fmb-1839-04-15-02

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand<lb/>Leipzig, 15. April 1839 Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht eingetragen noch nicht eingetragen Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 6, 2323

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Deutschland Köln D-KNa Köln, Historisches Archiv der Stadt Best. 1051 Bd. 23, S. 1087-1090. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand; Leipzig, 15. April 1839 Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Textverluste durch Einbinden des Briefs. Ab Z. 107 (»und mir gewiß alle Mühe geben«) oben kopfstehend auf der dritten, zweiten und ersten Seite geschrieben.

Felix Mendelssohn Bartholdy

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Hiller, Erinnerungen, S. 118-123. Wolff, Meister-Briefe, S. 151-159.
Deutschland Berlin D-B Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Musikabteilung MA Nachl. 7,32,11. Abschrift fremder Hand Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand; Leipzig, 15. April 1839 Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich so verliebt war; und darauf dachte ich es wäre doch gut,

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Schreiber unbekannt.

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

15. April 1839 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885) Mailand Italien deutsch
Herrn Ferdinand Hiller Mailand. poste restante.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig den 15 April 1839. Mein lieber guter Freund

Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich so verliebt war; und darauf dachte ich es wäre doch gut, wenn wir uns bald mal wieder sähen, und ordentlich zusammen lebten, – und dann dachte ich, wie lange das noch hin sein müßte. Aber auch eine Menge Geschäftssachen hab ich heut an Dich zu schreiben, mit denen will ich gleich anfangen. Erstlich das Oratorium<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109304" style="hidden" type="music">Die Zerstörung Jerusalems op. 24 (HW 1.24)</name>. Was denkst Du auch, daß Du von Responsabilität spricht, die ich auf mich nähme – von Riskiren – von Durchsicht der Partitur vorher &c. Du toller Kerl, das weiß ich alles lange schon, wie ein Stück von Dir sein wird auf das Du selbst Dich freust, das Du mit Liebe schreibst – und wieder weißt Du auch wie ich mich auf ein solches Stück freue, und daß ichs mit soviel Liebe und so viel Sorgfalt als ich kann aufführen werde, wenn Du es mir anvertrauen willst. Brauch ich Dir denn das erst zu sagen? Um übrigens nicht blos meiner Ansicht zu folgen oder Dich persönlich allein zu bitten habe ich die bezügliche Stelle Deines Briefs den hiesigen ConcertDirectoren (cum grano salis d. h. mit Auslassung Deiner allzugroßen Bescheidenheit) mitgetheilt, und vom Secretair des Concerts, Stadtrath PorschePorsche, Carl Wilhelm August (1786-1840) folgende Antwort bekommen, die ich Dir erst im Original schicken wollte, aber jetzt abschreibe weil das Papier zu dick ist, und also das Porto auch: „Ew. Wohlgeboren“ (paß auf auf den Curialstyl) gefälligen Mittheilung nach ist Herr Ferdinand HillerHiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885) in Mailand mit der Composition eines Oratoriums „Der Prophet Jeremias“<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109304" style="hidden" type="music">Die Zerstörung Jerusalems op. 24 (HW 1.24)</name> beschäftigt, von dem sich höchst Gediegenes und Ausgezeichnetes erwarten läßt; das ConcertDirectorium hat mich beauftragt Ihnen zu versichern, daß es ihm zum Vergnügen gereichen würde, dieses Werk in den Concerten des künftigen Winters 18 39 40 hier zur Aufführung gebracht zu sehen und zu hören, wenn Herr Hiller die Güte haben will uns die Partitur zukommen zu lassen. Mit vollkommner &c. &c. Porsche. Leipzig, März 1839.“ Nun glaubst Du hoffentlich nicht mehr, daß ich eine zu große Responsabilität habe. Möchte Dir die unbedeutende Gelegenheit wirklich zu einem neuen Werk Lust und Liebe geben. Sag mir in Deinem nächsten Briefe (adressirt nach Düsseldorf bis Mitte Mai, nach Frankfurt bis Ende Juni) ein Paar Worte als Antwort hierauf, die ich der Direction mittheilen kann; es freut sie gar zu sehr, wenn ein Künstler wie Du, von ihnen qua ConcertDirectorium Notiz nimmt, und so sind sie alle über Deine Anfrage sehr geschmeichelt gewesen[.] In der Kirche werden wir es schwerlich geben können, da unsre Kirchenconcerte wol mehrere Jahre ruhen müssen ehe wir sie wieder auf guten Fuß bringen (die Ursachen sind zu weitläuftig zum Schreiben) aber im Concertsaal mit vielen Dilettanten als Chor. Den bedenke nur ja recht schön. Und wie gesagt antworte sobald Du kannst. In diesen Tagen geht durch KistnerKistner, Carl Friedrich (1797-1844) ein Paket an Dich ab, was er schon seit 4 Wochen wohlverpackt in Händen hat, und jetzt endlich bestimmt abzusen[den] verspricht; es enthält die Partitur meines 42sten Psalms<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_6nxvtxvy-m2xd-cvnd-nwdb-zn3ccuteq7g4"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"/> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"/> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"/> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"/></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. 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Das Paket wird wie ich höre 6 Wochen unterwegs sein, und an Giovanni RicordiRicordi, Giovanni (Jean) (1785-1853) in Mailand adressirt sein; erkundige Dich also bei dem gelegentlich. Daß ich Dich bitte sämmtliches darin Enthaltene zu behalten versteht sich von selbst. Deine beiden Ouvertüren<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109287" style="hidden" type="music">Ouvertüre zu Shakespeares Was ihr wollt E-Dur, op. 21 (HW 1.21.1)</name><name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109286" style="hidden" type="music">Ouvertüre zu Faust d-Moll, op. 32</name> mit Metronombezeichnung sind ans PhilharmonicPhilharmonic SocietyLondonGroßbritannien vor 14 Tage[n] von mir abgeschickt; nachdem wir die aus dmoll hier erst im Armen-ConcertGewandhausLeipzigDeutschland gut aufgeführt, und Deine Aenderungen sehr vortheilhaft gefunden hatten. Das Ganz[e] gewinnt wesentlich dadurch und der Fluß ist gar nicht gestört. Und jetzt so sehr ich mich schäme, muß ich Dir noch von einem Zeitung Artikel sprechen, den ich neulich über Dich las, und der mir gar viel Freude gemacht hat. Ich bekam nämlich eines Morgens in der Probe ein Blatt der neuen musikal. Zeitung<name key="PSN0114758" style="hidden" type="author">Schumann, Robert Alexander (1810-1856)</name><name key="CRT0110790" style="hidden" type="science">Neue Zeitschrift für Musik</name> gezeigt (deren Redacteur SchumannSchumann, Robert Alexander (1810-1856) den ganzen Winter in Wien war) worin eine Nachricht war, die mich anging, und wie ich das Blatt außerdem noch ansehe, so ist ein durch zwei Nummern durchgehender Haupt-Artikel mit Deinem Namen überschrieben darin. Ich nahms gleich mit, las es und vieles darin hat mir wirklich außerordentlich gefallen; es ist offenbar von jemand gemacht, der Dich persönlich nicht im mindesten kennt, dagegen jedes Deiner Werke aufs genauste, der nicht einmal wußte daß Du nicht mehr in Frankfurt seist, und dennoch Dein Wesen sich gut und deutlich aus den Compositionen vorstellt, von jemand der es offenbar gut meint. Ich höre, es soll ein Deutscher in WarschauZuccalmaglio, Anton Wilhelm Florentin von (Pseud.: Wilhelm von Waldbrühl, Dorfküster Wedel u. a.) (1803-1869) geschrieben habe[n.] Die Pointe des Dings ist eigentlich, daß er glaubt Du hättest Dich irgendwie verstimmen lassen und wolltest deshalb nichts mehr herausgeben oder gar componiren, und da bittet er Dich nun himmelhoch es nicht zu thun, und nicht zu glauben, daß Dir nicht die Menschen mit Antheil und Freude folgten, wie er selbst ein Beispiel sei, und die ganze Zeitung ist überschrieben mit dem Motto: „wenn solche Köpfe feiern, wie viel Verlust“ – Du siehst der Mann wußte nichts von Deiner Person, aber eben deshalb machte mir es Vergnügen – und ich hätte Dir es geschickt, wenn ich nicht einen halben Eid gethan hätte, kein Zeitungsschnittchen in meine Briefe zu thun. Dies aber und ein Spas auf der vorigen Seite bringen mich auf das furchtbare, gar zu schreckliche Ereigniß von NourritsNourrit, Adolphe (1802-1839) Tod. Es hat mich lange lange keine Nachricht so sehr betrübt, mir so ganz tief hineingegriffen wie diese. An die heitre glückliche Zeit in der ich ihn gesehn hatte, an das wahre freie Künstlerwesen daß er damals zu haben schien, an seine Ehre und seinen Glanz überall, an Frau und Kinder mußte ich durch einander denken, und an den gar zu traurigen Zustand eines Innern, das kein ander Mittel mehr weiß, als dies was die ganze frühere Existenz, alles Glück ausstreicht, als wärs nie gewesen. Wie muß Dich aber erst die Nachricht erschüttert haben! Dein letzter Brief spricht noch von ihm; Du hast ihn erst so kürzlich gesehn, so lieb gehabt – es ist auch zu entsetzlich. Und wer kann da noch an Ruhm und Ruf und äußeres Glück denken sichs wünschen, wenn solch ein äußerlich glücklicher und innerlich begabter Mensch mit alledem so gränzenlos unglücklich ist. Mir liegt mehr darin als in der tiefsten Predigt die ich je gehört, und ich kann gar nicht fertig werden, wenn ich einmal daran denke. Sage mir doch viel darüber; alles was Du von näheren Gründen oder Details weißt. Mir sind blos die Details des Abends vorher und seiner letzten Momente bekannt geworden; außerdem nichts als dumme Gerüchte. Sag mir, wenn Du etwas darüber weißt, wie er zu einer solch[en] innerlichen Unseligkeit gekommen ist, und wie zum Entschlusse. Wenn’s die Paar Zischlaute od[er] Pfeifen im Theater allein sind, wie sie in den Zeitungen schreiben, so sollte man niemals wieder vors Publikum treten sobald man Brod genug erworben hat um nicht zu verhungern, und sollte ni[e] einen Stand wählen, der vom Publikum abhängig macht. Noch habe ich einige Fragen Deines Briefes zu beantworten: Im Philharm. dirigiren gar verschiedne Leute, Sir G. SmartSmart, Sir George Thomas (1776-1867), Mosche[les]Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870), PotterPotter, Philip Cipriani Hambly (1792-1871) &c. &c. es ist also nicht vorauszusagen in was für Hände Du fällst, gewaschene oder unreinliche. Mit meiner Engl. Oper ists wieder im weitesten Felde; der DichterPlanché, James Robinson (1796-1880) will nicht ändern, ich nicht ungeändert componiren – das ist das alte, alte Lied von dem versoffnen Fahnenschmied. Und ich muß es immer von vorne anfangen, denn ich hab Recht damit. Wenn Du aber Mercadantes Giuramento<name key="PSN0113273" style="hidden" type="author">Mercadante, Giuseppe Saverio Raffaele (1795-1870)</name><name key="CRT0109959" style="hidden" type="music">Il giuramento</name> lobst, so schlag die schwere Noth zehntausendmal drein, denn ich habe den ClavierAuszug lange genug auf meiner Stube gehab[t] und mir gewiß alle Mühe gegeben, und finds doch ganz unerträglich, und ordinair, und nicht eine Note darin die mir den geringsten Spas macht. Sei mir nicht bös; ich kann mal nicht anders; das ist eben so curios, daß wirklich die Umgebung, und die Luft, und die Ausführung Eindruck machen, auf jeden – aber hier in Leipzig nimmt sich das giuramento ganz abscheulich aus. D. h. gerade in meinen 4 Pfählen. Solche Musik machst Du in Deinem Leben nicht, das gieb auf; darum freue ich mich eben doppelt auf die Nummern aus Deiner Oper<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109289" style="hidden" type="music">Romilda HW 2.3.1</name>, die Du mir versprichst, und bin sehr begierig darauf. In 8 Tagen gehe ich nach Düsseldorf zum Musikfest21. Niederrheinisches Musikfest (1839)DüsseldorfDeutschland, wo der Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name> den ersten, die eroica<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108064" style="hidden" type="music">3. 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JoyeJoye, Mlle. und schreibe mir sehr bald, lieber Ferdinand, damit erfreust Du mich gar zu sehr.

Immer Dein Felix und FrauMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) und KindMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897) sind wohl und grüßen Dich.
            Leipzig den 15 April 1839. Mein lieber guter Freund
Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich so verliebt war; und darauf dachte ich es wäre doch gut, wenn wir uns bald mal wieder sähen, und ordentlich zusammen lebten, – und dann dachte ich, wie lange das noch hin sein müßte. Aber auch eine Menge Geschäftssachen hab ich heut an Dich zu schreiben, mit denen will ich gleich anfangen. Erstlich das Oratorium. Was denkst Du auch, daß Du von Responsabilität spricht, die ich auf mich nähme – von Riskiren – von Durchsicht der Partitur vorher &c. Du toller Kerl, das weiß ich alles lange schon, wie ein Stück von Dir sein wird auf das Du selbst Dich freust, das Du mit Liebe schreibst – und wieder weißt Du auch wie ich mich auf ein solches Stück freue, und daß ichs mit soviel Liebe und so viel Sorgfalt als ich kann aufführen werde, wenn Du es mir anvertrauen willst. Brauch ich Dir denn das erst zu sagen? Um übrigens nicht blos meiner Ansicht zu folgen oder Dich persönlich allein zu bitten habe ich die bezügliche Stelle Deines Briefs den hiesigen ConcertDirectoren (cum grano salis d. h. mit Auslassung Deiner allzugroßen Bescheidenheit) mitgetheilt, und vom Secretair des Concerts, Stadtrath Porsche folgende Antwort bekommen, die ich Dir erst im Original schicken wollte, aber jetzt abschreibe weil das Papier zu dick ist, und also das Porto auch: „Ew. Wohlgeboren“ (paß auf auf den Curialstyl) gefälligen Mittheilung nach ist Herr Ferdinand Hiller in Mailand mit der Composition eines Oratoriums „Der Prophet Jeremias“ beschäftigt, von dem sich höchst Gediegenes und Ausgezeichnetes erwarten läßt; das ConcertDirectorium hat mich beauftragt Ihnen zu versichern, daß es ihm zum Vergnügen gereichen würde, dieses Werk in den Concerten des künftigen Winters 18 39 40 hier zur Aufführung gebracht zu sehen und zu hören, wenn Herr Hiller die Güte haben will uns die Partitur zukommen zu lassen. Mit vollkommner &c. &c. Porsche. Leipzig, März 1839. “ Nun glaubst Du hoffentlich nicht mehr, daß ich eine zu große Responsabilität habe. Möchte Dir die unbedeutende Gelegenheit wirklich zu einem neuen Werk Lust und Liebe geben. Sag mir in Deinem nächsten Briefe (adressirt nach Düsseldorf bis Mitte Mai, nach Frankfurt bis Ende Juni) ein Paar Worte als Antwort hierauf, die ich der Direction mittheilen kann; es freut sie gar zu sehr, wenn ein Künstler wie Du, von ihnen qua ConcertDirectorium Notiz nimmt, und so sind sie alle über Deine Anfrage sehr geschmeichelt gewesen. In der Kirche werden wir es schwerlich geben können, da unsre Kirchenconcerte wol mehrere Jahre ruhen müssen ehe wir sie wieder auf guten Fuß bringen (die Ursachen sind zu weitläuftig zum Schreiben) aber im Concertsaal mit vielen Dilettanten als Chor. Den bedenke nur ja recht schön. Und wie gesagt antworte sobald Du kannst. In diesen Tagen geht durch Kistner ein Paket an Dich ab, was er schon seit 4 Wochen wohlverpackt in Händen hat, und jetzt endlich bestimmt abzusenden verspricht; es enthält die Partitur meines 42sten Psalms, des Paulus, und eine kürzlich erschienene Cellosonate von mir, die ich eigentlich nur wegen des schönen Umschlags Dir schicke, und als Novität – sonst ist wenig dran. Wenn Dir aber der Psalm in seinem neuen Kleid, und mit dem alten Futter nicht gefällt so erschieß ich mich. Das Paket wird wie ich höre 6 Wochen unterwegs sein, und an Giovanni Ricordi in Mailand adressirt sein; erkundige Dich also bei dem gelegentlich. Daß ich Dich bitte sämmtliches darin Enthaltene zu behalten versteht sich von selbst. Deine beiden Ouvertüren mit Metronombezeichnung sind ans Philharmonic vor 14 Tagen von mir abgeschickt; nachdem wir die aus dmoll hier erst im Armen-Concert gut aufgeführt, und Deine Aenderungen sehr vortheilhaft gefunden hatten. Das Ganze gewinnt wesentlich dadurch und der Fluß ist gar nicht gestört. Und jetzt so sehr ich mich schäme, muß ich Dir noch von einem Zeitung Artikel sprechen, den ich neulich über Dich las, und der mir gar viel Freude gemacht hat. Ich bekam nämlich eines Morgens in der Probe ein Blatt der neuen musikal. Zeitung gezeigt (deren Redacteur Schumann den ganzen Winter in Wien war) worin eine Nachricht war, die mich anging, und wie ich das Blatt außerdem noch ansehe, so ist ein durch zwei Nummern durchgehender Haupt-Artikel mit Deinem Namen überschrieben darin. Ich nahms gleich mit, las es und vieles darin hat mir wirklich außerordentlich gefallen; es ist offenbar von jemand gemacht, der Dich persönlich nicht im mindesten kennt, dagegen jedes Deiner Werke aufs genauste, der nicht einmal wußte daß Du nicht mehr in Frankfurt seist, und dennoch Dein Wesen sich gut und deutlich aus den Compositionen vorstellt, von jemand der es offenbar gut meint. Ich höre, es soll ein Deutscher in Warschau geschrieben haben. Die Pointe des Dings ist eigentlich, daß er glaubt Du hättest Dich irgendwie verstimmen lassen und wolltest deshalb nichts mehr herausgeben oder gar componiren, und da bittet er Dich nun himmelhoch es nicht zu thun, und nicht zu glauben, daß Dir nicht die Menschen mit Antheil und Freude folgten, wie er selbst ein Beispiel sei, und die ganze Zeitung ist überschrieben mit dem Motto: „wenn solche Köpfe feiern, wie viel Verlust“ – Du siehst der Mann wußte nichts von Deiner Person, aber eben deshalb machte mir es Vergnügen – und ich hätte Dir es geschickt, wenn ich nicht einen halben Eid gethan hätte, kein Zeitungsschnittchen in meine Briefe zu thun. Dies aber und ein Spas auf der vorigen Seite bringen mich auf das furchtbare, gar zu schreckliche Ereigniß von Nourrits Tod. Es hat mich lange lange keine Nachricht so sehr betrübt, mir so ganz tief hineingegriffen wie diese. An die heitre glückliche Zeit in der ich ihn gesehn hatte, an das wahre freie Künstlerwesen daß er damals zu haben schien, an seine Ehre und seinen Glanz überall, an Frau und Kinder mußte ich durch einander denken, und an den gar zu traurigen Zustand eines Innern, das kein ander Mittel mehr weiß, als dies was die ganze frühere Existenz, alles Glück ausstreicht, als wärs nie gewesen. Wie muß Dich aber erst die Nachricht erschüttert haben! Dein letzter Brief spricht noch von ihm; Du hast ihn erst so kürzlich gesehn, so lieb gehabt – es ist auch zu entsetzlich. Und wer kann da noch an Ruhm und Ruf und äußeres Glück denken sichs wünschen, wenn solch ein äußerlich glücklicher und innerlich begabter Mensch mit alledem so gränzenlos unglücklich ist. Mir liegt mehr darin als in der tiefsten Predigt die ich je gehört, und ich kann gar nicht fertig werden, wenn ich einmal daran denke. Sage mir doch viel darüber; alles was Du von näheren Gründen oder Details weißt. Mir sind blos die Details des Abends vorher und seiner letzten Momente bekannt geworden; außerdem nichts als dumme Gerüchte. Sag mir, wenn Du etwas darüber weißt, wie er zu einer solchen innerlichen Unseligkeit gekommen ist, und wie zum Entschlusse. Wenn’s die Paar Zischlaute oder Pfeifen im Theater allein sind, wie sie in den Zeitungen schreiben, so sollte man niemals wieder vors Publikum treten sobald man Brod genug erworben hat um nicht zu verhungern, und sollte nie einen Stand wählen, der vom Publikum abhängig macht. Noch habe ich einige Fragen Deines Briefes zu beantworten: Im Philharm. dirigiren gar verschiedne Leute, Sir G. Smart, Moscheles, Potter &c. &c. es ist also nicht vorauszusagen in was für Hände Du fällst, gewaschene oder unreinliche. Mit meiner Engl. Oper ists wieder im weitesten Felde; der Dichter will nicht ändern, ich nicht ungeändert componiren – das ist das alte, alte Lied von dem versoffnen Fahnenschmied. Und ich muß es immer von vorne anfangen, denn ich hab Recht damit. Wenn Du aber Mercadantes Giuramento lobst, so schlag die schwere Noth zehntausendmal drein, denn ich habe den ClavierAuszug lange genug auf meiner Stube gehabt und mir gewiß alle Mühe gegeben, und finds doch ganz unerträglich, und ordinair, und nicht eine Note darin die mir den geringsten Spas macht. Sei mir nicht bös; ich kann mal nicht anders; das ist eben so curios, daß wirklich die Umgebung, und die Luft, und die Ausführung Eindruck machen, auf jeden – aber hier in Leipzig nimmt sich das giuramento ganz abscheulich aus. D. h. gerade in meinen 4 Pfählen. Solche Musik machst Du in Deinem Leben nicht, das gieb auf; darum freue ich mich eben doppelt auf die Nummern aus Deiner Oper, die Du mir versprichst, und bin sehr begierig darauf. In 8 Tagen gehe ich nach Düsseldorf zum Musikfest, wo der Messias den ersten, die eroica, die Beethovensche cdur Messe, eine Ouvertüre und mein 42ster Psalm den 2ten und die Glucksche Alceste im Theater mit Costüm und allem den 3ten Tag gegeben werden soll. Es kommen Berliner Sänger und -innen, die das letztere (offenbar das beste) möglich machen. Das Fest ist wieder Pfingsten. Nachher wollen wir in Frankfurt der Hochzeit meiner Schwägerinn Julie Jeanrenaud, die einen hiesigen jungen Schunck heirathet, beiwohnen; dann einige Zeit in Frkft verweilen, dann 14 Tage bei meinem Onkel am Rhein – und weiter gehn die Luftschlösser noch nicht Nun ists aber mit dem Briefe aus; er ist ja übertrieben vollgeschmiert; grüß die Mutter viel, sehrvielmal, auch Mlle. Joye und schreibe mir sehr bald, lieber Ferdinand, damit erfreust Du mich gar zu sehr.
Immer Dein
Felix und Frau und Kind sind wohl und grüßen Dich.          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1839-04-15-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1839-04-15-02" xml:id="title_eba1f371-3955-4ebb-83ee-e3c68004d828">Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand<lb></lb>Leipzig, 15. April 1839</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_00000000-0000-0000-0000-000000000000">Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_0af515cb-5c98-475c-852b-35cee4adcdb4">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="unknown" type="precursor">noch nicht eingetragen</title> <title key="unknown" type="successor">noch nicht eingetragen</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 6, 2323</idno> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_1d934178-8940-495c-a110-0fa82d637207"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Deutschland</country> <settlement>Köln</settlement> <institution key="RISM">D-KNa</institution> <repository>Köln, Historisches Archiv der Stadt</repository> <collection>Best. 1051</collection> <idno type="signatur">Bd. 23, S. 1087-1090.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1839-04-15-02" type="letter" xml:id="title_03c8452f-daa7-4bb6-91d2-fb55a22216a6">Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand; Leipzig, 15. April 1839</title> <incipit>Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Textverluste durch Einbinden des Briefs. Ab Z. 107 (»und mir gewiß alle Mühe geben«) oben kopfstehend auf der dritten, zweiten und ersten Seite geschrieben.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Hiller, Erinnerungen, S. 118-123.</bibl> <bibl type="printed_letter">Wolff, Meister-Briefe, S. 151-159. </bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_f81c8f8f-3e90-4be0-baf6-a9a68a9ac3f7"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Deutschland</country> <settlement>Berlin</settlement> <institution key="RISM">D-B</institution> <repository>Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz</repository> <collection>Musikabteilung</collection> <idno type="signatur">MA Nachl. 7,32,11.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph_third_party_copy">Abschrift fremder Hand</idno> <title key="fmb-1839-04-15-02" type="letter" xml:id="title_9ddab83c-7d26-4793-b19d-01bb506b4d8f">Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Mailand; Leipzig, 15. April 1839</title> <incipit>Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich so verliebt war; und darauf dachte ich es wäre doch gut, </incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>-</p> <handDesc hands="1"> <p>Schreiber unbekannt.</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1839-04-15" xml:id="date_f98e9737-7a06-4108-9656-3adface8924d">15. April 1839</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_0b6e8347-d288-44d5-be78-c9c594c7f917">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_978f8158-d228-4f09-aa27-ebc83653752b"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0112003" resp="receiver" xml:id="persName_ff4859f5-9768-47e8-b476-f15c02af0ca7">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_39b33956-4d73-4988-94b8-1154b216a399"> <settlement key="STM0100180">Mailand</settlement> <country>Italien</country></placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_ccdf0045-0f31-491e-ade1-b58756e711f8"> <head> <address> <addrLine>Herrn <hi n="1" rend="underline">Ferdinand Hiller</hi></addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">Mailand</hi>.</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">poste restante</hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_e49ddd85-8d09-4e3f-8780-c22145bf663f"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Leipzig den <date cert="high" when="1839-04-15" xml:id="date_c734c1ba-b2ae-42b3-afcb-999a6dd66587">15 April 1839.</date></dateline> <salute rend="left">Mein lieber guter Freund</salute> <p style="paragraph_without_indent">Heut hab ich ganz aparte Lust Dir zu schreiben, mit Dir zu plaudern; eben dachte ich so daran, wie ich bei Dir auf dem Sopha lag und klagte, und mir Clavier vorspielen ließ weil ich so verliebt war; und darauf dachte ich es wäre doch gut, wenn wir uns bald mal wieder sähen, und ordentlich zusammen lebten, – und dann dachte ich, wie lange das noch hin sein müßte. Aber auch eine Menge Geschäftssachen hab ich heut an Dich zu schreiben, mit denen will ich gleich anfangen. Erstlich das <title xml:id="title_22e9e023-caac-4dfe-8343-ed23e3c734c3">Oratorium<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109304" style="hidden" type="music">Die Zerstörung Jerusalems op. 24 (HW 1.24)</name></title>. Was denkst Du auch, daß Du von Responsabilität spricht, die ich auf mich nähme – von Riskiren – von Durchsicht der Partitur vorher &amp;c. Du toller Kerl, das weiß ich alles lange schon, wie ein Stück von Dir sein wird auf das Du selbst Dich freust, das Du mit Liebe schreibst – und wieder weißt Du auch wie ich mich auf ein solches Stück freue, und daß ichs mit soviel Liebe und so viel Sorgfalt als ich kann aufführen werde, wenn Du es mir anvertrauen willst. Brauch ich Dir denn das erst zu sagen? Um übrigens nicht blos meiner Ansicht zu folgen oder Dich persönlich allein zu bitten habe ich die bezügliche Stelle Deines Briefs den hiesigen ConcertDirectoren (cum grano salis d. h. mit Auslassung Deiner allzugroßen Bescheidenheit) mitgetheilt, und vom Secretair des Concerts, <persName xml:id="persName_e664fe49-5bce-41ae-a863-1ec3d09b31b8">Stadtrath Porsche<name key="PSN0113957" style="hidden">Porsche, Carl Wilhelm August (1786-1840)</name></persName> folgende Antwort bekommen, die ich Dir erst im Original schicken wollte, aber jetzt abschreibe weil das Papier zu dick ist, und also das Porto auch: „Ew. Wohlgeboren“ (paß auf auf den Curialstyl) gefälligen Mittheilung nach ist Herr <persName xml:id="persName_73aad3c0-b3ec-4839-8e9f-4355935da4b0">Ferdinand Hiller<name key="PSN0112003" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></persName> in Mailand mit der Composition eines <title xml:id="title_629e048f-59c7-4b1f-99ee-62390b5d208c">Oratoriums „Der Prophet Jeremias“<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109304" style="hidden" type="music">Die Zerstörung Jerusalems op. 24 (HW 1.24)</name></title> beschäftigt, von dem sich höchst Gediegenes und Ausgezeichnetes erwarten läßt; das ConcertDirectorium hat mich beauftragt Ihnen zu versichern, daß es ihm zum Vergnügen gereichen würde, dieses Werk in den Concerten des künftigen Winters 18<formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">39</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">40</hi> </formula> hier zur Aufführung gebracht zu sehen und zu hören, wenn Herr Hiller die Güte haben will uns die Partitur zukommen zu lassen. Mit vollkommner &amp;c. &amp;c. Porsche. Leipzig, März 1839.“ Nun glaubst Du hoffentlich nicht mehr, daß ich eine zu große Responsabilität habe. Möchte Dir die unbedeutende Gelegenheit wirklich zu einem neuen Werk Lust und Liebe geben. Sag mir in Deinem nächsten Briefe (adressirt nach Düsseldorf bis Mitte Mai, nach Frankfurt bis Ende Juni) ein Paar Worte als Antwort hierauf, die ich der Direction mittheilen kann; es freut sie gar zu sehr, wenn ein Künstler wie Du, von ihnen qua ConcertDirectorium Notiz nimmt, und so sind sie alle über Deine Anfrage sehr geschmeichelt gewesen[.] In der Kirche werden wir es schwerlich geben können, da unsre Kirchenconcerte wol mehrere Jahre ruhen müssen ehe wir sie wieder auf guten Fuß bringen (die Ursachen sind zu weitläuftig zum Schreiben) aber im Concertsaal mit vielen Dilettanten als Chor. Den bedenke nur ja recht schön. Und wie gesagt antworte sobald Du kannst. In diesen Tagen geht durch <persName xml:id="persName_57256d4d-9800-4035-a6aa-74640b008095">Kistner<name key="PSN0112402" style="hidden">Kistner, Carl Friedrich (1797-1844)</name></persName> ein Paket an Dich ab, was er schon seit 4 Wochen wohlverpackt in Händen hat, und jetzt endlich bestimmt abzusen[den] verspricht; es enthält die Partitur meines 42<hi rend="superscript">sten</hi> <title xml:id="title_143bffde-de51-4443-b0c2-d3324a74158f">Psalms<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_6nxvtxvy-m2xd-cvnd-nwdb-zn3ccuteq7g4"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title>, des <title xml:id="title_bd613bd0-7ea8-40e6-82f2-f8d016f8808e">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_pgrauqws-sdn6-6dyz-aigd-fjlzprr9lbeq"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title>, und eine kürzlich erschienene <title xml:id="title_cee9465b-9bd2-4981-9e6e-be8f63d3d894">Cellosonate<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_nno8skdl-vliq-msxk-hjsz-hm7lzf2ufndd"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_with_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100385" style="hidden">Sonate B-Dur für Violoncello und Klavier, 13. Oktober 1838<idno type="MWV">Q 27</idno><idno type="op">45</idno></name></title> von mir, die ich eigentlich nur wegen des schönen Umschlags Dir schicke, und als Novität – sonst ist wenig dran. Wenn Dir aber der Psalm in seinem neuen Kleid, und mit dem alten Futter nicht gefällt so erschieß ich mich. Das Paket wird wie ich höre 6 Wochen unterwegs sein, und an <persName xml:id="persName_97964625-8cf8-4d81-aa01-083249c2c11c">Giovanni Ricordi<name key="PSN0114178" style="hidden">Ricordi, Giovanni (Jean) (1785-1853)</name></persName> in Mailand adressirt sein; erkundige Dich also bei dem gelegentlich. Daß ich Dich bitte sämmtliches darin Enthaltene zu behalten versteht sich von selbst. <title xml:id="title_9d7fa95c-fdf1-402d-9d04-3bb9ba6d6290">Deine beiden Ouvertüren<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109287" style="hidden" type="music">Ouvertüre zu Shakespeares Was ihr wollt E-Dur, op. 21 (HW 1.21.1)</name><name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109286" style="hidden" type="music">Ouvertüre zu Faust d-Moll, op. 32</name></title> mit Metronombezeichnung sind ans <placeName xml:id="placeName_998c7677-0485-4bc2-9895-ad85dc280534">Philharmonic<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> vor 14 Tage[n] von mir abgeschickt; nachdem wir die aus dmoll hier erst im <placeName xml:id="placeName_fddb6e32-a529-48f8-9aaf-c187e0db7942">Armen-Concert<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gut aufgeführt, und Deine Aenderungen sehr vortheilhaft gefunden hatten. Das Ganz[e] gewinnt wesentlich dadurch und der Fluß ist gar nicht gestört. Und jetzt so sehr ich mich schäme, muß ich Dir noch von einem Zeitung Artikel sprechen, den ich neulich über Dich las, und der mir gar viel Freude gemacht hat. Ich bekam nämlich eines Morgens in der Probe ein Blatt der <title xml:id="title_44725592-dcee-46d6-9b6a-d682ccec2395">neuen musikal. Zeitung<name key="PSN0114758" style="hidden" type="author">Schumann, Robert Alexander (1810-1856)</name><name key="CRT0110790" style="hidden" type="science">Neue Zeitschrift für Musik</name></title> gezeigt (deren <persName xml:id="persName_701316a5-03c6-4242-9ef4-b8e916157db1">Redacteur Schumann<name key="PSN0114758" style="hidden">Schumann, Robert Alexander (1810-1856)</name></persName> den ganzen Winter in Wien war) worin eine Nachricht war, die mich anging, und wie ich das Blatt außerdem noch ansehe, so ist ein durch zwei Nummern durchgehender Haupt-Artikel mit Deinem Namen überschrieben darin. Ich nahms gleich mit, las es und vieles darin hat mir wirklich außerordentlich gefallen; es ist offenbar von jemand gemacht, der Dich persönlich nicht im mindesten kennt, dagegen jedes Deiner Werke aufs genauste, der nicht einmal wußte daß Du nicht mehr in Frankfurt seist, und dennoch Dein Wesen sich gut und deutlich aus den Compositionen vorstellt, von jemand der es offenbar gut meint. Ich höre, es soll <persName xml:id="persName_48fe6564-5563-45d9-b00e-ae1da412efd3">ein Deutscher in Warschau<name key="PSN0115939" style="hidden">Zuccalmaglio, Anton Wilhelm Florentin von (Pseud.: Wilhelm von Waldbrühl, Dorfküster Wedel u. a.) (1803-1869)</name></persName> geschrieben habe[n.] Die Pointe des Dings ist eigentlich, daß er glaubt Du hättest Dich irgendwie verstimmen lassen und wolltest deshalb nichts mehr herausgeben oder gar componiren, und da bittet er Dich nun himmelhoch es nicht zu thun, und nicht zu glauben, daß Dir nicht die Menschen mit Antheil und Freude folgten, wie er selbst ein Beispiel sei, und die ganze Zeitung ist überschrieben mit dem Motto: „wenn solche Köpfe feiern, wie viel Verlust“ – Du siehst der Mann wußte nichts von Deiner Person, aber eben deshalb machte mir es Vergnügen – und ich hätte Dir es geschickt, wenn ich nicht einen halben Eid gethan hätte, kein Zeitungsschnittchen in meine Briefe zu thun. Dies aber und ein Spas auf der vorigen Seite bringen mich auf das furchtbare, gar zu schreckliche Ereigniß von <persName xml:id="persName_6843b5d5-f38f-47f6-b68a-ac0750d886aa">Nourrits<name key="PSN0113618" style="hidden">Nourrit, Adolphe (1802-1839)</name></persName> Tod. Es hat mich lange lange keine Nachricht so sehr betrübt, mir so ganz tief hineingegriffen wie diese. An die heitre glückliche Zeit in der ich ihn gesehn hatte, an das wahre freie Künstlerwesen daß er damals zu haben schien, an seine Ehre und seinen Glanz überall, an Frau und Kinder mußte ich durch einander denken, und an den gar zu traurigen Zustand eines Innern, das kein ander Mittel mehr weiß, als dies was die ganze frühere Existenz, alles Glück ausstreicht, als wärs nie gewesen. Wie muß Dich aber erst die Nachricht erschüttert haben! Dein letzter Brief spricht noch von ihm; Du hast ihn erst so kürzlich gesehn, so lieb gehabt – es ist auch zu entsetzlich. Und wer <hi rend="underline">kann</hi> da noch an Ruhm und Ruf und äußeres Glück denken sichs wünschen, wenn solch ein äußerlich glücklicher und innerlich begabter Mensch mit alledem so gränzenlos unglücklich ist. Mir liegt mehr darin als in der tiefsten Predigt die ich je gehört, und ich kann gar nicht fertig werden, wenn ich einmal daran denke. Sage mir doch viel darüber; alles was Du von näheren Gründen oder Details weißt. Mir sind blos die Details des Abends vorher und seiner letzten Momente bekannt geworden; außerdem nichts als dumme Gerüchte. Sag mir, wenn Du etwas darüber weißt, wie er zu einer solch[en] innerlichen Unseligkeit gekommen ist, und wie zum Entschlusse. Wenn’s die Paar Zischlaute od[er] Pfeifen im Theater allein sind, wie sie in den Zeitungen schreiben, so sollte man niemals wieder vors Publikum treten sobald man Brod genug erworben hat um nicht zu verhungern, und sollte ni[e] einen Stand wählen, der vom Publikum abhängig macht. Noch habe ich einige Fragen Deines Briefes zu beantworten: Im Philharm. dirigiren gar verschiedne Leute, <persName xml:id="persName_40c192bc-7fc2-4946-b862-2a22d4a6c4a1">Sir G. Smart<name key="PSN0114944" style="hidden">Smart, Sir George Thomas (1776-1867)</name></persName>, <persName xml:id="persName_827c4e8d-d071-4386-b59b-09de2909739b">Mosche[les]<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName>, <persName xml:id="persName_d4ab5d7b-9a18-4f91-ae6c-9e71040cd851">Potter<name key="PSN0113968" style="hidden">Potter, Philip Cipriani Hambly (1792-1871)</name></persName> &amp;c. &amp;c. es ist also nicht vorauszusagen in was für Hände Du fällst, gewaschene oder unreinliche. Mit meiner Engl. Oper ists wieder im weitesten Felde; der <persName xml:id="persName_c530b104-2438-4913-9d69-d898e06d5910">Dichter<name key="PSN0113896" style="hidden">Planché, James Robinson (1796-1880)</name></persName> will nicht ändern, ich nicht ungeändert componiren – das ist das alte, alte Lied von dem versoffnen Fahnenschmied. Und ich muß es immer von vorne anfangen, denn ich hab Recht damit. Wenn Du aber <title xml:id="title_4fca0c81-3faf-4969-a261-6d150eaf9150">Mercadantes Giuramento<name key="PSN0113273" style="hidden" type="author">Mercadante, Giuseppe Saverio Raffaele (1795-1870)</name><name key="CRT0109959" style="hidden" type="music">Il giuramento</name></title> lobst, so schlag die schwere Noth zehntausendmal drein, denn ich habe den ClavierAuszug lange genug auf meiner Stube gehab[t] und mir gewiß alle Mühe gegeben, und finds doch ganz unerträglich, und ordinair, und nicht eine Note darin die mir den geringsten Spas macht. Sei mir nicht bös; ich kann mal nicht anders; das ist eben so curios, daß wirklich die Umgebung, und die Luft, und die Ausführung Eindruck machen, auf jeden – aber hier in Leipzig nimmt sich das giuramento ganz abscheulich aus. D. h. gerade in meinen 4 Pfählen. Solche Musik machst Du in Deinem Leben nicht, das gieb auf; darum freue ich mich eben doppelt auf die Nummern aus <title xml:id="title_52ba858c-b732-45fa-bf3a-8a1f096d6462">Deiner Oper<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name><name key="CRT0109289" style="hidden" type="music">Romilda HW 2.3.1</name></title>, die Du mir versprichst, und bin <hi rend="underline">sehr</hi> begierig darauf. In 8 Tagen gehe ich nach Düsseldorf zum <placeName xml:id="placeName_d603f4db-6842-4b3b-bc19-acb8bf045893">Musikfest<name key="NST0100734" style="hidden" subtype="" type="institution">21. Niederrheinisches Musikfest (1839)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, wo der <title xml:id="title_d9b7c20d-3bd4-4521-bb95-3698a37e3855">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name></title> den ersten, die <title xml:id="title_94186408-2f08-4a5a-87cd-d5e857b77c64">eroica<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108064" style="hidden" type="music">3. Sinfonie Es-Dur, op. 55 (»Eroica«)</name></title>, die <title xml:id="title_d6bfe452-42e0-4594-94ca-dec140e44c8c">Beethovensche cdur Messe<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108044" style="hidden" type="music">Messe C-Dur, op. 86</name></title>, eine Ouvertüre und mein 42<hi rend="superscript">ster</hi> <title xml:id="title_42da690d-a433-4613-90a8-2da59adcc782">Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_sn48jwm9-mu6n-wlkl-5g5f-grc8pg6vqdx5"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title> den 2<hi rend="superscript">ten</hi> und die <title xml:id="title_d27bc80d-cc38-4a14-a300-04517b838246">Glucksche Alceste<name key="PSN0111405" style="hidden" type="author">Gluck, Christoph Willibald (seit 1756) Ritter von (1714-1787)</name><name key="CRT0111398" style="hidden" type="music">Alceste GluckWV 1.38</name></title> im Theater mit Costüm und allem den 3<hi rend="superscript">ten</hi> Tag gegeben werden soll. Es kommen Berliner Sänger und -innen, die das letztere (offenbar das beste) möglich machen. Das Fest ist wieder Pfingsten. Nachher wollen wir in Frankfurt der Hochzeit <persName xml:id="persName_c25daf88-efae-4031-b8d1-5c3b7d27e7d1">meiner Schwägerinn Julie Jeanrenaud<name key="PSN0114771" style="hidden">Schunck, Julie Sophie (1816-1875)</name></persName>, die einen hiesigen <persName xml:id="persName_c12ab4f4-78a9-462e-8897-a49da5dc4fdf">jungen Schunck<name key="PSN0114772" style="hidden">Schunck, Julius (1809-1889)</name></persName> heirathet, beiwohnen; dann einige Zeit in Frkft verweilen, dann 14 Tage bei <persName xml:id="persName_c34d4f82-62d8-4f39-96ab-9dcf239f966e">meinem Onkel<name key="PSN0113227" style="hidden">Mendelssohn, Joseph (1770-1848)</name></persName> am Rhein – und weiter gehn die Luftschlösser noch nicht Nun ists aber mit dem Briefe aus; er ist ja übertrieben vollgeschmiert; grüß die <persName xml:id="persName_2ecaefcd-bae2-49d6-bf3e-1e61a651750d">Mutter<name key="PSN0112008" style="hidden">Hiller, Regine (1783-1839)</name></persName> viel, sehrvielmal, auch <persName xml:id="persName_f4928d89-8693-4e7a-9020-cfa042d67951">Mlle. Joye<name key="PSN0112280" style="hidden">Joye, Mlle.</name></persName> <seg type="closer" xml:id="seg_19bbb229-584f-46c5-a8a1-d1ade6f30b7b">und schreibe mir sehr bald, lieber Ferdinand, damit erfreust Du mich gar zu sehr.</seg></p> <signed rend="right">Immer Dein</signed> <signed rend="right">Felix und <persName xml:id="persName_e9684169-2c96-4372-a142-0d24e5677cff">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> und <persName xml:id="persName_febf51ac-ff66-4303-b0c6-7c64f3c602c4">Kind<name key="PSN0113251" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> <seg type="closer" xml:id="seg_3b8f2996-6a5d-4b2f-bc2b-5de5554a2eec">sind wohl und grüßen Dich</seg>.</signed> </div> </body> </text></TEI>