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fmb-1838-01-09-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London <lb></lb>Leipzig, 9. Januar 1838 Prost Neujahr vorauf; ein glückliches, frohes Jahr mit der Erfüllung Deiner besten Wünsche mög angefangen haben. Dein lieber Brief kam zum Schluß des vorigen an, und ich danke Dir, daß Du nicht schiltst, sondern milde Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 5, 1845

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

- - - Autograph, ehemals Klingemann-Nachlass (Mikrofilmkopie vor 1960) - - Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Leipzig, 9. Januar 1838 Prost Neujahr vorauf; ein glückliches, frohes Jahr mit der Erfüllung Deiner besten Wünsche mög angefangen haben. Dein lieber Brief kam zum Schluß des vorigen an, und ich danke Dir, daß Du nicht schiltst, sondern milde

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Möglicherweise wurde ein Teil dieses Briefs nach dem 9. Januar 1838 geschrieben, da sich Felix Mendelssohn Bartholdy in Z. 55 auf einen Brief des Komitees des 20. Niederrheinischen Musikfestes vom 8. Januar 1838 bezog (gb-1838-01-08-01), der ihm am 9. Januar noch nicht vorliegen konnte. Der Leipziger Poststempel datiert vom 11. Januar.

Felix Mendelssohn Bartholdy

-

Klingemann, Briefwechsel, S. 227-229.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

9. Januar 1838 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) London Großbritannien deutsch
C. Klingemann Esqure. London no. 4 Hobart Place, Eaton Sqre Pimlico.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Leipzig d. 9ten Jan. 1838Lieber Freund

Prost Neujahr vorauf; ein glückliches, frohes Jahr mit der Erfüllung Deiner besten Wünsche mög angefangen haben. Dein lieber Brief kam zum Schluß des vorigen an, und ich danke Dir, daß Du nicht schiltst, sondern milde bist, und doch machst Du es mir nicht ganz recht, daß Du mir soviel Gründe angiebst, warum und weswegen Du das oder jenes thust oder nicht thust, warum ich Dich gebeten hatte; mir gnügt es, wenn Du sagst, so ists, und so mach ichs, auch ohne alle Gründe. Aber recht von Herzen wünsche ich, daß das Provisorische Deines dortigen Lebens endlich aufhören möge, ich warte sehnlich auf solche Nachricht von Dir. Hier bei mir ist alles wohl und munter, bis auf mich selbst, der ich seit 14 Tagen ein wenig und seit 6 Tagen sehr stark an meinen Ohren leide, was mich mehr herunterbringt und verstimmt, als solche Kleinigkeit sollte. Vielleicht kommt es nur von der strengen Kälte her, die wir haben und die ich nicht vertragen kann, aber das Unangenehme dabei ist das Musikmachen, das hier den Winter über nicht abreißt, (gestern noch war das AbschiedsConcert der NovelloNovello, Clara Anastasia (1818-1908), die nun nach Berlin gehn will, und wo ich wieder den ganzen Abend bei den bösesten Schmerzen dirigiren und spielen mußte) da ist nun mein linkes Ohr, wie dick zugestopft und ich höre das Orchester nur ganz gedämpft und leise und da ist das Dirigiren eine Pein, und ich kann mich immer des Gedankens nicht erwehren, was ich anfangen soll, wenn ich taub würde, worüber mich freilich der ArztClarus, Johann Christian August (1774-1854) auslacht, und sagt es sei ein versteckter Schnupfen. Heut und morgen soll ich nun das Zimmer, theilweise das Bett hüten – wie gesagt, es verstimmt mich sehr, verzeih drum daß ich so ausführlich darüber schreibe. Besagtes AbschiedsConcert enthielt gestern alles, was Leipzig von Enthusiasmus aufbieten (muster würdet Ihr sagen) kann; sie applaudirten vor Anfang des Concertes schon, als die NovelloNovello, Clara Anastasia (1818-1908) in den Saal kam; ihr Platz war mit Kränzen behängt, am Schlusse flogen rosenrothe Gedichte aus den Logen, worin sie (sonderbarerweise) mit einer Nachtigall verglichen war, des Klatschens und Rufens und Abschiedsnehmens und Händeschüttelns war kein Maaß und Ziel. Sie ist hier ein allgemeiner Liebling geworden, hat auch mir in unsern ConcertenGewandhausLeipzigDeutschland oft wahre Freude gemacht durch ihr frisches und musikalisches Singen, ich kann auch gegen keinen von der FamilieNovello, Familie von → Vincent N. was sagen – und doch ist es curios, seit ich sie vor 8 Jahren kennen lernte, habe ich eine gewisse innre Abneigung gegen all ihr Thun und Lassen, das ich mir nicht immer erklären kann, das mich aber niemals verläßt. Das Lithographiren meines Briefes an den LondonerNovello, Joseph Alfred (1810-1896), all die geschäftsmäßige Kälte womit die Leute sich durchs Leben rechnen, – alles das macht sieNovello, Familie von → Vincent N. eigentlich zu meiner Gegenpartei, und mir kommt es immer unwahrscheinlich oder unwahr vor, daß wir zusammen gehören sollten. Natürlich mußt Du das keinem sagen, denn freundliche Leute sind immer angenehmer – aber so was kann nicht von Dauer sein. Ganz dasselbe Gefühl hatte ich immer mit E. TaylorTaylor, Edward (1784-1863), seit ich ihn damals kennen lernte; ich fand gestern beim Ordnen meiner Düsseldorfer Briefe einige hoch enthusiastische von ihm vor, und erinnerte mich genau des widerwärtigen Gefühls womit ich sie damals empfangen und gelesen hatte. Ich habs gar zu gern, wenn an den Leuten ein bischen mehr ist, als sie selbst von sich sagen und glauben machen, und die andern haben gerade das Gegentheil gern, oder finden es nothwendig. Da liegt der ganze Grund, glaub ich; aber leider sind so verflucht wenige meiner Meinung. – Daß ich Dir alles dies schreibe, daran wirst Du meine Ohrenschmerzen erkennen, und mein hypochondrisches Wesen – auch bin ich vor diesem ganzen Monat etwas angst und bange – so Gott will kann ich Dir das nächstemal froh und glücklich schreiben und gute Nachricht geben. Meine SchwiegermutterJeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871) und SchwägerinnJeanrenaud, Julie Sophie (1816-1875) sind vor 8 Tagen hier angekommen, die erstere bei uns die andre bei SchuncksSchunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S. wohnend; beide wohl und munter und unverändert. Als mir vor einigen Tagen die Direction des Cölner Musikfestes20. Niederrheinisches Musikfest (1838)KölnDeutschland förmlich angeboten wurde, war ich mancher Gespräche eingedenk, die wir mit einander gehabt haben (nach dem Frühstück etwa) und gab Dir im Herzen Recht, und nahms an d. h. mit einigen Bedingungen, unter denen namentlich einiger Seb. BachBach, Johann Sebastian (1685-1750) mit vielen Trompeten ist, welchen ich mir dazu von HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) aus Breslau habe kommen lassen. Der hat mir 10 Musiken<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name> zur Auswahl geschickt, und darunter wieder viel Treffliches aber 2 ganz apart schöne Sachen, so daß ich schon im Lesen laut jubelte – ist doch ein alter PrachtkerlBach, Johann Sebastian (1685-1750) gewesen. Wir wollen ihm jetzt hier vor der Thomasschule ein kleines DenkmalAltes BachdenkmalLeipzigDeutschland aufrichten lassen, aber natürlich ganz unter uns, ohne Zeitungsbetteleien und Concertallmosen und dgl. nur einen Stein, vielleicht mit der Büste, und sein NameBach, Johann Sebastian (1685-1750) oben drauf, und drunter muß stehn „von seinen dankbaren Nachkommen 1838“ Gefällt Dir das nicht gut? Am besten gefällt mirs, daß wir die Sache heimlich und unter uns behalten wollen. HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) selbst, über den weiß ich nur wenig Erfreuliches; seit Neujahr ist sein Engagement in Breslau vorbei – er hat kein anderes – will auf Reisen gehn um sich eins zu suchen, und ich fürchte es findet sich schwer. Dabei ist ihm das Theater so zuwider, und er hats gar kein Hehl<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110667" style="hidden" type="dramatic_work">Die Piccolomini</name> – ich weiß nicht, wie es werden soll. Von den Meinigen erhalte ich lauter gute Nachrichten, und erwarte PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) und vielleicht MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) im nächsten Monat hier, so Gott will. Auch bei SchuncksSchunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S. und den Berliner BeneckesBenecke, Emmeline (1813-1877)Benecke, Victor (1809-1853) geht alles wohl (dies für DeptfordBenecke, Familie von → Friedrich Wilhelm B. mit tausend Grüßen) Kommt denn SchlemmerSchlemmer, Johann Friedrich (Fritz) Philipp Middleton (1803-1890) hieher, und wann? – Über all dem Plaudern vergaß ich eine ganz wichtige Geschichte. Vorige Woche erhielt ich per Post ein Packet das 3 rt. und einige Groschen kostete, und einen Englischen Oratorientext: Elias<name key="PSN0109671" style="hidden" type="author">Barry, James (1806-1849)</name><name key="CRT0107942" style="hidden" type="literature">Elijah, or the Baalim in Israel</name> enthielt, den mir ein Mr. Charles GrevilleGreville, Charles (1762-1832), (18 Vineyards, Bath, Somersetshire) im Namen des Dichters mit einem curiosen Brief zuschickt. Kennst Du den Mann? oder den Namen des Dichters J. BarryBarry, James (1806-1849)? (ein Pfarrer) ich habe nie von ihnen gehört. Natürlich müßtest Du sub rosa nach ihnen fragen, und an mich schreiben; denn ich möchte doch wissen, wie sie gerade auf den Elias und diese Behandlung davon kommen, die allerdings unserm<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name><name key="CRT0109517" style="hidden" type="literature">Elias (Libretto)</name> Entwurf<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_eixxkwy9-74aq-cfcy-s43f-6wqivxkbhpzq"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100125" style="hidden">Elias / Elijah, Ein Oratorium nach Worten des Alten Testaments für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [hauptsächlich 1845] bis 11. August 1846; Revision bis April 1847<idno type="MWV">A 25</idno><idno type="op">70</idno></name> sehr ähnlich sieht. Endlich aber, da die Leute auch in jene herrliche Classe von Geschäftsmenschen gehören, die ihr Schäfchen vor allem ins Trockne bringen, und darüber selbst ins Trocknen gerathen (und in den Schafstall ohnehin) und da sie also besagten Elias bereits schon der Herzoginn von KentKent, Marie (Mary) Louise Victoria Duchess of (1786-1861) zugeeignet haben, und großen Lärm von besagtem Elias<name key="PSN0109671" style="hidden" type="author">Barry, James (1806-1849)</name><name key="CRT0107942" style="hidden" type="literature">Elijah, or the Baalim in Israel</name> schlagen werden, sobald ich nicht darauf eingehe, und da alsdann doch NeukommNeukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778-1858) oder sonst ein andrer die Sache geschwind componirt und bekannt macht – (Du siehst den Nachsatz schon herbeikömmen) so bitte ich Dich um 2erlei 1.) mach mir unsern Plan gleich zu Versen und schick ihn mir brühwarm (Du kannst Prosa aus der Bibel hineinnehmen und was Du willst) damit ich brühwarm componiren kann 2) schick mir in jedem Fall, ob Du nun meine Bitte no. 1 erfüllen magst oder nicht, unsern Plan<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ezx7u1oa-xzyi-9u9j-pc5k-dkrhk8qrha3g"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100125" style="hidden">Elias / Elijah, Ein Oratorium nach Worten des Alten Testaments für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [hauptsächlich 1845] bis 11. 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Nun noch CécilesMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) herzliche Grüße an Dich – schreib bald und viel – auf frohes Wiedersehn.

Dein Felix.
            Leipzig d. 9ten Jan. 1838Lieber Freund
Prost Neujahr vorauf; ein glückliches, frohes Jahr mit der Erfüllung Deiner besten Wünsche mög angefangen haben. Dein lieber Brief kam zum Schluß des vorigen an, und ich danke Dir, daß Du nicht schiltst, sondern milde bist, und doch machst Du es mir nicht ganz recht, daß Du mir soviel Gründe angiebst, warum und weswegen Du das oder jenes thust oder nicht thust, warum ich Dich gebeten hatte; mir gnügt es, wenn Du sagst, so ists, und so mach ichs, auch ohne alle Gründe. Aber recht von Herzen wünsche ich, daß das Provisorische Deines dortigen Lebens endlich aufhören möge, ich warte sehnlich auf solche Nachricht von Dir. Hier bei mir ist alles wohl und munter, bis auf mich selbst, der ich seit 14 Tagen ein wenig und seit 6 Tagen sehr stark an meinen Ohren leide, was mich mehr herunterbringt und verstimmt, als solche Kleinigkeit sollte. Vielleicht kommt es nur von der strengen Kälte her, die wir haben und die ich nicht vertragen kann, aber das Unangenehme dabei ist das Musikmachen, das hier den Winter über nicht abreißt, (gestern noch war das AbschiedsConcert der Novello, die nun nach Berlin gehn will, und wo ich wieder den ganzen Abend bei den bösesten Schmerzen dirigiren und spielen mußte) da ist nun mein linkes Ohr, wie dick zugestopft und ich höre das Orchester nur ganz gedämpft und leise und da ist das Dirigiren eine Pein, und ich kann mich immer des Gedankens nicht erwehren, was ich anfangen soll, wenn ich taub würde, worüber mich freilich der Arzt auslacht, und sagt es sei ein versteckter Schnupfen. Heut und morgen soll ich nun das Zimmer, theilweise das Bett hüten – wie gesagt, es verstimmt mich sehr, verzeih drum daß ich so ausführlich darüber schreibe. Besagtes AbschiedsConcert enthielt gestern alles, was Leipzig von Enthusiasmus aufbieten (muster würdet Ihr sagen) kann; sie applaudirten vor Anfang des Concertes schon, als die Novello in den Saal kam; ihr Platz war mit Kränzen behängt, am Schlusse flogen rosenrothe Gedichte aus den Logen, worin sie (sonderbarerweise) mit einer Nachtigall verglichen war, des Klatschens und Rufens und Abschiedsnehmens und Händeschüttelns war kein Maaß und Ziel. Sie ist hier ein allgemeiner Liebling geworden, hat auch mir in unsern Concerten oft wahre Freude gemacht durch ihr frisches und musikalisches Singen, ich kann auch gegen keinen von der Familie was sagen – und doch ist es curios, seit ich sie vor 8 Jahren kennen lernte, habe ich eine gewisse innre Abneigung gegen all ihr Thun und Lassen, das ich mir nicht immer erklären kann, das mich aber niemals verläßt. Das Lithographiren meines Briefes an den Londoner, all die geschäftsmäßige Kälte womit die Leute sich durchs Leben rechnen, – alles das macht sie eigentlich zu meiner Gegenpartei, und mir kommt es immer unwahrscheinlich oder unwahr vor, daß wir zusammen gehören sollten. Natürlich mußt Du das keinem sagen, denn freundliche Leute sind immer angenehmer – aber so was kann nicht von Dauer sein. Ganz dasselbe Gefühl hatte ich immer mit E. Taylor, seit ich ihn damals kennen lernte; ich fand gestern beim Ordnen meiner Düsseldorfer Briefe einige hoch enthusiastische von ihm vor, und erinnerte mich genau des widerwärtigen Gefühls womit ich sie damals empfangen und gelesen hatte. Ich habs gar zu gern, wenn an den Leuten ein bischen mehr ist, als sie selbst von sich sagen und glauben machen, und die andern haben gerade das Gegentheil gern, oder finden es nothwendig. Da liegt der ganze Grund, glaub ich; aber leider sind so verflucht wenige meiner Meinung. – Daß ich Dir alles dies schreibe, daran wirst Du meine Ohrenschmerzen erkennen, und mein hypochondrisches Wesen – auch bin ich vor diesem ganzen Monat etwas angst und bange – so Gott will kann ich Dir das nächstemal froh und glücklich schreiben und gute Nachricht geben. Meine Schwiegermutter und Schwägerinn sind vor 8 Tagen hier angekommen, die erstere bei uns die andre bei Schuncks wohnend; beide wohl und munter und unverändert. Als mir vor einigen Tagen die Direction des Cölner Musikfestes förmlich angeboten wurde, war ich mancher Gespräche eingedenk, die wir mit einander gehabt haben (nach dem Frühstück etwa) und gab Dir im Herzen Recht, und nahms an d. h. mit einigen Bedingungen, unter denen namentlich einiger Seb. Bach mit vielen Trompeten ist, welchen ich mir dazu von Hauser aus Breslau habe kommen lassen. Der hat mir 10 Musiken zur Auswahl geschickt, und darunter wieder viel Treffliches aber 2 ganz apart schöne Sachen, so daß ich schon im Lesen laut jubelte – ist doch ein alter Prachtkerl gewesen. Wir wollen ihm jetzt hier vor der Thomasschule ein kleines Denkmal aufrichten lassen, aber natürlich ganz unter uns, ohne Zeitungsbetteleien und Concertallmosen und dgl. nur einen Stein, vielleicht mit der Büste, und sein Name oben drauf, und drunter muß stehn „von seinen dankbaren Nachkommen 1838“ Gefällt Dir das nicht gut? Am besten gefällt mirs, daß wir die Sache heimlich und unter uns behalten wollen. Hauser selbst, über den weiß ich nur wenig Erfreuliches; seit Neujahr ist sein Engagement in Breslau vorbei – er hat kein anderes – will auf Reisen gehn um sich eins zu suchen, und ich fürchte es findet sich schwer. Dabei ist ihm das Theater so zuwider, und er hats gar kein Hehl – ich weiß nicht, wie es werden soll. Von den Meinigen erhalte ich lauter gute Nachrichten, und erwarte Paul und vielleicht Mutter im nächsten Monat hier, so Gott will. Auch bei Schuncks und den Berliner Beneckes geht alles wohl (dies für Deptford mit tausend Grüßen) Kommt denn Schlemmer hieher, und wann? – Über all dem Plaudern vergaß ich eine ganz wichtige Geschichte. Vorige Woche erhielt ich per Post ein Packet das 3 rt. und einige Groschen kostete, und einen Englischen Oratorientext: Elias enthielt, den mir ein Mr. Charles Greville, (18 Vineyards, Bath, Somersetshire) im Namen des Dichters mit einem curiosen Brief zuschickt. Kennst Du den Mann? oder den Namen des Dichters J. Barry? (ein Pfarrer) ich habe nie von ihnen gehört. Natürlich müßtest Du sub rosa nach ihnen fragen, und an mich schreiben; denn ich möchte doch wissen, wie sie gerade auf den Elias und diese Behandlung davon kommen, die allerdings unserm Entwurf sehr ähnlich sieht. Endlich aber, da die Leute auch in jene herrliche Classe von Geschäftsmenschen gehören, die ihr Schäfchen vor allem ins Trockne bringen, und darüber selbst ins Trocknen gerathen (und in den Schafstall ohnehin) und da sie also besagten Elias bereits schon der Herzoginn von Kent zugeeignet haben, und großen Lärm von besagtem Elias schlagen werden, sobald ich nicht darauf eingehe, und da alsdann doch Neukomm oder sonst ein andrer die Sache geschwind componirt und bekannt macht – (Du siehst den Nachsatz schon herbeikömmen) so bitte ich Dich um 2erlei 1. ) mach mir unsern Plan gleich zu Versen und schick ihn mir brühwarm (Du kannst Prosa aus der Bibel hineinnehmen und was Du willst) damit ich brühwarm componiren kann 2) schick mir in jedem Fall, ob Du nun meine Bitte no. 1 erfüllen magst oder nicht, unsern Plan oder Entwurf wie wir ihn damals machten (mit allen Bemerkungen) in Abschrift, und schreib mir dazu. Von Moscheles’ habe ich einen schönen Brief, für den ich Dich vorläufig in meinem Namen zu danken bitte. Täglich will ich das Stück für Miss Joanna componiren, und täglich komme ich nicht dazu, und Cécile will ebenso an Fanny Horsley schreiben – o bitte einstweilen nur um Nachsicht. Nun noch Céciles herzliche Grüße an Dich – schreib bald und viel – auf frohes Wiedersehn.
Dein Felix.          
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Januar.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Klingemann, Briefwechsel, S. 227-229.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-01-09" xml:id="date_9bf8b75c-36e0-4562-9c04-3647919cdb70">9. Januar 1838</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_6a73a730-f135-4ff8-bfce-b264b9200134">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_41aa7824-b6c6-4bb3-ad0d-2876d727866f"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0112434" resp="receiver" xml:id="persName_453b01b8-bb66-436c-8448-8663c59aaaf7">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_d7eed916-ef6e-4d3d-84a2-646b9a6570b2"> <settlement key="STM0100126">London</settlement> <country>Großbritannien</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_1ef46a5c-22e5-4be3-a4b6-4a9ec9cd0e74"> <head> <address> <addrLine>C. Klingemann Esqure.</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">London</hi></addrLine> <addrLine>no. 4 Hobart Place, Eaton Sqre</addrLine> <addrLine>Pimlico.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_0cb0dd01-5b0c-4db5-9ea1-987c444e6bf5"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Leipzig d. <date cert="high" when="1838-01-09" xml:id="date_7e68991d-7ed6-4894-940f-ac39877129e1">9<hi rend="superscript">ten</hi> Jan. 1838</date></dateline><salute rend="left">Lieber Freund</salute><p style="paragraph_without_indent">Prost Neujahr vorauf; ein glückliches, frohes Jahr mit der Erfüllung Deiner besten Wünsche mög angefangen haben. Dein lieber Brief kam zum Schluß des vorigen an, und ich danke Dir, daß Du nicht schiltst, sondern milde bist, und doch machst Du es mir nicht ganz recht, daß Du mir soviel Gründe angiebst, warum und weswegen Du das oder jenes thust oder nicht thust, warum ich Dich gebeten hatte; mir gnügt es, wenn Du sagst, so ists, und so mach ichs, auch ohne alle Gründe. Aber recht von Herzen wünsche ich, daß das Provisorische Deines dortigen Lebens endlich aufhören möge, ich warte sehnlich auf solche Nachricht von Dir. Hier bei mir ist alles wohl und munter, bis auf mich selbst, der ich seit 14 Tagen ein wenig und seit 6 Tagen sehr stark an meinen Ohren leide, was mich mehr herunterbringt und verstimmt, als solche Kleinigkeit sollte. Vielleicht kommt es nur von der strengen Kälte her, die wir haben und die ich nicht vertragen kann, aber das Unangenehme dabei ist das Musikmachen, das hier den Winter über nicht abreißt, (gestern noch war das AbschiedsConcert der <persName xml:id="persName_407ad763-e5aa-45ba-9e99-0046dceb9aa4">Novello<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName>, die nun nach Berlin gehn will, und wo ich wieder den ganzen Abend bei den bösesten Schmerzen dirigiren und spielen mußte) da ist nun mein linkes Ohr, wie dick zugestopft und ich höre das Orchester nur ganz gedämpft und leise und da ist das Dirigiren eine Pein, und ich kann mich immer des Gedankens nicht erwehren, was ich anfangen soll, wenn ich taub würde, worüber mich freilich der <persName xml:id="persName_bace8061-f5be-4200-9d31-b974f540f87d">Arzt<name key="PSN0110406" style="hidden">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName> auslacht, und sagt es sei ein versteckter Schnupfen. Heut und morgen soll ich nun das Zimmer, theilweise das Bett hüten – wie gesagt, es verstimmt mich sehr, verzeih drum daß ich so ausführlich darüber schreibe. Besagtes AbschiedsConcert enthielt gestern alles, was Leipzig von Enthusiasmus aufbieten (muster würdet Ihr sagen) kann; sie applaudirten vor Anfang des Concertes schon, als die <persName xml:id="persName_eeaa155f-57b6-47f0-9bce-0076741f047a">Novello<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> in den Saal kam; ihr Platz war mit Kränzen behängt, am Schlusse flogen rosenrothe Gedichte aus den Logen, worin sie (sonderbarerweise) mit einer Nachtigall verglichen war, des Klatschens und Rufens und Abschiedsnehmens und Händeschüttelns war kein Maaß und Ziel. Sie ist hier ein allgemeiner Liebling geworden, hat auch mir in unsern <placeName xml:id="placeName_e99bbce4-f60a-4485-bc69-d288ebb0471e">Concerten<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> oft wahre Freude gemacht durch ihr frisches und musikalisches Singen, ich kann auch gegen keinen von der <persName xml:id="persName_e4537aa0-36c6-4f8d-9106-8c103303dc48">Familie<name key="PSN0113620" style="hidden">Novello, Familie von → Vincent N.</name></persName> was sagen – und doch ist es curios, seit ich sie vor 8 Jahren kennen lernte, habe ich eine gewisse innre Abneigung gegen all ihr Thun und Lassen, das ich mir nicht immer erklären kann, das mich aber niemals verläßt. Das Lithographiren meines Briefes an den <persName xml:id="persName_c58702e2-e90d-4e9d-812f-4c3c81a2d5de">Londoner<name key="PSN0113624" style="hidden">Novello, Joseph Alfred (1810-1896)</name></persName>, all die geschäftsmäßige Kälte womit die Leute sich durchs Leben rechnen, – alles das macht <persName xml:id="persName_d77efc27-ab3f-46c1-8b50-642878aa8627">sie<name key="PSN0113620" style="hidden">Novello, Familie von → Vincent N.</name></persName> eigentlich zu meiner Gegenpartei, und mir kommt es immer unwahrscheinlich oder unwahr vor, daß wir zusammen gehören sollten. Natürlich mußt Du das keinem sagen, denn freundliche Leute sind immer angenehmer – aber so was kann nicht von Dauer sein. Ganz dasselbe Gefühl hatte ich immer mit <persName xml:id="persName_28bd06e2-ad74-432b-aeeb-e0f54d54f8c2">E. Taylor<name key="PSN0115268" style="hidden">Taylor, Edward (1784-1863)</name></persName>, seit ich ihn damals kennen lernte; ich fand gestern beim Ordnen meiner Düsseldorfer Briefe einige hoch enthusiastische von ihm vor, und erinnerte mich genau des widerwärtigen Gefühls womit ich sie damals empfangen und gelesen hatte. Ich habs gar zu gern, wenn an den Leuten ein bischen mehr ist, als sie selbst von sich sagen und glauben machen, und die andern haben gerade das Gegentheil gern, oder finden es nothwendig. Da liegt der ganze Grund, glaub ich; aber leider sind so verflucht wenige meiner Meinung. – Daß ich Dir alles dies schreibe, daran wirst Du meine Ohrenschmerzen erkennen, und mein hypochondrisches Wesen – auch bin ich vor diesem ganzen Monat etwas angst und bange – so Gott will kann ich Dir das nächstemal froh und glücklich schreiben und gute Nachricht geben. <persName xml:id="persName_18e5c31c-c3a7-4f0c-baac-4e36e7b4cc97">Meine Schwiegermutter<name key="PSN0112228" style="hidden">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871)</name></persName> und <persName xml:id="persName_bf41b13b-38ff-461a-9ebd-be06923e3aaf">Schwägerinn<name key="PSN0112232" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816-1875)</name></persName> sind vor 8 Tagen hier angekommen, die erstere bei uns die andre bei <persName xml:id="persName_8e36e145-6b1e-4f90-8bfe-322b9ce4b896">Schuncks<name key="PSN0114759" style="hidden">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName> wohnend; beide wohl und munter und unverändert. Als mir vor einigen Tagen die <placeName xml:id="placeName_9253687e-98b4-4fd9-b4d7-ed6b2176a958">Direction des Cölner Musikfestes<name key="NST0100548" style="hidden" subtype="" type="institution">20. Niederrheinisches Musikfest (1838)</name><settlement key="STM0100107" style="hidden" type="">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> förmlich angeboten wurde, war ich mancher Gespräche eingedenk, die wir mit einander gehabt haben (nach dem Frühstück etwa) und gab Dir im Herzen Recht, und nahms an d. h. mit einigen Bedingungen, unter denen namentlich einiger <persName xml:id="persName_3c6ba388-e4b5-4cea-bc78-52056eab4775">Seb. Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> mit vielen Trompeten ist, welchen ich mir dazu von <persName xml:id="persName_45cecb5d-e3e7-45cc-ba0d-6d630c7a4f5e">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> aus Breslau habe kommen lassen. Der hat mir <title xml:id="title_e13fe1ab-2850-493e-a4d3-e1af5e44f881">10 Musiken<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name></title> zur Auswahl geschickt, und darunter wieder viel Treffliches aber 2 ganz apart schöne Sachen, so daß ich schon im Lesen laut jubelte – ist doch <persName xml:id="persName_b79bf0cf-2d4b-4c47-a16c-8dc83110a5f5">ein alter Prachtkerl<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> gewesen. Wir wollen ihm jetzt hier vor der Thomasschule ein <placeName xml:id="placeName_64e070bb-881e-4e76-930d-f0d5addf02b5">kleines Denkmal<name key="SGH0100550" style="hidden" subtype="" type="sight">Altes Bachdenkmal</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> aufrichten lassen, aber natürlich ganz unter uns, ohne Zeitungsbetteleien und Concertallmosen und dgl. nur einen Stein, vielleicht <persName xml:id="persName_93f71fa9-4ce5-4706-b921-b1fdf9242445">mit der Büste, und sein Name<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> oben drauf, und drunter muß stehn „von seinen dankbaren Nachkommen 1838“ Gefällt Dir das nicht gut? Am besten gefällt mirs, daß wir die Sache heimlich und unter uns behalten wollen. <persName xml:id="persName_8593ae08-2cc0-4b02-b6cc-b7fc4263c6e3">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> selbst, über den weiß ich nur wenig Erfreuliches; seit Neujahr ist sein Engagement in Breslau vorbei – er hat kein anderes – will auf Reisen gehn um sich eins zu suchen, und ich fürchte es findet sich schwer. Dabei ist ihm das Theater so zuwider, und <title xml:id="title_3d94df2b-e217-4396-a5e9-bcd57bb278f6">er hats gar kein Hehl<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110667" style="hidden" type="dramatic_work">Die Piccolomini</name></title> – ich weiß nicht, wie es werden soll. Von den Meinigen erhalte ich lauter gute Nachrichten, und erwarte <persName xml:id="persName_c884746f-88ef-4162-881e-9a33548332c4">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> und vielleicht <persName xml:id="persName_603d5c96-ab5f-4c69-b823-67e539e3adf0">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> im nächsten Monat hier, so Gott will. Auch bei <persName xml:id="persName_7e04a301-0c08-46eb-a925-82b9de1ca99a">Schuncks<name key="PSN0114759" style="hidden">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName> und den <persName xml:id="persName_4588a673-746b-40c6-9148-bd471cb36ea9">Berliner Beneckes<name key="PSN0109823" style="hidden">Benecke, Emmeline (1813-1877)</name><name key="PSN0109835" style="hidden">Benecke, Victor (1809-1853)</name></persName> geht alles wohl (dies für <persName xml:id="persName_25ec9336-a2f1-4fb3-99a4-cf7527afe05d">Deptford<name key="PSN0109818" style="hidden">Benecke, Familie von → Friedrich Wilhelm B.</name></persName> mit tausend Grüßen) Kommt denn <persName xml:id="persName_44b7bade-fbb6-47d5-ab29-78476cf3e006">Schlemmer<name key="PSN0114573" style="hidden">Schlemmer, Johann Friedrich (Fritz) Philipp Middleton (1803-1890)</name></persName> hieher, und wann? – Über all dem Plaudern vergaß ich eine ganz wichtige Geschichte. Vorige Woche erhielt ich per Post ein Packet das 3 rt. und einige Groschen kostete, und einen <title xml:id="title_c1555ff1-49c4-4167-aea2-906860ce123d">Englischen Oratorientext: Elias<name key="PSN0109671" style="hidden" type="author">Barry, James (1806-1849)</name><name key="CRT0107942" style="hidden" type="literature">Elijah, or the Baalim in Israel</name></title> enthielt, den mir ein <persName xml:id="persName_6dbfcf35-f6fc-4722-833d-6dfa6202650c">Mr. Charles Greville<name key="PSN0111531" style="hidden">Greville, Charles (1762-1832)</name></persName>, (18 Vineyards, Bath, Somersetshire) im Namen des Dichters mit einem curiosen Brief zuschickt. Kennst Du den Mann? oder den Namen des <persName xml:id="persName_4bc50e6b-33aa-4ef5-9dd4-7c86f4dfba52">Dichters J. Barry<name key="PSN0109671" style="hidden">Barry, James (1806-1849)</name></persName>? (ein Pfarrer) ich habe nie von ihnen gehört. Natürlich müßtest Du <hi rend="underline">sub rosa</hi> nach ihnen fragen, und an mich schreiben; denn ich möchte doch wissen, wie sie gerade auf den Elias und diese Behandlung davon kommen, die allerdings <title xml:id="title_ecc17f83-df05-4b6b-bb3e-c33d8a198747">unserm<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name><name key="CRT0109517" style="hidden" type="literature">Elias (Libretto)</name></title> <title xml:id="title_b9cfc20f-0555-4413-8683-89ef3ac1e3f7">Entwurf<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_eixxkwy9-74aq-cfcy-s43f-6wqivxkbhpzq"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100125" style="hidden">Elias / Elijah, Ein Oratorium nach Worten des Alten Testaments für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [hauptsächlich 1845] bis 11. August 1846; Revision bis April 1847<idno type="MWV">A 25</idno><idno type="op">70</idno></name></title> sehr ähnlich sieht. Endlich aber, da die Leute auch in jene herrliche Classe von Geschäftsmenschen gehören, die ihr Schäfchen vor allem ins Trockne bringen, und darüber selbst ins Trocknen gerathen (und in den Schafstall ohnehin) und da sie also besagten Elias bereits schon der <persName xml:id="persName_31d13e13-fa3a-4842-afda-4cee9928de82">Herzoginn von Kent<name key="PSN0112354" style="hidden">Kent, Marie (Mary) Louise Victoria Duchess of (1786-1861)</name></persName> zugeeignet haben, und großen Lärm von besagtem <title xml:id="title_820bda43-00c7-431e-bf84-bb348ebb724c">Elias<name key="PSN0109671" style="hidden" type="author">Barry, James (1806-1849)</name><name key="CRT0107942" style="hidden" type="literature">Elijah, or the Baalim in Israel</name></title> schlagen werden, sobald ich nicht darauf eingehe, und da alsdann doch <persName xml:id="persName_7fa7c116-58e7-4c94-a2ac-bdc72f712fb7">Neukomm<name key="PSN0113580" style="hidden">Neukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778-1858)</name></persName> oder sonst ein andrer die Sache geschwind componirt und bekannt macht – (Du siehst den Nachsatz schon herbeikömmen) so bitte ich Dich um 2erlei 1.) mach mir unsern Plan gleich zu Versen und schick ihn mir brühwarm (Du kannst Prosa aus der Bibel hineinnehmen und was Du willst) damit ich brühwarm componiren kann 2) schick mir in jedem Fall, ob Du nun meine Bitte no. 1 erfüllen magst oder nicht, unsern <title xml:id="title_7b5e994e-38e9-4085-8fbf-55281683efcc">Plan<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ezx7u1oa-xzyi-9u9j-pc5k-dkrhk8qrha3g"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100125" style="hidden">Elias / Elijah, Ein Oratorium nach Worten des Alten Testaments für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [hauptsächlich 1845] bis 11. August 1846; Revision bis April 1847<idno type="MWV">A 25</idno><idno type="op">70</idno></name></title> oder <title xml:id="title_b8aefe13-c768-4a9e-bdb5-fcc2db104d2d">Entwurf<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name><name key="CRT0109517" style="hidden" type="literature">Elias (Libretto)</name></title> wie wir ihn damals machten (mit allen Bemerkungen) in Abschrift, und schreib mir dazu. Von <persName xml:id="persName_3ec24507-8973-4e40-9d73-5bc117e387dd">Moscheles’<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> habe ich einen schönen Brief, für den ich Dich vorläufig in meinem Namen zu danken bitte. Täglich will ich das Stück für <persName xml:id="persName_836a40b6-2ce7-470e-bf8e-9d96756739b5">Miss Joanna<name key="PSN0109428" style="hidden">Alexander, Anna-Joanna (1793-1859)</name></persName> componiren, und täglich komme ich nicht dazu, und <persName xml:id="persName_afb239dc-dbe0-4171-a4bf-01669fb1bd2f">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> will ebenso an <persName xml:id="persName_0a569a50-2183-48ee-93a6-4f39bd6c1dd0">Fanny Horsley<name key="PSN0112105" style="hidden">Horsley, Frances Arabella (Fanny) → Thompson (1815-1849)</name></persName> schreiben – o bitte einstweilen nur um Nachsicht. Nun noch <persName xml:id="persName_f8f2fdab-4854-4ef8-81e3-306fe9691771">Céciles<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> <seg type="closer" xml:id="seg_34381cca-10cc-42e2-9dc0-5a80a54eee5e">herzliche Grüße an Dich – schreib bald und viel – auf frohes Wiedersehn.</seg></p><signed rend="right">Dein Felix.</signed></div></body> </text></TEI>