fmb-1840-06-17-01
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Leipzig, 17. Juni 1840
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
5 beschr. S.; Adresse. – Zusatz von fremder Hand auf der Adressenseite: »Der Empfänger dieses Briefes stürzte sich 8 Tage darauf / ins Wasser«.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Es war bei unsrer neulichen Unterredung nicht meine Meinung, Ihnen die Befähigung zum dramatischen Sänger abzusprechen; wenn meine Aeußerung so geklungen hat, so ist es gegen meinen Willen geschehen, und ich glaube im Gegentheil daß eine jede Sache die mit Ernst und wahrem Eifer ergriffen wird, bis zu einem gewissen Grad von Vollendung gebracht werden kann und muß, wenn nicht mechanische oder sonstige unübersteigliche Hindernisse entgegenstehn, die ich allerdings bei Ihnen nicht wahrgenommen.
Meine Absicht war aber, denjenigen Stimmen zu widersprechen, welche Ihnen wie Sie mir sagten den Rath gegeben haben, diese Carriere zu ergreifen, welche in Ihrem Organ und Ihrem Gesange ein entschiedenes Talent gerade zu der Künstlerlaufbahn, grade zur theatralischen bemerkt haben wollten. Dieser Meinung kann ich nicht beitreten. Den Rath dramatischer Sänger zu werden, kann ich Ihnen durchaus nicht geben, und nach den Proben die wir in unsern neulichen Zusammenkünften gemacht haben, glaube ich daß Sie gerade mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen haben werden, als ein andrer, daß Ihre Bestimmung von Natur schwerlich zu einem solchen Ziele führen werde, mit einem Wort, daß Ihr Talent zum Gesange, namentlich aber zum dramatischen nicht überwiegend genug ist, um Ihnen zu einer Carriere rathen zu können, gegen die ohne einen solchen überwiegend unwiderstehlichen Beruf, nur gar zu viel einzuwenden ist. – Fleiß und Eifer können, wie gesagt, auch hier immer zu einem ehrenwerthen Resultate führen, doch scheint mir es immer besser sie zu einer Sache anzuwenden, wo nicht gerade das angeborne Talent endlich doch immer so sehr entscheidend bleibt. Auch kann es sein, daß ich mich irre, und daß dies Talent sich in spätern Jahren noch entwickle; das ist möglich – aber nach den mannichfachen Erfahrungen die ich gemacht habe, nicht wahrscheinlich, und ich bin überzeugt, daß Sie auf dem Weg den Sie sich vorsetzen mehr Schwierigkeiten finden würden, als Sie jetzt vermuthen, ja daß Sie vielleicht später selbst der Meinung sein würden, die ich Ihnen unumwunden aussprach; ich wünschte Ihnen eine solche zu späte Erfahrung, die gewiß zum Traurigsten gehört, zu ersparen so viel an mir war, und bat Sie daher den Schritt den Sie thun wollten wohl zu überlegen, da es noch Zeit sei. Es fehlt Ihnen an Übungsversuchen, die in Ihrem Alter schwer nachzuholen sind ohne welche Sie selbst nicht über Ihr Talent urtheilen könnten; zugleich haben Sie den sogenannten Kehlansatz von dem jede Spur erst verschwinden müßte ehe Sie an weitre Ausbildung denken können, und es kostet oft Jahre diese böse Gewohnheit ganz abzulegen – endlich ist und bleibt das Dramatische ein Fach, in welchem nur die hohe Vortrefflichkeit das Angenehme und Wünschenswerthe genießt, während die Mittelmäßigkeit, selbst beim rühmlichsten Fleiße, sich fortwährend durch Widerwärtigkeiten zu winden hat, und wenn sie ihrer nicht Herr werden kann oft von ihnen bemeistert und herabgezogen wird. Da mir nach meiner besten Ueberzeugung es nun unwahrscheinlich vorkommt daß Sie Ihrer Natur nach zu einer solchen Vortrefflichkeit gelangen würden, da Ihnen noch die Wahl offen steht und Sie keinen entscheidenden Schritt bis jetzt gethan haben: so blieb mir nichts anders übrig als Ihnen meine unverholene Meinung über Ihre Anlagen zu eröffnen, wenn sie auch mit der früheren günstigen im Widerspruch steht. Möge ich es zu Ihrem Besten gethan haben, mögen Sie in keinem Fall darin etwas Verletzendes sondern nur den aufrichtigen guten Willen gefunden haben.
Leipzig 17 Juni 1840 Hochgeehrter Herr Es war bei unsrer neulichen Unterredung nicht meine Meinung, Ihnen die Befähigung zum dramatischen Sänger abzusprechen; wenn meine Aeußerung so geklungen hat, so ist es gegen meinen Willen geschehen, und ich glaube im Gegentheil daß eine jede Sache die mit Ernst und wahrem Eifer ergriffen wird, bis zu einem gewissen Grad von Vollendung gebracht werden kann und muß, wenn nicht mechanische oder sonstige unübersteigliche Hindernisse entgegenstehn, die ich allerdings bei Ihnen nicht wahrgenommen. Meine Absicht war aber, denjenigen Stimmen zu widersprechen, welche Ihnen wie Sie mir sagten den Rath gegeben haben, diese Carriere zu ergreifen, welche in Ihrem Organ und Ihrem Gesange ein entschiedenes Talent gerade zu der Künstlerlaufbahn, grade zur theatralischen bemerkt haben wollten. Dieser Meinung kann ich nicht beitreten. Den Rath dramatischer Sänger zu werden, kann ich Ihnen durchaus nicht geben, und nach den Proben die wir in unsern neulichen Zusammenkünften gemacht haben, glaube ich daß Sie gerade mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen haben werden, als ein andrer, daß Ihre Bestimmung von Natur schwerlich zu einem solchen Ziele führen werde, mit einem Wort, daß Ihr Talent zum Gesange, namentlich aber zum dramatischen nicht überwiegend genug ist, um Ihnen zu einer Carriere rathen zu können, gegen die ohne einen solchen überwiegend unwiderstehlichen Beruf, nur gar zu viel einzuwenden ist. – Fleiß und Eifer können, wie gesagt, auch hier immer zu einem ehrenwerthen Resultate führen, doch scheint mir es immer besser sie zu einer Sache anzuwenden, wo nicht gerade das angeborne Talent endlich doch immer so sehr entscheidend bleibt. Auch kann es sein, daß ich mich irre, und daß dies Talent sich in spätern Jahren noch entwickle; das ist möglich – aber nach den mannichfachen Erfahrungen die ich gemacht habe, nicht wahrscheinlich, und ich bin überzeugt, daß Sie auf dem Weg den Sie sich vorsetzen mehr Schwierigkeiten finden würden, als Sie jetzt vermuthen, ja daß Sie vielleicht später selbst der Meinung sein würden, die ich Ihnen unumwunden aussprach; ich wünschte Ihnen eine solche zu späte Erfahrung, die gewiß zum Traurigsten gehört, zu ersparen so viel an mir war, und bat Sie daher den Schritt den Sie thun wollten wohl zu überlegen, da es noch Zeit sei. Es fehlt Ihnen an Übungsversuchen, die in Ihrem Alter schwer nachzuholen sind ohne welche Sie selbst nicht über Ihr Talent urtheilen könnten; zugleich haben Sie den sogenannten Kehlansatz von dem jede Spur erst verschwinden müßte ehe Sie an weitre Ausbildung denken können, und es kostet oft Jahre diese böse Gewohnheit ganz abzulegen – endlich ist und bleibt das Dramatische ein Fach, in welchem nur die hohe Vortrefflichkeit das Angenehme und Wünschenswerthe genießt, während die Mittelmäßigkeit, selbst beim rühmlichsten Fleiße, sich fortwährend durch Widerwärtigkeiten zu winden hat, und wenn sie ihrer nicht Herr werden kann oft von ihnen bemeistert und herabgezogen wird. Da mir nach meiner besten Ueberzeugung es nun unwahrscheinlich vorkommt daß Sie Ihrer Natur nach zu einer solchen Vortrefflichkeit gelangen würden, da Ihnen noch die Wahl offen steht und Sie keinen entscheidenden Schritt bis jetzt gethan haben: so blieb mir nichts anders übrig als Ihnen meine unverholene Meinung über Ihre Anlagen zu eröffnen, wenn sie auch mit der früheren günstigen im Widerspruch steht. Möge ich es zu Ihrem Besten gethan haben, mögen Sie in keinem Fall darin etwas Verletzendes sondern nur den aufrichtigen guten Willen gefunden haben. Hochachtungsvoll ergebenst Felix Mendelssohn Bartholdy.
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Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1840-06-17" xml:id="date_9fde611d-5102-4fd9-917b-d24415c169c1">17. 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Auch kann es sein, daß ich mich irre, und daß dies Talent sich in spätern Jahren noch entwickle; das ist möglich – aber nach den mannichfachen Erfahrungen die ich gemacht habe, nicht wahrscheinlich, und ich bin überzeugt, daß Sie auf dem Weg den Sie sich vorsetzen mehr Schwierigkeiten finden würden, als Sie jetzt vermuthen, ja daß Sie vielleicht später selbst der Meinung sein würden, die ich Ihnen unumwunden aussprach; ich wünschte Ihnen eine solche zu späte Erfahrung, die gewiß zum Traurigsten gehört, zu ersparen so viel an mir war, und bat Sie daher den Schritt den Sie thun wollten wohl zu überlegen, da es noch Zeit sei. Es fehlt Ihnen an Übungsversuchen, die in Ihrem Alter schwer nachzuholen sind ohne welche Sie selbst nicht über Ihr Talent urtheilen könnten; zugleich haben Sie den sogenannten Kehlansatz von dem jede Spur erst verschwinden müßte ehe Sie an weitre Ausbildung denken können, und es kostet oft Jahre diese böse Gewohnheit ganz abzulegen – endlich ist und bleibt das Dramatische ein Fach, in welchem nur die hohe Vortrefflichkeit das Angenehme und Wünschenswerthe genießt, während die Mittelmäßigkeit, selbst beim rühmlichsten Fleiße, sich fortwährend durch Widerwärtigkeiten zu winden hat, und wenn sie ihrer nicht Herr werden kann oft von ihnen bemeistert und herabgezogen wird. Da mir nach meiner besten Ueberzeugung es nun unwahrscheinlich vorkommt daß Sie Ihrer Natur nach zu einer solchen Vortrefflichkeit gelangen würden, da Ihnen noch die Wahl offen steht und Sie keinen entscheidenden Schritt bis jetzt gethan haben: so blieb mir nichts anders übrig als Ihnen meine unverholene Meinung über Ihre Anlagen zu eröffnen, wenn sie auch mit der früheren günstigen im Widerspruch steht. Möge ich es zu Ihrem Besten gethan haben, mögen Sie in keinem Fall darin etwas Verletzendes sondern nur den aufrichtigen guten Willen gefunden haben.</p> <closer rend="left" xml:id="closer_301ad45e-f22e-46d2-bede-aed77796e42f">Hochachtungsvoll ergebenst</closer> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed> </div> </body> </text></TEI>