fmb-1836-07-13-01
Hilfe zum Zitier-Tool
Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.
Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.
Frankfurt a. M., 13. Juli 1836
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenJuli 36
Auch ohne die Mahnung, die ich heut erhielt und gewiß verdiene, hätte ich heut oder morgen geschrieben, freilich nur um zu schreiben und ein Lebenszeichen zu geben, weil ich wenig anderes zu sagen weiß. Nimm mein schlechtes Correspondiren aber auch nicht zu ernsthaft, liebe Fanny, und sey nicht zu streng gegen mich; Du glaubst es nicht, wie viel und vielerlei mir auf dem Halse liegt, und allerdings ist es jetzt nicht mehr wie auf der Reise, wo ich meinen regelmäßigen lustigen Wochenbrief schreiben konnte; es umgiebt mich mehr Getreibe als damals, es bedarf der Anstrengung um das Nothwendigste sogar in Correspondenzsachen nur in Ordnung zu bringen, und wenn dann einmal ein Brief von mir über Gebühr lange ausbleibt, so wird’s doch wohl deswegen mit uns beim Alten geblieben sein, und weiter keinen tieferen Grund haben als daß ich gern nach Haus nur angenehme und nette Briefe schreiben möchte, und dazu jetzt selten komme. Ich lebe hier einen Tag wie den andern, bin entsetzlich viel von Musikern und Musikliebhabern heimgesucht, und darüber nicht eben in der besten Laune; ich habe vom frühen Morgen an kaum eine Stunde für mich. Nicht einmal der oftbesprochne
stendenke ich über Horchheim nach Düsseldorf, in beiden Orten einen Tag zu bleiben, und dann nach dem Haag, wo ich meine Badezeit aushalten werde. Gegen Ende August werde ich den Rhein herauf, und wieder über Frankfurt zurück, weil ich hier ein Paar Leute, und auch ein
Frankfurt den 13ten Juli 36Liebe Mutter und liebe Fanny Auch ohne die Mahnung, die ich heut erhielt und gewiß verdiene, hätte ich heut oder morgen geschrieben, freilich nur um zu schreiben und ein Lebenszeichen zu geben, weil ich wenig anderes zu sagen weiß. Nimm mein schlechtes Correspondiren aber auch nicht zu ernsthaft, liebe Fanny, und sey nicht zu streng gegen mich; Du glaubst es nicht, wie viel und vielerlei mir auf dem Halse liegt, und allerdings ist es jetzt nicht mehr wie auf der Reise, wo ich meinen regelmäßigen lustigen Wochenbrief schreiben konnte; es umgiebt mich mehr Getreibe als damals, es bedarf der Anstrengung um das Nothwendigste sogar in Correspondenzsachen nur in Ordnung zu bringen, und wenn dann einmal ein Brief von mir über Gebühr lange ausbleibt, so wird’s doch wohl deswegen mit uns beim Alten geblieben sein, und weiter keinen tieferen Grund haben als daß ich gern nach Haus nur angenehme und nette Briefe schreiben möchte, und dazu jetzt selten komme. Ich lebe hier einen Tag wie den andern, bin entsetzlich viel von Musikern und Musikliebhabern heimgesucht, und darüber nicht eben in der besten Laune; ich habe vom frühen Morgen an kaum eine Stunde für mich. Nicht einmal der oftbesprochne Clavierauszug des Oratoriums ist fertig, und doch geht mein Aufenthalt in Frankfurt schon bald zu Ende; nächste Woche dirigire ich den Caecilienverein zum letztenmale, und etwa den 25sten denke ich über Horchheim nach Düsseldorf, in beiden Orten einen Tag zu bleiben, und dann nach dem Haag, wo ich meine Badezeit aushalten werde. Gegen Ende August werde ich den Rhein herauf, und wieder über Frankfurt zurück, weil ich hier ein Paar Leute, und auch ein wunderschönes Mädchen gern noch einmal sähe, ehe ich mein Winterquartier beziehe, was im Anfang September geschehen muß. Dann fangen die 20 Abonnement-Concerte wieder an &c &c. Übrigens muß ich das den Leipzigern nachsagen, daß sie auch jetzt sich in ihren Briefen fortwährend so freundlich und zuvorkommend zeigen, daß es mir eine wahre Freude ist, und daß ich mir keine angenehmere Stellung wünschen kann. Ehre geschieht mir jetzt mehr als ich erwartet und als ich verdient habe, und wenn das zum Vergnügtsein verhälfe, so hätte ich das lustigste Leben von der Welt; in England werden sie den Paulus zum Musikfest aufführen, und zahlen mir einige Pfunde dafür auf die ich gar nicht gerechnet hatte; Spohr will in Cassel ein eignes Musikfest dafür veranstalten, und bei der musikal. Zeitung 1836 soll ich als Titelkupfer nach Hildebrand erscheinen. Das macht Dir gewiß alles Freude, liebe Mutter, und darum schreibe ich es; es beweiset aber nur sehr wenig, und darum sollte ich es nicht schreiben. – Du frägst mich ob ich in Piccadilly gewesen? Es war allerdings nicht zu umgehen, und ich habe einige Rothschild diners und Soirées mitgemacht, von denen ganze Briefe voll zu beschreiben wären, wenn einer noch den Humor dazu hätte. Aber das muß ich leider sagen, daß in der ganzen Familie (denn mit 4 Branchen davon steh ich auf zartem Fuß) niemand so unausstehlich, so dumm, so aufgeblasen ist, als meine werthe Cousine, Adelheid geb. Hertz. Es ist ein Meerwunder, und man möchte an der Vorsehung zweifeln, wenn mans mit ansieht, wie sie alle ihre Kinder eben so schlecht erzieht, wie die Hertzischen Kinder vor 15 Jahren erzogen wurden, und wenn man bedenkt, daß das nun immer so fortgehn wird. Dagegen habe ich die Pariserinn Betty wahrhaft lieb, eine höchst liebenswürdige, charmante Dame, und so auch die beiden Engländerinnen (die unverheirathet) und deren jüngster Bruder. Deine Cousine Mde. Hertz ist zwar meine Nachbarinn, aber ich kriege sie doch nicht zu sehn; sie nimmt keine Notiz von mir, ich keine von ihr, da kommen wir wenig zusammen. Tante Schlegel sehe ich dagegen fast täglich, und komme eben von ihr her, sie ist wohl und so lebendig und vergnügt wie Ihr sie kennt. Auch Hiller sehe ich täglich, und bin gern mit ihm. Liebe Mutter, entschuldige diesen ledernen Brief, ich wollte ihn nur nicht länger aufschieben, weil Du mir doch nicht eher schreibst, als bis ich wiedergeschrieben haben, und ich hätte gar zu gerne wieder viel Briefe von Dir. Übrigens vergiltst Du doch Böses mit Gutem, denn meine Briefe sind ledern und Deine prächtig; aber schreib mir bald. Und auch Du, liebe Fanny, und seid mir gut und lebt wohl. Euer FMB
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1836-07-13-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1836-07-13-01" xml:id="title_ab276791-251f-44bd-b1bf-5000a59c4ecf">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel in Berlin <lb></lb>Frankfurt a. M., 13. Juli 1836</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_bb5494df-6ff1-4208-ab0e-1f0a2d24e107">Auch ohne die Mahnung, die ich heut erhielt und gewiß verdiene, hätte ich heut oder morgen geschrieben, freilich nur um zu schreiben und ein Lebenszeichen zu geben, weil ich wenig anderes zu sagen weiß. Nimm</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_1b74d0fa-7bee-473f-901b-26ddcd09afca">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 5, 1384</idno></publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_a9d7fedf-4b11-4b46-9eee-722eeedc78c2"> <msDesc> <msIdentifier> <country>USA</country> <settlement>New York, NY</settlement> <institution key="RISM">US-NYp</institution> <repository>New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division</repository> <collection>*MNY++ Mendelssohn Letters</collection> <idno type="signatur">Vol. IVa/8 (276).</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1836-07-13-01" type="letter" xml:id="title_6c49dece-16fe-45f5-aca9-63d25cc2b716">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel in Berlin; Frankfurt a. M., 13. Juli 1836</title> <incipit>Auch ohne die Mahnung, die ich heut erhielt und gewiß verdiene, hätte ich heut oder morgen geschrieben, freilich nur um zu schreiben und ein Lebenszeichen zu geben, weil ich wenig anderes zu sagen weiß. Nimm</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-07-13" xml:id="date_47c14575-ebcd-4c4d-82d5-edc629dd8a2d">13. Juli 1836</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_78eb8c24-8e19-4336-9c33-603520b39e0f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_70b9a5ca-af43-405d-a1ca-8327a2a8efca"> <settlement key="STM0100204">Frankfurt a. M.</settlement> <country>Deutschland</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0111893" resp="receiver" xml:id="persName_36dacb01-f927-4b31-984a-513a795628f3">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName> <persName key="PSN0113260" resp="receiver" xml:id="persName_fe4e28f3-2e2c-4b91-918f-9a29a4242dd9">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_54d35a84-509d-4d16-9a7d-776f4e38a667"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_01c1f6c5-25d0-4dc7-89d5-abbeee7cbe9d"> <head> <address> <addrLine>An</addrLine> <addrLine>Mde. Mendelssohn Bartholdy.</addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine>Berlin</addrLine> <addrLine>Leipziger Straße no. 3.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_a1ebe65a-cc93-48b2-87c5-c49ae02581a1"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Frankfurt den <date cert="high" when="1836-07-13" xml:id="date_5f85cff3-3287-4c19-aeaa-8cf9b1b82502">13<hi rend="superscript">ten</hi> Juli 36</date></dateline><salute rend="left">Liebe Mutter und liebe Fanny</salute><p style="paragraph_without_indent">Auch ohne die Mahnung, die ich heut erhielt und gewiß verdiene, hätte ich heut oder morgen geschrieben, freilich nur um zu schreiben und ein Lebenszeichen zu geben, weil ich wenig anderes zu sagen weiß. Nimm mein schlechtes Correspondiren aber auch nicht zu ernsthaft, liebe Fanny, und sey nicht zu streng gegen mich; Du glaubst es nicht, wie viel und vielerlei mir auf dem Halse liegt, und allerdings ist es jetzt nicht mehr wie auf der Reise, wo ich meinen regelmäßigen lustigen Wochenbrief schreiben konnte; es umgiebt mich mehr Getreibe als damals, es bedarf der Anstrengung um das Nothwendigste sogar in Correspondenzsachen nur in Ordnung zu bringen, und wenn dann einmal ein Brief von mir über Gebühr lange ausbleibt, so wird’s doch wohl deswegen mit uns beim Alten geblieben sein, und weiter keinen tieferen Grund haben als daß ich gern nach Haus nur angenehme und nette Briefe schreiben möchte, und dazu jetzt selten komme. Ich lebe hier einen Tag wie den andern, bin entsetzlich viel von Musikern und Musikliebhabern heimgesucht, und darüber nicht eben in der besten Laune; ich habe vom frühen Morgen an kaum eine Stunde für mich. Nicht einmal der oftbesprochne <title xml:id="title_1c3bdf96-a3fc-41ce-a4a5-128eea9c365d">Clavierauszug des Oratoriums<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_msjtdhgv-ruyy-vc9l-c0q7-y84qxme41bhi"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> ist fertig, und doch geht mein Aufenthalt in Frankfurt schon bald zu Ende; nächste Woche dirigire ich den <placeName xml:id="placeName_6cb55397-adaf-41d3-bcb7-d8985a556ca2">Caecilienverein<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zum letztenmale, und etwa den 25<hi rend="superscript">sten</hi> denke ich über Horchheim nach Düsseldorf, in beiden Orten einen Tag zu bleiben, und dann nach dem Haag, wo ich meine Badezeit aushalten werde. Gegen Ende August werde ich den Rhein herauf, und wieder über Frankfurt zurück, weil ich hier ein Paar Leute, und auch ein <persName xml:id="persName_8257ed87-c3f1-44c1-8df7-c89a093619f7">wunderschönes Mädchen<name key="PSN0113252" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> gern noch einmal sähe, ehe ich mein Winterquartier beziehe, was im Anfang September geschehen muß. Dann fangen die 20 <placeName xml:id="placeName_e907723d-bcc0-45f2-b15c-feed1360474a">Abonnement-Concerte<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> wieder an &c &c. Übrigens muß ich das den Leipzigern nachsagen, daß sie auch jetzt sich in ihren Briefen fortwährend so freundlich und zuvorkommend zeigen, daß es mir eine wahre Freude ist, und daß ich mir keine angenehmere Stellung wünschen kann. Ehre geschieht mir jetzt mehr als ich erwartet und als ich verdient habe, und wenn das zum Vergnügtsein verhälfe, so hätte ich das lustigste Leben von der Welt; in England werden sie den <title xml:id="title_5e3225ac-2fcb-42a8-b03b-ed0d7d81b011">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_1ajqxwm4-utvd-rl0z-tghg-8070quk2kuso"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> zum <placeName xml:id="placeName_8e487fef-ea7f-454b-9e02-65c2b7d4d380">Musikfest<name key="NST0100513" style="hidden" subtype="" type="institution">Musical Festival (1836)</name><settlement key="STM0100512" style="hidden" type="">Liverpool</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> aufführen, und zahlen mir einige Pfunde dafür auf die ich gar nicht gerechnet hatte; <persName xml:id="persName_ea6a1e29-b97a-48ab-8205-98057379daec">Spohr<name key="PSN0115032" style="hidden">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name></persName> will in Cassel ein eignes Musikfest dafür veranstalten, und bei <title xml:id="title_738348b9-d875-4224-b2c1-920c5471b8c2">der musikal. Zeitung<name key="PSN0110112" style="hidden" type="author">Breitkopf & Härtel (bis 1786: Breitkopf), Verlag und Musikalienhandlung in Leipzig</name><name key="CRT0108283" style="hidden" type="periodical">Allgemeine Musikalische Zeitung</name></title> 1836 soll ich als <title xml:id="title_dc7eff9e-22b1-44e9-b6e3-04385d710ec7">Titelkupfer nach Hildebrand<name key="PSN0111982" style="hidden" type="author">Hildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874)</name><name key="CRT0109260" style="hidden" type="art">Felix Mendelssohn Bartholdy (Ölgemälde 1834)</name></title> erscheinen. Das macht Dir gewiß alles Freude, liebe Mutter, und darum schreibe ich es; es beweiset aber nur sehr wenig, und darum sollte ich es nicht schreiben. – Du frägst mich ob ich in Piccadilly gewesen? Es war allerdings nicht zu umgehen, und ich habe einige <persName xml:id="persName_5fa9ccc3-fa8c-4db6-ac4b-45faf3747aaf">Rothschild<name key="PSN0114304" style="hidden">Rothschild, Bankiersfamilie, begründet von → Mayer Amschel R. (1744-1812)</name></persName> diners und Soirées mitgemacht, von denen ganze Briefe voll zu beschreiben wären, wenn einer noch den Humor dazu hätte. Aber das muß ich leider sagen, daß in der ganzen <persName xml:id="persName_fbcb2a74-9799-4499-a928-eeae21a502d9">Familie<name key="PSN0114304" style="hidden">Rothschild, Bankiersfamilie, begründet von → Mayer Amschel R. (1744-1812)</name></persName> (denn mit 4 Branchen davon steh ich auf zartem Fuß) niemand so unausstehlich, so dumm, so aufgeblasen ist, als <persName xml:id="persName_64a8696f-edc5-4808-b957-d74b240c4a0d">meine werthe Cousine, Adelheid<name key="PSN0114307" style="hidden">Rothschild, Adelheid von (seit 1822) Freifrau von (1800-1853)</name></persName> geb. Hertz. Es ist ein Meerwunder, und man möchte an der Vorsehung zweifeln, wenn mans mit ansieht, wie <persName xml:id="persName_abf532ea-a2e0-404b-bef6-1c491aab4ea4">sie<name key="PSN0114307" style="hidden">Rothschild, Adelheid von (seit 1822) Freifrau von (1800-1853)</name></persName> alle ihre <persName xml:id="persName_35ece35d-4f6c-4e1f-a06b-646cc3e12c6c">Kinder<name key="PSN0114313" style="hidden">Rothschild, Charlotte Baroness de (1819-1884)</name><name key="PSN0114322" style="hidden">Rothschild, Mayer Carl von (1820-1886)</name><name key="PSN0114308" style="hidden">Rothschild, Adolph Carl Freiherr von (1823-1900)</name><name key="PSN0114325" style="hidden">Rothschild, Wilhelm Carl Freiherr von (1828-1901)</name><name key="PSN0114310" style="hidden">Rothschild, Anselm Alexander Carl Freiherr von (1835-1854)</name></persName> eben so schlecht erzieht, wie die <persName xml:id="persName_7eb967f9-1a7f-4e83-8cdb-1c9e348b3f78"><persName xml:id="persName_b304a2d0-9a90-4125-b069-3e6c6de8d6e7">Hertzischen Kinder<name key="PSN0111938" style="hidden" type="person">Hertz, David (Daniel?) (1816-1858)</name></persName><name key="PSN0114307" style="hidden">Rothschild, Adelheid von (seit 1822) Freifrau von (1800-1853)</name><name key="PSN0111932" style="hidden">Hertz, Helene Elisabeth Louise (1818-1893)</name><name key="PSN0111934" style="hidden">Hertz, Marianne (1792-1844)</name><name key="PSN0111929" style="hidden">Hertz, Adolf (1817-?)</name></persName> vor 15 Jahren erzogen wurden, und wenn man bedenkt, daß das nun immer so fortgehn wird. Dagegen habe ich die Pariserinn <persName xml:id="persName_55410ab6-ba55-4af0-baad-df6cb28b69a9">Betty<name key="PSN0114311" style="hidden">Rothschild, Betty Salomon Baronne de (1805-1886)</name></persName> wahrhaft lieb, eine höchst liebenswürdige, charmante Dame, und so auch die <persName xml:id="persName_bc639009-8a3e-4c64-a881-6be5bd28c139">beiden Engländerinnen<name key="PSN0114319" style="hidden">Rothschild, Louise de (seit 1822) Baroness de (1820-1894)</name><name key="PSN0114316" style="hidden">Rothschild, Hannah Mayer (seit 1817) de (seit 1822) Baroness de (1815-1864)</name></persName> (die unverheirathet) und <persName xml:id="persName_5d37b4ed-b6ed-4deb-9edd-cd3a2d57178c">deren jüngster Bruder<name key="PSN0114321" style="hidden">Rothschild, Mayer Amschel de (seit 1822) Baron de (1818-1874)</name></persName>. <persName xml:id="persName_586abac7-4f1c-43a0-92cb-a3f883f092d3">Deine Cousine Mde. Hertz<name key="PSN0111930" style="hidden">Hertz, Clara (1781-1851)</name></persName> ist zwar meine Nachbarinn, aber ich kriege sie doch nicht zu sehn; <persName xml:id="persName_072423f3-8db2-44c8-8322-d81df80d433b">sie<name key="PSN0111930" style="hidden">Hertz, Clara (1781-1851)</name></persName> nimmt keine Notiz von mir, ich keine von ihr, da kommen wir wenig zusammen. <persName xml:id="persName_fab00349-1589-484b-aee2-ae872402959b">Tante Schlegel<name key="PSN0114561" style="hidden">Schlegel, gesch. Veit, Dorothea Friederike (bis 1815 Brendel) (seit 1815) von (1764-1839)</name></persName> sehe ich dagegen fast täglich, und komme eben von ihr her, <persName xml:id="persName_6c830412-52c5-4010-a8c3-87e7f19418e7">sie<name key="PSN0114561" style="hidden">Schlegel, gesch. Veit, Dorothea Friederike (bis 1815 Brendel) (seit 1815) von (1764-1839)</name></persName> ist wohl und so lebendig und vergnügt wie Ihr sie kennt. Auch <persName xml:id="persName_09c83f7e-cd9b-4ab1-a7b2-3c4e38f3ecbf">Hiller<name key="PSN0112003" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></persName> sehe ich täglich, und bin gern mit ihm. Liebe Mutter, entschuldige diesen ledernen Brief, ich wollte ihn nur nicht länger aufschieben, weil Du mir doch nicht eher schreibst, als bis ich wiedergeschrieben haben, und ich hätte gar zu gerne wieder viel Briefe von Dir. Übrigens vergiltst Du doch Böses mit Gutem, denn meine Briefe sind ledern und Deine prächtig; <seg type="closer" xml:id="seg_a550aff2-a2ff-4630-afa7-b7176d933f68">aber schreib mir bald. Und auch Du, liebe Fanny, und seid mir gut und lebt wohl.</seg></p><signed rend="right">Euer</signed><signed rend="right">FMB</signed></div></body> </text></TEI>