fmb-1838-08-01-01
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Berlin, 1. August 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
In der Vorlage nach der Anrede 15 Auslassungsstriche als Hinweis auf eine umfangreiche Kürzung zu Briefbeginn.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
[…] Was Du mir von Deiner vermehrten Beschäftigung schreibst, hat mich sehr gefreut; Du weißt ja, wie oft wir darüber geplaudert haben, und Deine Meinung, daß ein Beruf dem andern vorzuziehen sei, kann ich nun einmal nicht theilen. Ich denke immer, worin ein ordentlicher Mensch sein Herz hineinlegt, und was er ordentlich umfaßt, das sei ein edler Beruf – und nur solche lieb’ ich persönlich nicht, in denen eben nichts persönliches ist, in denen der einzelne verschwindet, wie z. B. die Militärcarriere im Frieden, wovon hier die Beispiele sind. – Aber sonst ist’s doch mehr oder weniger unwahr. Wenn man das eine Fach gegen das andere vergleicht, da nimmt man gewöhnlich das eine in der nackten Realität, und das andere im schönsten Ideal, und da ist freilich bald entschieden. Und wie leicht kann nicht ein Künstler solche Realität in seinem Fach fühlen, und dann etwa die practischen Menschen glücklich preisen, die alle Verhältnisse und alle Menschen gegen einander beobachtet und erkannt haben, und die den Anderen leben helfen mit dem eigenen Leben und Fortschreiten, und gleich das Greifbare, Nützliche, Wohlthätige sehen, das sie stiften. – Und gar eben, daß der ehrliche Mann auch da den schwersten Stand hat, daß das Publicum es mehr mit dem Schein hält, als mit dem Wahren, daß man auch da sich nicht die einzelnen Fälle und den Streit in’s Herz wachsen lassen darf, sondern etwas im Herzen haben muß, das es ausfüllt und erhebt über alle diese einzelnen Äußerlichkeiten – das spricht gerade für meine Meinung, denn es ist das beste an jedem Beruf, und ist allen gemeinschaftlich, dem Deinigen wie dem meinigen, wie allen andern. Was ist denn das Schöne das du findest, wenn ich an einem Quartett oder an einer Symphonie arbeite? doch blos das Stück meiner selbst, das ich hineinlegen oder aussprechen kann. Und das kannst Du mit Deiner Defension eines Spitzbuben, mit Deiner Injurienklage, mit allem was Dich ganz in Anspruch nimmt, ja in eben dem Maße, wie irgend ein Mensch, und das ist die Hauptsache. Wenn nur das Innere ausgesprochen ist, und wenn nur das Innere werther und werther wird ausgesprochen zu werden, – alles Andere ist gleich.
Berlin, den 1. August 1838. Lieber Schleinitz! … Was Du mir von Deiner vermehrten Beschäftigung schreibst, hat mich sehr gefreut; Du weißt ja, wie oft wir darüber geplaudert haben, und Deine Meinung, daß ein Beruf dem andern vorzuziehen sei, kann ich nun einmal nicht theilen. Ich denke immer, worin ein ordentlicher Mensch sein Herz hineinlegt, und was er ordentlich umfaßt, das sei ein edler Beruf – und nur solche lieb’ ich persönlich nicht, in denen eben nichts persönliches ist, in denen der einzelne verschwindet, wie z. B. die Militärcarriere im Frieden, wovon hier die Beispiele sind. – Aber sonst ist’s doch mehr oder weniger unwahr. Wenn man das eine Fach gegen das andere vergleicht, da nimmt man gewöhnlich das eine in der nackten Realität, und das andere im schönsten Ideal, und da ist freilich bald entschieden. Und wie leicht kann nicht ein Künstler solche Realität in seinem Fach fühlen, und dann etwa die practischen Menschen glücklich preisen, die alle Verhältnisse und alle Menschen gegen einander beobachtet und erkannt haben, und die den Anderen leben helfen mit dem eigenen Leben und Fortschreiten, und gleich das Greifbare, Nützliche, Wohlthätige sehen, das sie stiften. – Und gar eben, daß der ehrliche Mann auch da den schwersten Stand hat, daß das Publicum es mehr mit dem Schein hält, als mit dem Wahren, daß man auch da sich nicht die einzelnen Fälle und den Streit in’s Herz wachsen lassen darf, sondern etwas im Herzen haben muß, das es ausfüllt und erhebt über alle diese einzelnen Äußerlichkeiten – das spricht gerade für meine Meinung, denn es ist das beste an jedem Beruf, und ist allen gemeinschaftlich, dem Deinigen wie dem meinigen, wie allen andern. Was ist denn das Schöne das du findest, wenn ich an einem Quartett oder an einer Symphonie arbeite? doch blos das Stück meiner selbst, das ich hineinlegen oder aussprechen kann. Und das kannst Du mit Deiner Defension eines Spitzbuben, mit Deiner Injurienklage, mit allem was Dich ganz in Anspruch nimmt, ja in eben dem Maße, wie irgend ein Mensch, und das ist die Hauptsache. Wenn nur das Innere ausgesprochen ist, und wenn nur das Innere werther und werther wird ausgesprochen zu werden, – alles Andere ist gleich. Hab’ darum Dank für die Nachricht über Dein Thun und Treiben, und gieb mir wieder und oft so gute. Dein Felix Mendelssohn Bartholdy.
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