fmb-1840-10-27-02
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Leipzig, 27. Oktober 1840
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Berlin
An diesem Brief schreibe ich eigentlich schon seit ich von England wieder hier bin, aber erst heut hab ich einen ruhigen freien Morgen, um ihn wirklich fertig zu machen, um ordentlich mit Dir zu plaudern. Hoffentlich, hoffentlich bist Du von dem bösen Unfall jetzt wieder gänzlich hergestellt; die
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Leipzig den 27 October 1840 Liebste Mutter An diesem Brief schreibe ich eigentlich schon seit ich von England wieder hier bin, aber erst heut hab ich einen ruhigen freien Morgen, um ihn wirklich fertig zu machen, um ordentlich mit Dir zu plaudern. Hoffentlich, hoffentlich bist Du von dem bösen Unfall jetzt wieder gänzlich hergestellt; die Schwestern schrieben mir zwar, die täglichen Bülletins hörten nun auf, aber das ist schon ein ganzes Weilchen her, und ich gestehe Dir ich sehne mich wieder nach genauen, und so Gott will guten Nachrichten. Eckert gab mir gestern welche; doch auch die waren nicht die frischesten, 4 Tage alt, er meinte Du hättest doch etwas angegriffen ausgesehn, obwohl ganz munter und klar – ich hoffe eben bald etwas Näheres zu hören, und vielleicht in einiger Zeit die liebe wohlbekannte Hand wieder zu sehen. Oder ist Dir für länger noch alles Schreiben untersagt? Der Eckert ist als ein wahrer, Preußischer Patriot zurückgekommen, und geht beinah so weit wie die Preußische Staatszeitung, welche behauptet, der Regen welcher dem Könige ins Gesicht geschlagen, habe sein Feuer nur noch mehr angefacht. Aber auf meine ungläubigen Grimassen antwortete Eckert, Du seist ganz seiner Meinung, und hättest ihm aufgetragen, mir das zu bestellen. Das ist eben das Malheur, daß eine Entfernung von 20 Meilen doch so unwiderstehlich einwirkt, und daß wir uns trotz aller genauen Zeitungbeschreibungen und Details keinen rechten Begriff von den Sachen machen können die in Eurer Gegenwart vorgehen, und vice versa. Es gehören eben alle die tausend Kleinigkeiten dazu, die unbedeutend scheinen, an die kein Beschreiber denkt, und die am Ende doch zu allem die Verbindung, von vielem die Hauptsache sind. So weit ich mir diese nun, und den eigentlichen Sinn der ihnen zu Grunde liegt namentlich aus den Reden des Königs, namentlich aus der Rede an die huldigende Ritterschaft habe herauslesen können, so weit misfällt er mir ganz und gar, und das ist vielleicht die Ursache daß mir alle andern schönen Accidenzien bis auf den feurigen Regen der Staatszeitung auch nicht zusagen wollen. Einstweilen geht die Zeit ihren gleichgültigen Trab sehr unaufhaltsam: Herr Thiers ist out, und in Frankfurt sind wieder eine Masse Verhaftungen vorgenommen worden und die Königinn Christine kann mein Eckzimmer bekommen, wenn Moscheles nicht von Prag wiederkommt – bei Gott ich möchte jetzt statt eines souverains viel lieber ein Musikus sein. Verzeih das politische Lied, liebe Mutter, ich kehre auch gleich zu meinem Leisten wieder zurück, und erzähle Dir vom Abonnement-Concert und von unsern Zuständchen, die Ihr wieder nicht ganz begreifen könnt, so herrlich ich sie auch beschreibe, und so sehr der Regen (gestern sogar der Schnee) mein Feuer anfacht. à propos ist denn nun Schleinitz wirklich in Berlin eingetroffen? Er reis’te vorgestern Nachmittag und doch kann ich mir ihn noch kaum da denken. Hat er Ceciles Brief an Dich, und meinen an Fanny, und das Paketchen richtig abgegeben? Gestern ist Chorley nach Paris abgereis’t, um ein Concert zu hören, welches dort für nächsten Sonntag angekündigt ist. Ob Moscheles wieder hier durchkommt, ist noch zweifelhaft; die Zeit seines Aufenthalts hier war sehr behaglich; er wohnte in unserm Eckzimmer, und es wurde ziemlich den ganzen Tag musicirt. Carls Vortrag des Mantelliedes hat er sogar aufs zierlichste in Noten geschrieben, und seiner Frau brieflich zugeschickt, dafür frägt der auch jeden Morgen nach Onken Moschenes. Die Fête im Gewandhaus war wieder sehr hübsch und hat allen große Freude gemacht; die Musik ging gut und klappte nach Herzenslust, namentlich in meinem 42sten Psalm . Das Hauptstück war Moscheles’ gmoll Concert, das er trefflich spielte, und von dem Orchester ohne Probe fehlerfrei begleitet wurde, außerdem spielte er noch mit Clara Schumann (Wieck) und mir das Bachsche TripelConcert, und mit mir das hommage à Händel; zum Schluß noch einige Etuden. Und mit dem Orchester spielten wir noch die beiden Ouvertüren zu Leonore von Beethoven, und meine Hebriden . Es waren gegen 350 Personen da, und alles wäre gut gewesen, aber – ein Fehler verdarb das Beste! Es waren nicht genug Spritzkuchen da! Wir hätten können die Leonorenouvertüre umwerfen, und im gmoll Concert stecken bleiben, wären nur genug Spritzkuchen da gewesen. Es standen doch 300 auf der Rechnung, und noch 100 andre Kuchen – Aber niemand will was davon bekommen haben. Wo sind sie hin? Das ist sehr hart, Mutter. Der Bischof hat uns wieder rausgebissen; der floß in Strömen, und fachte unser Feuer an, wie der Regen im Lustgarten. Es war auch Cardinal da. Hierauf kam das gmoll Concert, und wir nahmen das erste tempo des tutti viel zu langsam, offenbar weil es an Spritzkuchen gefehlt hatte. Die Thomasschüler sollen sie alle in die Tasche gesteckt haben, behauptet der Conditor; genug wir haben keine gekriegt. Von unsern beiden Sängerinnen, Mlle. List und Mlle. Schloss sage ich nichts und verweise auf Schleinitz, ebenso von der silbernen Hochzeit der Leipziger Liedertafel, von der ich mich noch nicht wieder ganz erholen kann. Gott sei bei uns, was ist das deutsche Vaterland für ein langweiliges Ding, wenn es von dieser Seite betrachtet wird! Ich erinnere mich lebhaft an Vaters ungeheuern Grimm gegen die Liedertafeln, und überhaupt gegen alles was in einiger Verwandtschaft mit Vetter Michel steht, und fühle auch so etwas Aehnliches in mir. Ist Onkel Joseph wieder in Berlin? Oder wird er bald zurückerwartet? Ich möchte es wissen, weil ich ein Paketchen von London für ihn bekommen habe. In England war mein Aufenthalt diesmal ein sehr angenehmer, das weißt Du wohl schon; so viele Freunde unverändert freundlich wiederzufinden ist ein gar zu angenehmes Gefühl; am meisten haben freilich zu meiner Behaglichkeit Klingemann und die beiden Moscheles gethan, denen ich von ganzem Herzen dankbar dafür bin; Klingemann hat mir mehr gefallen und wohlgethan, als je. Auch die beiden Beneckes sind gar zu liebe Leute, ich wollte namentlich Du kenntest die Frau, die würde Dir gar absonderlich gefallen. Einen reizenden Sonntag brachte ich dort zu; sie wohnen weit hinaus im Grünen, in Camberwell; und wir fanden so eine Menge Bekannte aus dem Vaterland, solch ein ächtes deutsches nettes Hauswesen da, daß mirs gar zu plaisirlich wurde. Dazu sang Abends der Dr. Weber meine Lieder so außerordentlich wunderschön, wie ich sie noch gar nicht gehört hatte; auch die Schlummerscene des Rinald von Gluck, und einigen Beethoven – sie haben ihn jetzt vorgekriegt, Klingemann à la tête alliirt mit Mme. Benecke, und haben ihm seinen ausschließlichen Bellinismus ausgetrieben, und nun ists wirklich fabelhaft, wie erpicht er auf die andre Musik geworden ist, wie rabbiat er sie singt, wie herrlich seine Stimme dazu klingt. Wäre er ein bischen fester musikalisch, so zöge ich ihn allen andern mir bekannten Tenören vor. Dabei ist er jetzt ein fleißiger Medicus, und singt fast nirgends als bei den Beneckes in Gesellschaften gar nicht; seine Verbindung mit Clara Novello ist ganz abgebrochen. Es ist mir im Leben nicht vorgekommen daß eine schöne Carriere so muthwillig in Stücken kurz und klein geschlagen worden ist, wie dies Mädchen es mit der ihrigen gethan hat; in England will kein Mensch was von ihr wissen; man hat sie kaum einmal singen hören, weil sie durchaus wie die Malibran behandelt sein, ihre Arien singen, ihre Preise bezahlt bekommen wollte; dazu haben die Leute gelacht, und sie ist nach Italien um auf der Bühne ihr Glück zu suchen; den schlechten Erfolg kann man ihr, leider, bestimmt prophezeien. Ihr Bruder der Verleger hat mir Burn’s works geschenkt – das ist ein Beweis von Success, sag ich Dir – der ist groß. Aber genug Plauderei. Leb wohl für heut, liebste Mutter, und laß uns bald Gutes über Dich, hoffentlich bald von Dir hören. Immer Dein Felix.
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Ob <persName xml:id="persName_8157cf84-85dc-485c-9c57-5e29b1b27847">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> wieder hier durchkommt, ist noch zweifelhaft; die Zeit seines Aufenthalts hier war sehr behaglich; <persName xml:id="persName_2ff254a2-a552-450b-b3cc-0a613163a0f4">er<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> wohnte in unserm Eckzimmer, und es wurde ziemlich den ganzen Tag musicirt. <persName xml:id="persName_6af5b53c-eee4-40f8-a33d-6f6033e6db86">Carls<name key="PSN0113251" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> <title xml:id="title_72ce90e6-0a9d-431c-9b05-e70b13bde0b3">Vortrag des Mantelliedes<name key="PSN0110816" style="hidden" type="author">Eberwein, Franz Carl Adelbert (1786-1868)</name><name key="CRT0108636" style="hidden" type="music">Mantellied (»Schier dreißig Jahre bist du alt«) aus Karl von Holteis Schauspiel »Leonore«</name></title> hat er sogar aufs zierlichste in Noten geschrieben, und seiner <persName xml:id="persName_46814b87-ab43-4ba2-9ca5-43c4af02af68">Frau<name key="PSN0113436" style="hidden">Moscheles, Charlotte (1805-1889)</name></persName> brieflich zugeschickt, dafür frägt der auch jeden Morgen nach Onken <persName xml:id="persName_b73634b1-ce5f-415d-a05c-3c2c913a5823">Moschenes<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName>. Die Fête im <placeName xml:id="placeName_b38746c7-de67-4cd4-9fcb-e60be87dea3b">Gewandhaus<name key="NST0100352" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> war wieder sehr hübsch und hat allen große Freude gemacht; die Musik ging gut und klappte nach Herzenslust, namentlich in meinem 42<hi rend="superscript">sten</hi> <title xml:id="title_5e1e79b2-f26a-412f-992b-2463550ae537">Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_o78jybfz-alvc-x1xe-vgng-0gnp63tebakr"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title>. Das Hauptstück war <title xml:id="title_0f0cfbb5-85e0-4ddb-9707-1b7514f1e593">Moscheles’ gmoll Concert<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name><name key="CRT0110037" style="hidden" type="music">3. Klavierkonzert g-Moll, op. 60</name></title>, das <persName xml:id="persName_1bd8057a-6ccd-4538-a799-ba257d3562a9">er<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> trefflich spielte, und von dem <placeName xml:id="placeName_ec8f2362-715f-4e34-920b-dfa4eeb8b01c">Orchester<name key="NST0100494" style="hidden" subtype="Orchester" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ohne Probe fehlerfrei begleitet wurde, außerdem spielte <persName xml:id="persName_8583f8b3-c2c1-4086-bf48-5a96f08527e7">er<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> noch mit <persName xml:id="persName_6832c583-40d1-4654-99dd-0e83e0da148b">Clara Schumann (Wieck)<name key="PSN0114753" style="hidden">Schumann, Clara Josephine (1819-1896)</name></persName> und mir das <title xml:id="title_d65c90c0-afdb-4bae-a7f6-889eda4ff371">Bachsche TripelConcert<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107780" style="hidden" type="music">Konzert für drei Cembali d-Moll, BWV 1063</name></title>, und mit mir das hommage à Händel; zum Schluß noch <title xml:id="title_be7b9173-7491-48bc-a5f3-8f966fef4a8c">einige Etuden<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name><name key="CRT0110026" style="hidden" type="music">Etüden</name></title>. Und mit dem Orchester spielten wir noch <title xml:id="title_ebd90f4a-72a4-4f1f-9d69-8e5a76c4f29e">die beiden Ouvertüren zu Leonore von Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108038" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b</name><name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108037" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 2 C-Dur, op. 72a</name></title>, und meine <title xml:id="title_2ec509ab-71d2-4785-a629-3f2e6c2fb7ea">Hebriden<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_vxifzujz-0tyi-xeln-ncas-393gr7rfsypt"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100363" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 2 Die Hebriden / The Isles of Fingal (Zur einsamen Insel) h-Moll (»Fingals Höhle«), 7. August 1829 bis 16. Dezember 1830; Umarbeitung bis 20. Juni 1832<idno type="MWV">P 7</idno><idno type="op">26</idno></name></title>. Es waren gegen 350 Personen da, und alles wäre gut gewesen, aber – ein Fehler verdarb das Beste! Es waren nicht genug Spritzkuchen da! Wir hätten können die <title xml:id="title_bd172803-2612-4e9e-97f9-54ec8939b648">Leonorenouvertüre<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108038" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b</name><name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108037" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 2 C-Dur, op. 72a</name></title> umwerfen, und im <title xml:id="title_cc74e5f8-fafa-4e5b-958a-9958f3e0ce78">gmoll Concert<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name><name key="CRT0110037" style="hidden" type="music">3. Klavierkonzert g-Moll, op. 60</name></title> stecken bleiben, wären nur genug Spritzkuchen da gewesen. Es standen doch 300 auf der Rechnung, und noch 100 andre Kuchen – Aber niemand will was davon bekommen haben. Wo sind sie hin? Das ist sehr hart, Mutter. Der Bischof hat uns wieder rausgebissen; der floß in Strömen, und fachte unser Feuer an, wie der Regen im Lustgarten. Es war auch Cardinal da. Hierauf kam das <title xml:id="title_206c43c0-17cd-43b9-8986-d5ac85f500a5">gmoll Concert<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name><name key="CRT0110037" style="hidden" type="music">3. Klavierkonzert g-Moll, op. 60</name></title>, und wir nahmen das erste tempo des tutti viel zu langsam, offenbar weil es an Spritzkuchen gefehlt hatte. Die <placeName xml:id="placeName_cac9a0a8-5e28-4ce3-afeb-5b13d1b07426">Thomasschüler<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> sollen sie alle in die Tasche gesteckt haben, behauptet der Conditor; genug wir haben keine gekriegt. Von unsern beiden Sängerinnen, Mlle. <persName xml:id="persName_45f2b983-de91-44fe-9693-a7cce0d6ac39">List<name key="PSN0112892" style="hidden">List, Elise (1822-1893)</name></persName> und Mlle. <persName xml:id="persName_0eb2cb4a-dee3-4dce-ac93-f2be348ecb3a">Schloss<name key="PSN0114593" style="hidden">Schloss, Sophie (1821-1903)</name></persName> sage ich nichts und verweise [au]f <persName xml:id="persName_c0e9aefb-1618-4dbe-b8f6-16bd64364659">Schleinitz<name key="PSN0114567" style="hidden">Schleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881)</name></persName>, ebenso von der silbernen Hochzeit der <placeName xml:id="placeName_2c2110a1-59d5-434e-a6f0-712f03113209">Leipziger Liedertafel<name key="NST0100498" style="hidden" subtype="" type="institution">Jüngere Liedertafel</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, vo[n] der ich mich noch nicht wieder ganz erholen kann. Gott sei bei uns, was ist das deutsche Vaterland für ein langweiliges Ding, wenn es von dieser Seite betrachtet wird! Ich erinnere mich lebhaft an <persName xml:id="persName_d68cd2c8-6309-4d28-9e6e-451c81663397">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> ungeheuern Grimm gegen die Liedertafeln, und überhaupt gegen alles was in einiger Verwandtschaft mit Vetter Michel steht, und fühle auch so etwas Aehnliches in mir. Ist <persName xml:id="persName_a458dd38-45d4-41ad-abf4-9b6d9278d3aa">Onkel Joseph<name key="PSN0113227" style="hidden">Mendelssohn, Joseph (1770-1848)</name></persName> wieder in Berlin? Oder wird er bald zurückerwartet? Ich möchte es wissen, weil ich ein Paketchen von London für <persName xml:id="persName_c1d4c091-7998-42c0-92a5-e991feda99c4">ihn<name key="PSN0113227" style="hidden">Mendelssohn, Joseph (1770-1848)</name></persName> bekommen habe. In England war mein Aufenthalt diesmal ein sehr angenehmer, das weißt Du wohl schon; so viele Freunde unverändert freundlich wiederzufinden ist ein gar zu angenehmes Gefühl; am meisten haben freilich zu meiner Behaglichkeit <persName xml:id="persName_5b5b24be-6321-4171-b9ed-906d29c7a210">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_952f1465-db5b-42ff-8331-c36fb11ca25f">beiden Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name><name key="PSN0113436" style="hidden">Moscheles, Charlotte (1805-1889)</name></persName> gethan, denen ich von ganzem Herzen dankbar dafür bin; <persName xml:id="persName_80119432-2edc-45c2-9c71-06220b762b0a">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> hat mir mehr gefallen und wohlgethan, als je. Auch die <persName xml:id="persName_14eee32a-1081-45ae-a0b6-655a528e20c0">beiden Beneckes<name key="PSN0109825" style="hidden">Benecke, Friedrich Wilhelm (1802-1865)</name><name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName> sind gar zu liebe Leute, ich wollte namentlich Du kenntest die <persName xml:id="persName_f53b1680-21a0-42c1-a9d4-052d804cd7fb">Frau<name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName>, die würde Dir gar absonderlich gefallen. Einen reizenden Sonntag brachte ich dort zu; <persName xml:id="persName_f7eea8b0-57f0-494e-b7a4-16bf56d92e70">sie<name key="PSN0109825" style="hidden">Benecke, Friedrich Wilhelm (1802-1865)</name><name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName> wohnen weit hinaus im Grünen, in Camberwell; und wir fanden so eine Menge Bekannte aus dem Vaterland, solch ein ächtes deutsches nettes Hauswesen da, daß mirs gar zu plaisirlich wurde. Dazu sang Abends der Dr. <persName xml:id="persName_3245cae3-afa5-43b1-863d-3ed693d2e19d">Weber<name key="PSN0115648" style="hidden">Weber, Johann Friedrich (Frederick, Fritz) (1808-1886)</name></persName> meine Lieder so außerordentlich wunderschön, wie ich sie noch gar nicht gehört hatte; auch die <title xml:id="title_8ae28fd1-6720-495e-9aa0-168795644df7">Schlummerscene des Rinald von Gluck<name key="PSN0111405" style="hidden" type="author">Gluck, Christoph Willibald (seit 1756) Ritter von (1714-1787)</name><name key="CRT0111399" style="hidden" type="music">Armide GluckWV 1.47</name></title>, und einigen <persName xml:id="persName_5408bf39-22b0-4a6a-8a23-7af5383df4c1">Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name></persName> – sie haben ihn jetzt vorgekriegt, <persName xml:id="persName_55f6ecf9-5e50-4cf4-b7d2-a5a674e4b2c1">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> à la tête alliirt mit Mme. <persName xml:id="persName_fc4541d0-e6ad-45e3-8b6c-298c694779fc">Benecke<name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName>, und haben ihm seinen ausschließlichen <persName xml:id="persName_d33582fd-5e81-474a-98e7-8d55c6aafbcd">Bellinismus<name key="PSN0109794" style="hidden">Bellini, Vincenzo Salvatore Carmelo Francesco (1801-1835)</name></persName> ausgetrieben, und nun ists wirklich fabelhaft, wie erpicht <persName xml:id="persName_2110f60e-36f7-4b2a-b8e7-b7d65c3b5cc8">er<name key="PSN0115648" style="hidden">Weber, Johann Friedrich (Frederick, Fritz) (1808-1886)</name></persName> auf die andre Musik geworden ist, wie rabbiat er sie singt, wie herrlich seine Stimme dazu klingt. Wäre er ein bischen fester musikalisch, so zöge ich ihn allen andern mir bekannten Tenören vor. Dabei ist <persName xml:id="persName_d2ab5790-0338-4f9b-a964-5c30d1835172">er<name key="PSN0115648" style="hidden">Weber, Johann Friedrich (Frederick, Fritz) (1808-1886)</name></persName> jetzt ein fleißiger Medicus, und singt fast nirgends als bei den <persName xml:id="persName_fd59045b-02d8-476f-9014-cbc1a6891c2d">Beneckes<name key="PSN0109825" style="hidden">Benecke, Friedrich Wilhelm (1802-1865)</name><name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName> in Gesellschaften gar nicht; seine Verbindung mit <persName xml:id="persName_e551add2-6e85-4fe8-b080-739810a57580">Clara Novello<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> ist ganz abgebrochen. Es ist mir im Le[ben] nicht vorgekommen daß eine schöne Carriere so muthwillig in Stücken kurz und klein geschlagen worden ist, wie dies <persName xml:id="persName_f11625eb-8603-4a3f-9e79-8e33dc442eed">Mädchen<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> es mit der ihrigen gethan hat; in England will kein Mensch was von ihr wissen; man hat sie kaum einmal singen hören, weil <persName xml:id="persName_21d883ec-0605-458d-856d-59779dc17b24">sie<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> durchaus wie die <persName xml:id="persName_a000b846-2990-4d24-ac63-4e4359436f0e">Malibran<name key="PSN0113047" style="hidden">Malibran, María Felicità (1808-1836)</name></persName> behandelt sein, ihre Arien singen, ihre Preise bezahlt bekommen wollte; dazu haben die Leute gelacht, und <persName xml:id="persName_dbcac356-4438-4372-958d-f5cbd996cf70">sie<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> ist nach Italien um auf der Bühne ihr Glück zu suchen; den schlechten Erfolg kann man ihr, leider, bestimmt prophezeien. Ihr <persName xml:id="persName_01add430-f6f7-4b57-996f-69b57f60a112">Bruder<name key="PSN0113624" style="hidden">Novello, Joseph Alfred (1810-1896)</name></persName> der Verleger hat m[ir] <persName xml:id="persName_ef93c8f3-e540-4ac1-addf-b4b28c546c7c">Burn’s<name key="PSN0110220" style="hidden">Burns, Robert (1759-1796)</name></persName> works geschenkt – das ist ein Beweis von Success, sag ich Dir – der ist groß. Aber genug Plauderei. <seg type="closer" xml:id="seg_df390fb6-ac04-46d1-a8a7-a7f77f67b56b">Leb wohl für heut, liebste Mutter, und laß uns bald Gutes über Dich, hoffentlich bald von Dir hören. </seg><seg type="signed">Immer Dein Felix.</seg></p> </div> </body> </text></TEI>