fmb-1840-04-08-04
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Leipzig, 9. April 1840
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
11 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Gestützt auf Ihre in unsrer neulichen Unterredung geäußerten freundlichen Gesinnungen, und in der Überzeugung, daß Ihnen das hiesige Kunstleben und seine weitere Fortbildung am Herzen liegt, wovon Sie uns schon so manchen dankenswerthen Beweis gaben, erlaube ich mir Ihnen eine Frage vorzulegen, die mir für das Interesse der Tonkunst von der höchsten Wichtigkeit zu sein scheint.
Sollte es nämlich nicht möglich sein, des
Erlauben Sie mir über die Wichtigkeit eines solchen Institutes für den jetzigen Zustand der Tonkunst, über die Ansprüche, die gerade Leipzig darauf haben dürfte, es in seiner Mitte zu besitzen, und über die ungefähren Grundlinien seiner Einrichtung einige Bemerkungen hier beizufügen.
Schon lange ist die Musik vorzugsweise einheimisch in diesem Lande, und grade die Richtung in derselben, welche jedem denkenden und fühlenden Kunstfreunde zunächst am Herzen liegt, der Sinn für das Wahre und Ernste hat von jeher feste Wurzeln hier zu fassen gewußt. Eine so verbreitete Theilnahme ist auch gewiß weder zufällig, noch ohne bedeutende Folgen für die allgemeine Bildung gewesen, und die Musik dadurch ein wichtiges Moment nicht blos augenblicklichen Vergnügens, sondern höhern, geistigen Bedürfnisses geworden. – Wer sich für diese Kunst wahrhaft interessirt, dem muß sich der Wunsch aufdrängen, auch ihre Zukunft in diesem Lande auf möglichst festem Grunde ruhen zu sehen.
Aber bei der vorherrschend positiven, technisch-materiellen Richtung der jetzigen Zeit, wird die Erhaltung ächten Kunstsinnes und seine Fortpflanzung zwar eine doppelt wichtige, aber auch doppelt schwerere Aufgabe. Nur von Grund auf scheint die Erreichung dieses Zwecks erzielt werden zu können, und wie für jede Art geistiger Bildung die Verbreitung eines gründlichen Unterrichts das beste Erhaltungsmittel ist, so auch gewiß für die Musik. – Durch eine gute Musikschule, die alle verschiednen Zweige der Kunst umfassen könnte, und sie alle nur aus einem einzigen Gesichtspuncte: als Mittel zu einem höheren, poetischen Zweck betrachten lehrte, auf diesen Zweck ihre Schüler möglichst hinführte, wäre jener praktisch-materiellen Tendenz, die ja leider auch unter den Künstlern selbst viele und einflußreiche Anhänger zählt, jetzt noch mit sicherm Erfolge entgegen zu arbeiten.
Der bloße Privatunterricht, der früher so manche schönen Früchte, auch fürs Allgemeine getragen hat, ist aus manchen Gründen dafür jetzt nicht mehr zureichend. Während sich sonst Schüler der Musik für die verschiednen Instrumente in allen Classen der Gesellschaft fanden, hat diese Liebhaberei jetzt mehr und mehr abgenommen, und sich vorzugsweise auf ein Instrument (das Pianoforte) beschränkt. Die Schüler, welche anderweitigen Unterricht verlangen, sind fast durchgängig nur solche, die sich dem Fache selbst widmen wollen, denen es aber meist an Mitteln fehlt, gute Privatstunden zu bezahlen. Freilich finden sich gerade unter solchen oft die bedeutendsten Talente, aber selten sind dann andrerseits die Lehrenden durch glückliche Verhältnisse in den Stand gesetzt, ihre Zeit unentgeldlich auf die Ausbildung selbst des schönsten Talents verwenden zu können, und so entbehren beide Theile: erstere den ersehnten Unterricht, letztere die Gelegenheit ihre Kenntnisse fortzupflanzen und wirksam zu erhalten. Eine öffentliche Unterrichtsanstalt wäre daher für Lehrer wie für Lernende in diesem Augenblicke wichtig: sie gäbe den letzteren Mittel an die Hand Fähigkeiten auszubilden, die ohne dies oft zu Grunde gehn müßten, für die erstern aber, die lehrenden Musiker, wäre ein Vereinigungspunct, ein Wirken aus einem Gesichtspunct und zu einem Zwecke nicht minder heilsam; es wäre die beste Abhülfe gegen Gleichgültigkeit und Isolirung, deren Unfruchtbarkeit heutigen Tages gar zu schnell verderblich eingreifen.
Hier in Leipzig ist das Bedürfniß einer Musikschule, in welcher die Kunst mit gewissenhaftem Studium und ernstem Sinn getrieben würde, gewiß ein lebhaft gefühltes, und aus mehrfachen Gründen scheint Leipzig ein wohlgeeigneter Platz dafür zu sein. – Schon ist durch die Universität ein Mittelpunct für bildsame, emporstrebende junge Leute gegeben, und der Schule der Wissenschaften würde sich die der Tonkunst in mannichfacher Beziehung anschließen. – An den meisten andern größern Orten Deutschlands wirken öffentliche Vergnügungen auf junge Leute nachtheilig und zerstörend; hier aber, wo die meisten dieser Vergnügungen mehr oder weniger mit Musik zusammenhängen, oder daraus bestehen, und wo außer den musikalischen, wenig allgemein zugängliche Genüsse geboten werden, könnten diese der Sache und jedem Einzelnen nur förderlich sein. – Ferner hat Leipzig gerade für den Zweig der Kunst, der immer eine Hauptgrundlage musikalischer Studien bleiben wird, für höhere Instrumental- und geistliche Compositionen, in seinen sehr zahlreichen Concerten und Kirchenmusiken ein Bildungsmittel für angehende Tonkünstler, wie es wenig andre Städte Deutschlands in dem Maaße aufzuweisen haben. Durch die rege Theilnahme, mit welcher die Hauptwerke der großen Meister seit den letzten 50 Jahren hier (oft zuerst) anerkannt und aufgenommen, durch die Sorgsamkeit, womit dieselben stets zu Gehör gebracht wurden, hat Leipzig einen bedeutenden Platz unter den musikalischen Städten des Vaterlandes eingenommen. – Endlich dürfte zur Unterstützung dieses Gesuches wohl noch anzuführen sein, daß Herr Hofkriegsrath
Während andre gemeinnützige Anstalten vielfältig gefördert, zum Theil reichlich dotirt worden sind, hat man gerade dem hiesigen Musikwesen bis jetzt von keiner Seite her die geringste Hülfe angedeihen lassen. Da nun die musikalischen Institute der Residenz von Seiten des Staates unterstützt werden, sollte nicht die Verwendung einer von einem hiesigen Einwohner ausgeworfenen Summe für die hiesige Stadt doppelt erwünscht sein? Würde nicht mit doppelter Dankbarkeit und Freude eine solche Gnade von allen Seiten anerkannt werden?
Möchte doch aus allen diesen Gründen des
Erlauben Sie mir in der Anlage noch einige allgemeine Grundlinien über die Einrichtung einer mit solchen Mitteln zu gründenden
tenApril 1840
Vorläufige Grundlinien einer von dem Blümnerschen
§ 1.
Die Leipziger Musikschule ist ein selbstständiges Institut, in welchem die Musik in ihren verschiednen Theilen, sowohl theoretisch wie practisch, als Mittel zu einem höheren künstlerischem Zweck gelehrt wird. Insbesondre soll bei Ausbildung der Instrumentalisten Rücksicht darauf genommen werden, fähige Mitglieder für die
§ 2.
Die
§ 3.
Die zur Verwirklichung eines solchen Instituts nöthigen Ausgaben bestehen fürs erste:
a) in Anschaffung der nöthigsten Mobilien, musikalischen Instrumente, Bücher, &c. &c.
b) in Besoldung der fest anzustellenden Lehrer.
c) in den Kosten für Dienerschaft, für Heizung, Drucksachen, Porto, Schreibmaterialien &c. &c.
Zur unentgeldlichen Überlassung eines geeigneten Locales müßte die Stadt angegangen werden, und bei der Gemeinnützigkeit einer solchen Anstalt wäre gewiß auf die Erfüllung dieses Gesuches zu hoffen.
§ 4.
Zu Bestreitung obiger Ausgaben werden die Zinsen der vom verstorbnen Herrn Hofkriegsrath
§ 5.
Da aber die Zinsen des Legates, zu 4% gerechnet zu Besoldung eines vollständigen Lehrerpersonales nicht wohl ausreichen, andrerseits aber die Honorare der Schüler nicht anders als sehr gering sein dürfen, damit dem Hauptzweck des Ganzen entsprochen werde, so ist bei der ersten Einrichtung auf möglichste Beschränkung zu sehen, und erst im Falle eines glücklichen Fortganges die Musikschule mehr und mehr zu erweitern. Demnach wären die fest anzustellenden Lehrer für den Anfang nur folgende:
a) ein Lehrer der Theorie (des Generalbasses, des Contrapuncts, der Fuge &c)
b) ein Lehrer des Gesanges (der zugleich die wöchentlichen Übungen für Chorgesang leitet vide § 7)
c) ein Lehrer des Pianofortespiels.
d) ein Lehrer des Violinspiels.
e) ein Lehrer des Violoncellspiels.
Nur diese fünf erhielten für den Anfang eine bestimmte Besoldung, und von ihnen ginge die nähere Bestimmung des Lectionplanes und des Cursus aus, der dann von der Direction geprüft und genehmigt werden müßte.
Dagegen ein Lehrer des Orgelspiels,
der Flöte
der Clarinette
der Hoboe
des Fagotts
des Hornes, und der übrigens Blechinstrumente, wären vorläufig und bis das Institut durch einen glücklichen Fortgang erweitert werden könnte, nicht fest anzustellen, jedoch immer zu demselben hinzuzuziehn, und vierteljährig nach Maßgabe der einzeln ertheilten Unterrichtstunden, je nachdem sie verlangt worden wären, zu honoriren.
§ 6.
Der vollständige Cursus der Theorie dauert 3 Jahre, ist jedoch in 3 Classen zu theilen, und so einzurichten, daß mit jedem Jahre neue Schüler eintreten, und den Cursus von Anfang an beginnen können. Die Schüler selbst bestehen:
a) aus solchen, die sich der Musik ausschließlich widmen, und den vollständigen Cursus machen wollen.
b) aus solchen, die nur einzelnen Unterrichtstunden auf Instrumenten oder im Gesange (jedoch auf nicht geringere Zeit als ein halbes Jahr) beiwohnen wollen.
c) aus solchen, die sich nur zu einzelnen Übungen der Instrumental- oder Vocalclasse (siehe den folgenden §) verpflichten.
§ 7.
Außer den regelmäßigen Gesangstunden sollen wöchentlich wenigstens einmal Übungen im Chorgesang Statt finden, zu welchen außer den regelmäßigen Schülern der Anstalt, auch andre Musikfreunde und -freundinnen aus der Stadt gegen ein Honorar Zutritt erhalten. Ein Gleiches wäre vielleicht mit den Instrumentalisten in größeren Zwischenräumen (z. B. alle 14 Tage) zur Einübung von Symphonieen und Ouvertüren von dem Lehrer des Violinspiels vorzunehmen. Es bleibt der Direction überlassen, mit diesen Vocal- und Instrumentalkräften, oder mit Zuziehung andrer, größere öffentliche Aufführungen zum Besten des Institutes anzuordnen.
§ 8.
Wenn man vorläufig ein Capital von etwa 1000 rt. zur Anschaffung der nöthigsten Requisiten: eines Flügels, mehrerer Musikalien und Bücher und dgl. nähme (welches Capital in höchstens 5 Jahren zurückgezahlt sein müßte) so blieben nach obiger Berechnung 760 rt. jährliche Zinsen von dem Capital zur Besoldung der fest anzustellenden Lehrer und der Dienerschaft; dagegen die zu erwartenden Einkünfte, von den Schülern; und den wöchentlichen allgemeinen Singübungen, würden nur zu Tilgung des erwähnten Anschaffcapitals, für die nicht fest angestellten Lehrer und für sonstige Ausgaben zu verwenden sein, wozu sie nach einer mäßigen Berechnung fürs erste ausreichen würden. Ergäbe sich ein Überschuß, so wären erstlich die Gehalte, dann die Zahl der festangestellten Lehrer, und somit endlich der Plan des Ganzen zu vermehren und zu erweitern, wie es denn vom allgemein verbreiteten Sinn für Tonkunst, vom Nutzen den ein solches Institut bald augenscheinlich zur Folge haben würde, mit Zuversicht gehofft werden darf.
§ 9.
Bei den geringen Ansprüchen, welche die meisten der hier lebenden Musiker zu machen gewohnt sind, während doch ihre Leistungen größtentheils im höchsten Grade befriedigend sind, würde ein durchschnittliches Gehalt von 140 rt. jährlich für jeden der fest angestellten Lehrer zum ersten Anfang genügend sein, jede Stelle dabei gut besetzt werden können, ein Gehalt von 60 rt. für den anzunehmenden Diener übrig bleiben, und selbst ohne auf einen erheblichen Zuschuß von außen her zu rechnen (da ein solcher doch fast mit Bestimmtheit vorauszusehen ist) würde die
Hochzuverehrender Herr KreisDirector! Gestützt auf Ihre in unsrer neulichen Unterredung geäußerten freundlichen Gesinnungen, und in der Überzeugung, daß Ihnen das hiesige Kunstleben und seine weitere Fortbildung am Herzen liegt, wovon Sie uns schon so manchen dankenswerthen Beweis gaben, erlaube ich mir Ihnen eine Frage vorzulegen, die mir für das Interesse der Tonkunst von der höchsten Wichtigkeit zu sein scheint. Sollte es nämlich nicht möglich sein, des Königs Majestät zu bitten, diejenige Summe, welche der verstorbne Herr Hofkriegsrath Blümner für ein der Kunst oder Wissenschaft gewidmetes Institut in seinem Testament ausgesetzt, und deren Verwendung er des Königs Weisheit anheimgestellt hat, zu Errichtung und Erhaltung einer gründlichen Musikschule in Leipzig zu bestimmen? Erlauben Sie mir über die Wichtigkeit eines solchen Institutes für den jetzigen Zustand der Tonkunst, über die Ansprüche, die gerade Leipzig darauf haben dürfte, es in seiner Mitte zu besitzen, und über die ungefähren Grundlinien seiner Einrichtung einige Bemerkungen hier beizufügen. Schon lange ist die Musik vorzugsweise einheimisch in diesem Lande, und grade die Richtung in derselben, welche jedem denkenden und fühlenden Kunstfreunde zunächst am Herzen liegt, der Sinn für das Wahre und Ernste hat von jeher feste Wurzeln hier zu fassen gewußt. Eine so verbreitete Theilnahme ist auch gewiß weder zufällig, noch ohne bedeutende Folgen für die allgemeine Bildung gewesen, und die Musik dadurch ein wichtiges Moment nicht blos augenblicklichen Vergnügens, sondern höhern, geistigen Bedürfnisses geworden. – Wer sich für diese Kunst wahrhaft interessirt, dem muß sich der Wunsch aufdrängen, auch ihre Zukunft in diesem Lande auf möglichst festem Grunde ruhen zu sehen. Aber bei der vorherrschend positiven, technisch-materiellen Richtung der jetzigen Zeit, wird die Erhaltung ächten Kunstsinnes und seine Fortpflanzung zwar eine doppelt wichtige, aber auch doppelt schwerere Aufgabe. Nur von Grund auf scheint die Erreichung dieses Zwecks erzielt werden zu können, und wie für jede Art geistiger Bildung die Verbreitung eines gründlichen Unterrichts das beste Erhaltungsmittel ist, so auch gewiß für die Musik. – Durch eine gute Musikschule, die alle verschiednen Zweige der Kunst umfassen könnte, und sie alle nur aus einem einzigen Gesichtspuncte: als Mittel zu einem höheren, poetischen Zweck betrachten lehrte, auf diesen Zweck ihre Schüler möglichst hinführte, wäre jener praktisch-materiellen Tendenz, die ja leider auch unter den Künstlern selbst viele und einflußreiche Anhänger zählt, jetzt noch mit sicherm Erfolge entgegen zu arbeiten. Der bloße Privatunterricht, der früher so manche schönen Früchte, auch fürs Allgemeine getragen hat, ist aus manchen Gründen dafür jetzt nicht mehr zureichend. Während sich sonst Schüler der Musik für die verschiednen Instrumente in allen Classen der Gesellschaft fanden, hat diese Liebhaberei jetzt mehr und mehr abgenommen, und sich vorzugsweise auf ein Instrument (das Pianoforte) beschränkt. Die Schüler, welche anderweitigen Unterricht verlangen, sind fast durchgängig nur solche, die sich dem Fache selbst widmen wollen, denen es aber meist an Mitteln fehlt, gute Privatstunden zu bezahlen. Freilich finden sich gerade unter solchen oft die bedeutendsten Talente, aber selten sind dann andrerseits die Lehrenden durch glückliche Verhältnisse in den Stand gesetzt, ihre Zeit unentgeldlich auf die Ausbildung selbst des schönsten Talents verwenden zu können, und so entbehren beide Theile: erstere den ersehnten Unterricht, letztere die Gelegenheit ihre Kenntnisse fortzupflanzen und wirksam zu erhalten. Eine öffentliche Unterrichtsanstalt wäre daher für Lehrer wie für Lernende in diesem Augenblicke wichtig: sie gäbe den letzteren Mittel an die Hand Fähigkeiten auszubilden, die ohne dies oft zu Grunde gehn müßten, für die erstern aber, die lehrenden Musiker, wäre ein Vereinigungspunct, ein Wirken aus einem Gesichtspunct und zu einem Zwecke nicht minder heilsam; es wäre die beste Abhülfe gegen Gleichgültigkeit und Isolirung, deren Unfruchtbarkeit heutigen Tages gar zu schnell verderblich eingreifen. Hier in Leipzig ist das Bedürfniß einer Musikschule, in welcher die Kunst mit gewissenhaftem Studium und ernstem Sinn getrieben würde, gewiß ein lebhaft gefühltes, und aus mehrfachen Gründen scheint Leipzig ein wohlgeeigneter Platz dafür zu sein. – Schon ist durch die Universität ein Mittelpunct für bildsame, emporstrebende junge Leute gegeben, und der Schule der Wissenschaften würde sich die der Tonkunst in mannichfacher Beziehung anschließen. – An den meisten andern größern Orten Deutschlands wirken öffentliche Vergnügungen auf junge Leute nachtheilig und zerstörend; hier aber, wo die meisten dieser Vergnügungen mehr oder weniger mit Musik zusammenhängen, oder daraus bestehen, und wo außer den musikalischen, wenig allgemein zugängliche Genüsse geboten werden, könnten diese der Sache und jedem Einzelnen nur förderlich sein. – Ferner hat Leipzig gerade für den Zweig der Kunst, der immer eine Hauptgrundlage musikalischer Studien bleiben wird, für höhere Instrumental- und geistliche Compositionen, in seinen sehr zahlreichen Concerten und Kirchenmusiken ein Bildungsmittel für angehende Tonkünstler, wie es wenig andre Städte Deutschlands in dem Maaße aufzuweisen haben. Durch die rege Theilnahme, mit welcher die Hauptwerke der großen Meister seit den letzten 50 Jahren hier (oft zuerst) anerkannt und aufgenommen, durch die Sorgsamkeit, womit dieselben stets zu Gehör gebracht wurden, hat Leipzig einen bedeutenden Platz unter den musikalischen Städten des Vaterlandes eingenommen. – Endlich dürfte zur Unterstützung dieses Gesuches wohl noch anzuführen sein, daß Herr Hofkriegsrath Blümner selbst, wie er sich immer mit großer Liebe der Poesie und dem poetischen in allen Künsten hinneigte, den hiesigen musikalischen Verhältnissen eine besondre Aufmerksamkeit gewidmet, an der Direction der Concerte sogar thätigen Antheil genommen und sich mit vieler Wärme dafür interessirt hat, so daß eine derartige Verwendung der ausgesetzten Summen dem künstlerischen Sinne des Stifters ohne Zweifel vollkommen entsprechen würde. Während andre gemeinnützige Anstalten vielfältig gefördert, zum Theil reichlich dotirt worden sind, hat man gerade dem hiesigen Musikwesen bis jetzt von keiner Seite her die geringste Hülfe angedeihen lassen. Da nun die musikalischen Institute der Residenz von Seiten des Staates unterstützt werden, sollte nicht die Verwendung einer von einem hiesigen Einwohner ausgeworfenen Summe für die hiesige Stadt doppelt erwünscht sein? Würde nicht mit doppelter Dankbarkeit und Freude eine solche Gnade von allen Seiten anerkannt werden? Möchte doch aus allen diesen Gründen des Königs Majestät sich bewogen fühlen, einem so vielfach gehegten Wunsche die Erfüllung nicht zu versagen! Dem hiesigen musikalischen Treiben würde dadurch ein Aufschwung verliehen, dessen Wirkungen sich bald und für immer, aufs wohlthätigste verbreiten würden. Erlauben Sie mir in der Anlage noch einige allgemeine Grundlinien über die Einrichtung einer mit solchen Mitteln zu gründenden Musikschule beizufügen, und genehmigen Sie die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung mit welcher ich die Ehre habe zu sein Ihr ergebenster Felix Mendelssohn Bartholdy. Leipzig d. 9ten April 1840. Vorläufige Grundlinien einer von dem Blümnerschen Legate zu errichtenden Musikschule in Leipzig § 1. Die Leipziger Musikschule ist ein selbstständiges Institut, in welchem die Musik in ihren verschiednen Theilen, sowohl theoretisch wie practisch, als Mittel zu einem höheren künstlerischem Zweck gelehrt wird. Insbesondre soll bei Ausbildung der Instrumentalisten Rücksicht darauf genommen werden, fähige Mitglieder für die Dresdner HofKapelle, das Leipziger Stadtorchester, und die andern musikalischen Institute des Inlandes zu erziehen. § 2. Die Ober-Direction und Verwaltung dieses Institutes wird mehreren dazu zu wählenden Vorstehern, (unter welchen sich der Bürgermeister jedenfalls befinden muß) übergeben, und von denselben unentgeldlich geführt. Von ihnen erfolgt die Anstellung sämmtlicher Lehrer, die Entwerfung der Statuten, spätere etwanige Erweiterungen der Anstalt &c., und sie sind jederzeit als die oberste Behörde derselben zu betrachten. § 3. Die zur Verwirklichung eines solchen Instituts nöthigen Ausgaben bestehen fürs erste: a) in Anschaffung der nöthigsten Mobilien, musikalischen Instrumente, Bücher, &c. &c. b) in Besoldung der fest anzustellenden Lehrer. c) in den Kosten für Dienerschaft, für Heizung, Drucksachen, Porto, Schreibmaterialien &c. &c. Zur unentgeldlichen Überlassung eines geeigneten Locales müßte die Stadt angegangen werden, und bei der Gemeinnützigkeit einer solchen Anstalt wäre gewiß auf die Erfüllung dieses Gesuches zu hoffen. § 4. Zu Bestreitung obiger Ausgaben werden die Zinsen der vom verstorbnen Herrn Hofkriegsrath Blümner ausgesetzten Summe von 20. 000 rt., und außerdem die für die einzelnen Unterrichtstunden oder den ganzen Lehrcursus festzustellenden, möglichst niedrigen Honoraren, welche die Schüler zu zahlen haben, verwendet. § 5. Da aber die Zinsen des Legates, zu 4% gerechnet zu Besoldung eines vollständigen Lehrerpersonales nicht wohl ausreichen, andrerseits aber die Honorare der Schüler nicht anders als sehr gering sein dürfen, damit dem Hauptzweck des Ganzen entsprochen werde, so ist bei der ersten Einrichtung auf möglichste Beschränkung zu sehen, und erst im Falle eines glücklichen Fortganges die Musikschule mehr und mehr zu erweitern. Demnach wären die fest anzustellenden Lehrer für den Anfang nur folgende: a) ein Lehrer der Theorie (des Generalbasses, des Contrapuncts, der Fuge &c) b) ein Lehrer des Gesanges (der zugleich die wöchentlichen Übungen für Chorgesang leitet vide § 7) c) ein Lehrer des Pianofortespiels. d) ein Lehrer des Violinspiels. e) ein Lehrer des Violoncellspiels. Nur diese fünf erhielten für den Anfang eine bestimmte Besoldung, und von ihnen ginge die nähere Bestimmung des Lectionplanes und des Cursus aus, der dann von der Direction geprüft und genehmigt werden müßte. Dagegen ein Lehrer des Orgelspiels, der Flöte der Clarinette der Hoboe des Fagotts des Hornes, und der übrigens Blechinstrumente, wären vorläufig und bis das Institut durch einen glücklichen Fortgang erweitert werden könnte, nicht fest anzustellen, jedoch immer zu demselben hinzuzuziehn, und vierteljährig nach Maßgabe der einzeln ertheilten Unterrichtstunden, je nachdem sie verlangt worden wären, zu honoriren. § 6. Der vollständige Cursus der Theorie dauert 3 Jahre, ist jedoch in 3 Classen zu theilen, und so einzurichten, daß mit jedem Jahre neue Schüler eintreten, und den Cursus von Anfang an beginnen können. Die Schüler selbst bestehen: a) aus solchen, die sich der Musik ausschließlich widmen, und den vollständigen Cursus machen wollen. b) aus solchen, die nur einzelnen Unterrichtstunden auf Instrumenten oder im Gesange (jedoch auf nicht geringere Zeit als ein halbes Jahr) beiwohnen wollen. c) aus solchen, die sich nur zu einzelnen Übungen der Instrumental- oder Vocalclasse (siehe den folgenden §) verpflichten. § 7. Außer den regelmäßigen Gesangstunden sollen wöchentlich wenigstens einmal Übungen im Chorgesang Statt finden, zu welchen außer den regelmäßigen Schülern der Anstalt, auch andre Musikfreunde und -freundinnen aus der Stadt gegen ein Honorar Zutritt erhalten. Ein Gleiches wäre vielleicht mit den Instrumentalisten in größeren Zwischenräumen (z. B. alle 14 Tage) zur Einübung von Symphonieen und Ouvertüren von dem Lehrer des Violinspiels vorzunehmen. Es bleibt der Direction überlassen, mit diesen Vocal- und Instrumentalkräften, oder mit Zuziehung andrer, größere öffentliche Aufführungen zum Besten des Institutes anzuordnen. § 8. Wenn man vorläufig ein Capital von etwa 1000 rt. zur Anschaffung der nöthigsten Requisiten: eines Flügels, mehrerer Musikalien und Bücher und dgl. nähme (welches Capital in höchstens 5 Jahren zurückgezahlt sein müßte) so blieben nach obiger Berechnung 760 rt. jährliche Zinsen von dem Capital zur Besoldung der fest anzustellenden Lehrer und der Dienerschaft; dagegen die zu erwartenden Einkünfte, von den Schülern; und den wöchentlichen allgemeinen Singübungen, würden nur zu Tilgung des erwähnten Anschaffcapitals, für die nicht fest angestellten Lehrer und für sonstige Ausgaben zu verwenden sein, wozu sie nach einer mäßigen Berechnung fürs erste ausreichen würden. Ergäbe sich ein Überschuß, so wären erstlich die Gehalte, dann die Zahl der festangestellten Lehrer, und somit endlich der Plan des Ganzen zu vermehren und zu erweitern, wie es denn vom allgemein verbreiteten Sinn für Tonkunst, vom Nutzen den ein solches Institut bald augenscheinlich zur Folge haben würde, mit Zuversicht gehofft werden darf. § 9. Bei den geringen Ansprüchen, welche die meisten der hier lebenden Musiker zu machen gewohnt sind, während doch ihre Leistungen größtentheils im höchsten Grade befriedigend sind, würde ein durchschnittliches Gehalt von 140 rt. jährlich für jeden der fest angestellten Lehrer zum ersten Anfang genügend sein, jede Stelle dabei gut besetzt werden können, ein Gehalt von 60 rt. für den anzunehmenden Diener übrig bleiben, und selbst ohne auf einen erheblichen Zuschuß von außen her zu rechnen (da ein solcher doch fast mit Bestimmtheit vorauszusehen ist) würde die Musikschule fürs erste ihren Fortgang nehmen können, wenn die Verwendung des Blümnerschen Legates zu einem solchen Zwecke beschlossen werden sollte.
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1840-04-08-04" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1840-04-08-04" xml:id="title_6e832a89-4f87-481a-8775-dac479494599">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Paul Freiherr von Falkenstein in Dresden<lb></lb>Leipzig, 9. 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April 1840</title> <incipit>Gestützt auf Ihre in unsrer neulichen Unterredung geäußerten freundlichen Gesinnungen, und in der Überzeugung, daß Ihnen das hiesige Kunstleben und seine weitere Fortbildung am Herzen liegt, wovon Sie uns schon so manchen dankenswerthen Beweis gaben,</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>11 beschr. S.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance><p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="autographic_concept">autographes Konzept, GB-Ob, M.D.M. c. 32, fol. 47.</bibl> <bibl type="autographic_concept">autographes Konzept, D-LEmh, A,IV.4/1, fol. 1-5r, fol. 6r und fol. 7r.</bibl> <bibl type="autographic_concept">autographes Konzept, GB-Ob, M.D.M. c. 32, fol. 48-49.</bibl> <bibl type="autographic_concept">autographes Konzept (nicht ediert), datiert auf April 1840, nachgewiesen durch J. A. Stargardt, Marburg, Katalog 513, Autographen Sammlung Haeberlin und anderer Besitz, Nr. 565 (Inhaltsangabe: »Lehnt die Berufung nach Dresden als Leiter einer Musikschule ab, schlägt aber vor, ein solches Institut in Leipzig zu gründen; in diesem Falle wäre er zur Übernahme der Leitung bereit«). – 23/4 S. </bibl> <bibl type="printed_letter">Mendelssohn, Briefe 1833-1847, S. 227-231 (Druck ohne Briefanhang, unter dem Datum 8. April 1840).</bibl> <bibl type="printed_letter">Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Konservatoriums der Musik zu Leipzig am 2. April 1918, Leipzig 1918, S. 44 f.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1840-04-09" xml:id="date_ba65665b-165c-49da-89d7-8a76130a47aa">9. April 1840</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_53cdd865-a1ed-4727-8c3a-d605fe8026d4">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_e1be1c8b-bdd6-4dc1-92c1-6b593708da19"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0110992" resp="receiver" xml:id="persName_e4a6e70c-26b6-4ac3-a04b-304d7cceacaa">Falkenstein, Johann Paul Freiherr von (1801-1882)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_a4bf35f0-7439-4c5b-9244-b15d80b9f8aa"> <settlement key="STM0100142">Dresden</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_d2495234-bfe0-486b-9114-be17689061d3"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <salute rend="left">Hochzuverehrender Herr KreisDirector!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Gestützt auf Ihre in unsrer neulichen Unterredung geäußerten freundlichen Gesinnungen, und in der Überzeugung, daß Ihnen das hiesige Kunstleben und seine weitere Fortbildung am Herzen liegt, wovon Sie uns schon so manchen dankenswerthen Beweis gaben, erlaube ich mir Ihnen eine Frage vorzulegen, die mir für das Interesse der Tonkunst von der höchsten Wichtigkeit zu sein scheint.</p> <p>Sollte es nämlich nicht möglich sein, des <persName xml:id="persName_fd161ba7-a428-40fd-b465-c42fe4b429cf">Königs Majestät<name key="PSN0114404" style="hidden">Sachsen, Friedrich August II. von (1797-1854)</name></persName> zu bitten, diejenige Summe, welche der verstorbne Herr Hofkriegsrath <persName xml:id="persName_e3b80107-2dbe-4fd7-a55c-0ddb00d7ebf0">Blümner<name key="PSN0109987" style="hidden">Blümner, Heinrich (1765-1839)</name></persName> für ein der Kunst oder Wissenschaft gewidmetes Institut in seinem Testament ausgesetzt, und deren Verwendung er des <persName xml:id="persName_2d23055c-4048-4443-923b-228f5765e3c5">Königs<name key="PSN0114404" style="hidden">Sachsen, Friedrich August II. von (1797-1854)</name></persName> Weisheit anheimgestellt hat, zu Errichtung und Erhaltung einer gründlichen <placeName xml:id="placeName_248a2371-ef42-4190-a528-40986bf41971">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> in Leipzig zu bestimmen?</p> <p>Erlauben Sie mir über die Wichtigkeit eines solchen Institutes für den jetzigen Zustand der Tonkunst, über die Ansprüche, die gerade Leipzig darauf haben dürfte, es in seiner Mitte zu besitzen, und über die ungefähren Grundlinien seiner Einrichtung einige Bemerkungen hier beizufügen.</p> <p>Schon lange ist die Musik vorzugsweise einheimisch in diesem Lande, und grade die Richtung in derselben, welche jedem denkenden und fühlenden Kunstfreunde zunächst am Herzen liegt, der Sinn für das Wahre und Ernste hat von jeher feste Wurzeln hier zu fassen gewußt. Eine so verbreitete Theilnahme ist auch gewiß weder zufällig, noch ohne bedeutende Folgen für die allgemeine Bildung gewesen, und die Musik dadurch ein wichtiges Moment nicht blos augenblicklichen Vergnügens, sondern höhern, geistigen Bedürfnisses geworden. – Wer sich für diese Kunst wahrhaft interessirt, dem muß sich der Wunsch aufdrängen, auch ihre Zukunft in diesem Lande auf möglichst festem Grunde ruhen zu sehen.</p> <p>Aber bei der vorherrschend positiven, technisch-materiellen Richtung der jetzigen Zeit, wird die Erhaltung ächten Kunstsinnes und seine Fortpflanzung zwar eine doppelt wichtige, aber auch doppelt schwerere Aufgabe. Nur von Grund auf scheint die Erreichung dieses Zwecks erzielt werden zu können, und wie für jede Art geistiger Bildung die Verbreitung eines gründlichen Unterrichts das beste Erhaltungsmittel ist, so auch gewiß für die Musik. – Durch eine gute Musikschule, die alle verschiednen Zweige der Kunst umfassen könnte, und sie alle nur aus einem einzigen Gesichtspuncte: als Mittel zu einem höheren, poetischen Zweck betrachten lehrte, auf diesen Zweck ihre Schüler möglichst hinführte, wäre jener praktisch-materiellen Tendenz, die ja leider auch unter den Künstlern selbst viele und einflußreiche Anhänger zählt, jetzt noch mit sicherm Erfolge entgegen zu arbeiten.</p> <p>Der bloße Privatunterricht, der früher so manche schönen Früchte, auch fürs Allgemeine getragen hat, ist aus manchen Gründen dafür jetzt nicht mehr zureichend. Während sich sonst Schüler der Musik für die verschiednen Instrumente in allen Classen der Gesellschaft fanden, hat diese Liebhaberei jetzt mehr und mehr abgenommen, und sich vorzugsweise auf ein Instrument (das Pianoforte) beschränkt. Die Schüler, welche anderweitigen Unterricht verlangen, sind fast durchgängig nur solche, die sich dem Fache selbst widmen wollen, denen es aber meist an Mitteln fehlt, gute Privatstunden zu bezahlen. Freilich finden sich gerade unter solchen oft die bedeutendsten Talente, aber selten sind dann andrerseits die Lehrenden durch glückliche Verhältnisse in den Stand gesetzt, ihre Zeit unentgeldlich auf die Ausbildung selbst des schönsten Talents verwenden zu können, und so entbehren beide Theile: erstere den ersehnten Unterricht, letztere die Gelegenheit ihre Kenntnisse fortzupflanzen und wirksam zu erhalten. Eine öffentliche Unterrichtsanstalt wäre daher für Lehrer wie für Lernende in diesem Augenblicke wichtig: sie gäbe den letzteren Mittel an die Hand Fähigkeiten auszubilden, die ohne dies oft zu Grunde gehn müßten, für die erstern aber, die lehrenden Musiker, wäre ein Vereinigungspunct, ein Wirken aus <hi rend="underline">einem</hi> Gesichtspunct und zu <hi rend="underline">einem</hi> Zwecke nicht minder heilsam; es wäre die beste Abhülfe gegen Gleichgültigkeit und Isolirung, deren Unfruchtbarkeit heutigen Tages gar zu schnell verderblich eingreifen.</p> <p>Hier in Leipzig ist das Bedürfniß einer Musikschule, in welcher die Kunst mit gewissenhaftem Studium und ernstem Sinn getrieben würde, gewiß ein lebhaft gefühltes, und aus mehrfachen Gründen scheint Leipzig ein wohlgeeigneter Platz dafür zu sein. – Schon ist durch die Universität ein Mittelpunct für bildsame, emporstrebende junge Leute gegeben, und der Schule der Wissenschaften würde sich die der Tonkunst in mannichfacher Beziehung anschließen. – An den meisten andern größern Orten Deutschlands wirken öffentliche Vergnügungen auf junge Leute nachtheilig und zerstörend; hier aber, wo die meisten dieser Vergnügungen mehr oder weniger mit Musik zusammenhängen, oder daraus bestehen, und wo außer den musikalischen, wenig allgemein zugängliche Genüsse geboten werden, könnten diese der Sache und jedem Einzelnen nur förderlich sein. – Ferner hat Leipzig gerade für den Zweig der Kunst, der immer eine Hauptgrundlage musikalischer Studien bleiben wird, für höhere Instrumental- und geistliche Compositionen, in seinen sehr zahlreichen Concerten und Kirchenmusiken ein Bildungsmittel für angehende Tonkünstler, wie es wenig andre Städte Deutschlands in dem Maaße aufzuweisen haben. Durch die rege Theilnahme, mit welcher die Hauptwerke der großen Meister seit den letzten 50 Jahren hier (oft zuerst) anerkannt und aufgenommen, durch die Sorgsamkeit, womit dieselben stets zu Gehör gebracht wurden, hat Leipzig einen bedeutenden Platz unter den musikalischen Städten des Vaterlandes eingenommen. – Endlich dürfte zur Unterstützung dieses Gesuches wohl noch anzuführen sein, daß Herr Hofkriegsrath <persName xml:id="persName_3c5367e6-5065-4e13-9b79-e6dd487fee63">Blümner<name key="PSN0109987" style="hidden">Blümner, Heinrich (1765-1839)</name></persName> selbst, wie er sich immer mit großer Liebe der Poesie und dem poetischen in allen Künsten hinneigte, den hiesigen musikalischen Verhältnissen eine besondre Aufmerksamkeit gewidmet, an der Direction der <placeName xml:id="placeName_04941b25-a191-4b7a-a0cd-9b71ec10fb76">Concerte<name key="NST0100328" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> sogar thätigen Antheil genommen und sich mit vieler Wärme dafür interessirt hat, so daß eine derartige Verwendung der ausgesetzten Summen dem künstlerischen Sinne des Stifters ohne Zweifel vollkommen entsprechen würde.</p> <p>Während andre gemeinnützige Anstalten vielfältig gefördert, zum Theil reichlich dotirt worden sind, hat man gerade dem hiesigen Musikwesen bis jetzt von keiner Seite her die geringste Hülfe angedeihen lassen. Da nun die musikalischen Institute der Residenz von Seiten des Staates unterstützt werden, sollte nicht die Verwendung einer von einem hiesigen Einwohner ausgeworfenen Summe für die hiesige Stadt doppelt erwünscht sein? Würde nicht mit doppelter Dankbarkeit und Freude eine solche Gnade von allen Seiten anerkannt werden?</p> <p>Möchte doch aus allen diesen Gründen des <persName xml:id="persName_6af028bb-fcf6-4453-8e72-7429e86f2621">Königs Majestät<name key="PSN0114404" style="hidden">Sachsen, Friedrich August II. von (1797-1854)</name></persName> sich bewogen fühlen, einem so vielfach gehegten Wunsche die Erfüllung nicht zu versagen! Dem hiesigen musikalischen Treiben würde dadurch ein Aufschwung verliehen, dessen Wirkungen sich bald und für immer, aufs wohlthätigste verbreiten würden.</p> <p>Erlauben Sie mir in der Anlage noch einige allgemeine Grundlinien über die Einrichtung einer mit solchen Mitteln zu gründenden <placeName xml:id="placeName_3534d194-cc94-41f2-a554-ebdaf1b8d500">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> beizufügen, <seg type="closer" xml:id="seg_54b676cd-1ff6-44bb-81db-816f4a43d99a">und genehmigen Sie die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung mit welcher ich die Ehre habe zu sein</seg></p> <signed rend="right">Ihr ergebenster</signed> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed> <dateline rend="left">Leipzig d. <date cert="high" when="1840-04-09" xml:id="date_c26d23c8-4056-43a5-ac26-047dfc6b52f5">9<hi rend="superscript">ten</hi> April 1840</date>.</dateline> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_5aab4e72-a38b-45e5-a540-e25781dcb86e"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Vorläufige Grundlinien einer von dem Blümnerschen <persName xml:id="persName_aaf26217-a6b0-491a-8316-a60e64da7381">Legate<name key="PSN0109987" style="hidden">Blümner, Heinrich (1765-1839)</name></persName> zu errichtenden Musikschule in Leipzig</p> <p style="paragraph_centered">§ 1.</p> <p>Die Leipziger Musikschule ist ein selbstständiges Institut, in welchem die Musik in ihren verschiednen Theilen, sowohl theoretisch wie practisch, als Mittel zu einem höheren künstlerischem Zweck gelehrt wird. Insbesondre soll bei Ausbildung der Instrumentalisten Rücksicht darauf genommen werden, fähige Mitglieder für die <placeName xml:id="placeName_ee68eaff-ae1c-48c9-a2ad-cc704111234a">Dresdner HofKapelle<name key="NST0103595" style="hidden" subtype="" type="institution">Königlich Sächsische Kapelle</name><settlement key="STM0100142" style="hidden" type="">Dresden</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, das <placeName xml:id="placeName_d9a9335c-50d1-476a-bc84-f8ca85f55138">Leipziger Stadtorchester<name key="NST0100494" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und die andern musikalischen Institute des Inlandes zu erziehen.</p> <p style="paragraph_centered">§ 2.</p> <p>Die <placeName xml:id="placeName_5851439b-af30-48ca-b6bb-caae3a64b553">Ober-Direction<name key="NST0102796" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> und Verwaltung dieses Institutes wird mehreren dazu zu wählenden Vorstehern, (unter welchen sich der Bürgermeister jedenfalls befinden muß) übergeben, und von denselben unentgeldlich geführt. Von ihnen erfolgt die Anstellung sämmtlicher Lehrer, die Entwerfung der Statuten, spätere etwanige Erweiterungen der Anstalt &c., und sie sind jederzeit als die oberste Behörde derselben zu betrachten.</p> <p style="paragraph_centered">§ 3.</p> <p>Die zur Verwirklichung eines solchen Instituts nöthigen Ausgaben bestehen fürs erste:</p> <p>a) in Anschaffung der nöthigsten Mobilien, musikalischen Instrumente, Bücher, &c. &c.</p> <p>b) in Besoldung der fest anzustellenden Lehrer.</p> <p>c) in den Kosten für Dienerschaft, für Heizung, Drucksachen, Porto, Schreibmaterialien &c. &c.</p> <p>Zur unentgeldlichen Überlassung eines geeigneten Locales müßte die Stadt angegangen werden, und bei der Gemeinnützigkeit einer solchen Anstalt wäre gewiß auf die Erfüllung dieses Gesuches zu hoffen.</p> <p style="paragraph_centered">§ 4.</p> <p>Zu Bestreitung obiger Ausgaben werden die Zinsen der vom verstorbnen Herrn Hofkriegsrath <persName xml:id="persName_97f9ad87-dc85-4a61-9864-8afcf71b5100">Blümner<name key="PSN0109987" style="hidden">Blümner, Heinrich (1765-1839)</name></persName> ausgesetzten Summe von 20.000 rt., und außerdem die für die einzelnen Unterrichtstunden oder den ganzen Lehrcursus festzustellenden, möglichst niedrigen Honoraren, welche die Schüler zu zahlen haben, verwendet.</p> <p style="paragraph_centered">§ 5.</p> <p>Da aber die Zinsen des Legates, zu 4% gerechnet zu Besoldung eines vollständigen Lehrerpersonales nicht wohl ausreichen, andrerseits aber die Honorare der Schüler nicht anders als sehr gering sein dürfen, damit dem Hauptzweck des Ganzen entsprochen werde, so ist bei der ersten Einrichtung auf möglichste Beschränkung zu sehen, und erst im Falle eines glücklichen Fortganges die Musikschule mehr und mehr zu erweitern. Demnach wären die fest anzustellenden Lehrer für den Anfang nur folgende:</p> <p>a) ein Lehrer der Theorie (des Generalbasses, des Contrapuncts, der Fuge &c)</p> <p>b) ein Lehrer des Gesanges (der zugleich die wöchentlichen Übungen für Chorgesang leitet vide § 7)</p> <p>c) ein Lehrer des Pianofortespiels.</p> <p>d) ein Lehrer des Violinspiels.</p> <p>e) ein Lehrer des Violoncellspiels.</p> <p>Nur diese fünf erhielten für den Anfang eine bestimmte Besoldung, und von ihnen ginge die nähere Bestimmung des Lectionplanes und des Cursus aus, der dann von der Direction geprüft und genehmigt werden müßte.</p> <p>Dagegen ein Lehrer des Orgelspiels,</p> <p style="paragraph_centered"> der Flöte</p> <p style="paragraph_centered"> der Clarinette</p> <p style="paragraph_centered"> der Hoboe</p> <p style="paragraph_centered"> des Fagotts</p> <p>des Hornes, und der übrigens Blechinstrumente, wären vorläufig und bis das Institut durch einen glücklichen Fortgang erweitert werden könnte, nicht <hi rend="underline">fest</hi> anzustellen, jedoch immer zu demselben hinzuzuziehn, und vierteljährig nach Maßgabe der einzeln ertheilten Unterrichtstunden, je nachdem sie verlangt worden wären, zu honoriren.</p> <p style="paragraph_centered">§ 6.</p> <p>Der vollständige Cursus der Theorie dauert 3 Jahre, ist jedoch in 3 Classen zu theilen, und so einzurichten, daß mit jedem Jahre neue Schüler eintreten, und den Cursus von Anfang an beginnen können. Die Schüler selbst bestehen:</p> <p>a) aus solchen, die sich der Musik ausschließlich widmen, und den vollständigen <hi rend="underline">Cursus</hi> machen wollen.</p> <p>b) aus solchen, die nur einzelnen Unterrichtstunden auf Instrumenten oder im Gesange (jedoch auf nicht geringere Zeit als ein halbes Jahr) beiwohnen wollen.</p> <p>c) aus solchen, die sich nur zu einzelnen Übungen der Instrumental- oder Vocalclasse (siehe den folgenden §) verpflichten.</p> <p style="paragraph_centered">§ 7.</p> <p>Außer den regelmäßigen Gesangstunden sollen wöchentlich wenigstens einmal Übungen im Chorgesang Statt finden, zu welchen außer den regelmäßigen Schülern der Anstalt, auch andre Musikfreunde und -freundinnen aus der Stadt gegen ein Honorar Zutritt erhalten. Ein Gleiches wäre vielleicht mit den Instrumentalisten in größeren Zwischenräumen (z. B. alle 14 Tage) zur Einübung von Symphonieen und Ouvertüren von dem Lehrer des Violinspiels vorzunehmen. Es bleibt der Direction überlassen, mit diesen Vocal- und Instrumentalkräften, oder mit Zuziehung andrer, größere öffentliche Aufführungen zum Besten des Institutes anzuordnen.</p> <p style="paragraph_centered">§ 8.</p> <p>Wenn man vorläufig ein Capital von etwa 1000 rt. zur Anschaffung der nöthigsten Requisiten: eines Flügels, mehrerer Musikalien und Bücher und dgl. nähme (welches Capital in höchstens 5 Jahren zurückgezahlt sein müßte) so blieben nach obiger Berechnung 760 rt. jährliche Zinsen von dem Capital zur Besoldung der fest anzustellenden Lehrer und der Dienerschaft; dagegen die zu erwartenden Einkünfte, von den Schülern; und den wöchentlichen allgemeinen Singübungen, würden nur zu Tilgung des erwähnten Anschaffcapitals, für die nicht fest angestellten Lehrer und für sonstige Ausgaben zu verwenden sein, wozu sie nach einer mäßigen Berechnung fürs erste ausreichen würden. Ergäbe sich ein Überschuß, so wären erstlich die Gehalte, dann die Zahl der festangestellten Lehrer, und somit endlich der Plan des Ganzen zu vermehren und zu erweitern, wie es denn vom allgemein verbreiteten Sinn für Tonkunst, vom Nutzen den ein solches Institut bald augenscheinlich zur Folge haben würde, mit Zuversicht gehofft werden darf.</p> <p style="paragraph_centered">§ 9.</p> <p>Bei den geringen Ansprüchen, welche die meisten der hier lebenden Musiker zu machen gewohnt sind, während doch ihre Leistungen größtentheils im höchsten Grade befriedigend sind, würde ein durchschnittliches Gehalt von 140 rt. jährlich für jeden der fest angestellten Lehrer zum ersten Anfang genügend sein, jede Stelle dabei gut besetzt werden können, ein Gehalt von 60 rt. für den anzunehmenden Diener übrig bleiben, und selbst ohne auf einen erheblichen Zuschuß von außen her zu rechnen (da ein solcher doch fast mit Bestimmtheit vorauszusehen ist) würde die <placeName xml:id="placeName_b9a4df01-8814-4c86-9b79-f2fd3b6de30e">Musikschule<name key="NST0102797" style="hidden" subtype="" type="institution">Konservatorium der Musik</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> fürs erste ihren Fortgang nehmen können, wenn die Verwendung des <persName xml:id="persName_9471d751-16c8-4651-9e76-9e9f93354aae">Blümnerschen<name key="PSN0109987" style="hidden">Blümner, Heinrich (1765-1839)</name></persName> Legates zu einem solchen Zwecke beschlossen werden sollte.</p> </div> </body> </text></TEI>