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fmb-1836-08-13-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Elisabeth Jeanrenaud in Frankfurt a. M. <lb></lb>’s-Gravenhage, 13. August 1836 Werden Sie mir zürnen, daß ichs wage, diese Zeilen an Sie zu richten, ohne Sie vorher um Ihre Erlaubniß gebeten zu haben? Sie lachten einmal, als ich Ihnen von meiner Furcht, lästig zu werden erzählte, Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 5, 1405

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 18, fol. 6–7. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Elisabeth Jeanrenaud in Frankfurt a. M.; ’s-Gravenhage, 13. August 1836 Werden Sie mir zürnen, daß ichs wage, diese Zeilen an Sie zu richten, ohne Sie vorher um Ihre Erlaubniß gebeten zu haben? Sie lachten einmal, als ich Ihnen von meiner Furcht, lästig zu werden erzählte,

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Felix Mendelssohn Bartholdy hat diesen ersten Brief an seine spätere Schwiegermutter akribisch konzipiert, zuerst entstand der Entwurf in GB-Ob, M.D.M. d. 31/114. Diesen begann er in Reinform zu bringen (GB-Ob, M.D.M. d. 18, fol. 1–2r), entschied sich dann jedoch, noch eine weitere (die endgültige) Fassung zu erstellen.

Felix Mendelssohn Bartholdy

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Autographes Konzept, GB-Ob, M.D.M. d. 31/114. – 3 S. Autographes Konzept, GB-Ob, M.D.M. d. 18, fol. 1–2r. – 3 S.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

13. August 1836 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) ’s-Gravenhage Niederlande Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871) Frankfurt a. M. Deutschland deutsch
Madame Madame Jeanrenaud. aux soins de Mr. Souchay. à Francfort s/M. fr.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Hochgeehrte Frau

Werden Sie mir zürnen, daß ichs wage, diese Zeilen an Sie zu richten, ohne Sie vorher um Ihre Erlaubniß gebeten zu haben? Sie lachten einmal, als ich Ihnen von meiner Furcht, lästig zu werden erzählte, und jetzt ist es wohl noch viel schlimmer, da ich sogar aus der Ferne in denselben Fehler verfalle; schreiben Sie das nicht meiner Aufdringlichkeit zu, ich habe mir oft genug in diesen Tagen, ehe ich diesen Brief anfing, das Gegentheil vorgenommen, und kann es nun dennoch nicht lassen. Alle frohe Zeit, jede glückliche Stunde, die ich Ihrer Freundlichkeit verdanke, kommt mir hier so täglich in den Sinn daß ich Ihnen meinen Dank dafür wiederholen muß; langweilt Sie der, so lesen Sie gar nicht weiter, legen den Brief fort, und denken Sie nicht mehr daran. Aber schreiben muß ich ihn dennoch, und könnte ich dann auch weiter keinen Grund anführen, so wärens die Bücher und Briefe, die Sie mir mitgegeben, und durch die Sie mir auch hier schon so viele heitre Stunden bereitet haben. Wie prächtig sind namentlich die Briefe des Herrn TouchonTouchon, Daniel Auguste Emmanuel (1785-1850); am besten gefällt mir der, wo er ein Storch geworden ist, und alle andern Menschen auch Thiere; und der andre wo er mit seiner neuen Mütze in den Regen läuft; alle sind sie liebenswürdig und machen mich aufs neue begierig, ihn kennen zu lernen, der so zierlichen und heiteren und doch wieder ernsthaften Geistes ist. Und wie soll ich Ihnen für die andern Papiere danken, die ich unter den Briefen gefunden? wie überhaupt für gar so vieles Gute? Es kommt Ihnen ja aber nicht auf den Dank dabei an, und so ists besser, ich versuche gar nicht einmal davon zu reden. – Aber wie sehr verlieren Sie Ihre Wette! Mehr, als ich selbst damals gedacht. Die einzige Frage, an der Ihr Herr SohnJeanrenaud, Carl Cornelius (1814-1891) seine Wissenschaft wird zeigen können, ist ob es erträglich oder ganz unerträglich war, daß es nicht schön sei, fühle ich selbst allzulebhaft. Ein Tag vergeht mechanisch wie der andre, und unsre beste Beschäftigung ist, zu zählen wie viele schon vorüber sind von dem Holländischen Aufenthalt, und ob wir schon die Hälfte oder nur ein Drittel haben. Einen Tag wie den andern fahren wir Morgens durch den Wald nach den Dünen, das Seebad selbst ist noch das angenehmste von allem, und ich kann nicht läugnen, daß es mir wohlthut; wenigstens macht es mich für den Rest des Tages ganz hungrig und schläfrig, und die Leute sagen, daß sei ein gutes Zeichen! Aber im Badehause zu Scheveningen selbst und am Strande, da schwebt die rechte, wahre Langeweile über allen Menschen, und sie ennüyiren sich sehr; Frl. von St GeorgeSaint-George (St. George), Susanne Elisabeth Ida von (1815-1896) (der ich den mir anvertrauten Brief bei meiner Ankunft übergab) will das zwar gar nicht zugeben, sieSaint-George (St. George), Susanne Elisabeth Ida von (1815-1896) behauptet es sei schön in Scheveningen, ich glaubs aber nicht. Und alle Badegäste und die Badeconversationen, wo man einander lauter Dinge sagen muß, die beide Theile schon längst wissen, und mit höflichen Mienen noch einmal wieder anhören; anfangs behaupteten sie gar, ich sey nur an die See gekommen pour chercher des inspirations, und würde nächstens eine neue Ouvertüre auf das Meer bei Scheveningen componiren. Aus Moll würde sie gehn, und sehr betrübt klingen, dafür stehe ich. Hier im Haag habe ich einige angenehme Stunden verlebt, namentlich auf dem MuseumKoninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis (Königliche Gemäldegalerie Mauritshuis)’s-GravenhageNiederlande, wo herrliche Bilder hängen; da ist ein Stier, von Paul Potter<name key="PSN0113967" style="hidden" type="author">Potter, Paulus Pieterszoon (1625-1654)</name><name key="CRT0110339" style="hidden" type="art">De jonge Stier (Der junge Stier)</name>, in Lebensgröße, der ist mit verschiedenen Schafen und Kühen, und einer großen Wiese im Hintergrund und einem langweiligen alten Bauer ein wahres Bild von Holland, und so glänzend und lebendig gemalt, als sei der MalerPotter, Paulus Pieterszoon (1625-1654) erst eben von seiner Arbeit fortgegangen, nicht schon seit Jahrhunderten. Da sind denn mancherlei Discussionen zwischen meinem Reisegefährten SchadowSchadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862) und mir, ob solch ein Kunstwerk eben so hoch stehe, wie ein gutes historisches Bild; natürlich nehme ich die Parthie der Schafe und Kühe. – Von Bekanntschaften und Geselligkeiten habe ich mich fast ganz freigemacht, und wenn wir Mittags von Scheveningen zurückkommen, und ich habe auf der Post meine Briefe abgeholt, so bekomme ich gewöhnlich nichts weiter von Holland zu sehen, sondern bleibe den übrigen Tag ruhig bei Ihren Büchern oder meinen Noten sitzen, und mein größtes Vergnügen ist, etwas zu zeichnen oder zu tuschen in dem bekannten grauen Buche, in das ich die Brennnessel<name key="PSN0113252" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name><name key="CRT0109952" style="hidden" type="art">Pflanzenstudie (Zeichnung 1836)</name> geklebt, welche mir Fräulein CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) geschenkt hat.

Seit meiner Abreise habe ich von Frankfurt nichts wiedergehört; erst vor einigen Tagen erfuhr ich durch die Holländischen Zeitungen, die ich in Scheveningen jeden Morgen buchstabire, daß der Herr v. RothschildRothschild, Nathan Mayer (seit 1817) de, (seit 1822) Baron de (1777-1836) gestorben sei. Es betrübte mich, daß die SeinigenRothschild, Bankiersfamilie, begründet von → Mayer Amschel R. (1744-1812) ein solches Unglück gerade in der Fremde und bei so froher Veranlassung treffen mußte, und je mehr sie verwöhnt sein mögen, je bittrer müssen sie es empfunden haben; auch auf Fritz SchlemmersSchlemmer, Johann Friedrich (Fritz) Philipp Middleton (1803-1890) fernere Plane wird das gewiß nicht ohne Einwirkung bleiben, wer weiß, wo ich ihm nun einmal wieder begegnen mag. In Ihrem Hause sieht es wahrscheinlich bald wieder bunt und lebendig aus; ich denke mir, daß Sie die Schweizer ReisendenBenecke, Friedrich Wilhelm (1802-1865)Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)Jeanrenaud, Carl Cornelius (1814-1891) zurück erwarten, die ich bei meiner Rückkehr nach Frankfurt wohl noch dort treffen werde. Wenn ich aber von meiner Rückkehr nach Deutschland spreche, und sehe aus dem Fenster auf die Holländischen Häuser und den Markt, so kann ich kaum das Ende dieses Monats erwarten, und käme fast in Versuchung mir die Zeit bis dahin wegzuwünschen; obwohl ich das für eine wahre Sünde halte und mir oft vorgenommen habe, es niemals zu thun. Und haben Sie wieder an unsere großen Reisepläne mit dem Besuch auf dem Dryberg und bei Herrn TouchonTouchon, Daniel Auguste Emmanuel (1785-1850) gedacht? – Aber ich darf Sie nicht mehr mit meinem Geplauder stören, geht mirs doch jetzt schon, wie damals, wo ich allzulange blieb, und doch gern noch länger geblieben wäre. Erlauben Sie mir nur noch die Bitte, mich Ihrer verehrten FamilieJeanrenaud, Familie von → Elisabeth Wilhelmine J. auf das herzlichste zu empfehlen, und die Hoffnung Sie alleJeanrenaud, Familie von → Elisabeth Wilhelmine J. unverändert und glücklich wiederzufinden.

Mit wahrer Hochachtung bin ichIhr ergebnerFelix Mendelssohn BartholdyHaag, den 13 August 1836.
            Hochgeehrte Frau
Werden Sie mir zürnen, daß ichs wage, diese Zeilen an Sie zu richten, ohne Sie vorher um Ihre Erlaubniß gebeten zu haben? Sie lachten einmal, als ich Ihnen von meiner Furcht, lästig zu werden erzählte, und jetzt ist es wohl noch viel schlimmer, da ich sogar aus der Ferne in denselben Fehler verfalle; schreiben Sie das nicht meiner Aufdringlichkeit zu, ich habe mir oft genug in diesen Tagen, ehe ich diesen Brief anfing, das Gegentheil vorgenommen, und kann es nun dennoch nicht lassen. Alle frohe Zeit, jede glückliche Stunde, die ich Ihrer Freundlichkeit verdanke, kommt mir hier so täglich in den Sinn daß ich Ihnen meinen Dank dafür wiederholen muß; langweilt Sie der, so lesen Sie gar nicht weiter, legen den Brief fort, und denken Sie nicht mehr daran. Aber schreiben muß ich ihn dennoch, und könnte ich dann auch weiter keinen Grund anführen, so wärens die Bücher und Briefe, die Sie mir mitgegeben, und durch die Sie mir auch hier schon so viele heitre Stunden bereitet haben. Wie prächtig sind namentlich die Briefe des Herrn Touchon; am besten gefällt mir der, wo er ein Storch geworden ist, und alle andern Menschen auch Thiere; und der andre wo er mit seiner neuen Mütze in den Regen läuft; alle sind sie liebenswürdig und machen mich aufs neue begierig, ihn kennen zu lernen, der so zierlichen und heiteren und doch wieder ernsthaften Geistes ist. Und wie soll ich Ihnen für die andern Papiere danken, die ich unter den Briefen gefunden? wie überhaupt für gar so vieles Gute? Es kommt Ihnen ja aber nicht auf den Dank dabei an, und so ists besser, ich versuche gar nicht einmal davon zu reden. – Aber wie sehr verlieren Sie Ihre Wette! Mehr, als ich selbst damals gedacht. Die einzige Frage, an der Ihr Herr Sohn seine Wissenschaft wird zeigen können, ist ob es erträglich oder ganz unerträglich war, daß es nicht schön sei, fühle ich selbst allzulebhaft. Ein Tag vergeht mechanisch wie der andre, und unsre beste Beschäftigung ist, zu zählen wie viele schon vorüber sind von dem Holländischen Aufenthalt, und ob wir schon die Hälfte oder nur ein Drittel haben. Einen Tag wie den andern fahren wir Morgens durch den Wald nach den Dünen, das Seebad selbst ist noch das angenehmste von allem, und ich kann nicht läugnen, daß es mir wohlthut; wenigstens macht es mich für den Rest des Tages ganz hungrig und schläfrig, und die Leute sagen, daß sei ein gutes Zeichen! Aber im Badehause zu Scheveningen selbst und am Strande, da schwebt die rechte, wahre Langeweile über allen Menschen, und sie ennüyiren sich sehr; Frl. von St George (der ich den mir anvertrauten Brief bei meiner Ankunft übergab) will das zwar gar nicht zugeben, sie behauptet es sei schön in Scheveningen, ich glaubs aber nicht. Und alle Badegäste und die Badeconversationen, wo man einander lauter Dinge sagen muß, die beide Theile schon längst wissen, und mit höflichen Mienen noch einmal wieder anhören; anfangs behaupteten sie gar, ich sey nur an die See gekommen pour chercher des inspirations, und würde nächstens eine neue Ouvertüre auf das Meer bei Scheveningen componiren. Aus Moll würde sie gehn, und sehr betrübt klingen, dafür stehe ich. Hier im Haag habe ich einige angenehme Stunden verlebt, namentlich auf dem Museum, wo herrliche Bilder hängen; da ist ein Stier, von Paul Potter, in Lebensgröße, der ist mit verschiedenen Schafen und Kühen, und einer großen Wiese im Hintergrund und einem langweiligen alten Bauer ein wahres Bild von Holland, und so glänzend und lebendig gemalt, als sei der Maler erst eben von seiner Arbeit fortgegangen, nicht schon seit Jahrhunderten. Da sind denn mancherlei Discussionen zwischen meinem Reisegefährten Schadow und mir, ob solch ein Kunstwerk eben so hoch stehe, wie ein gutes historisches Bild; natürlich nehme ich die Parthie der Schafe und Kühe. – Von Bekanntschaften und Geselligkeiten habe ich mich fast ganz freigemacht, und wenn wir Mittags von Scheveningen zurückkommen, und ich habe auf der Post meine Briefe abgeholt, so bekomme ich gewöhnlich nichts weiter von Holland zu sehen, sondern bleibe den übrigen Tag ruhig bei Ihren Büchern oder meinen Noten sitzen, und mein größtes Vergnügen ist, etwas zu zeichnen oder zu tuschen in dem bekannten grauen Buche, in das ich die Brennnessel geklebt, welche mir Fräulein Cécile geschenkt hat.
Seit meiner Abreise habe ich von Frankfurt nichts wiedergehört; erst vor einigen Tagen erfuhr ich durch die Holländischen Zeitungen, die ich in Scheveningen jeden Morgen buchstabire, daß der Herr v. Rothschild gestorben sei. Es betrübte mich, daß die Seinigen ein solches Unglück gerade in der Fremde und bei so froher Veranlassung treffen mußte, und je mehr sie verwöhnt sein mögen, je bittrer müssen sie es empfunden haben; auch auf Fritz Schlemmers fernere Plane wird das gewiß nicht ohne Einwirkung bleiben, wer weiß, wo ich ihm nun einmal wieder begegnen mag. In Ihrem Hause sieht es wahrscheinlich bald wieder bunt und lebendig aus; ich denke mir, daß Sie die Schweizer Reisenden zurück erwarten, die ich bei meiner Rückkehr nach Frankfurt wohl noch dort treffen werde. Wenn ich aber von meiner Rückkehr nach Deutschland spreche, und sehe aus dem Fenster auf die Holländischen Häuser und den Markt, so kann ich kaum das Ende dieses Monats erwarten, und käme fast in Versuchung mir die Zeit bis dahin wegzuwünschen; obwohl ich das für eine wahre Sünde halte und mir oft vorgenommen habe, es niemals zu thun. Und haben Sie wieder an unsere großen Reisepläne mit dem Besuch auf dem Dryberg und bei Herrn Touchon gedacht? – Aber ich darf Sie nicht mehr mit meinem Geplauder stören, geht mirs doch jetzt schon, wie damals, wo ich allzulange blieb, und doch gern noch länger geblieben wäre. Erlauben Sie mir nur noch die Bitte, mich Ihrer verehrten Familie auf das herzlichste zu empfehlen, und die Hoffnung Sie alle unverändert und glücklich wiederzufinden.
Mit wahrer Hochachtung bin ichIhr ergebnerFelix Mendelssohn Bartholdy
Haag, den 13 August 1836.          
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Sie lachten einmal, als ich Ihnen von meiner Furcht, lästig zu werden erzählte, und jetzt ist es wohl noch viel schlimmer, da ich sogar aus der Ferne in denselben Fehler verfalle; schreiben Sie das nicht meiner Aufdringlichkeit zu, ich habe mir oft genug in diesen Tagen, ehe ich diesen Brief anfing, das Gegentheil vorgenommen, und kann es nun dennoch nicht lassen. Alle frohe Zeit, jede glückliche Stunde, die ich Ihrer Freundlichkeit verdanke, kommt mir hier so täglich in den Sinn daß ich Ihnen meinen Dank dafür wiederholen muß; langweilt Sie der, so lesen Sie gar nicht weiter, legen den Brief fort, und denken Sie nicht mehr daran. Aber schreiben muß ich ihn dennoch, und könnte ich dann auch weiter keinen Grund anführen, so wärens die Bücher und Briefe, die Sie mir mitgegeben, und durch die Sie mir auch hier schon so viele heitre Stunden bereitet haben. Wie prächtig sind namentlich die Briefe des <persName xml:id="persName_15463005-ef0b-4048-82cb-9dd0b05ab99c">Herrn Touchon<name key="PSN0115364" style="hidden">Touchon, Daniel Auguste Emmanuel (1785-1850)</name></persName>; am besten gefällt mir der, wo er ein Storch geworden ist, und alle andern Menschen auch Thiere; und der andre wo er mit seiner neuen Mütze in den Regen läuft; alle sind sie liebenswürdig und machen mich aufs neue begierig, ihn kennen zu lernen, der so zierlichen und heiteren und doch wieder ernsthaften Geistes ist. Und wie soll ich Ihnen für die andern Papiere danken, die ich unter den Briefen gefunden? wie überhaupt für gar so vieles Gute? Es kommt Ihnen ja aber nicht auf den Dank dabei an, und so ists besser, ich versuche gar nicht einmal davon zu reden. – Aber wie sehr verlieren Sie Ihre Wette! Mehr, als ich selbst damals gedacht. 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Aber im Badehause zu Scheveningen selbst und am Strande, da schwebt die rechte, wahre Langeweile über allen Menschen, und sie ennüyiren sich sehr; Frl. von S<hi rend="superscript">t</hi> <persName xml:id="persName_44772cd9-e2ab-4f5f-ac24-8f433ca0ad43">George<name key="PSN0114425" style="hidden">Saint-George (St. George), Susanne Elisabeth Ida von (1815-1896)</name></persName> (der ich den mir anvertrauten Brief bei meiner Ankunft übergab) will das zwar gar nicht zugeben, <persName xml:id="persName_747f3205-9c75-48cf-8a84-0946302aaa5b">sie<name key="PSN0114425" style="hidden">Saint-George (St. George), Susanne Elisabeth Ida von (1815-1896)</name></persName> behauptet es sei schön in Scheveningen, ich glaubs aber nicht. Und alle Badegäste und die Badeconversationen, wo man einander lauter Dinge sagen muß, die beide Theile schon längst wissen, und mit höflichen Mienen noch einmal wieder anhören; anfangs behaupteten sie gar, ich sey nur an die See gekommen pour chercher des inspirations, und würde nächstens eine neue Ouvertüre auf das Meer bei Scheveningen componiren. Aus Moll würde sie gehn, und sehr betrübt klingen, dafür stehe ich. Hier im Haag habe ich einige angenehme Stunden verlebt, namentlich auf dem <placeName xml:id="placeName_9847c471-9a77-4800-9571-ab45e314966a">Museum<name key="NST0100517" style="hidden" subtype="" type="institution">Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis (Königliche Gemäldegalerie Mauritshuis)</name><settlement key="STM0100516" style="hidden" type="">’s-Gravenhage</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName>, wo herrliche Bilder hängen; da ist ein <title xml:id="title_9650cb1c-608a-4d83-8787-738b4621ff59">Stier, von Paul Potter<name key="PSN0113967" style="hidden" type="author">Potter, Paulus Pieterszoon (1625-1654)</name><name key="CRT0110339" style="hidden" type="art">De jonge Stier (Der junge Stier)</name></title>, in Lebensgröße, der ist mit verschiedenen Schafen und Kühen, und einer großen Wiese im Hintergrund und einem langweiligen alten Bauer ein wahres Bild von Holland, und so glänzend und lebendig gemalt, als sei der <persName xml:id="persName_f58a4f24-5e65-4011-a07b-e5d8af8c4d30">Maler<name key="PSN0113967" style="hidden">Potter, Paulus Pieterszoon (1625-1654)</name></persName> erst eben von seiner Arbeit fortgegangen, nicht schon seit Jahrhunderten. Da sind denn mancherlei Discussionen zwischen <persName xml:id="persName_2fa6ff1f-53ce-4782-9e47-d23296250384">meinem Reisegefährten Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> und mir, ob solch ein Kunstwerk eben so hoch stehe, wie ein gutes historisches Bild; natürlich nehme ich die Parthie der Schafe und Kühe. – Von Bekanntschaften und Geselligkeiten habe ich mich fast ganz freigemacht, und wenn wir Mittags von Scheveningen zurückkommen, und ich habe auf der Post meine Briefe abgeholt, so bekomme ich gewöhnlich nichts weiter von Holland zu sehen, sondern bleibe den übrigen Tag ruhig bei Ihren Büchern oder meinen Noten sitzen, und mein größtes Vergnügen ist, etwas zu zeichnen oder zu tuschen in dem bekannten grauen <title xml:id="title_0f27f883-f205-46c4-bb61-650e4821eb9c">Buche, in das ich die Brennnessel<name key="PSN0113252" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name><name key="CRT0109952" style="hidden" type="art">Pflanzenstudie (Zeichnung 1836)</name></title> geklebt, welche mir <persName xml:id="persName_db9d96a8-32ea-4975-89a5-004afa112dc6">Fräulein Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> geschenkt hat.</p><p>Seit meiner Abreise habe ich von Frankfurt nichts wiedergehört; erst vor einigen Tagen erfuhr ich durch die Holländischen Zeitungen, die ich in Scheveningen jeden Morgen buchstabire, daß der <persName xml:id="persName_137873af-daf8-4ed5-bf0a-28778846a5b1">Herr v. Rothschild<name key="PSN0114323" style="hidden">Rothschild, Nathan Mayer (seit 1817) de, (seit 1822) Baron de (1777-1836)</name></persName> gestorben sei. Es betrübte mich, daß die <persName xml:id="persName_4117db5c-315a-49be-9ef6-9bd630f2d8ff">Seinigen<name key="PSN0114304" style="hidden">Rothschild, Bankiersfamilie, begründet von → Mayer Amschel R. (1744-1812)</name></persName> ein solches Unglück gerade in der Fremde und bei so froher Veranlassung treffen mußte, und je mehr sie verwöhnt sein mögen, je bittrer müssen sie es empfunden haben; auch auf <persName xml:id="persName_c2ffce41-d1d7-48c7-b15a-1070f12944b7">Fritz Schlemmers<name key="PSN0114573" style="hidden">Schlemmer, Johann Friedrich (Fritz) Philipp Middleton (1803-1890)</name></persName> fernere Plane wird das gewiß nicht ohne Einwirkung bleiben, wer weiß, wo ich ihm nun einmal wieder begegnen mag. In Ihrem Hause sieht es wahrscheinlich bald wieder bunt und lebendig aus; ich denke mir, daß Sie <persName xml:id="persName_1e386d27-29a4-47d9-8916-63782940d4d3">die Schweizer Reisenden<name key="PSN0109825" style="hidden">Benecke, Friedrich Wilhelm (1802-1865)</name><name key="PSN0109821" style="hidden">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name><name key="PSN0112224" style="hidden">Jeanrenaud, Carl Cornelius (1814-1891)</name></persName> zurück erwarten, die ich bei meiner Rückkehr nach Frankfurt wohl noch dort treffen werde. Wenn ich aber von meiner Rückkehr nach Deutschland spreche, und sehe aus dem Fenster auf die Holländischen Häuser und den Markt, so kann ich kaum das Ende dieses Monats erwarten, und käme fast in Versuchung mir die Zeit bis dahin wegzuwünschen; obwohl ich das für eine wahre Sünde halte und mir oft vorgenommen habe, es niemals zu thun. Und haben Sie wieder an unsere großen Reisepläne mit dem Besuch auf dem Dryberg und bei <persName xml:id="persName_988c0d49-f609-47cd-9615-e49bd29a9f95">Herrn Touchon<name key="PSN0115364" style="hidden">Touchon, Daniel Auguste Emmanuel (1785-1850)</name></persName> gedacht? – Aber ich darf Sie nicht mehr mit meinem Geplauder stören, geht mirs doch jetzt schon, wie damals, wo ich allzulange blieb, und doch gern noch länger geblieben wäre. Erlauben Sie mir nur noch die Bitte, mich <persName xml:id="persName_5ab28173-945a-4f6f-80b6-d7fb3a32f436">Ihrer verehrten Familie<name key="PSN0112220" style="hidden">Jeanrenaud, Familie von → Elisabeth Wilhelmine J.</name></persName> auf das herzlichste zu empfehlen, und die Hoffnung <persName xml:id="persName_17c1405c-ff6f-4905-b140-8c0a3855ae14">Sie alle<name key="PSN0112220" style="hidden">Jeanrenaud, Familie von → Elisabeth Wilhelmine J.</name></persName> unverändert und glücklich wiederzufinden.</p><closer rend="left" xml:id="closer_5e5840c6-597a-42cc-a059-12d7291b68c7">Mit wahrer Hochachtung bin ich</closer><closer rend="right" xml:id="closer_bc6f5c0d-65a5-4a42-807a-efa9556f79bd">Ihr ergebner</closer><signed rend="left">Felix Mendelssohn Bartholdy</signed><dateline rend="left">Haag, den <date cert="high" when="1836-08-13" xml:id="date_c5a9d8d2-c629-478a-91c5-59a9af174ad0">13 August 1836.</date></dateline></div></body> </text></TEI>