-8ecf-4d0d-aa4b-7d84fdd6ca8a"> <corr resp="writer">Grüße</corr> <sic resp="writer">grüßte</sic> </choice> brachte von dir habe ich gehört welchen freundschaftlichen Antheil <persName xml:id="persName_a4f6498c-1140-49c5-8194-06faf548816a">deine Frau Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> und <persName xml:id="persName_cc794a0f-b8d6-4a0f-860d-e9ecffa902aa">deine Schwestern<name key="PSN0117585" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> an mich nehmen. Da ich aus <hi rend="latintype">Berlin</hi> nichts <del cert="high" rend="strikethrough">zurückgelassen</del> <add place="above">mitgenommen<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> als die Erinnerungen an Dich und den Deinen freut es mich um so mehr diese durch Grüße Briefe oder <hi rend="latintype">Musikalien</hi> aufgefrischt und neu belebt zu sehen. Es ist ja nicht mehr nöthig daß ich sage wie sehr ich Euch alle liebe, dies geht bey mir so weit daß ich auch jedem verzeihe den ich ehemals nicht gut leiden konnte. – Was mich zuweilen wehe thut ist das ich fast die ganze Zeit mußte krank seyn wie ich in <hi rend="latintype">Berlin</hi> war –</p> <p>– Außer diese <hi rend="latintype">Sonate</hi> habe ich noch 2, <title xml:id="title_7aba7686-3745-4a74-b5ff-1a9ba6dc02d0">ein <hi rend="latintype">Duette</hi> fürs Klavier und Geige<name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0109755" style="hidden" type="music">1. Violinsonate G-Dur, op. 9</name></title>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_df16fb68-b976-4f03-a943-719bc5c5d964" xml:lang="de">ein Duette fürs Klavier und Geige – vielleicht Lindblads 1. Violinsonate G-Dur, op. 9, oder die Violinsonate D-Dur, op. 11, die 1842 bzw. 1844 in Mainz im Verlag B. Schott’s Söhne im Druck erschienen.</note> und <title xml:id="title_31cbaf36-204a-46de-b45e-9f7f0708314c">ein <hi rend="latintype"><add place="above">Violin<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add>Qvartette</hi><name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0111643" style="hidden" type="music">Streichquartett (1828 oder früher)</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7abf6d5b-2ece-455b-ae06-fce4330c566a" xml:lang="de">ein ViolinQvartette – Lindblad hat vermutlich zehn Streichquartette komponiert, darunter die Opera 1-7 und ein Streichquartett F-Dur, ohne Opuszahl. Siehe Art. Adolf Fredrik Lindblad, in: <ref target="https://www.swedishmusicalheritage.com/composers/lindblad-adolf-fredrik/" xml:id="ref_9bf46df8-e753-4997-be11-aa6b317c7596">Swedish Musical Heritage</ref>.</note> geschrieben. jetzt bin ich mit <title xml:id="title_6b576256-75a8-42ac-88ab-065be884e14f">einem <hi rend="latintype">Qvintuor</hi><name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0111645" style="hidden" type="music">Streichquintett A-Dur</name><name key="PSN0112854" style="hidden" type="author">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name><name key="CRT0111644" style="hidden" type="music">Streichquintett F-Dur</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c951b9e2-4c64-4792-b8d9-c698e67cd05e" xml:lang="de">einem Qvintuor – Von Lindblad sind die Streichquintette A-Dur und F-Dur bekannt, die beide am 15. August 1829 erstmals öffentlich gespielt wurden. Siehe ebenda.</note> beschäftigt was ich glaube wird nicht ganz übel werden.</p> <p>– <title xml:id="title_79087897-2698-4a33-a25c-166da3261127">Deine <hi rend="latintype">Ouverture</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_5ieulwpn-qtjo-61ko-in5l-rpmhxcy4cchp"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100361" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 3 Meeresstille und glückliche Fahrt D-Dur, [Februar bis September 1828]; Umarbeitung 1833/1834<idno type="MWV">P 5</idno><idno type="op">27</idno></name></title>! Laß die abschreiben und schicke sie mir um alles in der Welt. – <seg type="closer">Nun Lebewohl! Grüße deinen lieben Eltern und Geschwister ganz ungeheuer von mir. Laß bald von dir hören und sage mir recht viel. – Grüße dem <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_3962bc99-f5cc-4b17-bdcd-5edf469a7a90">Rietz<name key="PSN0114202" style="hidden" type="person">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName></hi>.</seg> </p> <signed rend="right">Deinen treuen Freund</signed> <signed rend="right"><hi rend="latintype">Ad.Fr. Lindblad.</hi><seg type="pagebreak"> |6| <pb n="6" type="pagebreak"></pb></seg></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_288008e0-2471-49a0-a960-c8e2bf78be07"> <docAuthor key="PSN0112854" resp="author" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801-1878)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112854" resp="writer" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801-1878)</docAuthor> <dateline rend="left"><hi n="1" rend="underline">d. <date cert="high" when="1828-08-04" xml:id="date_d08a5e4d-de89-4760-a8bd-7dae0044cbf8">4 <hi rend="latintype">August</hi>.</date></hi></dateline> <p style="paragraph_without_indent"><hi rend="latintype">Einen ganzen Monath ist vorüber seitdem ich das vorige geschrieben habe. und noch ist der Brief nicht abgesandt. Mir ist es auch wirklich als ob ich ihn gar nicht absenden wolltest. Ach! um wie viel lieber ginge ich nicht selbst. Die ganze Zeit habe ich auf den Lande verlebt in einer sehr schönen Gegend wo mir die schöne Natur und das liebvolle Wesen meiner Gattin Ersatz geben muss für den Mangel an musikalische Mittheilung. Nun habe ich wieder angefangen zu lesen, ich hatte es wirklich in ein paar Jahren nicht gethan. Der <persName xml:id="persName_c9eabdab-ca6a-4af8-9187-3002c17cc73e">Shakespeare<name key="PSN0114889" style="hidden" type="person">Shakespeare, William (1564-1616)</name></persName> hällt mich mit eisernen Klauen fest. Es kann unmöglich etwas Höheres geben. Es ist die reinste Wahrheit und dabey noch immer die schönste Dichtung. Die Menschen bewegen sich wie andere Mennschen aber wie sie zu einander stehen gewinnt jeder einen grösseren bedeutungsvolleren Carakter und durch das ganze Stück geht ein Duft der rein musikalisch ist und sogar das Grellste was es giebt hat bey Shakespearen einen Klang. Es ist einfälltig bey mir dass ich darüber spreche, <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_42e1ffae-de47-4271-a092-aee41828289d"> <corr resp="writer">und</corr> <sic resp="writer">aber</sic> </choice> noch toller dass ich es sogar niederschreibe, aber Du meistert ja nicht meine Briefe.</hi></p> <p><hi rend="latintype">Fast bereut es mir dass ich dir die Sonate sende, sie ist doch auch gar nichts werth, ich möchte jetzt dir lieber die andern Sachen schicken, aber da sie einmal ordentlich abgeschrieben ist so mag sie fahren. – Ich habe noch immer deine Ermahnung im Gedächtniss, dass ich nicht zu frühe uber die Form hinaus schreiten soll, und diess<seg type="pagebreak"> |7|<pb n="7" type="pagebreak"></pb></seg> macht mich ängstlich. – Aber gewiss ist es, dass der Form mich sehr schwer wird, und darinn möchte wohl der klarste Beweis liegen dass mein ErfindungsVermögen in engen Banden geschlossen ist, – oder kürzer dass es matt ist. – Diess will nicht pumpen von dir: ich weiss recht wohl was Du dazu denkst und mitunter denk’ ich auch so. –</hi></p> <closer rend="left"><hi rend="latintype">Deine Eltern <add place="above">und<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> deine Geschwister bitte ich nochmals recht herzlich zu grüssen.</hi></closer> <closer rend="center"><hi rend="latintype">Und nun Lebewohl.</hi></closer> <signed rend="right"><hi rend="latintype">Dein treuer </hi></signed> <signed rend="right"><hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">Ad. Fr. Lindblad.</hi></hi></signed> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_a25f35c4-72df-4f07-9472-a45ca0e33433"> <docAuthor key="PSN0112854" resp="author" style="hidden"><hi rend="latintype">Lindblad, Adolf Fredrik (1801-1878)</hi></docAuthor> <docAuthor key="PSN0112854" resp="writer" style="hidden"><hi rend="latintype">Lindblad, Adolf Fredrik (1801-1878)</hi></docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><hi rend="latintype">Wenn Du an Edelmuth reich bist so schreibe mir <unclear reason="paper_destruction" resp="UW">bald</unclear> und sage mir <add place="above">doch<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> etwas von meiner <hi n="1" rend="underline">Sonate</hi>. Wi<unclear reason="paper_destruction" resp="UW">e neugie</unclear>rig ich darauf bin kannst Du verstehen da ich seitdem ich in Berlin <del cert="high" rend="strikethrough">g</del> war, <add place="above">über Musik<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> kein gescheidteres Wort als mein eigenes gehört habe. Liebster Felix! Schreibe mir bald! –</hi></p> <p><hi rend="latintype">Ich kan kaum schliessen. Ich muss dir auch sagen wie ich die neuen Klavier Componisten hasse, alle miteinander, und der Philister Haupt der <hi n="1" rend="underline"><persName xml:id="persName_4792dc90-9a84-470b-a593-dc1d4a3b765e">Hummel<name key="PSN0112147" style="hidden" type="person">Hummel, Johann Nepomuk (1778-1837)</name></persName></hi> insonders. Diesse elegante Bestialität die sich in seinen oratorisch frivolen Styl <del cert="low" rend="strikethrough">mit</del> offenbahrt ist mir unendlich mehr zuwider als <persName xml:id="persName_7ed588c4-bd16-4688-8aac-06f1ecd6494a">Rossinis<name key="PSN0114299" style="hidden" type="person">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name></persName> liederliches Vagabundenleben.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_dbc8431f-fbe7-4135-ba9e-78de314cc913" xml:lang="de">Rossinis liederliches Vagabundenleben – Gioachino Rossini befand sich bis Anfang 1827 häufig auf Konzertreisen und hielt sich dabei u. a. in Wien, Paris, London, Bologna und Venedig auf.</note> Es ist einen Hauptfehler bey mir dass ich’s nicht lassen kann mich über diesse Leute zu ärgern, da ich <add place="above">doch<name key="PSN0112854" resp="writers_hand" style="hidden">Lindblad, Adolf Fredrik (1801–1878)</name></add> weiss wie wenig sie der Kunst anthun.</hi></p> </div> </body> </text></TEI>