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fmb-1841-01-08-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Louis Spohr in Kassel<lb></lb>Leipzig, 8. Januar 1841 Verzeihen Sie, daß ich bis jetzt verschoben habe Ihnen für die gütige Übersendung Ihrer historischen Symphonie zu danken; ich wollte deren Aufführung abwarten, die erst gestern Statt finden konnte, daher die späte Erwiederung Ihrer so Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht eingetragen noch nicht eingetragen Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 7, 2953

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. c. 42, fol. 25-26. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Louis Spohr in Kassel; Leipzig, 8. Januar 1841 Verzeihen Sie, daß ich bis jetzt verschoben habe Ihnen für die gütige Übersendung Ihrer historischen Symphonie zu danken; ich wollte deren Aufführung abwarten, die erst gestern Statt finden konnte, daher die späte Erwiederung Ihrer so

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy

Green Books

autographes Konzept, GB-Ob, M.D.M. d. 40/272a. Abschrift, D-B, MA Nachl. 7,64/1,12.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

8. Januar 1841 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859) KasselDeutschland deutsch
Herrn Herrn Kapellmeister Dr. Louis Spohr. Wohlgeboren in Cassel.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig d. 8ten Jan. 1841. Hochgeehrter Herr Kapellmeister

Verzeihen Sie, daß ich bis jetzt verschoben habe Ihnen für die gütige Übersendung Ihrer historischen Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> zu danken; ich wollte deren AufführungGewandhausLeipzigDeutschland abwarten, die erst gestern Statt finden konnte, daher die späte Erwiederung Ihrer so freundlichen lieben Briefe. Vor allen Dingen empfangen Sie nicht blos meinen herzlichen Dank, sondern auch zugleich den der hiesigen ConcertDirectionGewandhausLeipzigDeutschland, und aller Musikfreunde, die jedem Ihrer neuen Werke mit wahrhafter Freude und Spannung entgegensehn, Ihnen also doppelt erkenntlich sind, daß Sie uns abermals Gelegenheit verschafften eine Ihrer Symphonieen noch vor dem öffentlichen Erscheinen kennen zu lernen, und unter den Ersten sein zu dürfen, die sie in Deutschland aufführen. Es war natürlich, daß es sich alle MusikerGewandhausLeipzigDeutschland angelegen sein ließen, nach ihren besten Kräften zu einer gelungnen Ausführung beizutragen; auch hatten wir zwei lange Proben davon, deren eine ausschließlich der Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> gewidmet war, so daß wir das Scherzo und Finale jedes 5 mal ganz durchspielten, einzelne Repetitionen abgerechnet. Dennoch befriedigte mich die Ausführung nicht in allen Details so wie ich es wohl gewünscht hätte. Besonders die beiden Stellen in der Flöte, und nachher in der Clarinette, wo sie im letzten Satz zum Mittelgedanken überleiten<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name>, gelangen in der Probe immer besser als in der Aufführung, wo die ganze Parthie einen Anstrich von Ängstlichkeit bekam, den ich gerade hatte vermeiden wollen. Im Ganzen und für ein erstes Mal glaube ich doch, daß Sie mit dem OrchesterGewandhausLeipzigDeutschland zufrieden gewesen wären; wenigstens fiel sonst kein Fehler vor, und der junge HorsleyHorsley, Charles Edward (1822-1876), der das Werk<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> mehrmals unter Ihrer Direction gehört hat, versicherte mir auch, daß ich die Tempi in Ihrem Sinn und richtig getroffen hätte. So haben Sie denn nochmals den besten Dank, und erfreuen Sie uns bald wieder durch etwas Neues von Ihrer Hand; Sie wissen daß jedes Ihrer Werke nicht blos uns ein persönliches Vergnügen, sondern unserm ganzen Institute einen wahren Nutzen, einen lebendigen Aufschwung verschafft.

Sie sind so gütig mich nach dem Eindruck zu fragen, den die historische Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> auf mich persönlich machte. Ich weiß die hohe Ehre, die Sie mir dadurch erzeigen, zu sehr zu würdigen, als daß ich einem von mir so herzlich verehrten Meister gegenüber, nur allgemeine Worte der Bewunderung darauf erwiederte, nur von dem vielen Vortrefflichen, Nachahmungswerthen spräche, das in jedem Ihrer großen Werke gleich hervortritt, und nicht auch eines Puncts erwähnte, in den ich mich noch nicht ganz habe hineinfinden können. Mir ist nämlich im letzten Stück<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> immer zu Muth geworden als wäre die neuere Zeit, eben gerade weil Sie sie in Musik ausdrücken anders und großartiger hinzustellen gewesen; ich dachte es würde dem Ganzen dadurch die Krone aufgesetzt werden, wenn nach den drei ersten in verschiedenem Styl einfachen Sätzen, nun ein letzter recht nach Ihrem eignen Sinn durchgeführt, recht ernsthaft und vielsagend käme, der in sich selbst die Hauptgedanken der Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> ausspräche. Sie werden darauf entgegnen, daß dergleichen eben kein Andrer in der neueren Zeit machen kann, daß eben die leichte, pikante Manier der Anderen im letzten Satz dargestellt sei; – aber daß Sie sich selbst und das was Sie uns geben und für gut halten, vom letzten Satz fern halten, und nicht vielmehr vor Allem darin repräsentiren wollen, damit habe ich mich nicht recht versöhnen können; denn sogar für die Hauptwirkung des Ganzen würde mir ein größeres Instrumentalstück in freierer Form, etwa wie die Ouvertüre aus Faust<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110915" style="hidden" type="music">Faust WoO 51</name> oder so viele Ihrer herrlichen, schwungvollen Ouvertüren, an dieser Stelle mehr zusagen, als die leichten, fröhlichen Rythmen, die mich nicht beruhigen, und mich nicht zum Schluß<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> auf sichern, festen Grund und Boden stellen. Verzeihen Sie mir ja, hochgeehrter Herr Kapellmeister, und halten Sie mich nicht für unbescheiden, daß ich Ihnen gegenüber mir solche Freiheit nehme; ich sage alles das nur heraus, um ganz aufrichtig gewesen zu sein, obwohl ich gewiß glaube, daß meine Meinung sich noch ändern wird, und daß ich vielleicht nach genaueer Bekanntschaft und öfterem Hören Ihres Werks<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name> von selbst einsehn werde, daß ich mich geirrt.

Noch muß ich Sie hinsichtlich der mir zugeschickten ClavierSonaten um Entschuldigung bitten, ich habe nämlich das Preisrichter Amt nicht annehmen können, und das Paket daher uneröffnet an Herrn K. M. ReissigerReißiger (Reissiger), Carl Gottlieb (1798-1859) geschickt. Daß ich gerade von Ihnen die Sachen empfing, machte mirs schwerer als sonst, der zugedachten Ehre zu entsagen, und ich fürchtete fast, Sie würden mir es übel nehm[en]; aber weil ich weiß, wie lange es bei mir dauert bis ich über e[in] neues Stück nur für mich zu einem klaren Bewußtsein gelange, geschweige denn so viele verschiedene gegen einander abzuwägen vermag, welche verdrießliche Stunden es mir jedesmal gemacht hat, wenn ich zu einer Entscheidung gern kommen wollte, und doch immer fürchtete ein Unrecht zu begehen, das für mich und Andre gleich schmerzlich sein müßte – so habe ich den festen Vorsatz gefaßt niemals wieder ein musikalisches Preisrichteramt zu übernehmen, konnte daher auch diesmal keine Ausnahme machen, und hoffe vor Allem, daß Sie mir aus diesen Gründen verzeihen werden. Würde mirs nur ein wenig leichter, so thäte ichs gern; aber eben da es mir so schwer fällt, und ich mich auch nicht entschließen kann, es weniger schwer zu nehmen, so laß ichs lieber ganz. Ihren Brief mit dem Paket erhielt ich wenig Stunden nach der Anzeige, die mir Dr. SchillingSchilling, Friedrich Gustav (1805-1880) von meiner Erwählung zu diesem Amt machte, sonst hätte ich Ihnen gleich darüber geschrieben, und um Entschuldigung gebeten.

Wie freue ich mich nun auf Ihr neues Oratorium<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110913" style="hidden" type="music">Der Fall Babylons WoO 63</name>, von dem mir HorsleyHorsley, Charles Edward (1822-1876) manches hat erzählen müssen. Wäre mirs nur vergönnt, am Charfreitag zuzuhören, oder es<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110913" style="hidden" type="music">Der Fall Babylons WoO 63</name> wenigstens wie das vorige am Clavier mit Ihnen durchzuspielen und zu singen! Aber ich weiß nicht, ob mir eine solche Freude bald bevorsteht, denn ich fange an nicht mehr so leicht mobil zu sein, wie sonst; die FrauMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) und die KinderMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)Mendelssohn Bartholdy, Marie Pauline Helene (1839-1897), die man nicht leicht immer mitnehmen, und noch viel weniger leicht zu Haus lassen kann und mag, bilden nach und nach einen Hemmschuh am Reisewagen. Freilich ists einem dann aber auch zu Haus so wohl, wie sonst auf der schönsten Fahrt, und daß ich doch einmal über kurz oder lang wieder bei Ihnen vorsprechen kann, hoffe ich gewiß.

Mit der Bitte mich Ihrer verehrten Frau GemahlinnSpohr, Marianne Sophie Henriette (1807-1892) und HauptmannHauptmann, Carl Moritz (1792-1868) sehr vielmal zu empfehlen bin ich stets Ihr wahrhaft ergebner

Felix Mendelssohn Bartholdy.
            Leipzig d. 8ten Jan. 1841. Hochgeehrter Herr Kapellmeister
Verzeihen Sie, daß ich bis jetzt verschoben habe Ihnen für die gütige Übersendung Ihrer historischen Symphonie zu danken; ich wollte deren Aufführung abwarten, die erst gestern Statt finden konnte, daher die späte Erwiederung Ihrer so freundlichen lieben Briefe. Vor allen Dingen empfangen Sie nicht blos meinen herzlichen Dank, sondern auch zugleich den der hiesigen ConcertDirection, und aller Musikfreunde, die jedem Ihrer neuen Werke mit wahrhafter Freude und Spannung entgegensehn, Ihnen also doppelt erkenntlich sind, daß Sie uns abermals Gelegenheit verschafften eine Ihrer Symphonieen noch vor dem öffentlichen Erscheinen kennen zu lernen, und unter den Ersten sein zu dürfen, die sie in Deutschland aufführen. Es war natürlich, daß es sich alle Musiker angelegen sein ließen, nach ihren besten Kräften zu einer gelungnen Ausführung beizutragen; auch hatten wir zwei lange Proben davon, deren eine ausschließlich der Symphonie gewidmet war, so daß wir das Scherzo und Finale jedes 5 mal ganz durchspielten, einzelne Repetitionen abgerechnet. Dennoch befriedigte mich die Ausführung nicht in allen Details so wie ich es wohl gewünscht hätte. Besonders die beiden Stellen in der Flöte, und nachher in der Clarinette, wo sie im letzten Satz zum Mittelgedanken überleiten, gelangen in der Probe immer besser als in der Aufführung, wo die ganze Parthie einen Anstrich von Ängstlichkeit bekam, den ich gerade hatte vermeiden wollen. Im Ganzen und für ein erstes Mal glaube ich doch, daß Sie mit dem Orchester zufrieden gewesen wären; wenigstens fiel sonst kein Fehler vor, und der junge Horsley, der das Werk mehrmals unter Ihrer Direction gehört hat, versicherte mir auch, daß ich die Tempi in Ihrem Sinn und richtig getroffen hätte. So haben Sie denn nochmals den besten Dank, und erfreuen Sie uns bald wieder durch etwas Neues von Ihrer Hand; Sie wissen daß jedes Ihrer Werke nicht blos uns ein persönliches Vergnügen, sondern unserm ganzen Institute einen wahren Nutzen, einen lebendigen Aufschwung verschafft.
Sie sind so gütig mich nach dem Eindruck zu fragen, den die historische Symphonie auf mich persönlich machte. Ich weiß die hohe Ehre, die Sie mir dadurch erzeigen, zu sehr zu würdigen, als daß ich einem von mir so herzlich verehrten Meister gegenüber, nur allgemeine Worte der Bewunderung darauf erwiederte, nur von dem vielen Vortrefflichen, Nachahmungswerthen spräche, das in jedem Ihrer großen Werke gleich hervortritt, und nicht auch eines Puncts erwähnte, in den ich mich noch nicht ganz habe hineinfinden können. Mir ist nämlich im letzten Stück immer zu Muth geworden als wäre die neuere Zeit, eben gerade weil Sie sie in Musik ausdrücken anders und großartiger hinzustellen gewesen; ich dachte es würde dem Ganzen dadurch die Krone aufgesetzt werden, wenn nach den drei ersten in verschiedenem Styl einfachen Sätzen, nun ein letzter recht nach Ihrem eignen Sinn durchgeführt, recht ernsthaft und vielsagend käme, der in sich selbst die Hauptgedanken der Symphonie ausspräche. Sie werden darauf entgegnen, daß dergleichen eben kein Andrer in der neueren Zeit machen kann, daß eben die leichte, pikante Manier der Anderen im letzten Satz dargestellt sei; – aber daß Sie sich selbst und das was Sie uns geben und für gut halten, vom letzten Satz fern halten, und nicht vielmehr vor Allem darin repräsentiren wollen, damit habe ich mich nicht recht versöhnen können; denn sogar für die Hauptwirkung des Ganzen würde mir ein größeres Instrumentalstück in freierer Form, etwa wie die Ouvertüre aus Faust oder so viele Ihrer herrlichen, schwungvollen Ouvertüren, an dieser Stelle mehr zusagen, als die leichten, fröhlichen Rythmen, die mich nicht beruhigen, und mich nicht zum Schluß auf sichern, festen Grund und Boden stellen. Verzeihen Sie mir ja, hochgeehrter Herr Kapellmeister, und halten Sie mich nicht für unbescheiden, daß ich Ihnen gegenüber mir solche Freiheit nehme; ich sage alles das nur heraus, um ganz aufrichtig gewesen zu sein, obwohl ich gewiß glaube, daß meine Meinung sich noch ändern wird, und daß ich vielleicht nach genaueer Bekanntschaft und öfterem Hören Ihres Werks von selbst einsehn werde, daß ich mich geirrt.
Noch muß ich Sie hinsichtlich der mir zugeschickten ClavierSonaten um Entschuldigung bitten, ich habe nämlich das Preisrichter Amt nicht annehmen können, und das Paket daher uneröffnet an Herrn K. M. Reissiger geschickt. Daß ich gerade von Ihnen die Sachen empfing, machte mirs schwerer als sonst, der zugedachten Ehre zu entsagen, und ich fürchtete fast, Sie würden mir es übel nehmen; aber weil ich weiß, wie lange es bei mir dauert bis ich über ein neues Stück nur für mich zu einem klaren Bewußtsein gelange, geschweige denn so viele verschiedene gegen einander abzuwägen vermag, welche verdrießliche Stunden es mir jedesmal gemacht hat, wenn ich zu einer Entscheidung gern kommen wollte, und doch immer fürchtete ein Unrecht zu begehen, das für mich und Andre gleich schmerzlich sein müßte – so habe ich den festen Vorsatz gefaßt niemals wieder ein musikalisches Preisrichteramt zu übernehmen, konnte daher auch diesmal keine Ausnahme machen, und hoffe vor Allem, daß Sie mir aus diesen Gründen verzeihen werden. Würde mirs nur ein wenig leichter, so thäte ichs gern; aber eben da es mir so schwer fällt, und ich mich auch nicht entschließen kann, es weniger schwer zu nehmen, so laß ichs lieber ganz. Ihren Brief mit dem Paket erhielt ich wenig Stunden nach der Anzeige, die mir Dr. Schilling von meiner Erwählung zu diesem Amt machte, sonst hätte ich Ihnen gleich darüber geschrieben, und um Entschuldigung gebeten.
Wie freue ich mich nun auf Ihr neues Oratorium, von dem mir Horsley manches hat erzählen müssen. Wäre mirs nur vergönnt, am Charfreitag zuzuhören, oder es wenigstens wie das vorige am Clavier mit Ihnen durchzuspielen und zu singen! Aber ich weiß nicht, ob mir eine solche Freude bald bevorsteht, denn ich fange an nicht mehr so leicht mobil zu sein, wie sonst; die Frau und die Kinder, die man nicht leicht immer mitnehmen, und noch viel weniger leicht zu Haus lassen kann und mag, bilden nach und nach einen Hemmschuh am Reisewagen. Freilich ists einem dann aber auch zu Haus so wohl, wie sonst auf der schönsten Fahrt, und daß ich doch einmal über kurz oder lang wieder bei Ihnen vorsprechen kann, hoffe ich gewiß.
Mit der Bitte mich Ihrer verehrten Frau Gemahlinn und Hauptmann sehr vielmal zu empfehlen bin ich stets Ihr wahrhaft ergebner
Felix Mendelssohn Bartholdy.          
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Januar 1841</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_51abeb19-505b-4f16-b8ad-c7216b9d45a2">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_d23645bd-8c19-44e3-9b2c-0357d2dab612"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0115032" resp="receiver" xml:id="persName_2a5aa5ad-3aca-4b30-a5cd-1c304e42421d">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_86cc875b-3822-41cb-b73b-848583df8210"> <settlement key="STM0100115">Kassel</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_719eae3c-f7ff-4197-ba33-7216824cd80e"> <head> <address> <addrLine>Herrn</addrLine> <addrLine>Herrn Kapellmeister Dr. Louis Spohr.</addrLine> <addrLine>Wohlgeboren</addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">Cassel.</hi></addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_fd10aaf2-cc1a-4275-adb6-1161e2739a89"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Leipzig d. <date cert="high" when="1841-01-08" xml:id="date_6ee7097a-32e8-4b7b-a2bb-e16ff80831f1">8<hi rend="superscript">ten</hi> Jan. 1841</date>.</dateline> <salute rend="left">Hochgeehrter Herr Kapellmeister</salute> <p style="paragraph_without_indent">Verzeihen Sie, daß ich bis jetzt verschoben habe Ihnen für die gütige Übersendung Ihrer <title xml:id="title_54cad191-c58b-4af2-96ff-aef3a5902eba">historischen Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> zu danken; ich wollte deren <placeName xml:id="placeName_75881517-5529-42ec-bfdc-7d8244fba1e1">Aufführung<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> abwarten, die erst gestern Statt finden konnte, daher die späte Erwiederung Ihrer so freundlichen lieben Briefe. Vor allen Dingen empfangen Sie nicht blos meinen herzlichen Dank, sondern auch zugleich den der hiesigen <placeName xml:id="placeName_598b1655-7421-4d74-b68b-c207af1afab3">ConcertDirection<name key="NST0100328" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und aller Musikfreunde, die jedem Ihrer neuen Werke mit wahrhafter Freude und Spannung entgegensehn, Ihnen also doppelt erkenntlich sind, daß Sie uns abermals Gelegenheit verschafften eine Ihrer Symphonieen noch vor dem öffentlichen Erscheinen kennen zu lernen, und unter den Ersten sein zu dürfen, die sie in Deutschland aufführen. Es war natürlich, daß es sich alle <placeName xml:id="placeName_29d7ac1a-2ba3-4216-a960-a0f7c9f7ec1b">Musiker<name key="NST0100494" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> angelegen sein ließen, nach ihren besten Kräften zu einer gelungnen Ausführung beizutragen; auch hatten wir zwei lange Proben davon, deren eine ausschließlich der <title xml:id="title_fe16c76b-159a-48ef-a1e2-edd2f414349a">Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> gewidmet war, so daß wir das Scherzo und Finale jedes 5 mal ganz durchspielten, einzelne Repetitionen abgerechnet. Dennoch befriedigte mich die Ausführung nicht in allen Details so wie ich es wohl gewünscht hätte. Besonders die beiden Stellen in der Flöte, und nachher in der Clarinette, wo sie im <title xml:id="title_7792e38d-287b-493e-9fe6-b004dacc4ae3">letzten Satz zum Mittelgedanken überleiten<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title>, gelangen in der Probe immer besser als in der Aufführung, wo die ganze Parthie einen Anstrich von Ängstlichkeit bekam, den ich gerade hatte vermeiden wollen. Im Ganzen und für ein erstes Mal glaube ich doch, daß Sie mit dem <placeName xml:id="placeName_ca4c1228-179d-4ab3-a02a-d5f102fb23ec">Orchester<name key="NST0100494" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zufrieden gewesen wären; wenigstens fiel sonst kein Fehler vor, und der junge <persName xml:id="persName_5382caca-51f5-4690-8f39-502cd86e744f">Horsley<name key="PSN0112102" style="hidden">Horsley, Charles Edward (1822-1876)</name></persName>, der das <title xml:id="title_316be209-5c05-4394-b345-4becf6f62e8c">Werk<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> mehrmals unter Ihrer Direction gehört hat, versicherte mir auch, daß ich die Tempi in Ihrem Sinn und richtig getroffen hätte. So haben Sie denn nochmals den besten Dank, und erfreuen Sie uns bald wieder durch etwas Neues von Ihrer Hand; Sie wissen daß jedes Ihrer Werke nicht blos uns ein persönliches Vergnügen, sondern unserm ganzen Institute einen wahren Nutzen, einen lebendigen Aufschwung verschafft.</p> <p>Sie sind so gütig mich nach dem Eindruck zu fragen, den die <title xml:id="title_a476fbc0-9301-4156-813d-78d73644d128">historische Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> auf mich persönlich machte. Ich weiß die hohe Ehre, die Sie mir dadurch erzeigen, zu sehr zu würdigen, als daß ich einem von mir so herzlich verehrten Meister gegenüber, nur allgemeine Worte der Bewunderung darauf erwiederte, nur von dem vielen Vortrefflichen, Nachahmungswerthen spräche, das in jedem Ihrer großen Werke gleich hervortritt, und nicht auch eines Puncts erwähnte, in den ich mich noch nicht ganz habe hineinfinden können. Mir ist nämlich im letzten <title xml:id="title_74b07446-37d9-41fb-800c-5cbef1dca07b">Stück<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> immer zu Muth geworden als wäre die neuere Zeit, eben gerade weil <hi rend="underline">Sie</hi> sie in Musik ausdrücken anders und großartiger hinzustellen gewesen; ich dachte es würde dem Ganzen dadurch die Krone aufgesetzt werden, wenn nach den drei ersten in verschiedenem Styl einfachen Sätzen, nun ein letzter recht nach <hi rend="underline">Ihrem</hi> eignen Sinn durchgeführt, recht ernsthaft und vielsagend käme, der in sich selbst die Hauptgedanken der <title xml:id="title_cbff24ba-c466-4aee-a6df-ce278f0a43fd">Symphonie<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> ausspräche. Sie werden darauf entgegnen, daß dergleichen eben kein Andrer in der neueren Zeit machen kann, daß eben die leichte, pikante Manier der <hi rend="underline">Anderen</hi> im letzten Satz dargestellt sei; – aber daß Sie sich selbst und das was Sie uns geben und für gut halten, vom letzten Satz fern halten, und nicht vielmehr vor Allem darin repräsentiren wollen, damit habe ich mich nicht recht versöhnen können; denn sogar für die Hauptwirkung des Ganzen würde mir ein größeres Instrumentalstück in freierer Form, etwa wie die <title xml:id="title_c041bd19-96c4-4bb3-bc49-db1d3e0a0405">Ouvertüre aus Faust<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110915" style="hidden" type="music">Faust WoO 51</name></title> oder so viele Ihrer herrlichen, schwungvollen Ouvertüren, an dieser Stelle mehr zusagen, als die leichten, fröhlichen Rythmen, die mich nicht beruhigen, und mich nicht zum <title xml:id="title_91f63519-b797-43f8-86ae-366685b628a2">Schluß<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> auf sichern, festen Grund und Boden stellen. Verzeihen Sie mir ja, hochgeehrter Herr Kapellmeister, und halten Sie mich nicht für unbescheiden, daß ich Ihnen gegenüber mir solche Freiheit nehme; ich sage alles das nur heraus, um ganz aufrichtig gewesen zu sein, obwohl ich gewiß glaube, daß meine Meinung sich noch ändern wird, und daß ich vielleicht nach genaueer Bekanntschaft und öfterem Hören Ihres <title xml:id="title_363fec17-74b6-458d-ba5c-250ce470798f">Werks<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110946" style="hidden" type="music">6. Sinfonie G-Dur, op. 116 (Historische Sinfonie)</name></title> von selbst einsehn werde, daß ich mich geirrt.</p> <p>Noch muß ich Sie hinsichtlich der mir zugeschickten ClavierSonaten um Entschuldigung bitten, ich habe nämlich das Preisrichter Amt nicht annehmen können, und das Paket daher uneröffnet an Herrn K. M. <persName xml:id="persName_969ac7de-fdf3-4aa0-9e60-6a98eb914b71">Reissiger<name key="PSN0114129" style="hidden">Reißiger (Reissiger), Carl Gottlieb (1798-1859)</name></persName> geschickt. Daß ich gerade von Ihnen die Sachen empfing, machte mirs schwerer als sonst, der zugedachten Ehre zu entsagen, und ich fürchtete fast, Sie würden mir es übel nehm[en]; aber weil ich weiß, wie lange es bei mir dauert bis ich über <hi rend="underline">e</hi>[<hi rend="underline">in</hi>] neues Stück nur für mich zu einem klaren Bewußtsein gelange, geschweige denn so viele verschiedene gegen einander abzuwägen vermag, welche verdrießliche Stunden es mir jedesmal gemacht hat, wenn ich zu einer Entscheidung gern kommen wollte, und doch immer fürchtete ein Unrecht zu begehen, das für mich und Andre gleich schmerzlich sein müßte – so habe ich den festen Vorsatz gefaßt niemals wieder ein musikalisches Preisrichteramt zu übernehmen, konnte daher auch diesmal keine Ausnahme machen, und hoffe vor Allem, daß Sie mir aus diesen Gründen verzeihen werden. Würde mirs nur ein wenig leichter, so thäte ichs gern; aber eben da es mir so schwer fällt, und ich mich auch nicht entschließen kann, es weniger schwer zu nehmen, so laß ichs lieber ganz. Ihren Brief mit dem Paket erhielt ich wenig Stunden nach der Anzeige, die mir Dr. <persName xml:id="persName_30a9a1d8-65af-4ea0-a963-fbe7c466e0aa">Schilling<name key="PSN0118124" style="hidden">Schilling, Friedrich Gustav (1805-1880)</name></persName> von meiner Erwählung zu diesem Amt machte, sonst hätte ich Ihnen gleich darüber geschrieben, und um Entschuldigung gebeten.</p> <p>Wie freue ich mich nun auf Ihr neues <title xml:id="title_e5aab7e1-1036-407e-80dc-533659b7fbdc">Oratorium<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110913" style="hidden" type="music">Der Fall Babylons WoO 63</name></title>, von dem mir <persName xml:id="persName_83ff4093-9436-4261-b93d-ae159f09ce00">Horsley<name key="PSN0112102" style="hidden">Horsley, Charles Edward (1822-1876)</name></persName> manches hat erzählen müssen. Wäre mirs nur vergönnt, am Charfreitag zuzuhören, oder <title xml:id="title_d9c19011-f72f-48d3-8e1a-beb8d59ef624">es<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110913" style="hidden" type="music">Der Fall Babylons WoO 63</name></title> wenigstens wie das vorige am Clavier mit Ihnen durchzuspielen und zu singen! Aber ich weiß nicht, ob mir eine solche Freude bald bevorsteht, denn ich fange an nicht mehr so leicht mobil zu sein, wie sonst; die <persName xml:id="persName_8765e52e-1733-416c-aed1-1a0abbf6e28b">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_49861e23-f3d5-4802-a135-a06a08390079">Kinder<name key="PSN0113251" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name><name key="PSN0113261" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Marie Pauline Helene (1839-1897)</name></persName>, die man nicht leicht immer mitnehmen, und noch viel weniger leicht zu Haus lassen kann und mag, bilden nach und nach einen Hemmschuh am Reisewagen. Freilich ists einem dann aber auch zu Haus so wohl, wie sonst auf der schönsten Fahrt, und daß ich doch einmal über kurz oder lang wieder bei Ihnen vorsprechen kann, hoffe ich gewiß.</p> <p>Mit der Bitte mich Ihrer verehrten Frau <persName xml:id="persName_8e4f9260-b83c-4f91-b3ff-a3d520b8c0ee">Gemahlinn<name key="PSN0115033" style="hidden">Spohr, Marianne Sophie Henriette (1807-1892)</name></persName> und <persName xml:id="persName_791473e3-7688-4a33-a797-8fd12355851e">Hauptmann<name key="PSN0111769" style="hidden">Hauptmann, Carl Moritz (1792-1868)</name></persName> sehr vielmal zu empfehlen <seg type="closer" xml:id="seg_c08caa5e-df48-4eac-9fe0-e275a14d5406">bin ich stets Ihr wahrhaft ergebner</seg></p> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed> </div> </body> </text></TEI>