]> Brief: fmb-1836-06-05-01

fmb-1836-06-05-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Heinrich Conrad Schleinitz in Leipzig <lb></lb>Köln, 5. Juni 1836 Seit das Musikfest vorüber ist, suchte ich vergeblich nach einem Moment der Muße um Ihnen meinen ersten Gruß und Brief von dieser Reise zu schicken; in Düsseldorf war aber des Treibens so viel, und alle Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 4, 1363.

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Deutschland Berlin D-B Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Handschriftenabteilung Nachl. Familie Mendelssohn, Kasten 4,3, Bl. 10-11. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Heinrich Conrad Schleinitz in Leipzig; Köln, 5. Juni 1836 Seit das Musikfest vorüber ist, suchte ich vergeblich nach einem Moment der Muße um Ihnen meinen ersten Gruß und Brief von dieser Reise zu schicken; in Düsseldorf war aber des Treibens so viel, und alle

4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy

-

Mendelssohn, Briefe 1830-1847, S. 126 f. (Teildruck, datiert 5. Juli 1836).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

5. Juni 1836 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Köln Deutschland Schleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881) Leipzig Deutschland deutsch
Herrn Herrn Advocaten H. C. Schleinitz. Wohlgeboren in Leipzig in der Hainstraße.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Cöln den 5ten Juni 1836.Lieber Schleinitz

Seit das Musikfest18. Niederrheinisches Musikfest (1836)DüsseldorfDeutschland vorüber ist, suchte ich vergeblich nach einem Moment der Muße um Ihnen meinen ersten Gruß und Brief von dieser Reise zu schicken; in Düsseldorf war aber des Treibens so viel, und alle mögliche Musik, Feste, und Vergnügungen wollten nicht aufhören und mich nicht zur Ruhe kommen lassen. So bin ich einen Tag lang hier geblieben, wo ich bei meinem alten PräsidentenVerkenius, Erich Heinrich Wilhelm (1776-1841) mich erholen und ausruhen kann, und wie es jetzt gegen Abend kommt, um die Zeit wo Sie wohl einmal in mein Zimmer kuckten, da drängt es mich Ihnen wenn auch nur auf einen Augenblick, die Hand zu geben und guten Abend zu sagen. Eigentlich hätten Sie mir wohl schon lange einmal ein Lebenszeichen geben sollen, denn gewiß waren Sie nicht halb so gedrängt und in Anspruch genommen, wie ich in dieser Zeit; aber thun Sie es jetzt nur recht bald, und sagen Sie mir Alles von Ihrem Leben seit dem 1sten Mai, cantate, wo ich von Leipzig fortfuhr. Wenn ich mir denke, wie den ganzen Winter über wohl kein Tag verging wo ich nicht von Ihnen wußte, und Sie von mir, was wir thaten und trieben, während jetzt schon mehr als 4 Wochen vergangen sind, in denen wir uns nichts mittheilen konnten, so ist das wohl die schlimmste Seite, von dem bewegten, unruhigen Reiseleben; die Briefe sind da nur ein schlechtes Surrogat, aber dennoch schreiben Sie bald, damit ich doch eingermaßen weiß, wie es mit Ihnen und bei Ihnen aussieht, und ob es alles noch so ist, wie vorher, was ich hoffe. Die GrabauGrabau, Eleonore Henriette (1805-1852) sagte mir, sie hätte Nachricht, daß Sie mit Ihrer FrauSchleinitz, Juliane Constanze (1807-1852) verreis’t gewesen; aber wenn das wahr ist, so nehmen Sie sich in Acht vor den Septembertagen, denn wenn Sie eine Reise gemacht haben, und nicht an den Rhein, so ist es scheuslich von Ihnen, (con fuoco) scheuslich. – Ich wette, Sie waren im Einspänner in Grimma, oder Zwenka, und haben noch mehr Zeit dazu gebraucht, als zur Rheinreise, und der Einspänner ist bekanntlich nicht halb so schön, als ein Zweispänner, und in Grimma fließt der Rhein nicht und war kein Musikfest, und gewiß Sie hätten sich bei diesem amüsirt und erfreut, für lange Zeit. 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Sie hätten sich an der Lust und Liebe mit der die ganze Sache ging, an dem unglaublichen Feuer mit dem die Chöre und das ganze Orchester losfuhren, gewiß von Herzen erfreut, wenn Sie auch manche Einzelheiten, namentlich in den Solos verdrossen hätten. Bei den PaulusArien<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_tkqzdiej-saop-jowd-4r37-vgcsk5oigmtw"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. 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Am zweiten Tag kam nur die 9te Symph. von Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108070" style="hidden" type="music">9. Sinfonie d-Moll, op. 125</name> im ersten Theile, dann im zweiten der Händelsche Psalm<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108966" style="hidden" type="music">O praise the Lord with one consent HWV 254</name>, die neue Ouvert. zu Leonore<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108036" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 C-Dur, op. 138</name> (die ich an Ihre Adresse nach Leipzig schicken lasse für den nächsten Winter) und zum Schluß der Davide penitente<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110087" style="hidden" type="music">Davidde penitente KV 469</name>, in welchem Mde. Fischer-AchtenFischer-Achten, Caroline (1806-1896) und Hr. SchmezerSchmezer, Friedrich (1807-1877) aus Frankfurt brillirten. Endlich wurde am Dinstag noch ein Morgen-Concert improvisirt, worin beide Ouvertüren zu Leonore<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108036" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 C-Dur, op. 138</name><name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108038" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b</name> vorkamen, die GrabauGrabau, Eleonore Henriette (1805-1852) mit ungeheuerm Jubel und Applaus non più di fiori sang, und DavidDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873) und ich die Beethovensche Sonate in amoll<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108078" style="hidden" type="music">Sonate für Klavier und Violine A-Dur, op. 47 (»Kreutzer«)</name> spielten (worüber ich mich auf DavidDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873) berufe, der die zugehörige Tollheit beschreiben wird) im zweiten Theil wurden verschiedene Sachen aus Paulus wiederholt und so schloß das Fest. Aber das alles wird Ihnen DavidDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873) und die GrabauGrabau, Eleonore Henriette (1805-1852) viel besser und umständlicher berichten, und drum will ich nur noch zusetzen, daß beideDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)Grabau, Eleonore Henriette (1805-1852) (was sie vielleicht nicht erzählen werden) so allgemein gefallen haben, daß es jedem ächten Leipziger eine Freude gewesen wäre es mit anzusehen. – Aber nun kommt der PräsidentVerkenius, Erich Heinrich Wilhelm (1776-1841), und will ich soll Clavier spielen, und dann Abendbrod essen drum ganz geschwind noch die Frage: wie steht es mit den Prager Sängerinnen? Und mit den Leipziger Sängern? und mit den großen Oratorien, die wir im nächsten Winter ohne Zweifel aufführen werden? Ich reise morgen nach Frankfurt ab, wo ich die nächsten 6 Wochen bleibe, und den Caecilien-VereinCäcilienvereinFrankfurt a. M.Deutschland dirigiren werde (Sie wollten es nicht glauben, nun geschieht es doch) und gegen Ende Juli will ich nach Haag ins Seebad gehen, weil ich glaube daß es mir gut thun wird. Meine Adresse für den ganzen Sommer von jetzt an ist „an Hrn. M. I. HertzHertz, Moses Isaak (1778-1848) in Frankfurt a m“ Bitte, bitte, schreiben Sie mir nun recht bald, und sagen Sie mir vor allen Dingen wie es Ihnen und Ihrer lieben FrauSchleinitz, Juliane Constanze (1807-1852), und wie es allen Freunden dort geht; und empfehlen Sie mich sehr vielmal an SchuncksSchunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S. und Clarus’Clarus, Familie von → Johann Christian August C. (an den Hrn. HofrathClarus, Johann Christian August (1774-1854) will ich in den nächsten Tagen schreiben und für seine freundlichen Zeilen danken). Von Frankfurt aus schreibe ich mehr und besser; leben Sie wohl, tausend Grüße Ihrer lieben FrauSchleinitz, Juliane Constanze (1807-1852) und geben Sie bald Nachricht

Ihrem FreundeFelix Mendelssohn Bartholdy.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)

P.S. Ich erfahre so eben, daß ich nicht frankiren kann, bitte also um Repressalien.

            Cöln den 5ten Juni 1836. Lieber Schleinitz
Seit das Musikfest vorüber ist, suchte ich vergeblich nach einem Moment der Muße um Ihnen meinen ersten Gruß und Brief von dieser Reise zu schicken; in Düsseldorf war aber des Treibens so viel, und alle mögliche Musik, Feste, und Vergnügungen wollten nicht aufhören und mich nicht zur Ruhe kommen lassen. So bin ich einen Tag lang hier geblieben, wo ich bei meinem alten Präsidenten mich erholen und ausruhen kann, und wie es jetzt gegen Abend kommt, um die Zeit wo Sie wohl einmal in mein Zimmer kuckten, da drängt es mich Ihnen wenn auch nur auf einen Augenblick, die Hand zu geben und guten Abend zu sagen. Eigentlich hätten Sie mir wohl schon lange einmal ein Lebenszeichen geben sollen, denn gewiß waren Sie nicht halb so gedrängt und in Anspruch genommen, wie ich in dieser Zeit; aber thun Sie es jetzt nur recht bald, und sagen Sie mir Alles von Ihrem Leben seit dem 1sten Mai, cantate, wo ich von Leipzig fortfuhr. Wenn ich mir denke, wie den ganzen Winter über wohl kein Tag verging wo ich nicht von Ihnen wußte, und Sie von mir, was wir thaten und trieben, während jetzt schon mehr als 4 Wochen vergangen sind, in denen wir uns nichts mittheilen konnten, so ist das wohl die schlimmste Seite, von dem bewegten, unruhigen Reiseleben; die Briefe sind da nur ein schlechtes Surrogat, aber dennoch schreiben Sie bald, damit ich doch eingermaßen weiß, wie es mit Ihnen und bei Ihnen aussieht, und ob es alles noch so ist, wie vorher, was ich hoffe. Die Grabau sagte mir, sie hätte Nachricht, daß Sie mit Ihrer Frau verreis’t gewesen; aber wenn das wahr ist, so nehmen Sie sich in Acht vor den Septembertagen, denn wenn Sie eine Reise gemacht haben, und nicht an den Rhein, so ist es scheuslich von Ihnen, (con fuoco) scheuslich. – Ich wette, Sie waren im Einspänner in Grimma, oder Zwenka, und haben noch mehr Zeit dazu gebraucht, als zur Rheinreise, und der Einspänner ist bekanntlich nicht halb so schön, als ein Zweispänner, und in Grimma fließt der Rhein nicht und war kein Musikfest, und gewiß Sie hätten sich bei diesem amüsirt und erfreut, für lange Zeit. Schon weil Sie an mir und meinem Paulus immer so freundlichen, guten Antheil nahmen, so dachte ich mir während der Proben und Aufführung wohl hundertmal, wie es Schade war, daß Sie nicht dabei waren. Sie hätten sich an der Lust und Liebe mit der die ganze Sache ging, an dem unglaublichen Feuer mit dem die Chöre und das ganze Orchester losfuhren, gewiß von Herzen erfreut, wenn Sie auch manche Einzelheiten, namentlich in den Solos verdrossen hätten. Bei den PaulusArien weiß ich Ihr ärgerliches Gesicht auswendig, wie sie etwas ledern und gleichgültig abgesungen wurden, und höre Sie auf den Heidenapostel im Schlafrock schimpfen, aber ebenso weiß ich auch wie Sie sich über „Mache dich auf“ was wirklich herrlich ging, gefreut hätten. Mir war es sonderbar; bei der ganzen Probenzeit und Aufführung dachte ich nur blutwenig ans Dirigiren, sondern lauschte drauf wie sich das Ganze machte, und ob es mir recht wäre, ohne an irgend etwas anders zu denken; wenn die Leute mir Tusch brachten, oder klatschten, so war mirs wohl einen Augenblick lieb, aber dann kam mir der Vater wieder in den Sinn, und dann suchte ich wieder den Gedanken an meine Arbeit zu gewinnen. So habe ich bei der ganzen Aufführung fast nur wie ein Zuhörer gestanden, und mir einen Eindruck des Ganzen zu erhalten gesucht. Vieles hat mir auch gar viele Freude gemacht; anderes nicht; aber an allem habe ich sehr gelernt, und hoffe es besser zu machen, wenn ich mal ein zweites Oratorium schreibe. Am zweiten Tag kam nur die 9te Symph. von Beethoven im ersten Theile, dann im zweiten der Händelsche Psalm, die neue Ouvert. zu Leonore (die ich an Ihre Adresse nach Leipzig schicken lasse für den nächsten Winter) und zum Schluß der Davide penitente, in welchem Mde. Fischer-Achten und Hr. Schmezer aus Frankfurt brillirten. Endlich wurde am Dinstag noch ein Morgen-Concert improvisirt, worin beide Ouvertüren zu Leonore vorkamen, die Grabau mit ungeheuerm Jubel und Applaus non più di fiori sang, und David und ich die Beethovensche Sonate in amoll spielten (worüber ich mich auf David berufe, der die zugehörige Tollheit beschreiben wird) im zweiten Theil wurden verschiedene Sachen aus Paulus wiederholt und so schloß das Fest. Aber das alles wird Ihnen David und die Grabau viel besser und umständlicher berichten, und drum will ich nur noch zusetzen, daß beide (was sie vielleicht nicht erzählen werden) so allgemein gefallen haben, daß es jedem ächten Leipziger eine Freude gewesen wäre es mit anzusehen. – Aber nun kommt der Präsident, und will ich soll Clavier spielen, und dann Abendbrod essen drum ganz geschwind noch die Frage: wie steht es mit den Prager Sängerinnen? Und mit den Leipziger Sängern? und mit den großen Oratorien, die wir im nächsten Winter ohne Zweifel aufführen werden? Ich reise morgen nach Frankfurt ab, wo ich die nächsten 6 Wochen bleibe, und den Caecilien-Verein dirigiren werde (Sie wollten es nicht glauben, nun geschieht es doch) und gegen Ende Juli will ich nach Haag ins Seebad gehen, weil ich glaube daß es mir gut thun wird. Meine Adresse für den ganzen Sommer von jetzt an ist „an Hrn. M. I. Hertz in Frankfurt a m“ Bitte, bitte, schreiben Sie mir nun recht bald, und sagen Sie mir vor allen Dingen wie es Ihnen und Ihrer lieben Frau, und wie es allen Freunden dort geht; und empfehlen Sie mich sehr vielmal an Schuncks und Clarus’ (an den Hrn. Hofrath will ich in den nächsten Tagen schreiben und für seine freundlichen Zeilen danken) . Von Frankfurt aus schreibe ich mehr und besser; leben Sie wohl, tausend Grüße Ihrer lieben Frau und geben Sie bald Nachricht
Ihrem Freunde
Felix Mendelssohn Bartholdy.
P. S. Ich erfahre so eben, daß ich nicht frankiren kann, bitte also um Repressalien.          
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Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-06-05" xml:id="date_f23e7b0b-a721-40b3-a6c9-353009f9e145">5. 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C. Schleinitz.</addrLine> <addrLine>Wohlgeboren</addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine>Leipzig</addrLine> <addrLine>in der Hainstraße.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_8278b3f2-fdcd-4de2-8dac-1c76cf5e2f33"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Cöln den <date cert="high" when="1836-06-05" xml:id="date_b6b86940-ff71-4199-8802-d8d0fbea7801">5<hi rend="superscript">ten</hi> Juni 1836</date>.</dateline><salute rend="left">Lieber Schleinitz</salute><p style="paragraph_without_indent">Seit das <placeName xml:id="placeName_9eae9020-d9ce-43a3-b870-13736ebd19f7">Musikfest<name key="NST0100342" style="hidden" subtype="" type="institution">18. Niederrheinisches Musikfest (1836)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> vorüber ist, suchte ich vergeblich nach einem Moment der Muße um Ihnen meinen ersten Gruß und Brief von dieser Reise zu schicken; in Düsseldorf war aber des Treibens so viel, und alle mögliche Musik, Feste, und Vergnügungen wollten nicht aufhören und mich nicht zur Ruhe kommen lassen. So bin ich einen Tag lang hier geblieben, wo ich bei <persName xml:id="persName_253df7d6-82ab-49ca-8c5b-6ac808313ef4">meinem alten Präsidenten<name key="PSN0115488" style="hidden">Verkenius, Erich Heinrich Wilhelm (1776-1841)</name></persName> mich erholen und ausruhen kann, und wie es jetzt gegen Abend kommt, um die Zeit wo Sie wohl einmal in mein Zimmer kuckten, da drängt es mich Ihnen wenn auch nur auf einen Augenblick, die Hand zu geben und guten Abend zu sagen. Eigentlich hätten Sie mir wohl schon lange einmal ein Lebenszeichen geben sollen, denn gewiß waren Sie nicht halb so gedrängt und in Anspruch genommen, wie ich in dieser Zeit; aber thun Sie es jetzt nur recht bald, und sagen Sie mir Alles von Ihrem Leben seit dem 1<hi rend="superscript">sten</hi> Mai, cantate, wo ich von Leipzig fortfuhr. Wenn ich mir denke, wie den ganzen Winter über wohl kein Tag verging wo ich nicht von Ihnen wußte, und Sie von mir, was wir thaten und trieben, während jetzt schon mehr als 4 Wochen vergangen sind, in denen wir uns nichts mittheilen konnten, so ist das wohl die schlimmste Seite, von dem bewegten, unruhigen Reiseleben; die Briefe sind da nur ein schlechtes Surrogat, aber dennoch schreiben Sie bald, damit ich doch eingermaßen weiß, wie es mit Ihnen und bei Ihnen aussieht, und ob es alles noch so ist, wie vorher, was ich hoffe. Die <persName xml:id="persName_e4dd22e2-eb30-498a-8d42-036234f2ec4b">Grabau<name key="PSN0111497" style="hidden">Grabau, Eleonore Henriette (1805-1852)</name></persName> sagte mir, sie hätte Nachricht, daß Sie mit <persName xml:id="persName_95f1d448-9288-42e9-bf74-b322ab95594f">Ihrer Frau<name key="PSN0114568" style="hidden">Schleinitz, Juliane Constanze (1807-1852)</name></persName> verreis’t gewesen; aber wenn das wahr ist, so nehmen Sie sich in Acht vor den Septembertagen, denn wenn Sie eine Reise gemacht haben, und nicht an den Rhein, so ist es scheuslich von Ihnen, (con fuoco) scheuslich. – Ich wette, Sie waren im Einspänner in Grimma, oder Zwenka, und haben noch mehr Zeit dazu gebraucht, als zur Rheinreise, und der Einspänner ist bekanntlich nicht halb so schön, als ein Zweispänner, und in Grimma fließt der Rhein nicht und war kein Musikfest, und gewiß Sie hätten sich bei diesem amüsirt und erfreut, für lange Zeit. Schon weil Sie an mir und <title xml:id="title_bc940fd6-adfb-4e34-b07d-311a220779f8">meinem Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jueehwyi-e4yt-chk7-zahy-hxqzkithudoe"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> immer so freundlichen, guten Antheil nahmen, so dachte ich mir während der Proben und Aufführung wohl hundertmal, wie es Schade war, daß Sie nicht dabei waren. Sie hätten sich an der Lust und Liebe mit der die ganze Sache ging, an dem unglaublichen Feuer mit dem die Chöre und das ganze Orchester losfuhren, gewiß von Herzen erfreut, wenn Sie auch manche Einzelheiten, namentlich in den Solos verdrossen hätten. Bei den <title xml:id="title_94196187-e6cb-4e5e-aaa1-a531ef0209a4">PaulusArien<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_tkqzdiej-saop-jowd-4r37-vgcsk5oigmtw"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> weiß ich Ihr ärgerliches Gesicht auswendig, wie sie etwas ledern und gleichgültig abgesungen wurden, und höre Sie auf den Heidenapostel im Schlafrock schimpfen, aber ebenso weiß ich auch wie Sie sich über <title xml:id="title_df1d07dd-2f8c-4f46-a236-35298d3f7926">„Mache dich auf“<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_5f9yn0jc-fnhf-9j7w-gokp-tt0b73u0k1qw"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> was wirklich herrlich ging, gefreut hätten. Mir war es sonderbar; bei der ganzen Probenzeit und Aufführung dachte ich nur blutwenig ans Dirigiren, sondern lauschte drauf wie sich das Ganze machte, und ob es mir recht wäre, ohne an irgend etwas anders zu denken; wenn die Leute mir Tusch brachten, oder klatschten, so war mirs wohl einen Augenblick lieb, aber dann kam mir der <persName xml:id="persName_f2aec167-7048-462b-a6b7-30c723259bef">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> wieder in den Sinn, und dann suchte ich wieder den Gedanken an meine Arbeit zu gewinnen. So habe ich bei der ganzen Aufführung fast nur wie ein Zuhörer gestanden, und mir einen Eindruck des Ganzen zu erhalten gesucht. Vieles hat mir auch gar viele Freude gemacht; anderes nicht; aber an allem habe ich sehr gelernt, und hoffe es besser zu machen, wenn ich mal ein zweites Oratorium schreibe. Am zweiten Tag kam nur die 9<hi rend="superscript">te</hi> <title xml:id="title_1e2c4832-e4a2-4a83-9e2c-4f6f315b703a">Symph. von Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108070" style="hidden" type="music">9. Sinfonie d-Moll, op. 125</name></title> im ersten Theile, dann im zweiten der <title xml:id="title_234daa87-11b8-48d7-8910-8cc7dca29b36">Händelsche Psalm<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108966" style="hidden" type="music">O praise the Lord with one consent HWV 254</name></title>, die <title xml:id="title_538fbf1f-3b0b-4008-97f4-dd89455b9b1f">neue Ouvert. zu Leonore<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108036" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 C-Dur, op. 138</name></title> (die ich an Ihre Adresse nach Leipzig schicken lasse für den nächsten Winter) und zum Schluß der <title xml:id="title_2836ede3-f08b-4a7d-9fb3-2c01dab5b799">Davide penitente<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110087" style="hidden" type="music">Davidde penitente KV 469</name></title>, in welchem <persName xml:id="persName_6c04980d-62dd-4641-ac83-d4a135b2d74e">Mde. Fischer-Achten<name key="PSN0111070" style="hidden">Fischer-Achten, Caroline (1806-1896)</name></persName> und <persName xml:id="persName_9b12c50a-fe7b-46c2-a6ce-7803bfe5ea3b">Hr. Schmezer<name key="PSN0114598" style="hidden">Schmezer, Friedrich (1807-1877)</name></persName> aus Frankfurt brillirten. Endlich wurde am Dinstag noch ein Morgen-Concert improvisirt, worin <title xml:id="title_28f23c09-f5d9-4473-b296-8b2d48b4eebf">beide Ouvertüren zu Leonore<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108036" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 C-Dur, op. 138</name><name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108038" style="hidden" type="music">Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b</name></title> vorkamen, die <persName xml:id="persName_a548dbef-2d85-43e3-a2b4-cb5f19bd1d47">Grabau<name key="PSN0111497" style="hidden">Grabau, Eleonore Henriette (1805-1852)</name></persName> mit ungeheuerm Jubel und Applaus non più di fiori sang, und <persName xml:id="persName_e30e7291-b6a6-4061-aa3d-eae1500caff9">David<name key="PSN0110564" style="hidden">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> und ich die <title xml:id="title_0abbe65c-4cee-4d57-bdd8-40c4d4d7f8f6">Beethovensche Sonate in amoll<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108078" style="hidden" type="music">Sonate für Klavier und Violine A-Dur, op. 47 (»Kreutzer«)</name></title> spielten (worüber ich mich auf <persName xml:id="persName_d9047772-1e0b-45f8-90a7-f52abe5b895c">David<name key="PSN0110564" style="hidden">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> berufe, der die zugehörige Tollheit beschreiben wird) im zweiten Theil wurden verschiedene Sachen aus Paulus wiederholt und so schloß das Fest. Aber das alles wird Ihnen <persName xml:id="persName_4ea30fe6-951c-4a8a-bdb9-0f152a38d3ef">David<name key="PSN0110564" style="hidden">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_cebe1967-9775-478c-845c-7ccf92ba4905">Grabau<name key="PSN0111497" style="hidden">Grabau, Eleonore Henriette (1805-1852)</name></persName> viel besser und umständlicher berichten, und drum will ich nur noch zusetzen, daß <persName xml:id="persName_f85ef004-11d1-46c9-95fa-da8324bcc7d3">beide<name key="PSN0110564" style="hidden">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name><name key="PSN0111497" style="hidden">Grabau, Eleonore Henriette (1805-1852)</name></persName> (was sie vielleicht nicht erzählen werden) so allgemein gefallen haben, daß es jedem ächten Leipziger eine Freude gewesen wäre es mit anzusehen. – Aber nun kommt der <persName xml:id="persName_c6c9c50a-11c2-405a-8ad1-271bb3944137">Präsident<name key="PSN0115488" style="hidden">Verkenius, Erich Heinrich Wilhelm (1776-1841)</name></persName>, und will ich soll Clavier spielen, und dann Abendbrod essen drum ganz geschwind noch die Frage: wie steht es mit den Prager Sängerinnen? Und mit den Leipziger Sängern? und mit den großen Oratorien, die wir im nächsten Winter ohne Zweifel aufführen werden? Ich reise morgen nach Frankfurt ab, wo ich die nächsten 6 Wochen bleibe, und den <placeName xml:id="placeName_33e143eb-3903-4f16-9691-457e01662e67">Caecilien-Verein<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> dirigiren werde (Sie wollten es nicht glauben, nun geschieht es doch) und gegen Ende Juli will ich nach Haag ins Seebad gehen, weil ich glaube daß es mir gut thun wird. Meine Adresse für den ganzen Sommer von jetzt an ist „an <persName xml:id="persName_89bd5155-4af8-4952-b502-e887179d7498">Hrn. M. I. Hertz<name key="PSN0111935" style="hidden">Hertz, Moses Isaak (1778-1848)</name></persName> in Frankfurt <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">a</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">m</hi></formula>“ Bitte, bitte, schreiben Sie mir nun recht bald, und sagen Sie mir vor allen Dingen wie es Ihnen und <persName xml:id="persName_bb02d489-2ba9-40fb-a5d2-6a0865ea3f0b">Ihrer lieben Frau<name key="PSN0114568" style="hidden">Schleinitz, Juliane Constanze (1807-1852)</name></persName>, und wie es allen Freunden dort geht; und empfehlen Sie mich sehr vielmal an <persName xml:id="persName_e38b3ebc-d5f6-4bc5-bf94-674b37ff50fa">Schuncks<name key="PSN0114759" style="hidden">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName> und <persName xml:id="persName_86f10524-458c-4058-91bb-964656338b98">Clarus’<name key="PSN0110403" style="hidden">Clarus, Familie von → Johann Christian August C.</name></persName> (an den <persName xml:id="persName_00f0c0b5-21a3-4e08-bc09-01bf07175a89">Hrn. Hofrath<name key="PSN0110406" style="hidden">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName> will ich in den nächsten Tagen schreiben und für seine freundlichen Zeilen danken). Von Frankfurt aus schreibe ich mehr und besser; leben Sie wohl, tausend Grüße <persName xml:id="persName_31c6d78a-e6ed-4f17-9893-d438093ff77f">Ihrer lieben Frau<name key="PSN0114568" style="hidden">Schleinitz, Juliane Constanze (1807-1852)</name></persName> und <seg type="closer" xml:id="seg_7db8c103-4633-4e37-8b24-7d2e2f865f35">geben Sie bald Nachricht</seg></p><signed rend="right">Ihrem Freunde</signed><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_284d4295-d442-464e-be5c-785140eeb1cf"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">P.S. Ich erfahre so eben, daß ich nicht frankiren kann, bitte also um Repressalien.</p></div></body> </text></TEI>