fmb-1836-10-31-01
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Leipzig, 31. Oktober 1836
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich habe Sie wohl sehr um Verzeihung zu bitten, wegen meines langen Stillschweigens, und wenn Sie böse auf mich sind, so wollen Sie am Ende meine Entschuldigung gar nicht lesen. Aber wahrlich noch heute wird mirs schwer, Ihnen von einer Sache zu schreiben, von der ich während der gräulichen Holländischen Tage so viel mit Ihnen sprach, daß ich entweder Alles schreiben müßte und Ihre Geduld ermüden, oder gar nichts anders als: ich bin mit
Das habe ich noch zu meiner Rechtfertigung wohl anzuführen daß ich niemals so viele und anstrengende Arbeiten vorgefunden habe, als seit meiner Rückkehr hieher, so daß ich
stenJan. muß ich hier schon wieder Musik machen. Ostern, das mir den großen Gefallen thut, im nächsten Jahr sehr früh zu fallen, das wird gute Zeit. Und wenn das letzte
Die
Darf ich Sie bitten
Leipzig d. 31 Oct. 1836. Lieber Herr Director Ich habe Sie wohl sehr um Verzeihung zu bitten, wegen meines langen Stillschweigens, und wenn Sie böse auf mich sind, so wollen Sie am Ende meine Entschuldigung gar nicht lesen. Aber wahrlich noch heute wird mirs schwer, Ihnen von einer Sache zu schreiben, von der ich während der gräulichen Holländischen Tage so viel mit Ihnen sprach, daß ich entweder Alles schreiben müßte und Ihre Geduld ermüden, oder gar nichts anders als: ich bin mit Cécile Jeanrenaud verlobt. Und das letzte hätte ich Ihnen freilich gleich schreiben müssen, mir wurde es aber Anfangs von der Familie streng verboten, es sollte ein tiefes Geheimniß sein, erst seit ich hier bin merkte ich daß alle Leute es wußten, und nun schäme ich mich eigentlich Ihnen so spät über eine so alte Neuigkeit zu schreiben. Mir ist sie freilich noch immer ganz neu, und mit jedem Tage neuer und lieber, und mit jedem Tage treten mir unerwartete, schönere Folgen meines so großen Glückes vor die Augen – aber doch ist es immer beschämend so ganz und gar um Verzeihung bitten zu müssen, wie ich es hiemit thue. Ich rechne da viel auf Ihre alte Güte und Freundschaft zu mir, sonst wagte ichs am Ende gar nicht mehr schriftlich vor Sie zu kommen, und versparte mirs etwa bis aufs mündliche Bitten, wo mir vielleicht die Cécile helfen könnte. Das habe ich noch zu meiner Rechtfertigung wohl anzuführen daß ich niemals so viele und anstrengende Arbeiten vorgefunden habe, als seit meiner Rückkehr hieher, so daß ich meiner Schwester bisjetzt nur einmal, meinen genauen Freunden größtentheils noch gar nicht schreiben konnte. Seit 4 Wochen habe ich 8 Concerte und etwa 20 Proben dirigirt, außerdem noch in der nächsten Woche eine große Aufführung von Israel in Aegypten in der Kirche mit der Orgel vor, und bis Weihnachten alle 8 Tage ein Concert, wozu ich das Repertoir und sämmtliche Vorbereitungen zu machen habe. Dann wünsche ich meine eignen Arbeiten doch auch zu fördern, dann habe ich mehrere fahrende Schüler die mich täglich 2 Stunden beschäftigen, dann ist die Menge der durchreisenden und sich kurz aufhaltenden Fremden hier überaus groß, und gerade das letzte verwirrt nicht wenig. Letzte Woche z. B. war Eduard Bendemann 3 Tage lang hier, und begleitete mich treulich in meine Israel Proben und in die sonstigen, wie ich mich mit ihm freute, brauche ich wohl nicht zu sagen, und wie manchmal wir das pro und contra der Dresdner Directorstelle und überhaupt der Stellen durchsprachen, ohne zu einem rechten Resultat zu kommen, am Tage seiner Abreise erschien plötzlich Hauptmann aus Cassel, ein guter musikalischer Freund, und blieb 2 Tage, dann kam mein Vetter mit seiner ganzen Familie von Aachen her durch, mit ihm zugleich traf der junge Engländer Bennett ein, der den ganzen Winter hier bleiben wird, gestern endlich kam mein erster Clavier Lehrer Berger und besuchte mich. So geht es einen Tag wie den andern. Hr. von Quandt (der die Diagonalen auf meinem Gesicht hervorrief) war auch da, und trug mir auf, ihn bestens zu empfehlen, wenn ich schriebe. Und bei alle dem möchte ich für mein Leben gern, ich wäre am Fahrthor in Frankfurt, und könnte Concerte Concerte sein lassen, und brauchte nicht blos auf Weihnachten zu warten, wo ich allerdings wieder nach Frankfurt kann, aber nur auf 10 Tage, den 1sten Jan. muß ich hier schon wieder Musik machen. Ostern, das mir den großen Gefallen thut, im nächsten Jahr sehr früh zu fallen, das wird gute Zeit. Und wenn das letzte Concert hier vorbei ist, so hoffe ich zu Gott gleich im Reisewagen zu sitzen und fortzufahren – ob ich im nächsten Winter wieder hier bin, oder wo sonst – das liegt noch im Unklaren. Die Ausstellung in Berlin hätte ich gern gesehn, (die Meinigen noch lieber) – aber auch das muß unterbleiben; da ich selbst zu der kurzen Abwesenheit, die dazu nothwendig wäre, keine Zeit finden kann. Daß ich unter diesen Umständen, als bildender Künstler meine im Haag gelegten Grundlagen nicht ordentlich cultiviren kann, versteht sich wohl, und meine Männer und Frauen haben wieder eben so gebrochne Arme und Beine, wie sie hatten, ehe Sie sich die Mühe gaben, sie Ihnen wieder einzurenken. Und was macht der Cornelius Nepos meines Freundes Rudolph? Es ist mir sonderbar, wenn ich an diese vielbesorgten Tage denke. Darf ich Sie bitten Ihre Frau Gemahlinn sehr vielmal und herzlich zu grüßen; ich weiß daß sie an meiner Freude gewiß Antheil nimmt, und hoffe, sie wird mit mir zufrieden sein, daß ich ihren Rath so gut benutzt habe. Es ist mehr Glück als Verstand dabei; wenigstens habe ich immer noch so Zeiten, wo ichs gar nicht recht begreifen kann, wie ich zu solchem Glücke kommen konnte, indeß daß ichs wirklich habe, kann ich nun nicht mehr bezweifeln, und jeder neue Brief von dort bestätigt mirs von neuem. Da ich aber nun so ganz nach den Vorschriften der Frau Directorinn gehandelt habe so möchte ich auch an sie eine kleine Bitte wagen, nämlich ob ich wohl die getuschte Zeichnung von Amalfi, die von mir in ihrem Stammbuch ist, auf wenige Tage hieher geschickt bekommen könnte; Sie wissen, lieber Herr Director, daß ich sie schon damals gar zu gern für meine Braut copirt hätte (es muß gerade diese Ansicht sein, weil ein Mährlein daran hängt) und daß ich sie damals nicht bekommen konnte, weil das Buch verschlossen war. Drum geschähe mir ein großer Gefallen damit, wenn ich das Blatt per Fahrpost zugeschickt bekommen, und bis Weihnachten nachmalen könnte, es sollte dann gleich wieder zurück erfolgen und mit dem größten Danke. – Auch einige Sachen von mir, als: ein Rock, ein Paar Schuh und drgl. müssen noch in Johanns Händen sein, dürfte ich Sie wohl ersuchen ihm zu sagen daß er sie mir per Fracht oder per Fahrpost (wie es sich besser macht) an meine Adresse herschickt, da ich einiges davon gern hier hätte. – Um einige Zeilen Antwort wage ich es nicht Sie zu bitten, lieber Herr Director, Ihre Zeit erlaubt es kaum, und ich würde auch fürchten müssen zu sehr gescholten zu werden, aber darum muß ich sie nochmals bitten, daß Sie mir Ihre Freundschaft nicht entziehn, mir nicht zürnen mögen, und daß Sie glauben, daß ich in jeder, auch der bewegtesten Zeit meines Lebens, bin und bleiben werde Ihr ergebner Felix Mendelssohn B.
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-10-31" xml:id="date_38974a69-171c-47fe-8f7a-720bf0d5ae17">31. 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Da ich aber nun so ganz nach den Vorschriften der <persName xml:id="persName_bff867b4-9442-480c-a2e0-035fcf98549e">Frau Directorinn<name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName> gehandelt habe so möchte ich auch an sie eine kleine Bitte wagen, nämlich ob ich wohl die getuschte <title xml:id="title_4cf5bb8b-263c-4922-8e94-9487779d14ca">Zeichnung von Amalfi<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_vndaoqwd-eryw-3cru-amed-jrvqwd3gmakt"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="drawing_albums" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100862" style="hidden">Amalfi, 31. Mai 1831; fol. 15v–16r<idno type="MWV">ZB 10/17</idno><idno type="op"></idno></name></title>, die von mir in ihrem Stammbuch ist, auf wenige Tage hieher geschickt bekommen könnte; Sie wissen, lieber Herr Director, daß ich sie schon damals gar zu gern für <persName xml:id="persName_e7612e79-fd1e-4d14-be97-17d38f064b50">meine Braut<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> copirt hätte (es muß gerade diese Ansicht sein, weil ein Mährlein daran hängt) und daß ich sie damals nicht bekommen konnte, weil das Buch verschlossen war. Drum geschähe mir ein großer Gefallen damit, wenn ich das Blatt per Fahrpost zugeschickt bekommen, und bis Weihnachten nachmalen könnte, es sollte dann gleich wieder zurück erfolgen und mit dem größten Danke. – Auch einige Sachen von mir, als: ein Rock, ein Paar Schuh und drgl. müssen noch in <persName xml:id="persName_27a71338-9e67-43b4-a1c6-b57cf42bfa8f">Johanns<name key="PSN0112251" style="hidden">Johann, Bediensteter → Felix Mendelssohn Bartholdys in Düsseldorf (1834/35)</name></persName> Händen sein, dürfte ich Sie wohl ersuchen ihm zu sagen daß er sie mir per Fracht oder per Fahrpost (wie es sich besser macht) an meine Adresse herschickt, da ich einiges davon gern hier hätte. – Um einige Zeilen Antwort wage ich es nicht Sie zu bitten, lieber Herr Director, Ihre Zeit erlaubt es kaum, und ich würde auch fürchten müssen zu sehr gescholten zu werden, aber <seg type="closer" xml:id="seg_32371e49-962e-4c89-8ace-4939efcc1c07">darum muß ich sie nochmals bitten, daß Sie mir Ihre Freundschaft nicht entziehn, mir nicht zürnen mögen, und daß Sie glauben, daß ich in jeder, auch der bewegtesten Zeit meines Lebens, bin und bleiben werde</seg></p><signed rend="right">Ihr ergebner</signed><signed rend="right">Felix Mendelssohn B.</signed></div></body> </text></TEI>