]> Brief: fmb-1835-02-05-01

fmb-1835-02-05-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Louis Spohr in Kassel <lb></lb>Düsseldorf, 5. Februar 1835 So eben erhielt ich Ihr gütiges Schreiben vom 3ten und da Sie meine Antwort und die Abschrift eines früheren Briefes des Hofrath Rochlitz abwarten wollen, ehe Sie demselben wieder schreiben, so muß ich eilen Ihnen Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 4, 1086.

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. c. 42, fol. 16-17. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Louis Spohr in Kassel; Düsseldorf, 5. Februar 1835 So eben erhielt ich Ihr gütiges Schreiben vom 3ten und da Sie meine Antwort und die Abschrift eines früheren Briefes des Hofrath Rochlitz abwarten wollen, ehe Sie demselben wieder schreiben, so muß ich eilen Ihnen

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Felix Mendelssohn Bartholdy

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Schletterer, Des Heilands letzte Stunden, Nr. 18, S. 139 f.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

5. Februar 1835 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Düsseldorf Deutschland Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859) Kassel Deutschland deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Düsseldorf den 5ten Februar 1835.Hochgeehrter Herr Kapellmeister!

So eben erhielt ich Ihr gütiges Schreiben vom 3ten und da Sie meine Antwort und die Abschrift eines früheren Briefes des Hofrath RochlitzRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) abwarten wollen, ehe Sie demselben wieder schreiben, so muß ich eilen Ihnen dieselben zuzuschicken, damit diese unangenehme Sache sobald als möglich zu einem Ziele komme. Wie leid thut es mir zu sehen, wie RochlitzRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) die ganze Angelegenheit nimmt; schon daß erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) mir früher schrieb, daß er dies sein bestes Werk nun mit Aufwand aller seiner Kräfte vollendet habe, und die ganze Erregbarkeit, die erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) dabei zeigte, konnte ich nicht recht begreifen, weil es mir durchaus wie Ihnen nur als eine Umarbeitung oder Verbesserung der Diction des früheren Werkes<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name>, gegen das er protestiren will, erscheint. Auch ist mir es nicht lieb, daß ich die Stelle copiren soll, auf die erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) sich bezieht, denn ich muß Ihnen gestehen, daß sie mir gerade bei der Art, wie er dies Werk<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name> ansieht, und gerade im ersten Briefe, in welchem sie stand, durchaus nicht gefallen hat. Da er indeß selbst verlangt, daß ich sie Ihnen mittheile, so schreibe ich sie hier ab, es ist der Schluß des Briefs, den ich mit der ersten Übersendung des Manuscripts erhielt, der Anfang enthält nur was ich oben gesagt, wie er das Werk<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name> in seinen besten Stunden und zu seiner besten Dichtung vollendet habe, und daß ich es gleicherweise mit Aufwand aller Kräfte nun in Musik setzen möchte. Dann fährt er fort „hier könnte ich schließen, aber lassen Sie mich alles äußern, was mir vorschwebt, sogar von der Zukunft des Werks<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name>. Ich bin der festen Überzeugung, wir beide arbeiten hier keineswegs blos für (wenn auch edeln) Genuß Anderer: wir arbeiten auch für Veredlung des Innern unsrer Mitbrüder. Wer dergleichen thut, der darf nicht nur – er soll auch alle rechtliche und angemeßne Hülfsmittel ergreifen, wodurch sein Werk sobald und so weit verbreitet werde, als thunlich, und daß dies so sicher geschehe, als möglich. Dazu dienet nun jetzt (wir können die Welt nicht ändern) vor Allem besonders bei Werken dieser Art daß, vor öffentlicher Bekanntmachung, Große der Erde – aber nur wahrhaft geehrte und geliebte – dafür interessirt werden. Ich thue darum den Vorschlag: Sobald Sie das Werk vollendet haben schreiben wir gemeinschaftlich Ihrem KönigePreußen, Friedrich Wilhelm III. von (1770-1840) (vielleicht auch dem KronprinzenPreußen, Friedrich Wilhelm Prinz von (seit 1840) Friedrich Wilhelm IV. von (1795-1861) und dessen GemahlinnBayern, Elisabeth Prinzessin von (1837-1898)) der Großfürstinn in WeimarSachsen-Weimar-Eisenach, Maria Pawlowna (Marija Pavlovna) von (1786-1859), durch diese dem Kaiser NikolausRussland, Nikolaus I. Pawlowitsch (Nikolaj Pavlovič) von (1796-1855) und seiner GemahlinnRussland, Alexandra Fjodorowna (Aleksandra Fëdorovna) von (1798-1860), und etwa unserm geistvollen, kunstliebenden Prinzen JohannSachsen, Johann Nepomuk Maria Joseph von (1801-1873). Wir empfehlen denselben unser Werk einfach und in geziemender Haltung; Gedicht und Clavierauszug in Abschrift wird beigelegt, und wir fragen an, ob die Partitur folgen dürfe. Für Gelegenheit an die Preußischen Herrschaften zu gelangen wird es Ihnen nicht fehlen. Selbst SpontiniSpontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851), wenn er nichts Persönliches gegen Sie hat, wird erinnern, und das ist bei Großen der Erde, auch den Besten, meist nöthig. Ich weiß, daß SpontiniSpontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851) mich achtet und gern mir gefällig sein möchte. Was die übrigen genannten Herrschaften betrifft, so glaube ich selbst sicher einstehen zu können. Wenn Sie auf Verschwiegenheit sicher rechnen können (das ist hier nothwendig, denn ein erlauschtes oder in die Welt hinaus gedrucktes Wort würfe Alles um) so ziehen Sie die Besonnensten, Umsichtigsten und Erfahrensten Ihrer FamilieMendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy zu Rathe und geben Sie mir aufrichtige ganz rückhaltlose Antwort. – Auf Gewinn gehe ich bei allem jenem so wenig aus, als Sie es thun werden; es ist das für uns beide nicht einmal Verdienst und wir können auch darum freier in die Welt hinaus blicken.“

Dies ist der Schluß des RochlitzischenRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) Briefes, der mich gerade bei dem Gedanken an ein größeres Werk, und ein geistliches dazu, unangenehm berührt hat; denn wenn ich an solche Vorsichtsmaßregeln oder gar an die Großen der Erde denken soll, ehe ich nur noch eine Note von dem Werke da stehn habe, so wird mir gleich sehr kühl zu Muthe. Dies mag freilich anders sein, wenn die Partitur fertig da liegt, und somit ist es Ihnen vielleicht lieb, RochlitzensRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) Ansicht hierüber zu kennen; mir aber, der ich das in dem Briefe las, welcher das Manuscript zu mir begleitete, kam das nicht musikalisch vor, und daß erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) Ihren freundlichen Antrag nun für den Kaiser NikolausRussland, Nikolaus I. Pawlowitsch (Nikolaj Pavlovič) von (1796-1855) ausschlägt, gefällt mir auch nicht recht. Doch scheint mir, daß bei alle dem, wie bei der ganzen Angelegenheit, wohl sein höheres Alter und der Werth den erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) deshalb auf diese Arbeit legt, in Anschlag kommen müsse, und deshalb erlaube ich mir eine Bitte an Sie (nehmen Sie sie mir aber nicht übel)

Könnten Sie es nicht über sich gewinnen, (ehe Sie RochlitzRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) definitiv schreiben, daß Sie beim alten Text bleiben wollten) ihm noch einmal zu sagen, daß sie seinen neuen Text durchaus annehmen würden, hingegen müsse erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) die Musik Ihnen allein überlassen? Sie schreiben selbst, daß Sie ihm zu Liebe gern ändern würden, nur verderben könnten und wollten Sie Ihr Werk nicht; nun scheint mir daß fast überall (wenn erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) die Stelle beim Erdbeben ändert) ohne bedeutende Opfer von Ihrer Seite seine neuen Worte gebraucht werden könnten (wenigstens an den meisten Stellen, da das Maaß sich gleich geblieben ist) und wenn Sie auf diese Weise seine Bearbeitung ganz und gar annähmen, so scheint mir es unmöglich, daß erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) seinerseits auf seiner Ansicht von der Musik z. B. den vierstimmigen Worten des Christus beharrte. Und dies glaube ich um so eher, wenn Sie ihm diesen Vorschlag machten weil erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) sich dann sagen müßte, daß nun eigentlich aller Vortheil auf seiner Seite wäre und daß erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) nur seine musikalischen Ansichten darüber den Ihrigen unterordnen müsse, was ja ohnehin bei jedem anerkannten Meister, der es componiren könnte, derselbe Fall sein würde. Vielleicht ließe sichs so machen, daß dann die weitre Discussion über die Worte des Christus ganz umgangen würde, da erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) so außerordentlich susceptible in diesem Punct scheint, bei kälterem Blut muß er selbst sagen, wie Sie, daß darüber dem Componisten die Entscheidung allein zusteht, und dies wird erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) auch gewiß, da Sie aus obiger Stelle sehen, wie sehr ihm auch der äußerliche Erfolg am Herzen liegt, und da erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) es deshalb gewiß später als ein Glück für sein Werk betrachten wird, wenn Sie es in der neuen Umarbeitung durch Ihre Musik einführen. Entschuldigen Sie daß ich mir die Freiheit nehme, Ihnen diesen Vorschlag zu machen, aber ich bin überzeugt, daß ein Brief des Inhalts, wie Sie ihn an RochlitzRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) schreiben wollten, wenn er ihn auch provocirt hat, ihn bald doch sehr schmerzen und betrüben würde; und bei seinem hohen Alter, seinen vielfachen Verdiensten, und der großen Liebe mit der erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) diese Arbeit betrachtet würde dies mir und gewiß eigentlich auch Ihnen leid sein.

Was die Worte des Christus betrifft, so bin ich darin so ganz Ihrer Meinung und finde das, was Sie im zweiten Briefe an RochlitzRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) darüber sagen, so treffend, daß ich nicht begreife, wie erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) es nicht einsah; denn wenn er es auch ansehn mag wie er will, so bleibt die Schwierigkeit bei 60 oder 100 Leuten, die die Worte aussprechen dieselbe, oder wird größer; aber eigentlich ist sie gar nicht da. Denn ich denke was ein rechter Musiker mit Andacht und von Herzen hinschreibt das wird wohl keine Profanation sein, ob es nun Solo oder Chor oder was sonst sein mag.

Entschuldigen Sie diesen langen Brief mit dem ich Sie belästige. Ich wollte Ihnen alles das gern sagen, weil ich RochlitzsRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) Stellung gegen Sie, nach Ihren Briefen, so sehr zu seinem Nachtheile und so wenig hübsch finde, daß ich gar zu sehr wünschte, erRochlitz, Johann Friedrich (1769-1842) würde dahin gebracht dies selbst einzusehen und: – Ihnen nicht bei Ihrem neuen Werk<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110906" style="hidden" type="music">Des Heilands letzte Stunden WoO 62</name> durch seine Protestation, wenn auch nur für einen Augenblick, Ihre Freude am Gelingen zu trüben. Es thut mir leid jemand, den ich sonst achten mußte, so gänzlich fehlgreifen zu sehen, und weil Ihnen gewiß eben so dabei zu Muth ist hoffe ich daß Sie meine Bitte und diesen Brief freundlich aufnehmen. Ich bin mit herzlicher Verehrung

Ihr ergebnerFelix Mendelssohn Bartholdy.
            Düsseldorf den 5ten Februar 1835. Hochgeehrter Herr Kapellmeister!
So eben erhielt ich Ihr gütiges Schreiben vom 3ten und da Sie meine Antwort und die Abschrift eines früheren Briefes des Hofrath Rochlitz abwarten wollen, ehe Sie demselben wieder schreiben, so muß ich eilen Ihnen dieselben zuzuschicken, damit diese unangenehme Sache sobald als möglich zu einem Ziele komme. Wie leid thut es mir zu sehen, wie Rochlitz die ganze Angelegenheit nimmt; schon daß er mir früher schrieb, daß er dies sein bestes Werk nun mit Aufwand aller seiner Kräfte vollendet habe, und die ganze Erregbarkeit, die er dabei zeigte, konnte ich nicht recht begreifen, weil es mir durchaus wie Ihnen nur als eine Umarbeitung oder Verbesserung der Diction des früheren Werkes, gegen das er protestiren will, erscheint. Auch ist mir es nicht lieb, daß ich die Stelle copiren soll, auf die er sich bezieht, denn ich muß Ihnen gestehen, daß sie mir gerade bei der Art, wie er dies Werk ansieht, und gerade im ersten Briefe, in welchem sie stand, durchaus nicht gefallen hat. Da er indeß selbst verlangt, daß ich sie Ihnen mittheile, so schreibe ich sie hier ab, es ist der Schluß des Briefs, den ich mit der ersten Übersendung des Manuscripts erhielt, der Anfang enthält nur was ich oben gesagt, wie er das Werk in seinen besten Stunden und zu seiner besten Dichtung vollendet habe, und daß ich es gleicherweise mit Aufwand aller Kräfte nun in Musik setzen möchte. Dann fährt er fort „hier könnte ich schließen, aber lassen Sie mich alles äußern, was mir vorschwebt, sogar von der Zukunft des Werks. Ich bin der festen Überzeugung, wir beide arbeiten hier keineswegs blos für (wenn auch edeln) Genuß Anderer: wir arbeiten auch für Veredlung des Innern unsrer Mitbrüder. Wer dergleichen thut, der darf nicht nur – er soll auch alle rechtliche und angemeßne Hülfsmittel ergreifen, wodurch sein Werk sobald und so weit verbreitet werde, als thunlich, und daß dies so sicher geschehe, als möglich. Dazu dienet nun jetzt (wir können die Welt nicht ändern) vor Allem besonders bei Werken dieser Art daß, vor öffentlicher Bekanntmachung, Große der Erde – aber nur wahrhaft geehrte und geliebte – dafür interessirt werden. Ich thue darum den Vorschlag: Sobald Sie das Werk vollendet haben schreiben wir gemeinschaftlich Ihrem Könige (vielleicht auch dem Kronprinzen und dessen Gemahlinn) der Großfürstinn in Weimar, durch diese dem Kaiser Nikolaus und seiner Gemahlinn, und etwa unserm geistvollen, kunstliebenden Prinzen Johann. Wir empfehlen denselben unser Werk einfach und in geziemender Haltung; Gedicht und Clavierauszug in Abschrift wird beigelegt, und wir fragen an, ob die Partitur folgen dürfe. Für Gelegenheit an die Preußischen Herrschaften zu gelangen wird es Ihnen nicht fehlen. Selbst Spontini, wenn er nichts Persönliches gegen Sie hat, wird erinnern, und das ist bei Großen der Erde, auch den Besten, meist nöthig. Ich weiß, daß Spontini mich achtet und gern mir gefällig sein möchte. Was die übrigen genannten Herrschaften betrifft, so glaube ich selbst sicher einstehen zu können. Wenn Sie auf Verschwiegenheit sicher rechnen können (das ist hier nothwendig, denn ein erlauschtes oder in die Welt hinaus gedrucktes Wort würfe Alles um) so ziehen Sie die Besonnensten, Umsichtigsten und Erfahrensten Ihrer Familie zu Rathe und geben Sie mir aufrichtige ganz rückhaltlose Antwort. – Auf Gewinn gehe ich bei allem jenem so wenig aus, als Sie es thun werden; es ist das für uns beide nicht einmal Verdienst und wir können auch darum freier in die Welt hinaus blicken. “
Dies ist der Schluß des Rochlitzischen Briefes, der mich gerade bei dem Gedanken an ein größeres Werk, und ein geistliches dazu, unangenehm berührt hat; denn wenn ich an solche Vorsichtsmaßregeln oder gar an die Großen der Erde denken soll, ehe ich nur noch eine Note von dem Werke da stehn habe, so wird mir gleich sehr kühl zu Muthe. Dies mag freilich anders sein, wenn die Partitur fertig da liegt, und somit ist es Ihnen vielleicht lieb, Rochlitzens Ansicht hierüber zu kennen; mir aber, der ich das in dem Briefe las, welcher das Manuscript zu mir begleitete, kam das nicht musikalisch vor, und daß er Ihren freundlichen Antrag nun für den Kaiser Nikolaus ausschlägt, gefällt mir auch nicht recht. Doch scheint mir, daß bei alle dem, wie bei der ganzen Angelegenheit, wohl sein höheres Alter und der Werth den er deshalb auf diese Arbeit legt, in Anschlag kommen müsse, und deshalb erlaube ich mir eine Bitte an Sie (nehmen Sie sie mir aber nicht übel)
Könnten Sie es nicht über sich gewinnen, (ehe Sie Rochlitz definitiv schreiben, daß Sie beim alten Text bleiben wollten) ihm noch einmal zu sagen, daß sie seinen neuen Text durchaus annehmen würden, hingegen müsse er die Musik Ihnen allein überlassen? Sie schreiben selbst, daß Sie ihm zu Liebe gern ändern würden, nur verderben könnten und wollten Sie Ihr Werk nicht; nun scheint mir daß fast überall (wenn er die Stelle beim Erdbeben ändert) ohne bedeutende Opfer von Ihrer Seite seine neuen Worte gebraucht werden könnten (wenigstens an den meisten Stellen, da das Maaß sich gleich geblieben ist) und wenn Sie auf diese Weise seine Bearbeitung ganz und gar annähmen, so scheint mir es unmöglich, daß er seinerseits auf seiner Ansicht von der Musik z. B. den vierstimmigen Worten des Christus beharrte. Und dies glaube ich um so eher, wenn Sie ihm diesen Vorschlag machten weil er sich dann sagen müßte, daß nun eigentlich aller Vortheil auf seiner Seite wäre und daß er nur seine musikalischen Ansichten darüber den Ihrigen unterordnen müsse, was ja ohnehin bei jedem anerkannten Meister, der es componiren könnte, derselbe Fall sein würde. Vielleicht ließe sichs so machen, daß dann die weitre Discussion über die Worte des Christus ganz umgangen würde, da er so außerordentlich susceptible in diesem Punct scheint, bei kälterem Blut muß er selbst sagen, wie Sie, daß darüber dem Componisten die Entscheidung allein zusteht, und dies wird er auch gewiß, da Sie aus obiger Stelle sehen, wie sehr ihm auch der äußerliche Erfolg am Herzen liegt, und da er es deshalb gewiß später als ein Glück für sein Werk betrachten wird, wenn Sie es in der neuen Umarbeitung durch Ihre Musik einführen. Entschuldigen Sie daß ich mir die Freiheit nehme, Ihnen diesen Vorschlag zu machen, aber ich bin überzeugt, daß ein Brief des Inhalts, wie Sie ihn an Rochlitz schreiben wollten, wenn er ihn auch provocirt hat, ihn bald doch sehr schmerzen und betrüben würde; und bei seinem hohen Alter, seinen vielfachen Verdiensten, und der großen Liebe mit der er diese Arbeit betrachtet würde dies mir und gewiß eigentlich auch Ihnen leid sein.
Was die Worte des Christus betrifft, so bin ich darin so ganz Ihrer Meinung und finde das, was Sie im zweiten Briefe an Rochlitz darüber sagen, so treffend, daß ich nicht begreife, wie er es nicht einsah; denn wenn er es auch ansehn mag wie er will, so bleibt die Schwierigkeit bei 60 oder 100 Leuten, die die Worte aussprechen dieselbe, oder wird größer; aber eigentlich ist sie gar nicht da. Denn ich denke was ein rechter Musiker mit Andacht und von Herzen hinschreibt das wird wohl keine Profanation sein, ob es nun Solo oder Chor oder was sonst sein mag.
Entschuldigen Sie diesen langen Brief mit dem ich Sie belästige. Ich wollte Ihnen alles das gern sagen, weil ich Rochlitzs Stellung gegen Sie, nach Ihren Briefen, so sehr zu seinem Nachtheile und so wenig hübsch finde, daß ich gar zu sehr wünschte, er würde dahin gebracht dies selbst einzusehen und: – Ihnen nicht bei Ihrem neuen Werk durch seine Protestation, wenn auch nur für einen Augenblick, Ihre Freude am Gelingen zu trüben. Es thut mir leid jemand, den ich sonst achten mußte, so gänzlich fehlgreifen zu sehen, und weil Ihnen gewiß eben so dabei zu Muth ist hoffe ich daß Sie meine Bitte und diesen Brief freundlich aufnehmen. Ich bin mit herzlicher Verehrung
Ihr ergebner
Felix Mendelssohn Bartholdy.          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1835-02-05" xml:id="date_36aa32c5-11b3-426a-a821-d78f44497500">5. Februar 1835</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_d9ae3691-889a-4759-b80a-7d3ed2656355">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_87695ef7-8af1-4b0e-b560-6c68b54d9da7"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement> <country>Deutschland</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0115032" resp="receiver" xml:id="persName_393bc004-6b42-4a02-b6f1-cca974456986">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_4361a5a5-d903-4cf0-b0d8-75573c925ac0"> <settlement key="STM0100115">Kassel</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_a72ee09c-aa7d-4ccd-bb27-db6cf1d9f222"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Düsseldorf den <date cert="high" when="1835-02-05" xml:id="date_2c7dbfff-2448-4093-9fdd-6f385516e04b">5<hi rend="superscript">ten</hi> Februar 1835</date>.</dateline><salute rend="left">Hochgeehrter Herr Kapellmeister!</salute><p style="paragraph_without_indent">So eben erhielt ich Ihr gütiges Schreiben vom 3<hi rend="superscript">ten</hi> und da Sie meine Antwort und die Abschrift eines früheren Briefes des <persName xml:id="persName_024d0b77-7555-4588-909d-8b0516b2a786">Hofrath Rochlitz<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> abwarten wollen, ehe Sie demselben wieder schreiben, so muß ich eilen Ihnen dieselben zuzuschicken, damit diese unangenehme Sache sobald als möglich zu einem Ziele komme. Wie leid thut es mir zu sehen, wie <persName xml:id="persName_86249bd3-6d48-43ba-8fa1-c7017acbb87a">Rochlitz<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> die ganze Angelegenheit nimmt; schon daß <persName xml:id="persName_be15a8d5-0e1c-443c-bb0e-5be8bb6bc3ac">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> mir früher schrieb, daß er dies sein bestes Werk nun mit Aufwand aller seiner Kräfte vollendet habe, und die ganze Erregbarkeit, die <persName xml:id="persName_09dbe291-9bd5-4190-b2eb-6daa32322f42">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> dabei zeigte, konnte ich nicht recht begreifen, weil es mir durchaus wie Ihnen nur als eine Umarbeitung oder Verbesserung der <title xml:id="title_c6cac603-851f-4b3e-a995-443789256b7d">Diction des früheren Werkes<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name></title>, gegen das er protestiren will, erscheint. Auch ist mir es nicht lieb, daß ich die Stelle copiren soll, auf die <persName xml:id="persName_056f3142-cbca-4834-9ab9-2bbb9498dce3">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> sich bezieht, denn ich muß Ihnen gestehen, daß sie mir gerade bei der Art, wie er dies <title xml:id="title_6b64928c-4a74-4cd8-b0be-fa74e3b0a387">Werk<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name></title> ansieht, und gerade im <hi rend="underline">ersten</hi> Briefe, in welchem sie stand, durchaus nicht gefallen hat. Da er indeß selbst verlangt, daß ich sie Ihnen mittheile, so schreibe ich sie hier ab, es ist der Schluß des Briefs, den ich mit der ersten Übersendung des Manuscripts erhielt, der Anfang enthält nur was ich oben gesagt, wie er das <title xml:id="title_db3ca78b-18a7-4c7a-b440-af17c4f2da21">Werk<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name></title> in seinen besten Stunden und zu seiner besten Dichtung vollendet habe, und daß ich es gleicherweise mit Aufwand aller Kräfte nun in Musik setzen möchte. Dann fährt er fort „hier könnte ich schließen, aber lassen Sie mich alles äußern, was mir vorschwebt, sogar von der Zukunft des <title xml:id="title_41ecd016-37ca-4d7f-b35e-1b51e61bd761">Werks<name key="PSN0114247" style="hidden" type="author">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name><name key="CRT0110535" style="hidden" type="literature">Das Ende des Gerechten (Des Heilands letzte Stunden) (Libretto)</name></title>. Ich bin der festen Überzeugung, wir beide arbeiten hier keineswegs blos für (wenn auch edeln) Genuß Anderer: wir arbeiten auch für Veredlung des Innern unsrer Mitbrüder. Wer dergleichen thut, der darf nicht nur – er soll auch alle rechtliche und angemeßne Hülfsmittel ergreifen, wodurch sein Werk sobald und so weit verbreitet werde, als thunlich, und daß dies so sicher geschehe, als möglich. Dazu dienet nun jetzt (wir können die Welt nicht ändern) vor Allem besonders bei Werken dieser Art daß, vor öffentlicher Bekanntmachung, Große der Erde – aber nur wahrhaft geehrte und geliebte – dafür interessirt werden. Ich thue darum den Vorschlag: Sobald Sie das Werk vollendet haben schreiben wir gemeinschaftlich Ihrem <persName xml:id="persName_0dfbfcc2-b7c9-468f-a4c8-a640bbd90973">Könige<name key="PSN0113989" style="hidden">Preußen, Friedrich Wilhelm III. von (1770-1840)</name></persName> (vielleicht auch dem <persName xml:id="persName_84b2fbcb-b1f4-4734-91a2-3355f89a9601">Kronprinzen<name key="PSN0113990" style="hidden">Preußen, Friedrich Wilhelm Prinz von (seit 1840) Friedrich Wilhelm IV. von (1795-1861)</name></persName> und <persName xml:id="persName_0d14b27c-1e9d-4686-a433-044c82e7387d">dessen Gemahlinn<name key="PSN0109718" style="hidden">Bayern, Elisabeth Prinzessin von (1837-1898)</name></persName>) der <persName xml:id="persName_4c899c50-22c8-41b9-b817-b1d14dc8b67d">Großfürstinn in Weimar<name key="PSN0114417" style="hidden">Sachsen-Weimar-Eisenach, Maria Pawlowna (Marija Pavlovna) von (1786-1859)</name></persName>, durch diese dem <persName xml:id="persName_d1307f84-4059-4e30-881f-550b3190912c">Kaiser Nikolaus<name key="PSN0114371" style="hidden">Russland, Nikolaus I. Pawlowitsch (Nikolaj Pavlovič) von (1796-1855)</name></persName> und seiner <persName xml:id="persName_2dbcfb87-ba64-43a2-82f6-cfc364743d75">Gemahlinn<name key="PSN0114363" style="hidden">Russland, Alexandra Fjodorowna (Aleksandra Fëdorovna) von (1798-1860)</name></persName>, und etwa unserm geistvollen, kunstliebenden <persName xml:id="persName_53ef51a6-2b6a-4dd5-ba07-3093b140e413">Prinzen Johann<name key="PSN0114405" style="hidden">Sachsen, Johann Nepomuk Maria Joseph von (1801-1873)</name></persName>. Wir empfehlen denselben unser Werk einfach und in geziemender Haltung; Gedicht und Clavierauszug in Abschrift wird beigelegt, und wir fragen an, ob die Partitur folgen dürfe. Für Gelegenheit an die Preußischen Herrschaften zu gelangen wird es Ihnen nicht fehlen. Selbst <persName xml:id="persName_45d15973-3e10-4cab-be71-0a3d005f8f6f">Spontini<name key="PSN0115037" style="hidden">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851)</name></persName>, wenn er nichts Persönliches gegen Sie hat, wird erinnern, und das ist bei Großen der Erde, auch den Besten, meist nöthig. Ich weiß, daß <persName xml:id="persName_576c02f7-b6c8-471e-8636-549b5de34476">Spontini<name key="PSN0115037" style="hidden">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851)</name></persName> mich achtet und gern mir gefällig sein möchte. Was die übrigen genannten Herrschaften betrifft, so glaube ich selbst sicher einstehen zu können. Wenn Sie auf Verschwiegenheit sicher rechnen können (das ist hier nothwendig, denn ein erlauschtes oder in die Welt hinaus gedrucktes Wort würfe Alles um) so ziehen Sie die Besonnensten, Umsichtigsten und Erfahrensten <persName xml:id="persName_99393e79-aaf3-4e04-9bfb-45860070cebe">Ihrer Familie<name key="PSN0113241" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</name></persName> zu Rathe und geben Sie mir aufrichtige ganz rückhaltlose Antwort. – Auf Gewinn gehe ich bei allem jenem so wenig aus, als Sie es thun werden; es ist das für uns beide nicht einmal Verdienst und wir können auch darum freier in die Welt hinaus blicken.“</p><p>Dies ist der Schluß des <persName xml:id="persName_fb7bd1bf-6ddb-473a-bf3e-e667c777bd02">Rochlitzischen<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> Briefes, der mich gerade bei dem Gedanken an ein größeres Werk, und ein geistliches dazu, unangenehm berührt hat; denn wenn ich an solche Vorsichtsmaßregeln oder gar an die Großen der Erde denken soll, ehe ich nur noch eine Note von dem Werke da stehn habe, so wird mir gleich sehr kühl zu Muthe. Dies mag freilich anders sein, wenn die Partitur fertig da liegt, und somit ist es Ihnen vielleicht lieb, <persName xml:id="persName_26053d37-ac15-4185-ba1c-0527612d8a36">Rochlitzens<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> Ansicht hierüber zu kennen; mir aber, der ich das in dem Briefe las, welcher das Manuscript zu mir begleitete, kam das nicht musikalisch vor, und daß <persName xml:id="persName_7b4fc18a-9575-48ff-a803-fe24a7d68ace">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> Ihren freundlichen Antrag nun für den <persName xml:id="persName_d7f5d6e5-c7bd-4e82-ad9c-2d8d846174fa">Kaiser Nikolaus<name key="PSN0114371" style="hidden">Russland, Nikolaus I. Pawlowitsch (Nikolaj Pavlovič) von (1796-1855)</name></persName> ausschlägt, gefällt mir auch nicht recht. Doch scheint mir, daß bei alle dem, wie bei der ganzen Angelegenheit, wohl sein höheres Alter und der Werth den <persName xml:id="persName_f8f8f60b-fc8f-4785-8162-cb6e7ce041f7">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> deshalb auf diese Arbeit legt, in Anschlag kommen müsse, und deshalb erlaube ich mir eine Bitte an Sie (nehmen Sie sie mir aber nicht übel)</p><p>Könnten Sie es nicht über sich gewinnen, (ehe Sie <persName xml:id="persName_e42f60c2-fd92-48df-a860-91fd24174f87">Rochlitz<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> definitiv schreiben, daß Sie beim alten Text bleiben wollten) ihm noch einmal zu sagen, daß sie seinen neuen <hi rend="underline">Text</hi> durchaus annehmen würden, hingegen müsse <persName xml:id="persName_d6e3e4f0-bd9e-4caa-9419-de19de14bb4e">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> die <hi rend="underline">Musik</hi> Ihnen allein überlassen? Sie schreiben selbst, daß Sie ihm zu Liebe gern ändern würden, nur verderben könnten und wollten Sie Ihr Werk nicht; nun scheint mir daß fast überall (wenn <persName xml:id="persName_41a506b9-8d03-4746-9e2b-65de48bcd3c1">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> die Stelle beim Erdbeben ändert) ohne bedeutende Opfer von Ihrer Seite seine neuen Worte gebraucht werden könnten (wenigstens an den meisten Stellen, da das Maaß sich gleich geblieben ist) und wenn Sie auf diese Weise seine Bearbeitung ganz und gar annähmen, so scheint mir es unmöglich, daß <persName xml:id="persName_bc58e991-fca2-4068-8be5-23f3f87d015e">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> seinerseits auf seiner Ansicht von der Musik z. B. den vierstimmigen Worten des Christus beharrte. Und dies glaube ich um so eher, wenn Sie ihm diesen Vorschlag machten weil <persName xml:id="persName_aa333202-51cb-4261-9f1a-a6861bdb379f">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> sich dann sagen müßte, daß nun eigentlich aller Vortheil auf seiner Seite wäre und daß <persName xml:id="persName_fd0e9f04-5b97-4c11-9a05-8ae5515a7646">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> nur seine musikalischen Ansichten darüber den Ihrigen unterordnen müsse, was ja ohnehin bei jedem anerkannten Meister, der es componiren könnte, derselbe Fall sein würde. Vielleicht ließe sichs so machen, daß dann die weitre Discussion über die Worte des Christus ganz umgangen würde, da <persName xml:id="persName_33572a62-356f-4973-9100-905ab8dfcb19">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> so außerordentlich susceptible in diesem Punct scheint, bei kälterem Blut muß er selbst sagen, wie Sie, daß darüber dem Componisten die Entscheidung allein zusteht, und dies wird <persName xml:id="persName_79735390-453f-45c9-8db0-d63a5d0aecfd">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> auch gewiß, da Sie aus obiger Stelle sehen, wie sehr ihm auch der äußerliche Erfolg am Herzen liegt, und da <persName xml:id="persName_067c14ca-69a7-4d73-9cfb-fd0f76e59669">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> es deshalb gewiß später als ein Glück für sein Werk betrachten wird, wenn Sie es in der neuen Umarbeitung durch Ihre Musik einführen. Entschuldigen Sie daß ich mir die Freiheit nehme, Ihnen diesen Vorschlag zu machen, aber ich bin überzeugt, daß ein Brief des Inhalts, wie Sie ihn an <persName xml:id="persName_bdcae7f3-685d-45ba-b82a-27dbc000e5a0">Rochlitz<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> schreiben wollten, wenn er ihn auch provocirt hat, ihn bald doch sehr schmerzen und betrüben würde; und bei seinem hohen Alter, seinen vielfachen Verdiensten, und der großen Liebe mit der <persName xml:id="persName_1fabd287-839a-4212-8246-e0a8424821b0">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> diese Arbeit betrachtet würde dies mir und gewiß eigentlich auch Ihnen leid sein.</p><p>Was die Worte des Christus betrifft, so bin ich darin so ganz Ihrer Meinung und finde das, was Sie im zweiten Briefe an <persName xml:id="persName_b01f38d7-0adc-4f7d-9775-dd7613ecbd1a">Rochlitz<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> darüber sagen, so treffend, daß ich nicht begreife, wie <persName xml:id="persName_02c5bbc3-a9f7-4581-aa3e-f0abb1ef0b7c">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> es nicht einsah; denn wenn er es auch ansehn mag wie er will, so bleibt die Schwierigkeit bei 60 oder 100 Leuten, die die Worte aussprechen dieselbe, oder wird größer; aber eigentlich ist sie gar nicht da. Denn ich denke was ein rechter Musiker mit Andacht und von Herzen hinschreibt das wird wohl keine Profanation sein, ob es nun Solo oder Chor oder was sonst sein mag.</p><p>Entschuldigen Sie diesen langen Brief mit dem ich Sie belästige. Ich wollte Ihnen alles das gern sagen, weil ich <persName xml:id="persName_15d472c3-e3e7-4c58-b7eb-8c58ba5b0702">Rochlitzs<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> Stellung gegen Sie, nach Ihren Briefen, so sehr zu seinem Nachtheile und so wenig hübsch finde, daß ich gar zu sehr wünschte, <persName xml:id="persName_67b02b5f-7d7d-4a64-8bd3-cff639831213">er<name key="PSN0114247" style="hidden">Rochlitz, Johann Friedrich (1769-1842)</name></persName> würde dahin gebracht dies selbst einzusehen und: – Ihnen nicht bei <title xml:id="title_bf6766e2-d604-4348-b28a-c8171396caba">Ihrem neuen Werk<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110906" style="hidden" type="music">Des Heilands letzte Stunden WoO 62</name></title> durch seine Protestation, wenn auch nur für einen Augenblick, Ihre Freude am Gelingen zu trüben. Es thut mir leid jemand, den ich sonst achten mußte, so gänzlich fehlgreifen zu sehen, und weil Ihnen gewiß eben so dabei zu Muth ist hoffe ich daß Sie meine Bitte und diesen Brief freundlich aufnehmen. <seg type="closer" xml:id="seg_89056a22-efee-4e0e-b2e1-64e673b1c399">Ich bin mit herzlicher Verehrung</seg></p><signed rend="right">Ihr ergebner</signed><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed></div></body> </text></TEI>