fmb-1835-08-02-02
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Berlin, 2. August 1835
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenAug. 1835
Gestern Abend haben wir unsre Reise glücklich beendigt.
Wir erhielten hier Deinen lieben Brief aus Aachen, für den ich Dir vielmal danke. Wie recht hast Du,
Berlin den 2ten Aug. 1835. Liebes Beckchen Gestern Abend haben wir unsre Reise glücklich beendigt. Mutter ist wohl, munter, ohne Erhitzung und Aufregung, von dieser großen Sorge sind wir also nun befreit. Wie mir zu Muthe ist, kannst Du Dir denken, als sey ich aus einem unruhigen Schlafe aufgewacht. Vater war vorausgereis’t von Wittenberg aus, so reis’te ich gestern den ganzen Tag mit Mutter allein, und hatte die Freude um 6 Uhr in den Thorweg der Leipziger Straße no. 3 einzufahren, und sie neben mir so gesund, ja fast noch wohler, zu sehen, als Du sie am Tage der Abreise verlassen. Nur muß man in der ersten Zeit noch alle aufregenden Personen und Gespräche zu entfernen suchen, was ich gestern in Potsdam recht sah, wo M. Simpsone vorüberging, mit mir sprach, und wo Mutter gleich wieder so lebhaften Theil am Gespräch nahm, daß ich mich freute als die Suppe kam und ich Simpsone dadurch verscheuchen konnte. Auch hier in den ersten Tagen wird viel verscheucht werden müssen, aber das thue ich auch redlich, obwohl Vater mich für einen Pedanten erklärt, ich habe sogar Paul und Albertine gestern Abend nach einer Stunde weggeschickt. Heut früh zum Frühstück kommen sie wieder. Wenn Du wieder hier bist, so bitte ich Dich meine Stelle des Pedanten von Zeit zu Zeit zu übernehmen, und drauf zu sehen, daß Mutter sich selbst nicht zu sehr montirt, das halte ich für das einzig zu Befürchtende. Ich habe auf der Reise gesehen, wie leicht sie erregbar ist, aber auch wie leicht mit ein Paar Worten die Sache abgewendet werden kann; zugleich scheint sie doch im Grund eine feste Gesundheit zu haben, da ihr die ganze Reise, mit der Abwechselung von Kälte und Hitze, mit dem sehr beschwerlichen Staub, so vortrefflich bekommen ist, also bitte ich Dich wende alle Erhitzungen (namentlich die geistigen) soviel wie möglich ab, wenn Du hier bist, und spiele meine angefangne Pedantenrolle recht ordentlich fort. – Vater ist wohl und munter, er fing während des Ruhetags in Cassel an sehr über den Magen zu klagen, und wurde entsetzlich verstimmt dadurch, aber ich glaube die Ungeduld und Sorge auf einer so langsamen Reise hatten am meisten Theil daran, und gestern Abend fanden wir ihn hier so vergnügt und liebenswürdig und froh, daß es eine Freude war. Paul und Albertine hatten den Saal mit zwei großen Willkommenkuchen geschmückt, der Gärtner hatte Blumenguirlanden die Wände entlang gezogen, Paul hatte mir Weintrauben über mein Portrait gehängt und dabei geschrieben, „den glatten Kopf besteck ich Dir mit Trauben, und küsse Dir Dein schönes Ohrenpaar“ das roch und duftete herrlich in den Zimmern. Luise Hensel kam später wurde aber bald wieder verbannt, da das Gespräch mir zu laut wurde. So blieben gegen 9 Vater und Mutter und ich allein sitzen, ich bekam Mohrenköpfe zu essen, legte meine Cassenrechnung ab, wir sprachen wenig, freuten uns aber alle drei innerlich, und jetzt ist Sonntag früh, ich sitze in meiner ehemaligen Stube, warte mit dem Frühstück bis Mutter aufgestanden ist, schreibe Dir indessen, und so wäre die Reise glücklich vollendet. Wir erhielten hier Deinen lieben Brief aus Aachen, für den ich Dir vielmal danke. Wie recht hast Du, Walter nicht mitzunehmen, Du kluges liebes Töpfchen! Nun habe ich eine Bitte. Erstlich mal, schreib mir doch jetzt auf dieser Reise und dann im Winter auch recht oft, eine größere Freude kannst Du mir gar nicht machen. Und dann, sobald Du über Eure weitern Reisepläne nach dem Seebad was weißt, theile mir es gleich mit (adressire an Vater hieher) es ist zwar nicht gewiß, ob ich noch einmal an den Rhein in diesem Herbst komme, aber es wäre doch möglich, und wenn ich Eure Bewegungen ein Weilchen vorher weiß, ließe sichs vielleicht gut einrichten, daß ich von Frankfurt aus Euch noch ein Paar Tage lang träfe. Auf jeden Fall gieb mir Nachricht, damit wir uns nicht etwa gar um ein Paar Meilen verfehlen. Hier bleibe ich nur so lange mich die Eltern brauchen. Es ist mir gar zu sauersüß hier zu Muthe. Wie ich gestern Abend ein Paar Akkorde auf meinem alten Clavier spielte, und dann einmal langsam durch den Garten ging, und bei den staubigen Büchern von Vater, und dem alten Musikschrank, und meiner kleinen Straßenthür hier unten, und dem großen Gartensaal – da wird mir gar zu sauersüß dabei. Es kommt wohl noch dazu, daß Ihr alle gerade nicht zu Hause seid, aber auch ohne dies ist es doch ein eigen Ding ums elterliche Haus, wo solch eine Menge Gestalten aus andrer Zeit wiederkommen. – Nun lebwohl, liebes Beckchen, bleib mir gut. Grüße Dirichlet und badet plaisirlich. Eben war mein ehemaliger Barbier auch wieder da „der liebenswürdigste Mann von ganz Berlin. “ Nun wird’s Kaffeezeit, dann kauf ich mir einen neuen Hut, der alte ist entzweirig sagt August. Dann besuch ich Paul in seiner neuen Wirthschaft, und Alexander, und Bendixens vorher und Heidemanns, Droysen, Bendemanns. Adies.
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Hier bleibe ich nur so lange mich die <persName xml:id="persName_7a61c7bf-8fe2-43d0-80cd-4a1bfdd02f8f">Eltern<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name><name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> brauchen. Es ist mir gar zu sauersüß hier zu Muthe. Wie ich gestern Abend ein Paar Akkorde auf meinem alten Clavier spielte, und dann einmal langsam durch den Garten ging, und bei den staubigen Büchern von <persName xml:id="persName_60dbe435-d803-4a7e-9aac-e281484a3260">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, und dem alten Musikschrank, und meiner kleinen Straßenthür hier unten, und dem großen Gartensaal – da wird mir gar zu sauersüß dabei. Es kommt wohl noch dazu, daß Ihr alle gerade nicht zu Hause seid, aber auch ohne dies ist es doch ein eigen Ding ums elterliche Haus, wo solch eine Menge Gestalten aus andrer Zeit wiederkommen. – Nun lebwohl, liebes Beckchen, bleib mir gut. Grüße <persName xml:id="persName_41a6e75a-d96d-4cab-9d11-2116c6a5553d">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> und badet plaisirlich. Eben war mein ehemaliger Barbier auch wieder da „der liebenswürdigste Mann von ganz Berlin.“ Nun wird’s Kaffeezeit, dann kauf ich mir einen neuen Hut, der alte ist entzweirig sagt <persName xml:id="persName_d15b03ea-3537-4e7c-b710-df3437836f1a">August<name key="PSN0109584" style="hidden">August, Hausangestellter der → Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin (1830-1836)</name></persName>. Dann besuch ich <persName xml:id="persName_69583a5e-1158-4b9d-93bf-99f44c5af61b">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> in seiner neuen Wirthschaft, und <persName xml:id="persName_0065da66-16bb-40dd-bb46-64a1f5dd0892">Alexander<name key="PSN0113213" style="hidden">Mendelssohn, Alexander (1798-1871)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_8830a566-9aee-4d12-a804-709cfa19c2b3">Bendixens<name key="PSN0109803" style="hidden">Bendemann, Familie von → Anton Heinrich B.</name></persName> vorher und <persName xml:id="persName_cdb3fef0-8396-4c2e-ac5d-4233783ef3a5">Heidemanns<name key="PSN0111958" style="hidden">Heydemann, Familie von → Albert Gustav H. und → Ludwig Eduard H.</name></persName>, <persName xml:id="persName_8b35b267-fa9b-4835-a457-fab1122302c4">Droysen<name key="PSN0110751" style="hidden">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</name></persName>, <persName xml:id="persName_fec73a3c-23ec-4737-9f9f-006d83709dae">Bendemanns<name key="PSN0109804" style="hidden">Bendemann, Familie von → Eduard B.</name></persName>. <seg type="closer" xml:id="seg_9625098b-3f47-4ce2-acc9-9243d1f12cad">Adies.</seg></p></div></body> </text></TEI>