fmb-1838-07-30-01
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Berlin, 30. Juli 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Leipzig
frei.
Habe vielen Dank für Deinen lieben Brief, durch den Du mich sehr erfreut hast. Es waren die ersten ausführlichen Nachrichten, die ich von Leipzig erhielt. Daß es Dir und den
kannsie nicht erlernen. Denn wirklich ich kann es nicht, und möchte es nicht können. Was so von Innen heraus kommt, das macht mich froh, auch in seinem äußerlichen Wirken, und darum wäre mirs freilich viel werth, wenn ich Dir und meinen Freunden den Wunsch erfüllen könnte, den Du mir aussprichst – aber ich weiß eben nichts dazu und nichts davon zu thun. Es ist mir auf meinem Wege ja schon manches zu Theil geworden ohne daß ich daran gedacht hätte, und ohne Abschweifung, und so wird es vielleicht auch das – wo nicht, so will ich nicht darüber murren, und mich trösten nach besten Kräften und bester Einsicht gethan zu haben, was ich kann. Hab ich doch eben
DeineTheilnahme und
DeineFreude an meinen Sachen, und die von einigen lieben Freunden; mehr sollte man sich kaum wünschen.
Berlin d. 30 Juli 1838Lieber David Habe vielen Dank für Deinen lieben Brief, durch den Du mich sehr erfreut hast. Es waren die ersten ausführlichen Nachrichten, die ich von Leipzig erhielt. Daß es Dir und den Deinigen so gut geht, macht mir große Freude. Ich habe mirs die Zeit über, hier ausgedacht, daß es doch eigentlich gar zu schön ist, daß wir beide zusammengekommen sind, und nicht der eine hier der andre dort sein Wesen treiben müssen, ohne von einander viel zu erfahren, wie es gewiß manchen guten Kerls in unserm lieben, und etwas abscheulichen Vaterlande geht; als ich aber weiter dachte fand ich heraus daß es doch nicht viel solche Musiker giebt, wie Du bist, und daß ich mir am Ende doch keinen zweiten ausdenken könnte, mit dem ich so einig wäre in der Kunst, der solch einen breiten, geraden Weg so unaufhaltsam fortschreitet, an dessen Thun und Treiben ich solch innige Freude haben könnte, wie an dem Deinigen. Mündlich wird so etwas nie gesagt, drum laß michs heut schreiben, wie mich in den letzten Jahren Deine schnelle und wohlthuende Entwickelung überrascht und erfreut hat; man möchte zuweilen mismuthig werden, wenn man die vielen schlechten Talente mit dem sehr edeln Streben, und die vielen guten mit dem sehr gemeinen sieht; und da ist denn ein rechtes Talent mit dem rechten Willen doppelt erquicklich. Von der ersten Art scheint es hier zu wimmeln; fast alle junge Musiker, die mich hier besucht haben, müßte ich mit wenig Ausnahmen dazu rechnen; sie loben und lieben Gluck und Händel und alles Gute, und sprechen immer davon, und was sie machen ist so gründlich verfehlt, und so sehr langweilig; von der zweiten Art sind die Beispiele überall. Wie gesagt, dabei ist mir der bloße Gedanke an Dein Wesen erfreuend und der Himmel lasse es uns gelingen, immer mehr unsre Wünsche und unser Innres auszusprechen und das was uns heilig und lieb in der Kunst ist festzuhalten und nicht untergehen zu lassen. Du hast gewiß wieder viel Neues für nächsten Winter, das Du vorbereitest, ich freue mich herzlich darauf, es zu hören. Ich habe mein drittes Quartett in d dur fertig, und habe es sehr lieb; wenn es Dir nur auch so gut gefällt. Doch glaube ich das fast, denn es ist feuriger und auch für die Spieler dankbarer, als die andern, wie mir scheint. Jetzt denke ich in den nächsten Tagen das Aufschreiben meiner Symphonie anzufangen, und in kurzer Zeit, wahrscheinlich hier noch zu beendigen. Ich möchte Dir wohl auch ein Violin Concert machen für nächsten Winter; eins in e moll steckt mir im Kopfe, dessen Anfang mir keine Ruhe läßt. Die Orchesternachrichten, die Du mir schreibst, sind ja gut genug, und ich war egoistisch genug mich über die Stelle vom Musikfest in Magdeburg auch nicht zu ärgern. Ich dachte so: wenns recht schlecht war, so steigt das Cölner im Werthe, und nimmt sich in der Erinnerung besser aus, als in der Gegenwart; und so war mir es schon als ich Deine Beschreibungen von der cmoll Symphonie und den andern Sachen las, die so anschaulich waren, als hätte ich sie selbst angeschaut, oder vielmehr angehört. Aber wie ist das Contrafagott? Ich hörte hier darauf blasen und fand es sehr rein, und den Ton gut. Und noch eine Frage: Kennst Du bei Deiner großen Geigenbekanntschaft eine (soi-disant) Stradivarius Violine die einem gewissen Componisten Müller hier gehört, und die er früher für … Louis, jetzt billiger verkaufen will? Ein Freund von mir hat Lust dazu, und frug mich um mein Urtheil, das konnte ihm natürlich nichts helfen – aber wenn Du sie gesehen hast, so bitte ich Dich schreibe mir umgehend ein Paar Zeilen darüber da die Sache Eile hat. Hast Du sie nicht gesehen, oder erinnerst Dich ihrer nicht, so bitte ich Dich, sprich mit Kistner darüber, auf den sich der Mann beruft, und frag ihn, was er von dem Instrument hält und weiß, und theile es mir mit. Vielleicht thust Du mir den Gefallen mir auf jeden Fall auch Kistners Meinung zu schreiben, da ich meinem Freund versprochen habe, an ihn zu schreiben, und es so einfacher ist – aber bitte, antworte mir umgehend. Meine Symphonie soll gewiß so gut werden, wie ich kann; ob aber populair, ob für die Drehorgel – das weiß ich freilich nicht. Ich fühle daß ich mit jedem Stück mehr dahin komme ganz so schreiben zu lernen, wie mirs um Herz ist, und das ist am Ende die einzige Richtschnur die ich kenne. Bin ich nicht zur Popularität gemacht, so mag ich sie nicht erlernen oder erstreben, oder wenn Du das unrecht findest, so sag ich lieber ich kann sie nicht erlernen. Denn wirklich ich kann es nicht, und möchte es nicht können. Was so von Innen heraus kommt, das macht mich froh, auch in seinem äußerlichen Wirken, und darum wäre mirs freilich viel werth, wenn ich Dir und meinen Freunden den Wunsch erfüllen könnte, den Du mir aussprichst – aber ich weiß eben nichts dazu und nichts davon zu thun. Es ist mir auf meinem Wege ja schon manches zu Theil geworden ohne daß ich daran gedacht hätte, und ohne Abschweifung, und so wird es vielleicht auch das – wo nicht, so will ich nicht darüber murren, und mich trösten nach besten Kräften und bester Einsicht gethan zu haben, was ich kann. Hab ich doch eben Deine Theilnahme und Deine Freude an meinen Sachen, und die von einigen lieben Freunden; mehr sollte man sich kaum wünschen. Habe denn tausend Dank für Deine lieben, guten Worte, und für alles Freundliche das sie mir sagen; das Papier schließt; Grüß Deine Frau und Schleinitzs von mir und Lebwohl Dein Felix MB
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-07-30" xml:id="date_336ed2a6-c88c-4467-a580-4eefa37e09d5">30. 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Mündlich wird so etwas nie gesagt, drum laß michs heut schreiben, wie mich in den letzten Jahren Deine schnelle und wohlthuende Entwickelung überrascht und erfreut hat; man möchte zuweilen mismuthig werden, wenn man die vielen schlechten Talente mit dem sehr edeln Streben, und die vielen guten mit dem sehr gemeinen sieht; und da ist denn ein rechtes Talent mit dem rechten Willen doppelt erquicklich. 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Du hast gewiß wieder viel Neues für nächsten Winter, das Du vorbereitest, ich freue mich herzlich darauf, es zu hören. Ich habe <title xml:id="title_4dc1011c-ed7d-4a84-a71f-76c2e6579f26">mein drittes Quartett<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_gugirqot-9elr-c6mr-psak-ecytiiwil5fi"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_works_without_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100398" style="hidden">Quartett D-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, [April (?) bis Ende Juli 1838]<idno type="MWV">R 30</idno><idno type="op">44/1</idno></name></title> in d dur fertig, und habe es sehr lieb; wenn es Dir nur auch so gut gefällt. 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Die Orchesternachrichten, die Du mir schreibst, sind ja gut genug, und ich war egoistisch genug mich über die Stelle vom <placeName xml:id="placeName_5152e0af-1144-47dd-9584-053ad18e6824">Musikfest<name key="NST0100557" style="hidden" subtype="" type="institution">Musikfest (1838)</name><settlement key="STM0100461" style="hidden" type="">Magdeburg</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> in Magdeburg auch nicht zu ärgern. Ich dachte so: wenns recht schlecht war, so steigt das <placeName xml:id="placeName_c0dd0fa8-5af8-4829-97df-577f8bf1213b">Cölner<name key="NST0100548" style="hidden" subtype="" type="institution">20. Niederrheinisches Musikfest (1838)</name><settlement key="STM0100107" style="hidden" type="">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> im Werthe, und nimmt sich in der Erinnerung besser aus, als in der Gegenwart; und so war mir es schon als ich Deine Beschreibungen von der <title xml:id="title_1792e17c-4662-47d6-8d73-0874abe358f9">cmoll Symphonie<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108066" style="hidden" type="music">5. Sinfonie c-Moll, op. 67 (»Schicksal«)</name></title> und den andern Sachen las, die so anschaulich waren, als hätte ich sie selbst angeschaut, oder vielmehr angehört. Aber wie ist das Contrafagott? Ich hörte hier darauf blasen und fand es sehr rein, und den Ton gut. Und noch eine Frage: Kennst Du bei Deiner großen Geigenbekanntschaft eine (soi-disant) <persName xml:id="persName_58cf6169-97c9-49a6-b250-18e7346ae188">Stradivarius<name key="PSN0115169" style="hidden">Stradivari, Antonio Giacomo (?-1737)</name></persName> Violine die einem gewissen <persName xml:id="persName_a8e37459-e1ee-4922-b545-d15a285fa95d">Componisten Müller<name key="PSN0113489" style="hidden">Müller, Carl Friedrich (II) (1796-1846)</name></persName> hier gehört, und die er früher für […] Louis, jetzt billiger verkaufen will? Ein Freund von mir hat Lust dazu, und frug mich um mein Urtheil, das konnte ihm natürlich nichts helfen – aber wenn Du sie gesehen hast, so bitte ich Dich schreibe mir umgehend ein Paar Zeilen darüber da die Sache Eile hat. Hast Du sie nicht gesehen, oder erinnerst Dich ihrer nicht, so bitte ich Dich, sprich mit <persName xml:id="persName_ad3a709f-cbc5-4eea-bd12-44d88e1ec6e2">Kistner<name key="PSN0112402" style="hidden">Kistner, Carl Friedrich (1797-1844)</name></persName> darüber, auf den sich der Mann beruft, und frag ihn, was er von dem Instrument hält und weiß, und theile es mir mit. Vielleicht thust Du mir den Gefallen mir auf jeden Fall auch Kistners Meinung zu schreiben, da ich meinem Freund versprochen habe, an ihn zu schreiben, und es so einfacher ist – aber bitte, antworte mir umgehend.</p><p><title xml:id="title_96d9bedd-a56c-43ac-a795-f018cacfa040">Meine Symphonie<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_2ygiakhs-h2qt-cjdn-kro4-say7hhervvzj"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100343" style="hidden">Sinfonie B-Dur für Orchester, Fragment, [ca. 1838 bis 1840]<idno type="MWV">N 17</idno><idno type="op"></idno></name></title> soll gewiß so gut werden, wie ich kann; ob aber populair, ob für die Drehorgel – das weiß ich freilich nicht. 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