fmb-1841-01-09-03
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Leipzig, 9. Januar 1841
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
6 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenJan. 1841
Allgemeinen glaube mir, daß ich mich jederzeit bestrebe, nichts anders zu sagen und zu thun, als was ich aus eignem Gewissen oder Instinct für recht halte, und es zeigt eben, daß wir leider lange von einander entfernt, und nur in Tagen des Genusses nicht der Arbeit zusammen waren, wenn Du fürchtest, ich sei, wie im Gespräch, auch im Thun leicht hier und dorthin zu bestimmen. Nein; es geht alles bei mir sehr langsam, aber wenn ich endlich einen dummen Streich mache, habe ich wenigstens das Verdienst dabei, ihn selbst erfunden zu haben. Und was das Specielle dieses Falls nun angeht, so habe ich allerdings vielleicht Ursache zu Deinem Verdacht gegeben, in dem ich Dir schrieb, daß ich meinen hiesigen Freunden, der Familie hängt’s ohnedies an der großen Glocke; der zweite war
Und damit in der ganzen Angelegenheit nicht der kleinste Schritt von mir geschehen sei, den ich Dir nicht mitgetheilt hätte, so muß ich hinzusetzen, daß ich gezwungen war, vor einigen Tagen dem Kreisdirector alle
nachheram wenigsten gern verreisen würde; darin wirst Du mir ja wohl auch Recht geben.
Eben fällt mirs auf, daß Dich am Ende meine ellenlangen Auseinandersetzungen langweilen werden. Ist das der Fall so sage mir’s; ich mache sie blos, um Dir meine ganze Art die Sache anzusehen, meine ganzen Ideen recht klar vor Augen zu legen – und sollte das eigentlich lieber versparen bis wir einander wiedersehn, und das Alles besprechen können, wo es doch 1000mal besser und umständlicher geht, als im umständlichsten Brief. Verzeih, wenn dies ein solcher geworden ist.
Den Statuten sehe ich nun entgegen; jedenfalls kann daraus eine Gelegenheit entstehen, dem dortigen Wesen hie und da einen Dienst zu leisten, manches auf einen bessern Fuß, vielleicht die ganze
Die Beispiele, die Du mir von der Bildung einer öffentlichen Meinung anführst, haben mich sehr interessirt, aber ich gesteh’ es Dir, wenig erfreut. Ich nenne das nicht eine öffentliche Meinung, was sich durch anonyme Zusendung von Schmähgedichten, durch Auspochen eines alten Meisterwerks kund giebt – Du wirst sagen, es sei nur ein Anfang dazu, aber das ist es eben; wird ein Ding nicht beim rechten Anfang angefangen, so kommt es nicht zu einem guten Ende, und ich glaube nicht, daß öffentliche tracasserieen, zur öffentlichen Meinung auch nur den Weg bahnen können, ja ich glaube daß dergleichen immer existirt hat und existiren wird, unabhängig von der vox populi die vox Dei ist; denn solche vox gehört eigentlich dem Niemand. Wichtiger wär es mir, wenn Du über die Curiosa die man vom Minister
Bitte stell die 100 Louisd’or auf die vorjährige Rechnung und sobald Du mir den Auszug geschickt hast, will ich Dir sagen, wie ich es mit den zu kaufenden Papieren gehalten wünschte. Tausend Dank wieder und wieder für alles das.
P. S. Noch eine Bitte. Kannst Du mich nicht über
Leipzig d. 9ten Jan. 1841 Lieber Paul Dein gestriger Brief hat mich außerordentlich gefreut; weiß Gott, warum ich mir es nicht aus dem Kopf bringen konnte, Du würdest mir böse, wenn ich eine Sache verzögerte, die Du beschleunigen wolltest, und auf eine so liebenswürdige Art beschleunigt hast. Nun, aus Deinem Briefe sehe ich eben, daß ich mich darin für jetzt und für alle Zeiten geirrt habe, und dafür danke ich Dir sehr vielmal, und unterschreibe alles, was Du darüber sagst. Nur einen Gedanken mußt Du jetzt eben so aus Deinem Kopfe herausbringen, wie ich jenen aus dem meinigen; und das ist die Furcht vor fremden Einfluß, wie Du es nennst, die Du in Deinem Briefe aussprichst. Das mußt Du mir nicht zutrauen, daß ich in irgend einer Sache aus einem andern, als dem eignen, gewissenhaften Antrieb handle, geschweige denn in einer Sache, die mich selbst und mein Glück aufs allergenauste implicirt. Im Allgemeinen glaube mir, daß ich mich jederzeit bestrebe, nichts anders zu sagen und zu thun, als was ich aus eignem Gewissen oder Instinct für recht halte, und es zeigt eben, daß wir leider lange von einander entfernt, und nur in Tagen des Genusses nicht der Arbeit zusammen waren, wenn Du fürchtest, ich sei, wie im Gespräch, auch im Thun leicht hier und dorthin zu bestimmen. Nein; es geht alles bei mir sehr langsam, aber wenn ich endlich einen dummen Streich mache, habe ich wenigstens das Verdienst dabei, ihn selbst erfunden zu haben. Und was das Specielle dieses Falls nun angeht, so habe ich allerdings vielleicht Ursache zu Deinem Verdacht gegeben, in dem ich Dir schrieb, daß ich meinen hiesigen Freunden, David und Schleinitz, den Antrag mitgetheilt hätte, und dann im letzten Briefe davon weiter keine Erwähnung that. Beide haben aber, das kann ich Dir versichern, mir schon längst zu viel Beweise von wirklicher Freundschaft gegeben, als daß ich ihnen die Sache hätte verschweigen dürfen, und beide haben mir nur zureden, und den Antrag von einer vortheilhaften Seite ansehn können. Auch haben sie ihr Versprechen gegen Niemand davon zu reden gewissenhaft gehalten, und so denkt auch wirklich hier kein Mensch an einen Berliner Ruf. Daß ich ihnen übrigens außer dem allgemeinen nichts mitgetheilt habe, und seit jener ersten Unterredung überhaupt nicht wieder darauf zurückgekommen bin, namentlich aber Briefe, wie die von M., oder die Deinigen, nie einem Menschen mittheile und mit keinem darüber spreche, als mit Cecile, das glaube mir, und damit wirst Du Deine Befürchtung hoffentlich verbannen, wie ich die meinige. – Noch muß ich Dir aber sagen, daß man in Berlin die Sache mit dem Geheimniß nicht so genau zu nehmen scheint, wie wir es hier gethan haben; es kamen in den letzten Tagen 2 Fremde von dort, die mir das ganze Ding auf den Kopf zusagten; der erste war Förster, der Bruder des Hofraths, der von Cornelius und mir als einer ausgemachten Sache sprach, und dem ich alles läugnete, denn in der Familie hängt’s ohnedies an der großen Glocke; der zweite war Lepsius, der alle specialia wußte, den mir gebotenen Gehalt &c. &c., und dem Humboldt sogar gesagt hatte, ich hätte in meinem letzten Briefe an M. die Anerbietung angenommen Ich erwähne dies blos, lieber Paul, damit Du nicht glaubst, wenn das Ding auf einmal bekannt würde, daß ich daran Schuld wäre. Von hier aus weiß es, wie gesagt, meiner festen Überzeugung nach, kein Mensch, und erfährt’s auch niemand. Herzlich wollte ich mich freuen, wenn mein Mistrauen wirklich ungerecht wäre, und ich wollte es gern abbitten; aber ich fürchte, Du bist im Irrthum darüber, nicht ich. Wie gern möcht’ ich das Gegentheil! Und damit in der ganzen Angelegenheit nicht der kleinste Schritt von mir geschehen sei, den ich Dir nicht mitgetheilt hätte, so muß ich hinzusetzen, daß ich gezwungen war, vor einigen Tagen dem Kreisdirector Falkenstein die Sache aufrichtig zu sagen. In diesem Monat wird nämlich das Geld fällig über das der König zu bestimmen hat, und das ich im vorigen Winter zu einer hiesigen Musikschule verlangt hatte, wie Du weißt. Nun schien sich der König, der sich hier im Abonnement-Concerte gegen mich sehr freundlich benahm, gern darauf einlassen zu wollen, und so kam Falkenstein (den ich nach meinem Hamburger Brief doch wieder aus dem Spiele zu lassen dachte) der aber in Dresden mit Lindenau den Plan genauer besprochen hatte, um mich zu fragen, ob ich mich anheischig machte, wie ich damals die Idee gehabt hätte, diese Musikschule jetzt hier in den nächsten Jahren ins Leben zu rufen. Das konnte und wollte ich nun nicht mehr, und so hielt ichs fürs Beste ihm alles zu sagen. Er ist ein Ehrenmann und mein Freund, und gab mir seine Hand und sein Wort darauf, streng zu schweigen, wogegen ich ihm versprach es ihm anzuzeigen, wenn ich in Berlin annehmen sollte, weil das, wie er sagte, den Plan mit der Musikschule noch rückgängig machen könnte – und so steht es nun. Ich habe Dir dies auch anvertraut, – wie gesagt – um nicht die geringste Sache dabei ohne Dein Wissen zu thun; Du weißt nun alles; doch versteht es sich, daß Du von dieser letztern Angelegenheit auch gegen Niemand Erwähnung thun mußt. – Gern wäre ich nun, noch nach Deinem gestrigen Briefe nach Berlin gekommen, wenn auch nur um preuve de bonne volonté zu geben (da ich nicht glaube, daß es uns dem gewünschten Zwecke näher bringt, eher das Gegentheil, und da es sich nicht blos, wie Du sagst, von der Möglichkeit einer Vereinigung handelt, denn daß die da ist, wissen wir ja nun alle, sondern von dieser Vereinigung selbst) aber es ist mir wirklich gerade jetzt ohne Urlaub zu nehmen unmöglich. Wir haben den ganzen Januar und Februar hindurch alle Donnerstag Concert, und bis Mitte Februar alle Sonnabend Quartett; dann fangen die Proben der Bachschen Passion bald an, und so bleibt selbst zur kürzesten Abwesenheit keine Zeit übrig. Dazu kommt, daß Cecile seit Ende des vorigen Monats eigentlich schon ihrer Entbindung entgegensieht, daß ich also in diesen Wochen, und in den ersten Wochen nachher am wenigsten gern verreisen würde; darin wirst Du mir ja wohl auch Recht geben. Eben fällt mirs auf, daß Dich am Ende meine ellenlangen Auseinandersetzungen langweilen werden. Ist das der Fall so sage mir’s; ich mache sie blos, um Dir meine ganze Art die Sache anzusehen, meine ganzen Ideen recht klar vor Augen zu legen – und sollte das eigentlich lieber versparen bis wir einander wiedersehn, und das Alles besprechen können, wo es doch 1000mal besser und umständlicher geht, als im umständlichsten Brief. Verzeih, wenn dies ein solcher geworden ist. Den Statuten sehe ich nun entgegen; jedenfalls kann daraus eine Gelegenheit entstehen, dem dortigen Wesen hie und da einen Dienst zu leisten, manches auf einen bessern Fuß, vielleicht die ganze Classe in eine bessere Condition zu bringen; und damit wäre immer was Gutes erreicht. Die Beispiele, die Du mir von der Bildung einer öffentlichen Meinung anführst, haben mich sehr interessirt, aber ich gesteh’ es Dir, wenig erfreut. Ich nenne das nicht eine öffentliche Meinung, was sich durch anonyme Zusendung von Schmähgedichten, durch Auspochen eines alten Meisterwerks kund giebt – Du wirst sagen, es sei nur ein Anfang dazu, aber das ist es eben; wird ein Ding nicht beim rechten Anfang angefangen, so kommt es nicht zu einem guten Ende, und ich glaube nicht, daß öffentliche tracasserieen, zur öffentlichen Meinung auch nur den Weg bahnen können, ja ich glaube daß dergleichen immer existirt hat und existiren wird, unabhängig von der vox populi die vox Dei ist; denn solche vox gehört eigentlich dem Niemand. Wichtiger wär es mir, wenn Du über die Curiosa die man vom Minister Schön erzählt, mir was Näheres angeben wolltest; thue es doch, wenn Du irgend kannst; der scheint ein tüchtiger Mann zu sein. Aber ich fürchte Hassenpflug wird doch wiederkommen. Niemals habe ich einen mehr begeisterten, und dabei geistreichern Preußenfreund quand même gesehn, als besagten Dr. Lepsius, der eben von Berlin kam, dort seine Reise nach Aegypten für nächsten Herbst ins Reine gebracht hatte, vom König und allen den einflußreichen Leuten wohl aufgenommen und befördert worden ist, jetzt zu Bunsen nach Bern reis’t, um mit dem sich noch zu besprechen, und alles lobte, und alles gut hieß (bis auf Radowitz exclusive. ) Bitte stell die 100 Louisd’or auf die vorjährige Rechnung und sobald Du mir den Auszug geschickt hast, will ich Dir sagen, wie ich es mit den zu kaufenden Papieren gehalten wünschte. Tausend Dank wieder und wieder für alles das. Laß bald wieder von Dir hören, lieber Paul; grüße Albertine von Cecile und mir aufs Herzlichste, und bleib gut Deinem Felix. P. S. Noch eine Bitte. Kannst Du mich nicht über das Bachsche Monument gelegentlich einen Bescheid wissen lassen?
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1841-01-09" xml:id="date_f7d659f4-8908-4eec-94df-62cac8e99d4a">9. 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Nun, aus Deinem Briefe sehe ich eben, daß ich mich darin für jetzt und für alle Zeiten geirrt habe, und dafür danke ich Dir sehr vielmal, und unterschreibe alles, was Du darüber sagst. Nur einen Gedanken mußt Du jetzt eben so aus Deinem Kopfe herausbringen, wie ich jenen aus dem meinigen; und das ist die Furcht vor fremden Einfluß, wie Du es nennst, die Du in Deinem Briefe aussprichst. Das mußt Du mir nicht zutrauen, daß ich in irgend einer Sache aus einem andern, als dem eignen, gewissenhaften Antrieb handle, geschweige denn in einer Sache, die mich selbst und mein Glück aufs allergenauste implicirt. 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Von hier aus weiß es, wie gesagt, meiner festen Überzeugung nach, kein Mensch, und erfährt’s auch niemand. Herzlich wollte ich mich freuen, wenn mein Mistrauen wirklich ungerecht wäre, und ich wollte es gern abbitten; aber ich fürchte, Du bist im Irrthum darüber, nicht ich. Wie gern möcht’ ich das Gegentheil!</p> <p>Und damit in der ganzen Angelegenheit nicht der kleinste Schritt von mir geschehen sei, den ich Dir nicht mitgetheilt hätte, so muß ich hinzusetzen, daß ich gezwungen war, vor einigen Tagen dem Kreisdirector <persName xml:id="persName_6113c901-6d11-4e5f-9419-a6ef9696e9c3">Falkenstein<name key="PSN0110992" style="hidden">Falkenstein, Johann Paul Freiherr von (1801-1882)</name></persName> die Sache aufrichtig zu sagen. In diesem Monat wird nämlich das Geld fällig über das der <persName xml:id="persName_ec61d888-9efe-40ed-932e-0074ed2ff683">König<name key="PSN0114404" style="hidden">Sachsen, Friedrich August II. von (1797-1854)</name></persName> zu bestimmen hat, und das ich im vorigen Winter zu einer hiesigen <placeName xml:id="placeName_58b53a1c-fb25-4389-b32b-c8621d41ae61">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> verlangt hatte, wie Du weißt. Nun schien sich der König, der sich hier im <placeName xml:id="placeName_9e79169f-4a74-40cd-8ae8-03b588a1eb72">Abonnement-Concerte<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gegen mich sehr freundlich benahm, gern darauf einlassen zu wollen, und so kam <persName xml:id="persName_db42ee13-e5b9-4d7b-853f-91a3b4b14ef8">Falkenstein<name key="PSN0110992" style="hidden">Falkenstein, Johann Paul Freiherr von (1801-1882)</name></persName> (den ich nach meinem Hamburger Brief doch wieder aus dem Spiele zu lassen dachte) der aber in Dresden mit <persName xml:id="persName_77835d44-3914-4f3d-8711-bcd43d7e6813">Lindenau<name key="PSN0112860" style="hidden">Lindenau, Bernhard August von (1779-1854)</name></persName> den Plan genauer besprochen hatte, um mich zu fragen, ob ich mich anheischig machte, wie ich damals die Idee gehabt hätte, diese <placeName xml:id="placeName_f437d677-695d-47f7-915b-95e62aa252f2">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> jetzt hier in den nächsten Jahren ins Leben zu rufen. Das konnte und wollte ich nun nicht mehr, und so hielt ichs fürs Beste <persName xml:id="persName_cae7ebcc-c1b6-4481-92b7-ebd9e9424d69">ihm<name key="PSN0110992" style="hidden">Falkenstein, Johann Paul Freiherr von (1801-1882)</name></persName> alles zu sagen. Er ist ein Ehrenmann und mein Freund, und gab mir seine Hand und sein Wort darauf, streng zu schweigen, wogegen ich ihm versprach es ihm anzuzeigen, wenn ich in Berlin annehmen sollte, weil das, wie <persName xml:id="persName_5091645d-6bc9-491a-8926-ba43fa7bb891">er<name key="PSN0110992" style="hidden">Falkenstein, Johann Paul Freiherr von (1801-1882)</name></persName> sagte, den Plan mit der <placeName xml:id="placeName_50a07701-d360-477a-9aa6-b5eadca5816b">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> noch rückgängig machen könnte – und so steht es nun. Ich habe Dir dies auch anvertraut, – wie gesagt – um nicht die geringste Sache dabei ohne Dein Wissen zu thun; Du weißt nun alles; doch versteht es sich, daß Du von dieser letztern Angelegenheit auch gegen Niemand Erwähnung thun mußt. – Gern wäre ich nun, noch nach Deinem gestrigen Briefe nach Berlin gekommen, wenn auch nur um preuve de bonne volonté zu geben (da ich nicht glaube, daß es uns dem gewünschten Zwecke näher bringt, eher das Gegentheil, und da es sich nicht blos, wie Du sagst, von der Möglichkeit einer Vereinigung handelt, denn daß die da ist, wissen wir ja nun alle, sondern von dieser Vereinigung selbst) aber es ist mir wirklich gerade jetzt ohne Urlaub zu nehmen unmöglich. Wir haben den ganzen Januar und Februar hindurch <hi rend="underline">alle</hi> <placeName xml:id="placeName_5b9201b3-4c87-479c-8a67-f4248113fa39">Donnerstag Concert<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und bis Mitte Februar alle <placeName xml:id="placeName_c9cd6d88-3fe7-4b44-b593-7ea654de2436">Sonnabend Quartett<name key="NST0102789" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>; dann fangen die Proben der <title xml:id="title_0226fd80-e60e-41db-847b-b2e245817805">Bachschen Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> bald an, und so bleibt selbst zur kürzesten Abwesenheit keine Zeit übrig. Dazu kommt, daß <persName xml:id="persName_30d6babb-6dc7-41cc-9b75-5bda5434b243">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> seit Ende des vorigen Monats eigentlich schon ihrer Entbindung entgegensieht, daß ich also in diesen Wochen, und in den ersten Wochen <hi rend="underline">nachher</hi> am wenigsten gern verreisen würde; darin wirst Du mir ja wohl auch Recht geben.</p> <p>Eben fällt mirs auf, daß Dich am Ende meine ellenlangen Auseinandersetzungen langweilen werden. Ist das der Fall so sage mir’s; ich mache sie blos, um Dir meine ganze Art die Sache anzusehen, meine ganzen Ideen recht klar vor Augen zu legen – und sollte das eigentlich lieber versparen bis wir einander wiedersehn, und das Alles besprechen können, wo es doch 1000mal besser und umständlicher geht, als im umständlichsten Brief. Verzeih, wenn dies ein solcher geworden ist.</p> <p>Den Statuten sehe ich nun entgegen; jedenfalls kann daraus eine Gelegenheit entstehen, dem dortigen Wesen hie und da einen Dienst zu leisten, manches auf einen bessern Fuß, vielleicht die ganze <placeName xml:id="placeName_7ac9530f-9d5f-4787-b8fa-d3fbcc8319bb">Classe<name key="NST0100722" style="hidden" subtype="" type="institution">Königlich Preußische Akademie der Künste</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> in eine bessere Condition zu bringen; und damit wäre immer was Gutes erreicht.</p> <p>Die Beispiele, die Du mir von der Bildung einer öffentlichen Meinung anführst, haben mich sehr interessirt, aber ich gesteh’ es Dir, wenig erfreut. Ich nenne das nicht eine öffentliche Meinung, was sich durch anonyme Zusendung von Schmähgedichten, durch Auspochen eines alten Meisterwerks kund giebt – Du wirst sagen, es sei nur ein Anfang dazu, aber das ist es eben; wird ein Ding nicht beim rechten Anfang angefangen, so kommt es nicht zu einem guten Ende, und ich glaube nicht, daß öffentliche tracasserieen, zur öffentlichen Meinung auch nur den Weg bahnen können, ja ich glaube daß dergleichen immer existirt hat und existiren wird, unabhängig von der vox populi die vox Dei ist; denn solche vox gehört eigentlich dem Niemand. Wichtiger wär es mir, wenn Du über die Curiosa die man vom Minister <persName xml:id="persName_b4e7b837-9a6e-402a-9d66-29394416df6f">Schön<name key="PSN0114666" style="hidden">Schön, Heinrich Theodor von (1773-1856)</name></persName> erzählt, mir was Näheres angeben wolltest; thue es doch, wenn Du irgend kannst; <persName xml:id="persName_1482bfe5-9823-4ed6-a886-8a685284011f">der<name key="PSN0114666" style="hidden">Schön, Heinrich Theodor von (1773-1856)</name></persName> scheint ein tüchtiger Mann zu sein. Aber ich fürchte <persName xml:id="persName_3b612e3a-0f52-48f5-846f-b358e707f341">Hassenpflug<name key="PSN0111754" style="hidden">Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich (1794-1862)</name></persName> wird doch wiederkommen. Niemals habe ich einen mehr begeisterten, und dabei geistreichern Preußenfreund quand même gesehn, als besagten Dr. <persName xml:id="persName_5fc67e0e-1a90-4853-be91-2892f860d537">Lepsius<name key="PSN0112798" style="hidden">Lepsius, Carl Richard (1810-1884)</name></persName>, der eben von Berlin kam, dort seine Reise nach Aegypten für nächsten Herbst ins Reine gebracht hatte, vom <persName xml:id="persName_154803cd-dfa4-4151-b8cf-7f5753d42807">König<name key="PSN0113990" style="hidden">Preußen, Friedrich Wilhelm Prinz von (seit 1840) Friedrich Wilhelm IV. von (1795-1861)</name></persName> und alle[n] den einflußreichen Leuten wohl aufgenommen und befördert worden ist, jetzt zu <persName xml:id="persName_1502caf6-e4b6-4c6c-a063-82d32186c646">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> nach Bern reis’t, um mit dem sich noch zu besprechen, und alles lobte, und alles gut hieß (bis auf <persName xml:id="persName_c6097e41-41d6-41da-8d8f-54c4acf77bf0">Radowitz<name key="PSN0114053" style="hidden">Radowitz, Joseph Maria Ernst Christian Wilhelm von (1797-1853)</name></persName> exclusive.)</p> <p>Bitte stell die 100 Louisd’or auf die vorjährige Rechnung und sobald Du mir den Auszug geschickt hast, will ich Dir sagen, wie ich es mit den zu kaufenden Papieren gehalten wünschte. Tausend Dank wieder und wieder für alles das.</p> <p><seg type="closer" xml:id="seg_dcb0cd9f-1da4-4a16-bebb-4506ae061f36">Laß bald wieder von Dir hören, lieber Paul;</seg> grüße <persName xml:id="persName_dff43f2c-273e-44e4-ba53-0164f1849774">Albertine<name key="PSN0113264" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Pauline Louise Albertine (1814-1879)</name></persName> von <persName xml:id="persName_4a9a2326-7374-44b8-82ee-6ef2a1c843e2">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> und mir aufs Herzlichste, <seg type="closer" xml:id="seg_303cf132-f23c-45c3-9bcf-9da1c5c80f82">und bleib gut</seg></p> <signed rend="right">Deinem</signed> <signed rend="right">Felix.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_63b28437-3669-4521-b176-071766f3efce"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">P. S. Noch eine Bitte. Kannst Du mich nicht über <placeName xml:id="placeName_3cda29c4-a59b-41e9-ad4c-22abed638ed9">das Bachsche Monument<name key="SGH0100550" style="hidden" subtype="" type="sight">Altes Bachdenkmal</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gelegentlich einen Bescheid wissen lassen?</p> </div> </body> </text></TEI>