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fmb-1837-11-13-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin<lb></lb>Leipzig, 12. und 13. November 1837 Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 5, 1765

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. IVb/23 (342). Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 12. und 13. November 1837 Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen

6 beschr. S.; Adresse von Felix Mendelssohn Bartholdys Hand, mehrere Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy, Cécile Mendelssohn Bartholdy

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

12. und 13. November 1837 Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853) Leipzig Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Berlin Deutschland deutsch
An Mme. Mme. Mendelssohn Bartholdy Berlin Leipziger Straße no. 3.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig d. 12 Nov. 1837. Liebe Mutter

Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen mit den sehr wohlbehaltnen Confitüren und zeigte, daß Du uns nicht böse warst, und gestern Dein lieber Brief, der die Bitte, die ich Dir thun wollte, schon erfüllt. Es bleibt mir nun wieder nur, Dir für Alles zu danken, und um recht oftmalige, ausführliche Nachricht zu bitten; Du erfreust uns beide gar zu sehr dadurch; ein solcher Brief wird von uns den ganzen Tag über gelesen und wiedergelesen, CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) holt ihn sich aus meinem Schreibtisch und ich ihn mir aus ihrem Nähkörbchen. Für die Süßigkeiten dankt Dir mein Leckermaul besonders; es ist, wie gesagt, nichts daran beschädigt gewesen, und gestern Mittag sind wir zum erstenmal darüber hergefallen, über die Johannisbeeren. Wie nett die CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Wirthschaft führt, und wie wohl mirs in meiner eignen Behausung thut, das hab ich mir kaum so gedacht. Stell Dir vor, daß wir vorgestern sogar gezwungen waren, eine Gesellschaft von einigen 30 Personen in unsern 2 kleinen ZimmernReichels GartenLeipzigDeutschland zu geben, – und daß durch CécilesMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Weisheit alles vortrefflich ablief, alle Menschen satt wurden, was mir unbegreiflich bleibt. Eines Morgens kam nämlich urplötzlich ein langer, alter Engländer mit einer jungen Dame ins Zimmer, und ich erkannte ihn wie gewöhnlich nicht gleich, und es war KembleKemble, Charles (1775-1854) mit seiner TochterKemble, Adelaide (?-1879), nicht der berühmten FannyButler, Frances Anne (Fanny) (1809-1893), sondern ihrer SchwesterKemble, Adelaide (?-1879) einer auch schon berühmten Sängerinn. Im Nebenzimmer, wo das Clavier stand war es kalt, aber das half nichts, sieKemble, Adelaide (?-1879) setzte sich früh morgens an die eiskalten Tasten und sang uns wohl eine Stunde lang vor, mit einer Leidenschaftlichkeit und Wuth und Glut, wie man sie wirklich nur in dieser merkwürdigen FamilieKemble, Familie von → Charles K. trifft. Obwohl ihre Stimme nicht ausgezeichnet, und ihre Ausbildung viel zu wünschen läßt, so daß man sie eigentlich nur eine DilettantinnKemble, Adelaide (?-1879) nennen möchte, so ist doch die ganze Erscheinung eine der interessantesten, die man sehn kann. Da nun die NovelloNovello, Clara Anastasia (1818-1908) hier solch ein furore gemacht hatte, so forderte ich sie auf, sich auch hier hören zu lassen, der VaterNovello, Vincent (1781-1861) schlugs aber ab, sagte er könne nur einen Tag bleiben, und wenn ich sie bei mir singen lassen wollte, das würde sie thun, so oft ich verlangte, denn deswegen seien sie her gekommen. Obwohl also Dinstag Abend Messiasprobe<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name> war, so lud ich doch in der Eile etwa 10-12 Musikfreunde zu nachher ein, und nahm die KemblesKemble, Charles (1775-1854)Kemble, Adelaide (?-1879) mit in die Probe, wo aber die AdelaideKemble, Adelaide (?-1879) solch entsetzliche Zahnschmerzen bekam, daß sie fortgehn mußte, und nachher nicht zu mir kam, so daß die eingeladenen Menschen, bei meiner ersten Gesellschaft, sehr getäuscht wurden. Zum Glück war denselben Tag mein Rheinwein angezapft worden – der machte alles wieder gut – mein Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ln8yxzp9-xkwg-bnug-tzvo-tjw50k5gtsx1"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name> wurde ex tempore von Blatt gesungen, Mme. HarkortHarkort, Auguste (Augusta) (1794-1857) und CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) ersten Sopran, Mme. SchleinitzSchleinitz, Juliane Constanze (1807-1852) und JulieSchunck, Julie (1819-1899) zweiten, ich Alt, SchleinitzSchleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881) und KistnerKistner, Carl Friedrich (1797-1844) Tenor, DavidDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873) und LimburgerLimburger, Jacob Bernhard (1770-1847) Baß, wir verführten ein mörderliches Gebrüll – indeß der Rheinwein machte alles wieder gut, wie gesagt – ich wollte HenselHensel, Wilhelm (1794-1861) hätte ihn gekostet, Herr SchunckSchunck, Friedrich Philipp Daniel (1776-1843) (in dessen Keller er liegt) spricht noch alle Tage davon. Das alles ist aber erst die Vorgeschichte oder Einleitung zu der würklichen Gesellschaft (Du siehst, daß ich gründlich bin) denn KemblesKemble, Charles (1775-1854)Kemble, Adelaide (?-1879) konnten wegen besagter Zahnschmerzen nicht reisen, sie mußte sich den Zahn ein Paar Tage drauf ausziehn lassen, und bot mirs drauf noch einmal an, bei mir zu singen. Ganz Leipzig hatte von der vorigen soirée gehört, ganz Leipzig sprach von der KembleKemble, Adelaide (?-1879), also mußte ich halb Leipzig einladen, einige 30 Personen wie gesagt. Das Schönste war, daß der alte KembleKemble, Charles (1775-1854) auf mein Bitten seinen ShakespeareShakespeare, William (1564-1616) mitbrachte, und den ersten Act von Hamlet<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564-1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name> so wundervoll vorlas, indem er die Stellen seiner ehemaligen Rolle auswendig und mit seinem Hamletsgesicht recitirte, daß alle Menschen außer sich waren, und ich gestehe, daß mich nicht leicht etwas so gerührt und erfreut hat, wie diese herrliche Vorlesung, die reine durchgebildete Sprache, das innige Verständniß, und die Macht über die Gemüther mit der der alte diese Worte sprach. Zum Schluß sprach er noch den Monolog to be or not to be<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564-1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name> auswendig und ganz bewundernswürdig. Nun, und außerdem sang die TochterKemble, Adelaide (?-1879) 6 mal, und ich spielte, und die NovelloNovello, Clara Anastasia (1818-1908) sang eine Arie, und wir aßen schrecklich viel zu Abend, und tranken wieder vom bewußten Rheinwein, und um 1 2 1 gingen die Leute fort und schworen es sei der herrlichste Abend gewesen, und um 9 den andern Morgen schlief CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) noch fest, und wachte dann so frisch auf, als sei nichts gewesen. Am folgenden Tag kam Dem. MöllingerMöllinger, Marie, eine Berliner Sängerinn mir von RöselRösel, Gottlob Samuel (1769-1843) sehr empfohlen, die konnte ich nun leider nicht mehr einladen. Hierauf kam Franz SavignySavigny, Franz Carl Georg von (1808-1852) und blieb so lange und sprach so sehr viel, daß ich fast die Geduld verlor; gestern als ich noch im Bett lag ließ sich schon Hr. MatthiasMatthias, Gustav Emil Ferdinand aus Danzig nebst FrauMatthias, Frau anmelden; es ist zuweilen zum Davonlaufen vor Fremden. An fremden Virtuosen haben wir jetzt zwei KammermusikerKummer, Friedrich August (1797-1879)Kotte, Johann Gottlieb (1797-1857) aus Dresden, VieuxtempsVieuxtemps, Henry François Joseph (1820-1881) aus Brüssel, (einen vortrefflichen Geigenspieler) und Hrn. Kap.Mstr TaeglichsbeckTäglichsbeck (Taeglichsbeck), Thomas (1799-1867), Intendanten des Fürsten v. Hohenzollern HechingenHohenzollern-Hechingen, Friedrich Wilhelm Konstantin Hermann Thassilo Prinz von (1801-1869), und wieder sind 3 neue gemeldet, und Donnerstag soll der Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name> erst vom Stapel laufen, der auch nicht wenig Scheererei macht, und zu dem heut Nachmittag die erste Kirchenprobe ist, Abends ist VieuxtempsVieuxtemps, Henry François Joseph (1820-1881) Concert, das ich dirigiren muß, und heut früh habe ich schon 2 kleine Soloproben zum Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name> gemacht. 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April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> im Januar gehts curios; von vielen Seiten fragen mich die Leute, ob ich auch die Einladung annehmen würde, sogar gedruckt ists, habe ich gehört, daß ich dirigiren sollte, aber an mich hat kein Mensch deshalb geschrieben, und es wäre auch zu nichts, da ich im Januar hier beim besten Willen nicht abkommen könnte, indem 4 Abonnements- und mehrere Extra ConcerteGewandhausLeipzigDeutschland in dem Monat sind – und doch ist das der geringste Grund, der mich den Januar über zu Hause hält. – Du schreibst, liebe Mutter, wir sollten Wunschzettel für Weihnachten schicken, aber wie wäre das ohne große Unverschämtheit möglich, nach all den schönen Sachen, die Du, und ihr alle uns eben geschenkt habt? Das Porzellan der SchwesternHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) mit dem Brett ist mir gewiß viel lieber, als eine Decke gewesen wäre, denn so schönes Geschirr hätten wir uns noch lange nicht angeschafft, und auch nicht anschaffen können, da hier so etwas nicht zu haben ist – aber Fußdecken giebt es ganz hübsch hier, und ich habe für unsre 2 Wohnzimmer recht schöne gekauft, und auch ein paar dicke, warme, wohlfeile für Schlafzimmer und dgl. CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) von derem Befinden Du genaue Nachricht haben willst, ist Gottlob im Allgemeinen so gesund und wohl, wie man es nur wünschen und hoffen kann, nur hat sie zuweilen noch die Gähnstunden, deren FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) vielleicht gedacht hat, und die mich dann immer doch ein wenig ängstigen und betrüben, weil sie selbst betrübt dabei wird und weinen muß. Wenn Gott will kommen wir gewiß Dich zu besuchen, liebe Mutter, da es unser sehnlicher Wunsch ist; ich hatte nur gedacht Du würdest vielleicht im Winter, wo CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) nicht reisen kann, einen so schönen Ausflug machen, wie im vorigen Jahr; aber freilich darf ich nicht zureden, und wenn Gott will hoffen wir, wie gesagt, bestimmt zu Dir zu kommen, ich möge nun im Frühjahr an den Rhein müssen, oder nicht – denn wahrscheinlich werde ich schon eine Woche oder zwei vor Ostern hier fertig sein, und daß ich die freie Zeit zu nichts Lieberem benutzen kann, das weißt Du. Ich schicke Dir in den nächsten Tagen ein Paar Briefe an HolteiHoltei, Karl Eduard von (1798-1880) und BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) um deren Besorgung ich Dich bitten werde. Der letztere hat mich neulich durch seinen Besuch sehr angenehm überrascht. Und nun lebwohl für heut, liebe Mutter, CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) schreibt an FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) und grüßt deswegen durch mich; lebwohl und schreib uns bald wieder und erfreue uns dadurch, wie es jeder Deiner Briefe für lange Zeit thut. Auf frohes Wiedersehn.

Dein Felix.
Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853) Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853)

Dieß Plätzchen ist zu einladend, liebe Mutter, als daß ich es unbenutzt sollte zu Dir wandern lassen, und wieder füll’ ich es mit Dank für Deine Gaben an die unsre Gaumen und Augen so sehr erfreuten durch Farbe und Wohlgeschmack. Es ist eine Sache deren meine Wirthschaft ganz entblößt war, und zu der ich wohl auch selten gelangen werde, da wir meist im Sommer nicht zu Hause sind. Ich bin überhaupt ganz von Deinen Geschenken versor[gt] und kann Felix Kindergelüsten recht befriedig[en.] Du bist gar zu gut, liebe Mutter, bleib es nur immer Deiner Cécile

            Leipzig d. 12 Nov. 1837. Liebe Mutter
Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen mit den sehr wohlbehaltnen Confitüren und zeigte, daß Du uns nicht böse warst, und gestern Dein lieber Brief, der die Bitte, die ich Dir thun wollte, schon erfüllt. Es bleibt mir nun wieder nur, Dir für Alles zu danken, und um recht oftmalige, ausführliche Nachricht zu bitten; Du erfreust uns beide gar zu sehr dadurch; ein solcher Brief wird von uns den ganzen Tag über gelesen und wiedergelesen, Cécile holt ihn sich aus meinem Schreibtisch und ich ihn mir aus ihrem Nähkörbchen. Für die Süßigkeiten dankt Dir mein Leckermaul besonders; es ist, wie gesagt, nichts daran beschädigt gewesen, und gestern Mittag sind wir zum erstenmal darüber hergefallen, über die Johannisbeeren. Wie nett die Cécile Wirthschaft führt, und wie wohl mirs in meiner eignen Behausung thut, das hab ich mir kaum so gedacht. Stell Dir vor, daß wir vorgestern sogar gezwungen waren, eine Gesellschaft von einigen 30 Personen in unsern 2 kleinen Zimmern zu geben, – und daß durch Céciles Weisheit alles vortrefflich ablief, alle Menschen satt wurden, was mir unbegreiflich bleibt. Eines Morgens kam nämlich urplötzlich ein langer, alter Engländer mit einer jungen Dame ins Zimmer, und ich erkannte ihn wie gewöhnlich nicht gleich, und es war Kemble mit seiner Tochter, nicht der berühmten Fanny, sondern ihrer Schwester einer auch schon berühmten Sängerinn. Im Nebenzimmer, wo das Clavier stand war es kalt, aber das half nichts, sie setzte sich früh morgens an die eiskalten Tasten und sang uns wohl eine Stunde lang vor, mit einer Leidenschaftlichkeit und Wuth und Glut, wie man sie wirklich nur in dieser merkwürdigen Familie trifft. Obwohl ihre Stimme nicht ausgezeichnet, und ihre Ausbildung viel zu wünschen läßt, so daß man sie eigentlich nur eine Dilettantinn nennen möchte, so ist doch die ganze Erscheinung eine der interessantesten, die man sehn kann. Da nun die Novello hier solch ein furore gemacht hatte, so forderte ich sie auf, sich auch hier hören zu lassen, der Vater schlugs aber ab, sagte er könne nur einen Tag bleiben, und wenn ich sie bei mir singen lassen wollte, das würde sie thun, so oft ich verlangte, denn deswegen seien sie her gekommen. Obwohl also Dinstag Abend Messiasprobe war, so lud ich doch in der Eile etwa 10-12 Musikfreunde zu nachher ein, und nahm die Kembles mit in die Probe, wo aber die Adelaide solch entsetzliche Zahnschmerzen bekam, daß sie fortgehn mußte, und nachher nicht zu mir kam, so daß die eingeladenen Menschen, bei meiner ersten Gesellschaft, sehr getäuscht wurden. Zum Glück war denselben Tag mein Rheinwein angezapft worden – der machte alles wieder gut – mein Psalm wurde ex tempore von Blatt gesungen, Mme. Harkort und Cécile ersten Sopran, Mme. Schleinitz und Julie zweiten, ich Alt, Schleinitz und Kistner Tenor, David und Limburger Baß, wir verführten ein mörderliches Gebrüll – indeß der Rheinwein machte alles wieder gut, wie gesagt – ich wollte Hensel hätte ihn gekostet, Herr Schunck (in dessen Keller er liegt) spricht noch alle Tage davon. Das alles ist aber erst die Vorgeschichte oder Einleitung zu der würklichen Gesellschaft (Du siehst, daß ich gründlich bin) denn Kembles konnten wegen besagter Zahnschmerzen nicht reisen, sie mußte sich den Zahn ein Paar Tage drauf ausziehn lassen, und bot mirs drauf noch einmal an, bei mir zu singen. Ganz Leipzig hatte von der vorigen soirée gehört, ganz Leipzig sprach von der Kemble, also mußte ich halb Leipzig einladen, einige 30 Personen wie gesagt. Das Schönste war, daß der alte Kemble auf mein Bitten seinen Shakespeare mitbrachte, und den ersten Act von Hamlet so wundervoll vorlas, indem er die Stellen seiner ehemaligen Rolle auswendig und mit seinem Hamletsgesicht recitirte, daß alle Menschen außer sich waren, und ich gestehe, daß mich nicht leicht etwas so gerührt und erfreut hat, wie diese herrliche Vorlesung, die reine durchgebildete Sprache, das innige Verständniß, und die Macht über die Gemüther mit der der alte diese Worte sprach. Zum Schluß sprach er noch den Monolog to be or not to be auswendig und ganz bewundernswürdig. Nun, und außerdem sang die Tochter 6 mal, und ich spielte, und die Novello sang eine Arie, und wir aßen schrecklich viel zu Abend, und tranken wieder vom bewußten Rheinwein, und um 1 2 1 gingen die Leute fort und schworen es sei der herrlichste Abend gewesen, und um 9 den andern Morgen schlief Cécile noch fest, und wachte dann so frisch auf, als sei nichts gewesen. Am folgenden Tag kam Dem. Möllinger, eine Berliner Sängerinn mir von Rösel sehr empfohlen, die konnte ich nun leider nicht mehr einladen. Hierauf kam Franz Savigny und blieb so lange und sprach so sehr viel, daß ich fast die Geduld verlor; gestern als ich noch im Bett lag ließ sich schon Hr. Matthias aus Danzig nebst Frau anmelden; es ist zuweilen zum Davonlaufen vor Fremden. An fremden Virtuosen haben wir jetzt zwei Kammermusiker aus Dresden, Vieuxtemps aus Brüssel, (einen vortrefflichen Geigenspieler) und Hrn. Kap. Mstr Taeglichsbeck, Intendanten des Fürsten v. Hohenzollern Hechingen, und wieder sind 3 neue gemeldet, und Donnerstag soll der Messias erst vom Stapel laufen, der auch nicht wenig Scheererei macht, und zu dem heut Nachmittag die erste Kirchenprobe ist, Abends ist Vieuxtemps Concert, das ich dirigiren muß, und heut früh habe ich schon 2 kleine Soloproben zum Messias gemacht. So leben wir alle Tage. Dabei mußte ich mein neues Concert durchsehn, das ich für sehr schweres Geld verkauft habe, und das ich los sein will vom Schreibtisch, ich möchte neue Sachen anfangen, aber erst muß der Messias vorbei sein. Mit der Berliner Aufführung meines Paulus im Januar gehts curios; von vielen Seiten fragen mich die Leute, ob ich auch die Einladung annehmen würde, sogar gedruckt ists, habe ich gehört, daß ich dirigiren sollte, aber an mich hat kein Mensch deshalb geschrieben, und es wäre auch zu nichts, da ich im Januar hier beim besten Willen nicht abkommen könnte, indem 4 Abonnements- und mehrere Extra Concerte in dem Monat sind – und doch ist das der geringste Grund, der mich den Januar über zu Hause hält. – Du schreibst, liebe Mutter, wir sollten Wunschzettel für Weihnachten schicken, aber wie wäre das ohne große Unverschämtheit möglich, nach all den schönen Sachen, die Du, und ihr alle uns eben geschenkt habt? Das Porzellan der Schwestern mit dem Brett ist mir gewiß viel lieber, als eine Decke gewesen wäre, denn so schönes Geschirr hätten wir uns noch lange nicht angeschafft, und auch nicht anschaffen können, da hier so etwas nicht zu haben ist – aber Fußdecken giebt es ganz hübsch hier, und ich habe für unsre 2 Wohnzimmer recht schöne gekauft, und auch ein paar dicke, warme, wohlfeile für Schlafzimmer und dgl. Cécile von derem Befinden Du genaue Nachricht haben willst, ist Gottlob im Allgemeinen so gesund und wohl, wie man es nur wünschen und hoffen kann, nur hat sie zuweilen noch die Gähnstunden, deren Fanny vielleicht gedacht hat, und die mich dann immer doch ein wenig ängstigen und betrüben, weil sie selbst betrübt dabei wird und weinen muß. Wenn Gott will kommen wir gewiß Dich zu besuchen, liebe Mutter, da es unser sehnlicher Wunsch ist; ich hatte nur gedacht Du würdest vielleicht im Winter, wo Cécile nicht reisen kann, einen so schönen Ausflug machen, wie im vorigen Jahr; aber freilich darf ich nicht zureden, und wenn Gott will hoffen wir, wie gesagt, bestimmt zu Dir zu kommen, ich möge nun im Frühjahr an den Rhein müssen, oder nicht – denn wahrscheinlich werde ich schon eine Woche oder zwei vor Ostern hier fertig sein, und daß ich die freie Zeit zu nichts Lieberem benutzen kann, das weißt Du. Ich schicke Dir in den nächsten Tagen ein Paar Briefe an Holtei und Bunsen um deren Besorgung ich Dich bitten werde. Der letztere hat mich neulich durch seinen Besuch sehr angenehm überrascht. Und nun lebwohl für heut, liebe Mutter, Cécile schreibt an Fanny und grüßt deswegen durch mich; lebwohl und schreib uns bald wieder und erfreue uns dadurch, wie es jeder Deiner Briefe für lange Zeit thut. Auf frohes Wiedersehn.
Dein
Felix.
Dieß Plätzchen ist zu einladend, liebe Mutter, als daß ich es unbenutzt sollte zu Dir wandern lassen, und wieder füll’ ich es mit Dank für Deine Gaben an die unsre Gaumen und Augen so sehr erfreuten durch Farbe und Wohlgeschmack. Es ist eine Sache deren meine Wirthschaft ganz entblößt war, und zu der ich wohl auch selten gelangen werde, da wir meist im Sommer nicht zu Hause sind. Ich bin überhaupt ganz von Deinen Geschenken versorgt und kann Felix Kindergelüsten recht befriedigen. Du bist gar zu gut, liebe Mutter, bleib es nur immer Deiner Cécile          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1837-11-13-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1837-11-13-01" xml:id="title_08755306-6ae8-461c-8c6e-4adff652bda9">Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin<lb></lb>Leipzig, 12. und 13. November 1837</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_ea632535-a137-4e9e-8932-ca598bb9639c">Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_49c4083d-918a-4bd9-a730-4335bfd012af">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author> <author key="PSN0113252">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0113252" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</persName><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 5, 1765</idno> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_54790d93-c8b2-42a2-8005-ad8e17f605cb"> <msDesc> <msIdentifier> <country>USA</country> <settlement>New York, NY</settlement> <institution key="RISM">US-NYp</institution> <repository>New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division</repository> <collection>*MNY++ Mendelssohn Letters</collection> <idno type="signatur">Vol. IVb/23 (342).</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1837-11-13-01" type="letter" xml:id="title_16642b66-63c0-4df0-aab2-cd481a764fea">Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 12. und 13. November 1837</title> <incipit>Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>6 beschr. S.; Adresse von Felix Mendelssohn Bartholdys Hand, mehrere Poststempel.</p> <handDesc hands="2"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy, Cécile Mendelssohn Bartholdy </p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1837-11-12" xml:id="date_49369184-8645-4f01-8dd3-6224ecffabd9">12.</date> und <date cert="high" when="1837-11-13" xml:id="date_9643eaf9-2602-49b2-92a7-7c4d7e695fb5">13. November 1837</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0113252" resp="author" xml:id="persName_da1cf552-dbb6-4108-b530-8fb0c1da1657">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</persName> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_97d824a1-63a0-449d-bb97-1821ebd43db4">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><persName key="PSN0113252" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_d2d6d830-2f88-4d56-86ba-33b24d2f814a"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113260" resp="receiver" xml:id="persName_94e50f10-fab3-4930-bd82-8e19b8b0503e">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_cd3a63c2-0af8-4afa-91c2-bfc30a1f38f8"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_6cd71bad-089c-495e-98ff-4fdcc8756b0e"> <head> <address> <addrLine>An Mme.</addrLine> <addrLine>Mme. Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">Berlin</hi></addrLine> <addrLine>Leipziger Straße no. 3.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_845de5bd-bfc4-4ac6-89f4-3f36e390613e"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Leipzig d. <date cert="high" when="1837-11-12" xml:id="date_a5f883eb-3ec5-4570-81be-bf6dda35647d">12 Nov. 1837</date>.</dateline> <salute rend="left">Liebe Mutter</salute> <p style="paragraph_without_indent">Ich hatte mir bestimmt vorgenommen Dir in diesen Tagen zu schreiben, Dich wieder um einen Brief zu bitten, und zu fragen ob Du uns böse seist, wegen der langen Pause; da kam vorgestern das Päckchen mit den sehr wohlbehaltnen Confitüren und zeigte, daß Du uns nicht böse warst, und gestern Dein lieber Brief, der die Bitte, die ich Dir thun wollte, schon erfüllt. Es bleibt mir nun wieder nur, Dir für Alles zu danken, und um recht oftmalige, ausführliche Nachricht zu bitten; Du erfreust uns beide gar zu sehr dadurch; ein solcher Brief wird von uns den ganzen Tag über gelesen und wiedergelesen, <persName xml:id="persName_7e86828e-cb82-44ff-ad9f-69ca0479f1c1">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> holt ihn sich aus meinem Schreibtisch und ich ihn mir aus ihrem Nähkörbchen. Für die Süßigkeiten dankt Dir mein Leckermaul besonders; es ist, wie gesagt, nichts daran beschädigt gewesen, und gestern Mittag sind wir zum erstenmal darüber hergefallen, über die Johannisbeeren. Wie nett die <persName xml:id="persName_48788f6f-946e-4b6e-90b1-954ca5b5a242">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> Wirthschaft führt, und wie wohl mirs in meiner eignen Behausung thut, das hab ich mir kaum so gedacht. Stell Dir vor, daß wir vorgestern sogar gezwungen waren, eine Gesellschaft von einigen 30 Personen in unsern <placeName xml:id="placeName_15123eb2-5739-4874-9f0d-7a5e05e6e307">2 kleinen Zimmern<name key="NST0100310" style="hidden" subtype="" type="institution">Reichels Garten</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu geben, – und daß durch <persName xml:id="persName_4b216925-55c8-42d5-9a05-69abe59f55c9">Céciles<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> Weisheit alles vortrefflich ablief, alle Menschen satt wurden, was mir unbegreiflich bleibt. Eines Morgens kam nämlich urplötzlich ein langer, alter Engländer mit einer jungen Dame ins Zimmer, und ich erkannte ihn wie gewöhnlich nicht gleich, und es war <persName xml:id="persName_899dcfb6-14c6-4f15-b2c9-7246caa55cf8">Kemble<name key="PSN0112350" style="hidden">Kemble, Charles (1775-1854)</name></persName> mit <persName xml:id="persName_7a3a44ee-3119-4202-8231-b03df444cb8b">seiner Tochter<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName>, nicht der <persName xml:id="persName_0592a7ad-6970-4ba8-8e43-d92bb8da87ef">berühmten Fanny<name key="PSN0110229" style="hidden">Butler, Frances Anne (Fanny) (1809-1893)</name></persName>, sondern <persName xml:id="persName_65c7b7df-347f-4c1e-966b-db6972c0dad6">ihrer Schwester<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> einer auch schon berühmten Sängerinn. Im Nebenzimmer, wo das Clavier stand war es kalt, aber das half nichts, <persName xml:id="persName_14d96250-5eca-4c09-a616-dd2d8a3053dd">sie<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> setzte sich früh morgens an die eiskalten Tasten und sang uns wohl eine Stunde lang vor, mit einer Leidenschaftlichkeit und Wuth und Glut, wie man sie wirklich nur in dieser <persName xml:id="persName_ec3ced55-7ed5-4221-b0a5-4fa22cea4773">merkwürdigen Familie<name key="PSN0112348" style="hidden">Kemble, Familie von → Charles K.</name></persName> trifft. Obwohl ihre Stimme nicht ausgezeichnet, und ihre Ausbildung viel zu wünschen läßt, so daß man sie eigentlich nur eine <persName xml:id="persName_78b69792-f370-49d8-91d1-90b64efd8c76">Dilettantinn<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> nennen möchte, so ist doch die ganze Erscheinung eine der interessantesten, die man sehn kann. Da nun die <persName xml:id="persName_daf5762c-d61b-49b0-88bd-d3402ade54d7">Novello<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> hier solch ein furore gemacht hatte, so forderte ich sie auf, sich auch hier hören zu lassen, der <persName xml:id="persName_6cb16f83-a044-4ef9-a9ff-7378f2574073">Vater<name key="PSN0113627" style="hidden">Novello, Vincent (1781-1861)</name></persName> schlugs aber ab, sagte er könne nur einen Tag bleiben, und wenn ich sie bei mir singen lassen wollte, das würde sie thun, so oft ich verlangte, denn deswegen seien sie her gekommen. Obwohl also Dinstag Abend <title xml:id="title_2fea5f44-71af-4d81-a28a-d4a59f35013b">Messiasprobe<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name></title> war, so lud ich doch in der Eile etwa 10-12 Musikfreunde zu nachher ein, und nahm die <persName xml:id="persName_d8d34416-b0f5-48f5-b78d-c28df568dcf2">Kembles<name key="PSN0112350" style="hidden">Kemble, Charles (1775-1854)</name><name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> mit in die Probe, wo aber die <persName xml:id="persName_91ecfbda-2926-4385-9b8c-5d26f70b974f">Adelaide<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> solch entsetzliche Zahnschmerzen bekam, daß sie fortgehn mußte, und nachher nicht zu mir kam, so daß die eingeladenen Menschen, bei meiner <hi rend="underline">ersten</hi> Gesellschaft, sehr getäuscht wurden. Zum Glück war denselben Tag mein Rheinwein angezapft worden – der machte alles wieder gut – <title xml:id="title_9fd06608-4876-4f98-accc-c78d76b8999a">mein Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ln8yxzp9-xkwg-bnug-tzvo-tjw50k5gtsx1"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title> wurde ex tempore von Blatt gesungen, <persName xml:id="persName_ed56a875-9800-4cce-b636-8e78f74b72d6">Mme. Harkort<name key="PSN0111706" style="hidden">Harkort, Auguste (Augusta) (1794-1857)</name></persName> und <persName xml:id="persName_c57bde2e-746d-4b4d-a4fe-b191c441a62b">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> ersten Sopran, <persName xml:id="persName_13932766-9c7c-4d6c-9978-76650feb13f7">Mme. Schleinitz<name key="PSN0114568" style="hidden">Schleinitz, Juliane Constanze (1807-1852)</name></persName> und <persName xml:id="persName_46218500-7b22-4c1b-9b41-aa061c9bb375">Julie<name key="PSN0114770" style="hidden">Schunck, Julie (1819-1899)</name></persName> zweiten, ich Alt, <persName xml:id="persName_4dd4df67-0f10-4cca-8cdc-21e9f717e74e">Schleinitz<name key="PSN0114567" style="hidden">Schleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881)</name></persName> und <persName xml:id="persName_01b6284d-8656-4610-bd90-37b21bc588a5">Kistner<name key="PSN0112402" style="hidden">Kistner, Carl Friedrich (1797-1844)</name></persName> Tenor, <persName xml:id="persName_34b875d0-e41f-44cd-ac98-6d419724d833">David<name key="PSN0110564" style="hidden">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> und <persName xml:id="persName_92778393-bb9e-4976-b476-ff98d0b02435">Limburger<name key="PSN0112847" style="hidden">Limburger, Jacob Bernhard (1770-1847)</name></persName> Baß, wir verführten ein mörderliches Gebrüll – indeß der Rheinwein machte alles wieder gut, wie gesagt – ich wollte <persName xml:id="persName_c66716c6-483f-418f-8bb3-fc2ec5655234">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> hätte ihn gekostet, <persName xml:id="persName_76d58dbb-965e-40d1-91dc-94caa8e2c130">Herr Schunck<name key="PSN0114765" style="hidden">Schunck, Friedrich Philipp Daniel (1776-1843)</name></persName> (in dessen Keller er liegt) spricht noch alle Tage davon. Das alles ist aber erst die Vorgeschichte oder Einleitung zu der würklichen Gesellschaft (Du siehst, daß ich gründlich bin) denn <persName xml:id="persName_4348757a-1e27-4442-8f79-0fc8621ce649">Kembles<name key="PSN0112350" style="hidden">Kemble, Charles (1775-1854)</name><name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> konnten wegen besagter Zahnschmerzen nicht reisen, sie mußte sich den Zahn ein Paar Tage drauf ausziehn lassen, und bot mirs drauf noch einmal an, bei mir zu singen. Ganz Leipzig hatte von der vorigen soirée gehört, ganz Leipzig sprach von der <persName xml:id="persName_87f463c2-da1f-46e8-957a-06c07f9acdf8">Kemble<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName>, also mußte ich halb Leipzig einladen, einige 30 Personen wie gesagt. Das Schönste war, daß <persName xml:id="persName_f844d114-92bd-4010-87ed-23129d257de3">der alte Kemble<name key="PSN0112350" style="hidden">Kemble, Charles (1775-1854)</name></persName> auf mein Bitten seinen <persName xml:id="persName_2d08ae9b-c8e2-4e07-970f-ac2000b758dd">Shakespeare<name key="PSN0114889" style="hidden">Shakespeare, William (1564-1616)</name></persName> mitbrachte, und <title xml:id="title_4c834049-307d-471b-b2fc-ea1dc54dd175">den ersten Act von Hamlet<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564-1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name></title> so wundervoll vorlas, indem er die Stellen seiner ehemaligen Rolle auswendig und mit seinem Hamletsgesicht recitirte, daß alle Menschen außer sich waren, und ich gestehe, daß mich nicht leicht etwas so gerührt und erfreut hat, wie diese herrliche Vorlesung, die reine durchgebildete Sprache, das innige Verständniß, und die Macht über die Gemüther mit der der alte diese Worte sprach. Zum Schluß sprach er noch den <title xml:id="title_34c4de7e-3a60-4f66-9c9a-8105114bf5aa">Monolog to be or not to be<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564-1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name></title> auswendig und ganz bewundernswürdig. Nun, und außerdem sang die <persName xml:id="persName_0addc808-2891-4a80-8879-68f2beb79c6e">Tochter<name key="PSN0112349" style="hidden">Kemble, Adelaide (?-1879)</name></persName> 6 mal, und ich spielte, und die <persName xml:id="persName_8046ba52-0593-43cd-8bf1-da2473fad8c9">Novello<name key="PSN0113621" style="hidden">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName> sang eine Arie, und wir aßen schrecklich viel zu Abend, und tranken wieder vom bewußten Rheinwein, und um <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">1</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">2</hi> </formula> 1 gingen die Leute fort und schworen es sei der herrlichste Abend gewesen, und um 9 den andern Morgen schlief <persName xml:id="persName_3cea6f55-129b-4c51-ad32-bdc43f5f7e74">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> noch fest, und wachte dann so frisch auf, als sei nichts gewesen. Am folgenden Tag kam Dem<persName xml:id="persName_89bd9e83-8471-47f3-85b6-5fc391d32238">. Möllinger<name key="PSN0113392" style="hidden">Möllinger, Marie</name></persName>, eine Berliner Sängerinn mir von <persName xml:id="persName_bd46cff8-0420-47c6-816d-00cec66ecc4f">Rösel<name key="PSN0114280" style="hidden">Rösel, Gottlob Samuel (1769-1843)</name></persName> sehr empfohlen, die konnte ich nun leider nicht mehr einladen. Hierauf kam <persName xml:id="persName_54b53dc5-287f-471e-bccd-4ee210e79d2b">Franz Savigny<name key="PSN0114480" style="hidden">Savigny, Franz Carl Georg von (1808-1852)</name></persName> und blieb so lange und sprach so sehr viel, daß ich fast die Geduld verlor; gestern als ich noch im Bett lag ließ sich schon <persName xml:id="persName_9b62770b-48cd-4838-8a1b-aae0955cd3b5">Hr. Matthias<name key="PSN0113126" style="hidden">Matthias, Gustav Emil Ferdinand</name></persName> aus Danzig <persName xml:id="persName_d903e9c2-18e2-4794-a6f6-2b26420b76f4">nebst Frau<name key="PSN0113125" style="hidden">Matthias, Frau</name></persName> anmelden; es ist zuweilen zum Davonlaufen vor Fremden. An fremden Virtuosen haben wir jetzt zwei <persName xml:id="persName_66fa8c32-4721-4ee8-90c6-32b2ff11b703">Kammermusiker<name key="PSN0112588" style="hidden">Kummer, Friedrich August (1797-1879)</name><name key="PSN0112508" style="hidden">Kotte, Johann Gottlieb (1797-1857)</name></persName> aus Dresden, <persName xml:id="persName_7f500917-b9af-44d1-ac15-c4ab327d9338">Vieuxtemps<name key="PSN0115516" style="hidden">Vieuxtemps, Henry François Joseph (1820-1881)</name></persName> aus Brüssel, (einen vortrefflichen Geigenspieler) und <persName xml:id="persName_78a9446a-ddf8-4717-a1c2-8066c92746fa">Hrn. Kap.Mstr Taeglichsbeck<name key="PSN0115236" style="hidden">Täglichsbeck (Taeglichsbeck), Thomas (1799-1867)</name></persName>, Intendanten des <persName xml:id="persName_60f6191b-486b-4b6a-b769-2fe7ee3e8b18">Fürsten v. Hohenzollern Hechingen<name key="PSN0112054" style="hidden">Hohenzollern-Hechingen, Friedrich Wilhelm Konstantin Hermann Thassilo Prinz von (1801-1869)</name></persName>, und wieder sind 3 neue gemeldet, und Donnerstag soll der <title xml:id="title_73676b73-1882-4b75-9ca4-6fe607816d1d">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name></title> erst vom Stapel laufen, der auch nicht wenig Scheererei macht, und zu dem heut Nachmittag die erste Kirchenprobe ist, Abends ist <persName xml:id="persName_b5a6e984-b3a4-4ea9-adc9-0a0d4ca49a2a">Vieuxtemps<name key="PSN0115516" style="hidden">Vieuxtemps, Henry François Joseph (1820-1881)</name></persName> Concert, das ich dirigiren muß, und heut früh habe ich schon 2 kleine Soloproben zum <title xml:id="title_6302bb9b-e627-401e-9338-6db3ced2b01a">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name></title> gemacht. So leben wir alle Tage. Dabei mußte ich <title xml:id="title_fb7e1ffc-9065-4700-b471-6942c31cee48">mein neues Concert<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_mlsjzhth-cehy-tpom-5juv-5z8qzwia0fqa"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100353" style="hidden">Konzert Nr. 2 d-Moll für Klavier und Orchester bzw. Streichorchester, [Mai 1837] bis 5. August 1837<idno type="MWV">O 11</idno><idno type="op">40</idno></name></title> durchsehn, das ich für sehr schweres Geld verkauft habe, und das ich los sein will vom Schreibtisch, ich möchte neue Sachen anfangen, aber erst muß der <title xml:id="title_8d0344e6-0994-4c2c-b422-fd868acac778">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110119" style="hidden" type="music">Der Messias KV 572 (Bearbeitung von → Georg Friedrich Händels Messiah HWV 56)</name></title> vorbei sein. Mit der <title xml:id="title_8182e4a2-427a-40ee-8fce-5d39b811e2c2">Berliner Aufführung meines Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_gxe6aq11-jgd1-98ki-czg1-xwhjv5di1pnr"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> im Januar gehts curios; von vielen Seiten fragen mich die Leute, ob ich auch die Einladung annehmen würde, sogar gedruckt ists, habe ich gehört, daß ich dirigiren sollte, aber an mich hat kein Mensch deshalb geschrieben, und es wäre auch zu nichts, da ich im Januar hier beim besten Willen nicht abkommen könnte, indem 4 Abonnements- und mehrere <placeName xml:id="placeName_39a27693-30fe-4780-a064-dc858c38e9f5">Extra Concerte<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> in dem Monat sind – und doch ist das der geringste Grund, der mich den Januar über zu Hause hält. – Du schreibst, liebe Mutter, wir sollten Wunschzettel für Weihnachten schicken, aber wie wäre das ohne große Unverschämtheit möglich, nach all den schönen Sachen, die Du, und ihr alle uns eben geschenkt habt? Das Porzellan der <persName xml:id="persName_5a38aea8-040d-443b-b040-276780b7f859">Schwestern<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0110673" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> mit dem Brett ist mir gewiß viel lieber, als eine Decke gewesen wäre, denn so schönes Geschirr hätten wir uns noch lange nicht angeschafft, und auch nicht anschaffen können, da hier so etwas nicht zu haben ist – aber Fußdecken giebt es ganz hübsch hier, und ich habe für unsre 2 Wohnzimmer recht schöne gekauft, und auch ein paar dicke, warme, wohlfeile für Schlafzimmer und dgl. <persName xml:id="persName_910acf70-0ed4-4660-b4a4-cad695dc114d">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> von derem Befinden Du genaue Nachricht haben willst, ist Gottlob im Allgemeinen so gesund und wohl, wie man es nur wünschen und hoffen kann, nur hat sie zuweilen noch die Gähnstunden, deren <persName xml:id="persName_f72da790-aa3d-47e8-8512-82a12524d2c9">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> vielleicht gedacht hat, und die mich dann immer doch ein wenig ängstigen und betrüben, weil sie selbst betrübt dabei wird und weinen muß. Wenn Gott will kommen wir gewiß Dich zu besuchen, liebe Mutter, da es unser sehnlicher Wunsch ist; ich hatte nur gedacht Du würdest vielleicht im Winter, wo <persName xml:id="persName_c624152d-6a93-4930-8568-bb9c33c716bb">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> nicht reisen kann, einen so schönen Ausflug machen, wie im vorigen Jahr; aber freilich darf ich nicht zureden, und wenn Gott will hoffen wir, wie gesagt, bestimmt zu Dir zu kommen, ich möge nun im Frühjahr an den Rhein müssen, oder nicht – denn wahrscheinlich werde ich schon eine Woche oder zwei vor Ostern hier fertig sein, und daß ich die freie Zeit zu nichts Lieberem benutzen kann, das weißt Du. Ich schicke Dir in den nächsten Tagen ein Paar Briefe an <persName xml:id="persName_b6b82a39-e6d3-4f51-8f73-572f19f524b5">Holtei<name key="PSN0112072" style="hidden">Holtei, Karl Eduard von (1798-1880)</name></persName> und <persName xml:id="persName_a132591a-2f27-4d81-b033-d3687f38badb">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> um deren Besorgung ich Dich bitten werde. Der letztere hat mich neulich durch seinen Besuch sehr angenehm überrascht. Und nun lebwohl für heut, liebe Mutter, <persName xml:id="persName_fbf40d31-2a40-4453-be98-0daa1f834b40">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> schreibt an <persName xml:id="persName_2bc79d53-82d2-438e-9e64-a03abfc19096">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> und grüßt deswegen durch mich; lebwohl und schreib uns bald wieder und erfreue uns dadurch, wie es jeder Deiner Briefe für lange Zeit thut. <seg type="closer" xml:id="seg_22fb071b-e146-41f4-90bb-2b8debfe1981">Auf frohes Wiedersehn.</seg></p> <signed rend="right"> Dein</signed> <signed rend="right">Felix.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_3e949dd6-22e7-47b8-887b-9b58d8f5cbfa"> <docAuthor key="PSN0113252" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_dd3e5659-0783-403b-9c10-09a360973568">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113252" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_5f917d73-98f2-4fea-8767-be838c1f376b">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817–1853)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Dieß Plätzchen ist zu einladend, liebe Mutter, als daß ich es unbenutzt sollte zu Dir wandern lassen, und wieder füll’ ich es mit Dank für Deine Gaben an die unsre Gaumen und Augen so sehr erfreuten durch Farbe und Wohlgeschmack. Es ist eine Sache deren meine Wirthschaft ganz entblößt war, und zu der ich wohl auch selten gelangen werde, da wir meist im Sommer nicht zu Hause sind. Ich bin überhaupt ganz von Deinen Geschenken versor[gt] und kann Felix Kindergelüsten recht befriedig[en.] <seg type="closer" xml:id="seg_a8ca7b21-bd6f-48a2-9b2c-50a89201c889">Du bist gar zu gut, liebe Mutter, bleib es nur immer</seg> <seg type="signed">Deiner Cécile</seg></p> </div> </body> </text></TEI>