fmb-1835-01-10-01
Hilfe zum Zitier-Tool
Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.
Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.
Düsseldorf, 10. Januar 1835
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse. – Das in der Vorlage ausgerissene Stück am Schluss (von »gedenkt, wissen Sie« an) wurde nach dem Druck bei Wolff ergänzt, dem offenbar noch das unbeschädigte Autograph vorlag. Die Adresse ist nur fragmentarisch erhalten.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Keine Angaben.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenJan. 1835
meinFehler, sondern der Dogenpallast falle eben ein, und stehe deshalb schief. Das Wasser ist die partie honteuse, ich habe heut noch den ganzen Morgen dran gearbeitet, es ein wenig klarer zu machen, aber statt dessen wird es immer schmutziger. Also müssen Sie wieder annehmen, es sey Ebbe, wo in ganz Venedig das Wasser sehr trübe und sumpfig wird, und also vielleicht so häßlich aussehen könnte. Ferner ist der Himmel ein wenig fleckig, aber ein gewisser
wennes mir doch so gut wird, wieder in diesem Jahre nach England zu kommen, so führe ich ein ander Leben in London, als bisher – setze meine hiesige Stille und Ruhe so viel ich kann, fort – gehe nicht in Gesellschaften, wenn ich nicht muß – und will Sie so belästigen, als es Ihre Geduld nur immer erlaubt. Bis dahin muß ich auch noch wieder tüchtig Clavier studiren, denn ich fürchte ich habe viel verlernt; neulich aber erzählte ich mal einem Bekannten, wie
Düsseldorf den 10ten Jan. 1835. Liebe Mde. Moscheles wenn man auf Erbsen knieen und dabei schreiben könnte, so sollte ich diesen Brief so schreiben, ich großer Verbrecher; aber geistig knie ich wirklich auf Erbsen, und bereue mein langes Stillschweigen auf Ihren letzten gar so lieben Brief (nach dem Birmingham festival) und möchte, Sie erlaubten mir bald wieder aufzustehen und vergäben mir meine Stummheit. Wenn nicht morgen der Courier ginge, der das längst versprochne Bildchen das ich für Sie gemalt habe, mitnimmt, so glaube ich, daß ich auch heute noch nicht zum Schreiben käme, und statt daß dies meine Schuld schlimmer macht, meine ich, es sollte mich entschuldigen. Denn Sie wissen, daß ich Zeiten habe, wo ich an mir sehr wenig finden kann, und mich scheue viel von mir selbst zu sprechen und zu denken, und solche Zeiten kommen mir hier denn auch manchmal über den Hals, schlimmer als anderswo, weil hier eigentlich gar niemand ist, dem ich dergleichen anvertrauen möchte. Trifft nun gerade dann ein Brief ein, wie Ihr letzter war, der mich mitten in das lebendige und vielbewegte Leben, das sie führen mit hinübernimmt, so kommt mir das meinige doppelt einförmig vor, und ich weiß auch kein Wort davon zu sagen; müßte dann von mir und meinen Arbeiten erzählen, das verstimmt mich in solcher Zeit dann wieder, kurz ich habe eine Vorliebe für den spleen wie für Alles andre Englische und er erwiedert die Vorliebe. Da ist mir denn, als müßte ich Ihnen langweilig werden, und ich kann keinen Brief anfangen. – Wenigstens war das so. Heut ists aber anders und ich muß mein Bild überreichen, welches ich denn hiemit zierlich thun will (eine Reverenz müssen Sie sich hier hinzudenken) es ist die Seufzerbrücke in Venedig, die ich im October 1830 dort auf diese Art gezeichnet habe; sollte die Perspective falsch sein, so bitte ich Sie anzunehmen, es sei nicht mein Fehler, sondern der Dogenpallast falle eben ein, und stehe deshalb schief. Das Wasser ist die partie honteuse, ich habe heut noch den ganzen Morgen dran gearbeitet, es ein wenig klarer zu machen, aber statt dessen wird es immer schmutziger. Also müssen Sie wieder annehmen, es sey Ebbe, wo in ganz Venedig das Wasser sehr trübe und sumpfig wird, und also vielleicht so häßlich aussehen könnte. Ferner ist der Himmel ein wenig fleckig, aber ein gewisser Nicolai in Berlin hat jetzt ein dummes Buch herausgegeben, worin er beweisen will, an Italien sey gar nichts, das Land nicht schön, die Bilder zu dunkel, die Menschen nicht genial genug, kein Weißbier, auch keine Orangen, und der Himmel nicht hübscher, als bei uns. Im Falle er Recht hätte, könnte mein Himmel also ähnlich sein. Wenn Ihnen aber trotz alle dem, meine Malereien nicht zu kindisch vorkommen, so sagen Sie mir daß ich Ihnen noch ein Bildchen malen darf, denn ich mache jetzt Fortschritte und das nächste wird gewiß besser werden, und ich machte dann eine Schweizer Landschaft mit Wiesen und Häusern, wobei ich mich selbst immer prächtig amüsire. – Und nun möchte ich nur gleich, ich brächte es selbst hin, und könnte bei der Gelegenheit es noch abändern und ausbessern nach Belieben. Aber ich will froh sein, wenn ich im Frühjahr kommen kann, denn so sehr ich es von Herzen wünsche, weiß ich doch noch nicht, obs möglich sein wird. Meine Arbeiten werden wohl sämmtlich fertig bis dahin, wie ich sie mir vorgenommen, aber ich weiß nicht recht ob ich nicht lieber wieder neue anfangen und ruhig arbeiten soll, statt mir wieder solch ein Vergnügen zu erlauben. Das weiß ich aber, wenn es mir doch so gut wird, wieder in diesem Jahre nach England zu kommen, so führe ich ein ander Leben in London, als bisher – setze meine hiesige Stille und Ruhe so viel ich kann, fort – gehe nicht in Gesellschaften, wenn ich nicht muß – und will Sie so belästigen, als es Ihre Geduld nur immer erlaubt. Bis dahin muß ich auch noch wieder tüchtig Clavier studiren, denn ich fürchte ich habe viel verlernt; neulich aber erzählte ich mal einem Bekannten, wie Moscheles und ich zuweilen vierhändig phantasirt hätten, und spielte ihm Stellen daraus vor, und in dem Augenblick wäre ich am liebsten gleich aufgestanden, fortgegangen, und nach London gefahren, um wieder einmal diese Freude zu haben, denn nicht einmal zum Spielen komme ich hier recht, geschweige denn zum Hören. Aber dafür sind die guten Tage hier auch doppelt hübsch, und wenn die Arbeit so recht vorwärts rückt, und ich den ganzen Morgen vor mir habe, und in meiner ruhigen Stube bleiben kann, das ist ein gutes Leben. Wie sieht es denn nun im Hause bei Ihnen aus? Macht irgend eine Miss schon wieder Ihre Tonleitern unten, oder hat Moscheles noch Componir- und Musikzeit für sich? Schreit Felix sehr und wie groß ist Emily geworden? Denn vor dem letzteren (Emilyss Großwerden) habe ich, wie Sie wissen, besondre Furcht. Ich wollte Ihnen heute wieder ein Lied schicken, aber es ist nicht recht gerathen, das ärgert mich eigentlich, und Sie müssen mit diesem unmusikalischen trocknen Brief vorlieb nehmen. Nun leben Sie wohl, und sein Sie und alle Ihrigen froh und glücklich im neuen Jahre, das Ihnen alles Gute bringe, und mir auch das vergnügte Wiedersehen mit Moscheles und Ihnen. Die Meinigen tragen mir oft Grüße auf, die ich immer nicht bestelle, wie oft mein Vater es auch erwähnt und Ihrer Freundlichkeit gedenkt, wissen Sie. Stets Ihr Felix Mendelssohn Bartholdy
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1835-01-10-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1835-01-10-01" xml:id="title_03c5f5fa-7bc7-4fa3-8e2a-6ba6346088d7">Felix Mendelssohn Bartholdy an Charlotte Moscheles in London <lb></lb> Düsseldorf, 10. Januar 1835</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_ccb9f28c-903c-4b8f-8089-c9222bf31111">Liebe Mde. Moscheles wenn man auf Erbsen knieen und dabei schreiben könnte, so sollte ich diesen Brief so schreiben, ich großer Verbrecher; aber geistig knie ich wirklich auf Erbsen, und bereue mein langes Stillschweigen auf</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_88ae0be4-16b7-420e-ac6f-ef00097286bd">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 4, 1066. </idno> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_7260494c-ec26-4a0d-9186-6e77ac442555"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Deutschland</country> <settlement>Berlin</settlement> <institution key="RISM">D-B</institution> <repository>Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz</repository> <collection>Musikabteilung</collection> <idno type="signatur">MA Nachl. 12,19.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1835-01-10-01" type="letter" xml:id="title_e61849b9-6a56-4cc6-9728-34459f0588fb">Felix Mendelssohn Bartholdy an Charlotte Moscheles in London; Düsseldorf, 10. Januar 1835</title> <incipit>Liebe Mde. Moscheles wenn man auf Erbsen knieen und dabei schreiben könnte, so sollte ich diesen Brief so schreiben, ich großer Verbrecher; aber geistig knie ich wirklich auf Erbsen, und bereue mein langes Stillschweigen auf</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse. – Das in der Vorlage ausgerissene Stück am Schluss (von »gedenkt, wissen Sie« an) wurde nach dem Druck bei Wolff ergänzt, dem offenbar noch das unbeschädigte Autograph vorlag. Die Adresse ist nur fragmentarisch erhalten.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="other">Felix Mendelssohn Bartholdys Aquarell der Seufzerbrücke in Venedig (Venedig, Ponte dei Sospiri) MWV-VB AQ 14; heutiger Standort unbekannt, offenbar nach Canaletto. Dieses Bild ist in Moscheles, Letters, nach S. 122 schwarzweiß abgedruckt. Es trägt die Bildunterschrift von Mendelssohn Hand: »I stood in Venice on the Bridge of Sighs; / to Mrs. Moscheles this plate is respectfully inscribed by / FMB« und wurde von Felix Moscheles wie folgt kommentiert: »The Bridge of Sighs. From a Water-Color Drawing by Mendelssohn.« Es zeigt denselben Blick auf die Seufzerbrücke wie in der Bleistiftzeichnung Felix Mendelssohn Bartholdys vom 18. Oktober 1830 (GB-Ob, M.D.M. d. 10, fol. 35r, faksimiliert in Klein, Almanach S. 303), weicht aber in einigen Details von dieser Zeichnung ab.</bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance><p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Moscheles, Briefe, S. 106-109.</bibl> <bibl type="printed_letter">Moscheles, Letters, S. 122-125 (engl. Übersetzung).</bibl> <bibl type="printed_letter">Wolff, Meister-Briefe, S. 67-71.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> <sourceDesc source="edition_template_printout" xml:id="sourceDesc_829a8aba-9c9c-4064-becc-51e1ea11940b"> <bibl type="printed_letter">Ab Z. 71 (»gedenkt, wissen Sie«), Wolff, Meister-Briefe, S. 71.</bibl> <msDesc> <msIdentifier> <country>-</country> <settlement>-</settlement> <institution key="RISM">-</institution> <repository>-</repository> <collection>-</collection> <idno type="signatur">-</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <title key="fmb-1835-01-10-01" type="letter" xml:id="title_56303904-dd4d-4836-b813-4c9927cb981d">Felix Mendelssohn Bartholdy an Charlotte Moscheles in London; Düsseldorf, 10. Januar 1835</title> <incipit>gedenkt, wissen Sie. Stets Ihr</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>Keine Angaben.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance><p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1835-01-10" xml:id="date_e0f7d191-ec6f-4072-903b-2f9ddb130d5e">10. Januar 1835</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_28ecd8ec-e997-4085-bbb2-d440620b1050">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_f5b1865a-4b6a-44d8-a8d3-ee73d29f5775"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113436" resp="receiver" xml:id="persName_10990c21-11e1-4e42-a16a-3e311bf248cd">Moscheles, Charlotte (1805-1889)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_4cfbfc2b-0526-4a7b-81d2-155383c57de3"> <settlement key="STM0100126">London</settlement> <country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_ad8a4767-e45a-4fd3-a9ec-f73326c9d31c"> <head> <address> <addrLine>Mrs. Moscheles</addrLine> <addrLine>3 Chester Place</addrLine> <addrLine>[G]emälde von Canaletto</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_9ad25f73-60c7-46ae-a490-dd68e5b63347"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Düsseldorf den <date cert="high" when="1835-01-10" xml:id="date_2a75fafe-5d1f-40ad-aa39-9496692b3f5e">10<hi rend="superscript">ten</hi> Jan. 1835</date>.</dateline> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="salute">Liebe Mde. Moscheles</seg> wenn man auf Erbsen knieen und dabei schreiben könnte, so sollte ich diesen Brief so schreiben, ich großer Verbrecher; aber geistig knie ich wirklich auf Erbsen, und bereue mein langes Stillschweigen auf Ihren letzten gar so lieben Brief (nach dem <placeName xml:id="placeName_6c696af4-aac2-43f3-85d2-43c46e47ed69">Birmingham festival<name key="NST0100324" style="hidden" subtype="" type="institution">The Birmingham Triennial Music Festival</name><settlement key="STM0100323" style="hidden" type="">Birmingham</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName>) und möchte, Sie erlaubten mir bald wieder aufzustehen und vergäben mir meine Stummheit. Wenn nicht morgen der Courier ginge, der <title xml:id="title_407dc3f2-1ebf-4e0c-8a18-0d3d571101af">das längst versprochne Bildchen<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_q472j6ij-6fuo-f4zy-fhsd-zuvaq89dwigj"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="watercolors_and_colored_pen_and_ink_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="datable_watercolors" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100735" style="hidden">Seufzerbrücke in Venedig, [vor dem 10. Januar 1834]; Standort unbekannt<idno type="MWV">AQ 14</idno><idno type="op"></idno></name></title> das ich für Sie gemalt habe, mitnimmt, so glaube ich, daß ich auch heute noch nicht zum Schreiben käme, und statt daß dies meine Schuld schlimmer macht, meine ich, es sollte mich entschuldigen. Denn Sie wissen, daß ich Zeiten habe, wo ich an mir sehr wenig finden kann, und mich scheue viel von mir selbst zu sprechen und zu denken, und solche Zeiten kommen mir hier denn auch manchmal über den Hals, schlimmer als anderswo, weil hier eigentlich gar niemand ist, dem ich dergleichen anvertrauen möchte. Trifft nun gerade dann ein Brief ein, wie Ihr letzter war, der mich mitten in das lebendige und vielbewegte Leben, das sie führen mit hinübernimmt, so kommt mir das meinige doppelt einförmig vor, und ich weiß auch kein Wort davon zu sagen; müßte dann von mir und meinen Arbeiten erzählen, das verstimmt mich in solcher Zeit dann wieder, kurz ich habe eine Vorliebe für den spleen wie für Alles andre Englische und er erwiedert die Vorliebe. Da ist mir denn, als müßte ich Ihnen langweilig werden, und ich kann keinen Brief anfangen. – Wenigstens war das so. Heut ists aber anders und ich muß <title xml:id="title_d2cac0a8-39bd-41a5-8bf0-fac78510ab31">mein Bild<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_azzcbbqe-vcap-3wwa-jlmo-ysbrklqlmuk3"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="watercolors_and_colored_pen_and_ink_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="datable_watercolors" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100735" style="hidden">Seufzerbrücke in Venedig, [vor dem 10. Januar 1834]; Standort unbekannt<idno type="MWV">AQ 14</idno><idno type="op"></idno></name></title> überreichen, welches ich denn hiemit zierlich thun will (eine Reverenz müssen Sie sich hier hinzudenken) es ist <title xml:id="title_de5ba47c-60ad-4a56-b69f-edf333d2a169">die Seufzerbrücke in Venedig<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_hq0lrbck-x2cp-f4d1-ruv7-iahz8pxizx1r"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="watercolors_and_colored_pen_and_ink_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="datable_watercolors" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100735" style="hidden">Seufzerbrücke in Venedig, [vor dem 10. Januar 1834]; Standort unbekannt<idno type="MWV">AQ 14</idno><idno type="op"></idno></name></title>, die ich im October 1830 dort auf diese Art gezeichnet habe; sollte die Perspective falsch sein, so bitte ich Sie anzunehmen, es sei nicht <hi rend="underline">mein</hi> Fehler, sondern der Dogenpallast falle eben ein, und stehe deshalb schief. Das Wasser ist die partie honteuse, ich habe heut noch den ganzen Morgen dran gearbeitet, es ein wenig klarer zu machen, aber statt dessen wird es immer schmutziger. Also müssen Sie wieder annehmen, es sey Ebbe, wo in ganz Venedig das Wasser sehr trübe und sumpfig wird, und also vielleicht so häßlich aussehen könnte. Ferner ist der Himmel ein wenig fleckig, aber ein gewisser <persName xml:id="persName_a7e91f56-e774-4440-9cf7-c6ae3b561621">Nicolai<name key="PSN0113594" style="hidden">Nicolai, Gustav Alexander Wilhelm (1795-1852)</name></persName> in Berlin hat jetzt <title xml:id="title_403be894-6fee-4e38-bf00-64390bbe4977">ein dummes Buch<name key="PSN0113594" style="hidden" type="author">Nicolai, Gustav Alexander Wilhelm (1795-1852)</name><name key="CRT0110223" style="hidden" type="literature">Italien, wie es wirklich ist</name></title> herausgegeben, worin er beweisen will, an Italien sey gar nichts, das Land nicht schön, die Bilder zu dunkel, die Menschen nicht genial genug, kein Weißbier, auch keine Orangen, und der Himmel nicht hübscher, als bei uns. Im Falle er Recht hätte, könnte mein Himmel also ähnlich sein. Wenn Ihnen aber trotz alle dem, meine Malereien nicht zu kindisch vorkommen, so sagen Sie mir daß ich Ihnen noch ein Bildchen malen darf, denn ich mache jetzt Fortschritte und das nächste wird gewiß besser werden, und ich machte dann eine Schweizer Landschaft mit Wiesen und Häusern, wobei ich mich selbst immer prächtig amüsire. – Und nun möchte ich nur gleich, ich brächte es selbst hin, und könnte bei der Gelegenheit es noch abändern und ausbessern nach Belieben. Aber ich will froh sein, wenn ich im Frühjahr kommen kann, denn so sehr ich es von Herzen wünsche, weiß ich doch noch nicht, obs möglich sein wird. Meine Arbeiten werden wohl sämmtlich fertig bis dahin, wie ich sie mir vorgenommen, aber ich weiß nicht recht ob ich nicht lieber wieder neue anfangen und ruhig arbeiten soll, statt mir wieder solch ein Vergnügen zu erlauben. Das weiß ich aber, <hi rend="underline">wenn</hi> es mir doch so gut wird, wieder in diesem Jahre nach England zu kommen, so führe ich ein ander Leben in London, als bisher – setze meine hiesige Stille und Ruhe so viel ich kann, fort – gehe nicht in Gesellschaften, wenn ich nicht muß – und will Sie so belästigen, als es Ihre Geduld nur immer erlaubt. Bis dahin muß ich auch noch wieder tüchtig Clavier studiren, denn ich fürchte ich habe viel verlernt; neulich aber erzählte ich mal einem Bekannten, wie <persName xml:id="persName_36100c63-f8dd-48ff-bd93-76387790888e">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> und ich zuweilen vierhändig phantasirt hätten, und spielte ihm Stellen daraus vor, und in dem Augenblick wäre ich am liebsten gleich aufgestanden, fortgegangen, und nach London gefahren, um wieder einmal diese Freude zu haben, denn nicht einmal zum Spielen komme ich hier recht, geschweige denn zum Hören. Aber dafür sind die guten Tage hier auch doppelt hübsch, und wenn die Arbeit so recht vorwärts rückt, und ich den ganzen Morgen vor mir habe, und in meiner ruhigen Stube bleiben kann, das ist ein gutes Leben. Wie sieht es denn nun im Hause bei Ihnen aus? Macht irgend eine Miss schon wieder Ihre Tonleitern unten, oder hat <persName xml:id="persName_2b3755fa-7706-4f78-8fef-d7e3eb76b99b">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> noch Componir- und Musikzeit für sich? Schreit <persName xml:id="persName_82d95c38-dd31-4604-878c-d98ae48bc904">Felix<name key="PSN0113440" style="hidden">Moscheles, Felix Stone (1833-1917)</name></persName> sehr und wie groß ist <persName xml:id="persName_d6ee3e6b-1284-43f2-80c4-40c911b167e2">Emily<name key="PSN0113439" style="hidden">Moscheles, Emily Mary (1827-1889)</name></persName> geworden? Denn vor dem letzteren (<persName xml:id="persName_69a62607-3ad3-43ee-842f-20db30e03ba1">Emilyss<name key="PSN0113439" style="hidden">Moscheles, Emily Mary (1827-1889)</name></persName> Großwerden) habe ich, wie Sie wissen, besondre Furcht. Ich wollte Ihnen heute wieder ein Lied schicken, aber es ist nicht recht gerathen, das ärgert mich eigentlich, und Sie müssen mit diesem unmusikalischen trocknen Brief vorlieb nehmen. Nun leben Sie wohl, und sein Sie und alle <persName xml:id="persName_a2c3581b-79ba-41f8-9e37-cfb78c4385ab">Ihrigen<name key="PSN0113434" style="hidden">Moscheles, Familie von → Ignaz M.</name></persName> froh und glücklich im neuen Jahre, das Ihnen alles Gute bringe, und mir auch das vergnügte Wiedersehen mit <persName xml:id="persName_7b48b3da-f7b2-446c-9276-260bf9f8cc66">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> und Ihnen. Die <persName xml:id="persName_eb01df57-a0a7-4a5c-8c0d-622f989eb64e">Meinigen<name key="PSN0113241" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</name></persName> [tragen] mir oft Grüße auf, die ich immer nicht bestelle, wie oft <persName xml:id="persName_6e085d6f-ab00-4e8d-ac47-524cde116380">mein Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> es [auch erwähnt und <seg type="closer" xml:id="seg_0db010b6-fb46-4b07-8ff7-cfb77d43cb8a">Ihrer Freundlichkeit gedenkt, wissen Sie.</seg> <seg type="signed">Stets Ihr</seg></p> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy]</signed> </div> </body> </text></TEI>