fmb-1838-11-11-03
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Leipzig, 11. November 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Düsseldorf.
frei.
tenNov. 38
Ihre lieben Zeilen erhielt ich kurz nach überstandenen Masern, die mich während der Krankheitszeit gar nicht, aber hinterher desto schlimmer mitgenommen haben, so daß mir bis vor kurzem nicht blos Augenanstrengungen sondern auch alle andre Art Anstrengung unmöglich war, und auch jetzt noch mich mehr angreift als sonst. Dadurch ist mir ein ganzer Haufen rückständiger Arbeiten entstanden, und deshalb entschuldigen Sie mich vor allem, daß ich so spät antworte; meinen herzlichen Dank an Sie und das ten Tag ist schon längst eine classische Auswahl fast unmöglich gewesen. Also warum nicht die dort Lebenden auf alle Art für die Sache mit interessirt und ergriffen? Zugleich dachte ich, das Orchester müßte stärker, aber weniger zahlreich besetzt werden, damit nur wirksame Instrumentalisten mitwirkten, und viel Geld gespart und viel Effect gewonnen würde. Die Chöre ließen, wie immer nichts zu wünschen – aber Orchester, Solosänger, Compositionen, und Dirigenten wären zum besten der Sache möglichst zu reformiren, so schien mirs.
Das theilte ich auch mehreren Herren des
ganzgeben? Es ist nur einmal ganz beim
20 Jahren beim ersten Musikfest in Düsseldorf. Seitdem sind einmal Herbst und Winter zu Cöln gegeben, aber das thuts allein nicht. Das Ganze müßt es sein – das ist so frisch, schön, und so herrlich für ein Fest im Frühling geschrieben. Am 2
tenTage würde ich
tesStück, und was für eine Ouvertüre, das wüßt’ ich im Augenblick nicht. Und endlich ad 5 von Solosängern wären für Sopran
Leipzig d. 11ten Nov. 38Lieber Herr Director Ihre lieben Zeilen erhielt ich kurz nach überstandenen Masern, die mich während der Krankheitszeit gar nicht, aber hinterher desto schlimmer mitgenommen haben, so daß mir bis vor kurzem nicht blos Augenanstrengungen sondern auch alle andre Art Anstrengung unmöglich war, und auch jetzt noch mich mehr angreift als sonst. Dadurch ist mir ein ganzer Haufen rückständiger Arbeiten entstanden, und deshalb entschuldigen Sie mich vor allem, daß ich so spät antworte; meinen herzlichen Dank an Sie und das Comité hätte ich gern gleich gesagt, aber ich wollte auch gern Ihre Fragen ordentlich beantworten, und das will ich nun versuchen. Die erste wegen meines Befindens ist nun schon erledigt; aber nun die zweite, wegen des Musikfestes. Da müssen Sie nun vor allen Dingen, da Sie im Namen des Comité schreiben, demselben auch in meinem Namen den besten Dank sagen, daß sie mir diesen neuen Beweis von Zutrauen geben, und mich zur Direction berufen wollen. Jedoch habe ich im vergangnen Frühjahr die Schwierigkeiten eingesehn, die ein so weitläuftiger Dirigent (d. h. einer der 80 Meilen weit läuft) für beide Theile hat; Unannehmlichkeiten habe ich gewiß nicht in Cöln gehabt, und es thäte mir leid, wenn die Sache bei Ihnen so dargestellt worden wäre; im Gegentheil ist man mir dort mit sehr vieler Freundlichkeit entgegen gekommen, und nur das Unvermeidliche war eben nicht zu ändern: daß die Reise so weit, die Anstrengung so groß, die Zeit so kurz war &c &c &c. Zugleich schien es mir, als bedürfte das Nieder Rheinische Musikfest, um recht blühend fort zu bestehen, eines neuen Anstoßes aber nicht von Außen her, sondern von Innen heraus – lebte ich noch am Rhein, so getraute ich mir vielleicht, den rechten Punct zu finden, und den Anstoß zu geben, in der Entfernung oder bei einem kurzen Aufenthalt ists aber unmöglich – ich glaubte Sänger, Spieler und Dirigent müßten, wenn’s irgend zu machen wäre, aus der Provinz selbst, ja auch wenigstens eins der Musikstücke müsse dort componirt sein, etwa als eine Preisaufgabe deren Preis eben die Aufführung hauptsächlich sei – denn es wird sonst immer schwerer den Ansprüchen zu genügen, wenn nicht die eignen Umgebungen mitwirken, und z. B. für den 2ten Tag ist schon längst eine classische Auswahl fast unmöglich gewesen. Also warum nicht die dort Lebenden auf alle Art für die Sache mit interessirt und ergriffen? Zugleich dachte ich, das Orchester müßte stärker, aber weniger zahlreich besetzt werden, damit nur wirksame Instrumentalisten mitwirkten, und viel Geld gespart und viel Effect gewonnen würde. Die Chöre ließen, wie immer nichts zu wünschen – aber Orchester, Solosänger, Compositionen, und Dirigenten wären zum besten der Sache möglichst zu reformiren, so schien mirs. Das theilte ich auch mehreren Herren des Düsseldorfer Comités damals mit, muß aber glauben daß sie meiner Meinung nicht beipflichten. Sie wissen nun, daß mirs auf meine Ansicht wenig, aber auf die Sache viel ankommt – wenn die wirklich dabei gewinnt, daß ich zum nächsten Musikfest wieder nach dem Rhein komme, so will ich kommen, und daß ich gerade nach Düsseldorf mit tausend Freuden wieder ginge, brauche ich nicht erst zu sagen. Aber ich möchte daß Sie die Sache noch einmal genau besprächen, daß Sie der Andeutungen erwähnten, die ich eben gemacht habe, und daß Sie überlegten, ob nicht ein andrer Dirigent, (dem Sie nicht eine so kostspielige Reise zu erstatten hätten) andre nähere Solosänger, (bei denen dieselbe Rücksicht wäre und die das Publicum noch dazu mehr interessirten) andre Compositionen zu finden wären, und ob das Ganze nicht dadurch gewänne. Wird diese Frage bei nochmaliger Überlegung verneint, und glauben Sie, daß ich dem Institut bessere Dienste leisten könnte, als wenns ein andrer wäre, so will ich gewiß gern denken, daß ich mich irre, und auf Ihre zweite Frage ein freudiges Ja antworten. – Aber eben, Dirigent, Auswahl, Solisten alles hängt zusammen und in Allem liebt das Publicum das Neue sehr. Und Neues, so recht Gutes, wüßt’ ich eben nicht viel vorzuschlagen. Altes genug: wollen Sie denn nicht einmal wieder die Jahreszeiten von Haydn ganz geben? Es ist nur einmal ganz beim Musikfest gewesen, soviel ich weiß, und zwar vor 20 Jahren beim ersten Musikfest in Düsseldorf. Seitdem sind einmal Herbst und Winter zu Cöln gegeben, aber das thuts allein nicht. Das Ganze müßt es sein – das ist so frisch, schön, und so herrlich für ein Fest im Frühling geschrieben. Am 2ten Tage würde ich Beethovens Sinfonia eroica, und etwa ein großes Te Deum von Händel vorschlagen. Was für ein 2tes Stück, und was für eine Ouvertüre, das wüßt’ ich im Augenblick nicht. Und endlich ad 5 von Solosängern wären für Sopran Mlle. Novello oder Mme. Schroeder Devrient, für Alt Mme. Shaw, für Tenor Mantius oder Tichatschek oder wenn er zurück ist Breiting sämtlich erreichbar, aber sämmtlich theuer. Es kommt eben alles auf meine obigen Reformpläne an, und auf Ihre Ansicht davon. – Was mich persönlich betrifft, soll ichs Ihnen da noch sagen, wie herzlich ich mich freuen würde wieder einmal mit Ihnen und den Ihrigen zu sein, alle meine lieben Freunde wiederzusehen, und wie ich Ihnen schon jetzt für alles Liebe und Gute was Sie mir darüber sagen, so dankbar bin, und für Ihr freundliches Anerbieten, möge ichs annehmen können, oder nicht. Für heute leben Sie wohl, und sagen Sie Ihrer verehrten Frau Gemahlinn und den Kindern meine und meiner Frau beste Grüße. Wenn sich das Comité entschieden hat bitte ich Sie wieder um ein Paar Zeilen. Nochmals leben Sie wohl, und tausend Grüße an Schirmer, Woringens Hildebrand, alle Ihr Felix MB.
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-11-11" xml:id="date_6203ce90-9215-4482-b531-78fc55f647b7">11. 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Jedoch habe ich im vergangnen Frühjahr die Schwierigkeiten eingesehn, die ein so weitläuftiger Dirigent (d. h. einer der 80 Meilen weit läuft) für beide Theile hat; Unannehmlichkeiten habe ich gewiß nicht in Cöln gehabt, und es thäte mir leid, wenn die Sache bei Ihnen so dargestellt worden wäre; im Gegentheil ist man mir dort mit sehr vieler Freundlichkeit entgegen gekommen, und nur das Unvermeidliche war eben nicht zu ändern: daß die Reise so weit, die Anstrengung so groß, die Zeit so kurz war &c &c &c. 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B. für den 2<hi rend="superscript">ten</hi> Tag ist schon längst eine classische Auswahl fast unmöglich gewesen. Also warum nicht die dort Lebenden auf alle Art für die Sache mit interessirt und ergriffen? Zugleich dachte ich, das Orchester müßte stärker, aber weniger zahlreich besetzt werden, damit nur wirksame Instrumentalisten mitwirkten, und viel Geld gespart und viel Effect gewonnen würde. Die Chöre ließen, wie immer nichts zu wünschen – aber Orchester, Solosänger, Compositionen, und Dirigenten wären zum besten der Sache möglichst zu reformiren, so schien mirs.</p><p>Das theilte ich auch mehreren Herren des <placeName xml:id="placeName_f453972a-6b9c-41d4-a25e-e490cdd74e20">Düsseldorfer Comités<name key="NST0100734" style="hidden" subtype="Komitee" type="institution">21. 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Für heute leben Sie wohl, und sagen Sie <persName xml:id="persName_3d62ae62-c488-488e-8845-694f6ff4d94b">Ihrer verehrten Frau Gemahlinn<name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName> und den <persName xml:id="persName_204e7c4c-0ec7-4684-b6a5-30b53035dab6">Kindern<name key="PSN0114497" style="hidden">Schadow, Rudolf Johann Gottfried (seit 1843) von Godenhaus (1826-1890)</name><name key="PSN0114498" style="hidden">Schadow, Sophie → Hasenclever (1824-1892)</name></persName> meine und <persName xml:id="persName_942f8d71-d381-4ba9-89f0-7f4365102b55">meiner Frau<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> beste Grüße. Wenn sich das <placeName xml:id="placeName_a73b1e2b-d6b9-4494-bad2-dac630d1155b">Comité<name key="NST0100734" style="hidden" subtype="Komitee" type="institution">21. 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