fmb-1841-02-12-01
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Leipzig, 12. Februar 1841
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
7 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Berlin.
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Und wieder Dank indem ich in Deinen Brief gucke und an Deine freundliche, pünctliche Besorgung der
An die
Leipzig 12 Febr. 1841. Liebe Mutter Es giebt einen wahren Begriff von der Zerrissenheit in der meine Leipziger Wintertage hingehen, daß ich erst heut für Deine lieben Geschenke und Briefe zu meinem und Carl’s Geburtstage Dir meinen Dank sagen kann. Doch denke ich mir daß Du einestheils aus den Zeitungen gesehn hast wie mich unsre Concertprogramms jetzt in Anspruch genommen haben, und anderntheils weißt, welche große Freude bei uns Deine gütigen, freundlichen Sendungen jederzeit machen, diesmal ganz besonders wo die genesene Cecile und Carl, (und sogar die kleine Marie nach ihrer Art) Theilnehmer meines Vergnügens und meiner Dankbarkeit sein konnten. Recht eigentlich hast Du bei Vater und Sohn für geistige und leibliche Nützlichkeit gesorgt; der schöne Kupferstich prangt schon eingerahmt in der blauen Stube, und schon manche Probe und manches Concert habe ich in den neumodischen Hemden dirigirt, während seinerseits Carl in der Prachtmütze paradirt und in die Schnupftücher eine oder die andere kleine Thräne geweint hat, wenn ich Morgens wegen der frühen Proben nicht dazu kam ihm einen Kuchen zu backen. Aber auch geistig hast Du aufs Schönste für ihn gesorgt durch den liebenswürdigen Brief den Du ihm schicktest. Ich weiß nicht ob diese wirklichen Briefe von der wirklichen Post die er selbst erbrach und ordentlich aufzufalten wußte, ihm nicht von allen seinen Geschenken am meisten Freude gemacht haben; wenigstens ließ er Mariechen mit den Bilderbögen die ihm Hanne, und mit der Schiefertafel die ihm Christel, und mit dem Tisch und Stuhl und Schreibzeug die wir ihm geschenkt hatten, gern spielen, aber wie sie an die Briefe ging gab’s Unheil. Ein prächtiger lieber Junge ist er, der mit einem ernsthaften Wort und Blick zu lenken und ins Gleiche zu bringen ist, und dabei Gottlob so gesund und lustig, daß er den ganzen Tag in den Stuben herum singt und springt. Die kleine dicke Marie bewegt sich nach dem Gesetz der Schwere viel gravitätischer und hat dennoch Quecksilber in allen Gliedern und den Teufel im Leibe dazu; ich erziehe sie aber gar noch nicht, d. h. ich habe ihr erst einmal einen Klaps auf die Hände gegeben, (wobei Hanne ein Gesicht machte als hätte sie ihn bekommen) seitdem laß ich sie brüllen und rasen und begnüge mich damit ihr nicht den Willen zu thun, und thätliche und räthliche Ermahnungen für spätere Jahre zu verschieben. Der Kleine endlich, dessen Taufe nächste Woche statt finden soll, (wir wissen noch nicht an welchem Tage, da es hauptsächlich von Mühlenfels abhängt, der zum Gevatterstehn von Naumburg herkommt und zwischen Montag Dinstag und Sonnabend unentschieden ist) gedeiht aufs Trefflichste, hat vorgestern eine (wie wir hoffen) gute Amme bekommen, sieht mir ähnlich wie alle Leute behaupten, und wird wahrscheinlich Paul Felix Moses oder P. F. Abraham oder – ich weiß wahrlich noch nicht, genannt werden. Cecile, die bei der ersten Amme, welche nicht recht viel Milch hatte, das Hauptgeschäft versah, welches ihr großen Spas machte daß sie es um soviel besser könnte, fängt jetzt an ihn weniger an die Brust zu nehmen, und wird binnen kurzem ganz entwöhnen. Sie sieht so wohl und heiter aus, und rasaunt im Stillen so überall umher und bringt alles zeither Vernachlässigte so schön wieder in Ordnung und Flor, von den Camelientöpfen bis zu den Kochtöpfen und der schwarzen Wäsche, daß es eine Lust ist ihr und ihrem leisen, segensreichen Walten zuzusehen. Und was endlich mich betrifft, so will ich Dir z. B. seit 10 Tagen schreiben, und da kommt Thalberg und sitzt den ganzen Tag bei mir und spielt vollkommner und schöner als je, und giebt vergangnen Montag für die alten und kranken Musiker ein volles Concert, und dazu ist Montag früh Probe, (und er ist ein ganz lieber, guter Gesell, mit dem sichs leicht lebt und dem ich wahrhaftig gut und zugethan bin, wenn er auch in Berlin etwas übermüthig gewesen sein mag, wie er selbst zugiebt) Dinstag wird er zum letztenmale gespeiset und dann auf die Eisenbahn gepackt, und Dinstag Abend ist Singprobe von der Passion und der Beethovenschen Symphonie mit Chören, und Mittwoch von 9-1 Probe, und dann komm ich zu Hause und esse und schlafe bis 5, und um 6 war Concert von den Studenten, die mir meine Lieder vorsangen, und um 1 2 8 wieder Soloprobe bei Frl. Schloss und Donnerstag früh von 9-1 wieder große Probe, und Abends gestern das Concert; und heut früh dachte ich doch „nun kannst Du schreiben“ da kommt Krug und die andern Naumburger die bei 17° Kälte gestern zum Concert hergefahren waren, und mich gestern nicht hatten sprechen können und heut wieder abreisen, und Gulomy und Dörrien, und Clarus, und Schuncks, und ein Tenorist aus Frankfurt, – und wie sie jetzt endlich alle fort sind schlägts 1, und da kommt der Magen und knurrt, und will was zu essen haben. So leben wir, so leben wir alle Tage! – Und wieder Dank indem ich in Deinen Brief gucke und an Deine freundliche, pünctliche Besorgung der Passionsstimmen erinnert werde. Verzeih mir Rabensohn der nicht einmal so pünctlich Dank sagte, wie Du ihm die Sachen herausfinden und zuschicken konntest. Instrumentalstimmen brauche ich nun nicht mehr zur hiesigen Aufführung; wir haben sie sämmtlich in unzähligen Exemplaren von Dresden geliehen. Freilich möcht ich wohl wissen, wo meine damaligen Orchesterstimmen stecken, denn verliehen habe ich sie niemals, und mir schwaant so was, als wären die Stimmen bei der Sing-Akademie meine damaligen, als hätte sie Zelter etwa zu den späteren Aufführungen sich geben lassen, und als wären sie nicht bezahlt, (obwohl sich Rungenhagen des zu erinnern meint. ) Indeß bleibt die Sache am besten auf sich beruhen bis ich einmal nach Berlin komme und mich selbst danach erkundigen kann. An die Geschwister will ich heut oder morgen selbst schreiben und ihnen für alles Gute danken; doch für alle Fälle schließe ich jetzt diesen Brief, es möchte Nachmittags wieder das wilde Heer anrücken, und mich bis nach Postschluß hetzen und kneifen, mit Höflichkeit. Lebwohl denn, liebe Mutter, bleib mir und uns allen gut, hab Dank für alles Liebe das Du mir und uns allen erzeigst, und erfreue uns bald wieder durch Nachrichten von Deiner lieben Hand. Immer Dein Felix.
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1841-02-12" xml:id="date_49ab3ef3-a237-46f4-85b4-3e47c359cfbe">12. 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Abraham oder – ich weiß wahrlich noch nicht, genannt werden. <persName xml:id="persName_e2a8afca-0195-4c41-b01c-5dd04a7df73d">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName>, die bei der ersten Amme, welche nicht recht viel Milch hatte, das Hauptgeschäft versah, welches ihr großen Spas machte daß sie es um soviel besser könnte, fängt jetzt an ihn weniger an die Brust zu nehmen, und wird binnen kurzem ganz entwöhnen. <persName xml:id="persName_2cc87b68-1fc3-49e9-b23c-18bb927f9770">Sie<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> sieht so wohl und heiter aus, und rasaunt im Stillen so überall umher und bringt alles zeither Vernachlässigte so schön wieder in Ordnung und Flor, von den Camelientöpfen bis zu den Kochtöpfen und der schwarzen Wäsche, daß es eine Lust ist <persName xml:id="persName_d9ea9615-d385-49cb-a0e1-7541a219880a">ihr<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> und ihrem leisen, segensreichen Walten zuzusehen. Und was endlich mich betrifft, so will ich Dir z. B. seit 10 Tagen schreiben, und da kommt <persName xml:id="persName_9cb0c4a5-fa2c-40ac-bbde-ae6a4d66ce2b">Thalberg<name key="PSN0115297" style="hidden">Thalberg, Sigismund (1812-1871)</name></persName> und sitzt den ganzen Tag bei mir und spielt vollkommner und schöner als je, und giebt vergangnen Montag für die alten und kranken Musiker ein volles <placeName xml:id="placeName_6fce7d56-dfc2-43eb-82f7-f0fd4ef77e60">Concert<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und dazu ist Montag früh Probe, (und er ist ein ganz lieber, guter Gesell, mit dem sichs leicht lebt und dem ich wahrhaftig gut und zugethan bin, wenn <persName xml:id="persName_3759de69-1558-4884-947e-fe952a46fd45">er<name key="PSN0115297" style="hidden">Thalberg, Sigismund (1812-1871)</name></persName> auch in Berlin etwas übermüthig gewesen sein mag, wie er selbst zugiebt) Dinstag wird <persName xml:id="persName_8c7c693a-3d76-4a76-9049-f100b9d7645d">er<name key="PSN0115297" style="hidden">Thalberg, Sigismund (1812-1871)</name></persName> zum letztenmale gespeiset und dann auf die Eisenbahn gepackt, und Dinstag Abend ist Singpr[obe] von der <title xml:id="title_f6571867-4032-40df-b7c3-3dd9f60cdda7">Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> und der <title xml:id="title_77c783c9-3a27-47c5-882d-ba17125799b7">Beethovenschen Symphonie mit Chören<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108070" style="hidden" type="music">9. Sinfonie d-Moll, op. 125</name></title>, und Mittwoch von 9-1 Probe, und dann komm ich zu Hause und esse und schlafe bis 5, und um 6 war Concert von den Studenten, die mir meine <title xml:id="title_f79d9b83-a4fd-4c82-9391-d4c11ee55a95">Lieder<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_1eqroyr9-usau-7mpm-wh47-xipwyiayyh8s"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="unidentified_and_unspecified_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100967" style="hidden">Lieder<idno type="MWV"></idno><idno type="op"></idno></name></title> vorsangen, und um <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">1</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">2</hi> </formula> 8 wieder Soloprobe bei Frl. <persName xml:id="persName_fff2fc61-8589-41b2-a2d8-83311e8a415a">Schloss<name key="PSN0114593" style="hidden">Schloss, Sophie (1821-1903)</name></persName> und Donnerstag früh von 9-1 wieder große Probe, un[d] Abends gestern das <placeName xml:id="placeName_5766e90d-866b-450c-a615-30e969cb5335">Concert<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>; und heut früh dachte ich doch „nun kannst Du schreiben“ da kommt <persName xml:id="persName_6dc42a7b-177e-44d1-a2d7-cf00dee1e090">Krug<name key="PSN0112558" style="hidden">Krug, Gustav Adolph (1805-1874)</name></persName> und die andern Naumburger die bei 17° Kälte gestern zum <placeName xml:id="placeName_cbb83da1-16d7-4532-a73f-9487f706d18a">Concert<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> hergefahren waren, und mich gestern nicht hatten sprechen können und heut wieder abreisen, und <persName xml:id="persName_ab3baa4f-e472-4f46-949c-5bdac7eb4b99">Gulomy<name key="PSN0111618" style="hidden">Gulomy, Jérôme Louis (1821-1887)</name></persName> und <persName xml:id="persName_3fd50f5c-4423-4ac8-8f09-9c0cba59143b">Dörrien<name key="PSN0110715" style="hidden">Dörrien, Heinrich (1786-1858)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_5e61c080-e81d-4845-9249-b87f31439ea6">Clarus<name key="PSN0110406" style="hidden">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_bb3ca958-3f9d-4f0a-b2ef-9ac98920a5e0">Schuncks<name key="PSN0114759" style="hidden">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName>, und ein Tenorist aus Frankfurt, – und wie sie jetzt endlich alle fort sind schlägts 1, und da kommt der Magen und knurrt, und will was zu essen haben. So leben wir, so leben wir alle Tage! –</p> <p>Und wieder Dank indem ich in Deinen Brief gucke und an Deine freundliche, pünctliche Besorgung der <title xml:id="title_4a243e5f-de25-40f1-b27e-b4af5cc32ec5">Passionsstimmen<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> erinnert werde. Verzeih mir Rabensohn der nicht einmal so pünctlich Dank sagte, wie Du ihm die Sachen herausfinden und zuschicken konntest. Instrumentalstimmen brauche ich nun nicht mehr zur hiesigen Aufführung; wir haben sie sämmtlich in unzähligen Exemplaren von Dresden geliehen. Freilich möcht ich wohl wissen, wo meine damaligen Orchesterstimmen stecken, denn verliehen habe ich sie niemals, und mir schwaant so was, als wären die <title xml:id="title_ae8a898f-63cd-4618-9b89-987d7b195354">Stimmen<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> bei der <placeName xml:id="placeName_11345225-8e1d-41bd-bffd-74a18c846136">Sing-Akademie<name key="NST0100203" style="hidden" subtype="" type="institution">Sing-Akademie</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> meine damaligen, als hätte sie <persName xml:id="persName_1fb47acb-3c3f-4ab3-a37a-b16b510f577d">Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName> etwa zu den späteren Aufführungen sich geben lassen, und als wären sie nicht bezahlt, (obwohl sich <persName xml:id="persName_3756285b-83ef-4ac4-a990-710045ac1d69">Rungenhagen<name key="PSN0114359" style="hidden">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName> des zu erinnern meint.) Indeß bleibt die Sache am besten auf sich beruhen bis ich einmal nach Berlin komme und mich selbst danach erkundigen kann.</p> <p>An die <persName xml:id="persName_8f8ad444-f1f4-4e2f-bba6-4d9254c84ca3">Geschwister<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0110673" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name><name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> will ich heut oder morgen selbst schreiben und ihnen für alles Gute danken; doch für alle Fälle schließe ich jetzt diesen Brief, es möchte Nachmittags wieder das wilde Heer anrücken, und mich bis nach Postschluß hetzen und kneifen, mit Höflichkeit. <seg type="closer" xml:id="seg_e4452108-2b3e-4cfc-80af-01158f00e7b1">Lebwohl denn, liebe Mutter, bleib mir und uns allen gut, hab Dank für alles Liebe das Du mir und uns allen erzeigst, und erfreue uns bald wieder durch Nachrichten von Deiner lieben Hand.</seg></p> <signed rend="right">Immer Dein</signed> <signed rend="right">Felix.</signed> </div> </body> </text></TEI>