fmb-1836-08-10-01
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’s-Gravenhage, 10. August 1836
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel, Zusatz von fremder Hand auf der Adressenseite: »grens« (niederl., Grenze).
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
frei
tenAug. 1836
Sie haben mir auf meinen letzten Brief aus Frankfurt nicht geantwortet, und obwohl ich heut und hier nur wenig zum Schreiben aufgelegt bin, so kann ichs doch nicht länger verschieben, Sie recht dringend um Antwort auf meine darin enthaltene Anfrage zu bitten, weil mir das von der größten Wichtigkeit ist. Mein Brief ist doch nicht etwa verloren gegangen? Ich frug Sie darin, welchen Tag im Sept. das erste späteste Termin sei, an welchem ich in Leipzig sein müsse. Daß es mir vor dem 10ten unmöglich sein wird, sehe ich jetzt sicher voraus, um so mehr leid thut es mir aber nicht jetzt schon Ihren Bescheid zu haben; wenn ich bis zum 15ten Zeit bekäme, so wäre mir das aus hundert Gründen unschätzbar. Glauben Sie mir dies, und wenn es irgend möglich ist, so thun Sie etwas dazu, daß meine Gegenwart in Leipzig nicht vor dem 15ten nothwendig werde. Mündlich werde ich Ihnen alle die wichtigen Gründe aus einander setzen, die mich dies so sehr dringend wünschen machen. Nun bitte ich Sie nur, antworten Sie mir umgehend auf diesen Brief, hieher poste restante, dann bekomme ich Ihre Antwort noch vor meiner Abreise, und kann meine Einrichtungen treffen. Sie thun mir einen großen Gefallen und erweisen mir einen großen Dienst, wenn Sie mir dies erfüllen.
Am Ende kreuzen sich unsre Briefe wieder, wie das vorige Mal; dann bitte ich Sie, wenn dies der Fall sein sollte, mir nur mit zwei Zeilen den Empfang dieser Zeilen anzuzeigen, und zwar unter Adresse
Es geht mir hier so langweilig, wie nur denkbar, unter solchen Umständen muß mir das Seebad prächtig bekommen; ich werde auch roth und dick und braun dabei. Alle Morgen schlucke ich Salzwasser nach Herzenslust, und seufze dabei über
Aber von Geschäften! Vergessen Sie ja nicht, mir über den Hoboer zu schreiben, ob ich mit dem
Ferner schreibt mir
Unsere Clique wird wohl nicht wieder zusammenkommen; seit dem Tode
Haag den 10ten Aug. 1836Lieber Schleinitz Sie haben mir auf meinen letzten Brief aus Frankfurt nicht geantwortet, und obwohl ich heut und hier nur wenig zum Schreiben aufgelegt bin, so kann ichs doch nicht länger verschieben, Sie recht dringend um Antwort auf meine darin enthaltene Anfrage zu bitten, weil mir das von der größten Wichtigkeit ist. Mein Brief ist doch nicht etwa verloren gegangen? Ich frug Sie darin, welchen Tag im Sept. das erste Concert sein sollte, und welches (nach Ihrem Privat-Ausspruch, nicht secundum Dörrien) der späteste Termin sei, an welchem ich in Leipzig sein müsse. Daß es mir vor dem 10ten unmöglich sein wird, sehe ich jetzt sicher voraus, um so mehr leid thut es mir aber nicht jetzt schon Ihren Bescheid zu haben; wenn ich bis zum 15ten Zeit bekäme, so wäre mir das aus hundert Gründen unschätzbar. Glauben Sie mir dies, und wenn es irgend möglich ist, so thun Sie etwas dazu, daß meine Gegenwart in Leipzig nicht vor dem 15ten nothwendig werde. Mündlich werde ich Ihnen alle die wichtigen Gründe aus einander setzen, die mich dies so sehr dringend wünschen machen. Nun bitte ich Sie nur, antworten Sie mir umgehend auf diesen Brief, hieher poste restante, dann bekomme ich Ihre Antwort noch vor meiner Abreise, und kann meine Einrichtungen treffen. Sie thun mir einen großen Gefallen und erweisen mir einen großen Dienst, wenn Sie mir dies erfüllen. Am Ende kreuzen sich unsre Briefe wieder, wie das vorige Mal; dann bitte ich Sie, wenn dies der Fall sein sollte, mir nur mit zwei Zeilen den Empfang dieser Zeilen anzuzeigen, und zwar unter Adresse M. I. Herz nach Frankfurt, wo ich gegen Ende dieses Monats zu sein hoffe. Es geht mir hier so langweilig, wie nur denkbar, unter solchen Umständen muß mir das Seebad prächtig bekommen; ich werde auch roth und dick und braun dabei. Alle Morgen schlucke ich Salzwasser nach Herzenslust, und seufze dabei über Clari Gebot und meinen Gehorsam; eine Badekur ist ein gräßlich Ding. Auch ist der Strand hier so öde und melancholisch, daß das Meer beinahe prosaisch dadurch werden könnte, aber ganz todt zu kriegen ist das Unthier doch nicht. Und dennoch so schön es sein mag, so wohl es thut und erfrischt, und so viele Verdienste die Holländer haben mögen, so wollte ich sie hingen alle mit einander, das Land dazu, und alle Badekarren und -kuren daneben. Mein Reisegefährte Schadow theilt diesen Wunsch von ganzem Herzen. Er lehrt mich Figuren in meine Landschaften zeichnen; das und Fluchen ist mein einziger Trost. O Jemine! Das Musikmachen habe ich schon lange aufgegeben. Mehr als Essen, Trinken und Schlafen und Baden fällt hier im Haag nicht vor. Mde. Lacarrière und Mde. Brockhaus und zwei andre Leipzigerinnen sind hier, baden auch, und amüsiren sich ganz leidlich. Glückliche Leute. Es macht sich aber curios, wenn man Damen, die man nur im Abonnements-Concert zu sehn gewohnt ist, auf einmal zwischen den Muscheln und Seesternen spazieren gehen sieht. Sie frugen mich auch, ob ich nicht eine neue Meeresstille in Scheveningen componiren würde. O Jemine! Aber von Geschäften! Vergessen Sie ja nicht, mir über den Hoboer zu schreiben, ob ich mit dem Düsseldorfer Ernst machen soll, oder nicht, was Sie ihm dort geben können, ob Kretschmar bestimmt abgeht &c! Wenn ichs hier noch erfahre, so kann ichs bei meiner Durchreise durch Dssldf leicht abmachen; brieflich ists mit solchen Leuten fast unmöglich. – Ferner habe ich einen ganz excellenten Fagottisten, der gar zu gern nach Leipzig möchte. Wie steht es mit Inten? Geht er wirklich? Soll ich den neuen schaffen, und wie viel bietet Leipzig? O beantworten Sie alles dies sehr pünctlich und ausführlich hieher. Ferner schreibt mir David (dem ich morgen apart antworte und danke) Sie hätten ein Quartier für mich im Reichelschen Garten gefunden. Da wäre mir ein großer Stein vom Herzen, und wenns noch zu haben ist, und Ihnen selbst wohlgefällt (Sie kennen mich ja) so nehmen Sie es nur gleich für mich von halben September an (oder ganzen, wenns sein müßte) Alles was mir David davon schreibt, macht mir den Mund wässrig danach. Also nehmen Sie, und sein im Voraus bedankt. Unsere Clique wird wohl nicht wieder zusammenkommen; seit dem Tode des alten R. gebe ich die Hoffnung auf Schlemmer wieder in Leipzig zu sehen. Ein guter Cumpan weniger. Ich höre aber bisjetzt noch nichts hier im Käselande; meine Frankfurter Freunde sind stumm, wie meine Leipziger – das soll eine Anspielung sein. Jetzt ists Abend spät, und ich muß zu Bett gehn. Leben Sie wohl und grüßen Sie vielmals Ihre liebe Frau und denken Sie freundlich an IhrenFelix Mendelssohn Bartholdy.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-08-10" xml:id="date_24b6ebc4-8842-41e6-aca9-bc8047d58aa1">10. 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Alle Morgen schlucke ich Salzwasser nach Herzenslust, und seufze dabei über <persName xml:id="persName_e5efac3d-83fb-49b4-8403-0344fbf06712">Clari<name key="PSN0110406" style="hidden">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName> Gebot und meinen Gehorsam; eine Badekur ist ein gräßlich Ding. Auch ist der Strand hier so öde und melancholisch, daß das Meer beinahe prosaisch dadurch werden könnte, aber ganz todt zu kriegen ist das Unthier doch nicht. Und dennoch so schön es sein mag, so wohl es thut und erfrischt, und so viele Verdienste die Holländer haben mögen, so wollte ich sie hingen alle mit einander, das Land dazu, und alle Badekarren und -kuren daneben. <persName xml:id="persName_78bb7894-9c45-48fa-9364-da54ddbe2a7a">Mein Reisegefährte Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> theilt diesen Wunsch von ganzem Herzen. Er lehrt mich Figuren in meine Landschaften zeichnen; das und Fluchen ist mein einziger Trost. O Jemine! Das Musikmachen habe ich schon lange aufgegeben. Mehr als Essen, Trinken und Schlafen und Baden fällt hier im Haag nicht vor<persName xml:id="persName_bc24a4e8-386f-4eb9-a87d-299353f53f1d">. Mde. Lacarrière<name key="PSN0112635" style="hidden">Lacarrière, Charlotte Sophie</name></persName> und <persName xml:id="persName_5ae2494e-d262-4d64-ae7a-0f0cdf1fa8db">Mde. Brockhaus<name key="PSN0110140" style="hidden">Brockhaus, Luise Konstanze (1805-1872)</name><name key="PSN0110141" style="hidden">Brockhaus, Pauline Therese (1808-1886)</name></persName> und zwei andre Leipzigerinnen sind hier, baden auch, und amüsiren sich ganz leidlich. Glückliche Leute. 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Also nehmen Sie, und sein im Voraus bedankt.</p><p>Unsere Clique wird wohl nicht wieder zusammenkommen; seit dem Tode <persName xml:id="persName_b2de32c2-4d0a-48ef-a8cb-097b6deaccb6">des alten R.<name key="PSN0114323" style="hidden">Rothschild, Nathan Mayer (seit 1817) de, (seit 1822) Baron de (1777-1836)</name></persName> gebe ich die Hoffnung auf <persName xml:id="persName_b70c8bee-3522-4ab8-a685-fff53393b2ab">Schlemmer<name key="PSN0114573" style="hidden">Schlemmer, Johann Friedrich (Fritz) Philipp Middleton (1803-1890)</name></persName> wieder in Leipzig zu sehen. Ein guter Cumpan weniger. Ich höre aber bisjetzt noch nichts hier im Käselande; meine Frankfurter Freunde sind stumm, wie meine Leipziger – das soll eine Anspielung sein. Jetzt ists Abend spät, und ich muß zu Bett gehn. Leben Sie wohl und grüßen Sie vielmals <persName xml:id="persName_bda63927-4ab6-4950-a015-ab97ca6e2c83">Ihre liebe Frau<name key="PSN0114568" style="hidden">Schleinitz, Juliane Constanze (1807-1852)</name></persName> und <seg type="closer" xml:id="seg_3e9ce681-8fce-4f5a-be98-2415f1328f3a">denken Sie freundlich</seg></p><closer rend="right" xml:id="closer_12bf70b4-3438-44f2-b8d7-bbbd51e542f1">an Ihren</closer><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed></div></body> </text></TEI>