fmb-1834-07-07-01
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Düsseldorf, 7. Juli 1834
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenJuli 1834
Kennst Du noch einen Menschen, der diesen Brief schreibt, und Musik macht, und gern in München wäre, und Dich von ganzem Herzen lieb hat, und so heißt wie ich? Es ist freilich beinahe ein Jahr, daß ich Dir gar nichts geschrieben habe, aber fast täglich an Dich gedacht. Du bist seitdem in Eis und Schnee, mit Kaisern und Kaiserinnen gewesen, hast Rubel eingesteckt, und das Clarinettenevangelium bei den Heiden gepredigt – ich gönne es ihnen von Herzen, aber ich wollte ich könnte auch mit zuhören. Zweimal aber habe ich so lebhaft an Dich gedacht, daß ich eine Reise nach München im Ernst projectirte, und wenn einige günstigen Umstände zusammentreffen geschiehts noch diesen Herbst, wo nicht im nächsten Sommer bestimmt. Gott, was wollen wir da Musik machen, (obwohl Du gewiß keine Lust hast, und mich allein spielen lassen willst) und was freue ich mich drauf, Dich dann den ganzen Tag zu belagern. Das erstemal, wo ich mirs wieder vornahm, war voriges Jahr in Coblenz, wo ich einem
Ich glaube dies ist seit 40 Jahren der erste Brief den ich schreibe, und der keine Antwort ist – rechne mir das sehr hoch an, aber vor allen Dingen bei allen Göttern! und bei allen Blättern! (ein für einen Clarinettisten eben so hoher Schwur) oder bei allen Wettern! – ANTWORTE!
Und sage mir folgendes:
Den ganzen Nachtrag Deiner Reise, von Petersburg an, wie Du München gefunden hast, wie die Deinigen, wie
Düsseldorf den 7ten Juli 1834. Lieber Freund Bärmann Kennst Du noch einen Menschen, der diesen Brief schreibt, und Musik macht, und gern in München wäre, und Dich von ganzem Herzen lieb hat, und so heißt wie ich? Es ist freilich beinahe ein Jahr, daß ich Dir gar nichts geschrieben habe, aber fast täglich an Dich gedacht. Du bist seitdem in Eis und Schnee, mit Kaisern und Kaiserinnen gewesen, hast Rubel eingesteckt, und das Clarinettenevangelium bei den Heiden gepredigt – ich gönne es ihnen von Herzen, aber ich wollte ich könnte auch mit zuhören. Zweimal aber habe ich so lebhaft an Dich gedacht, daß ich eine Reise nach München im Ernst projectirte, und wenn einige günstigen Umstände zusammentreffen geschiehts noch diesen Herbst, wo nicht im nächsten Sommer bestimmt. Gott, was wollen wir da Musik machen, (obwohl Du gewiß keine Lust hast, und mich allein spielen lassen willst) und was freue ich mich drauf, Dich dann den ganzen Tag zu belagern. Das erstemal, wo ich mirs wieder vornahm, war voriges Jahr in Coblenz, wo ich einem Staatsprocurator eine Visite machte, der mir sagte er sey in München gewesen. Ich fragte, ob er Dich gehört hätte; er sagte, nein, aber gesehn, Du hättest Dich die ganze Oper hindurch auf der gallerie noble an einen Pfeiler gelehnt, und sehr lustig ausgesehen, und immer gelächelt, wenn ein Placker vorfiel. Da dachte ich, warum ich da nicht daneben gestanden hätte, und mitgelacht, u. s. w. Aber das zweitemal wars noch schlimmer; da ritt der Teufel einen hiesigen Clarinettisten öffentlich Webers fmoll Concert zu blasen; ich hatte allen Leuten vorhergesagt, jetzt würden Sie das wunderschönste Stück zu hören bekommen, und alle waren sehr gespannt darauf, und nun kickst und pustet der das Ding zusammen, daß mir angst und bange wurde, und daß die Leute sagten „Hm! eine höchst barocke Composition“ und daß ich dachte, wenn der Bärvater doch nur auf eine halbe Stunde zugegen sein, und das Rohr in den Mund nehmen könnte. Auch an das Solo für Bassethorn habe ich oft gedacht – es sollte in bdur gehen – aber nun weiß ich gar nicht einmal ob der „kleine“ Carl es noch brauchen kann und will, oder ob es blos für die Reise sein sollte? Darauf möchte ich mir doch von ihm eine Zeile Antwort erbitten, denn da er mir in seinem letzten Briefe schrieb, ich würde gleich am Thore festgehalten wenn ich ohne ein neues Duett und das Solostück nach München käme, und ich doch sehr gerne wenigstens bis in die Carlstraße gelangte, so möchte ich mich danach richten. Seine Briefe waren übrigens schön toll, und haben mich immer ganze Tagelang zum Frohsinn gebracht, (in dem Du Dich wahrscheinlich befindest, wenn dieser Brief ankommt, und ein Bier drin trinkst, nämlich nicht im Brief sondern im Frohsinn, nämlich in dem Gebäude) er könnte mir wohl mal nun wieder einen zuspediren, und mir mit einem Worte sagen, wie Ihr Euch alle befindet, wie es in München aussieht, was für Musik gemacht wird, was das Theater macht, ferner von allen Bekannten, ferner über Dampfnudeln, ob er das Clavier immer noch stimmt, ob er nichts wieder von Stern gehört hat, oder von der Fürstinn Wallerstein, und von van der Mark aber im Ernst von ganz München. Neulich ging Dohrn hier durch, er will nach Amerika, war lange in Schweden und in Norwegen, ist aber ganz ebenso geblieben wie er auf der Nokkerschwaig war, da wurden viel alte Zeiten recapitulirt, und Deine Gesundheit oft in Rheinwein ausgebracht; wenn Dir die Ohren halb so sehr davon geklungen haben, wie unsre Gläser, so weißt Du davon schon. Auch die Whistgeschichten von Stern, das Programm zu meiner fête, und Zacharias von Poissl, der jetzt Gastrollen giebt (um Gotteswillen schreib davon, wie ists mit dem? und wie kommt er zu dem Entschluß Sänger zu werden?) und die Schwimmanstalt, und Dein Hündchen – alles mögliche von damals wurde vorgebracht. – Was hast Du denn nun über mein hiesiges Festsitzenbleiben auf 2 Jahre gesagt? Gewiß gewüthet. Du wolltest mich ja durchaus die ersten Jahre noch umherschweifend wissen; aber siehe, ich habe für jedes Jahr das ich hier bleibe 3 Monate Reisezeit ganz für mich, auch mehr wenn ich will, und die schönste Zeit ruhig für mich zu arbeiten, die ich auch ganz gut anzuwenden anfange, dabei habe ich nur die Concerte (6 jährlich) zu dirigiren, und die Oper en gros unter meiner „umsichtigen LEITUNG “ (so daß ich mich darin auch üben kann) namentlich aber (und das sind die Hauptpuncte) habe ich alle Vormittage bis 1 ganz ungestört für mich, und meine 3 Monate außerdem, was kann der Mensch mehr verlangen? Ich glaube dies ist seit 40 Jahren der erste Brief den ich schreibe, und der keine Antwort ist – rechne mir das sehr hoch an, aber vor allen Dingen bei allen Göttern! und bei allen Blättern! (ein für einen Clarinettisten eben so hoher Schwur) oder bei allen Wettern! – ANTWORTE! Und sage mir folgendes: Den ganzen Nachtrag Deiner Reise, von Petersburg an, wie Du München gefunden hast, wie die Deinigen, wie Deines Sohns Spiel sich ausgebildet hat; ob er mit seiner Stellung zufrieden ist. Was hast Du denn zu Delphines Heirath gesagt? Und was habe ich dazu gesagt? Donnerwetter, habe ich gesagt. Ist sie denn jetzt wieder in München? Hat sich die Mutter nicht wieder verheirathet oder die Schwester? Was macht die Vespermann? Grüße sie sehr vielmal von mir, und sag ich hoffte, sie befände sich wohl, und grüße Müllers auch sehr, grüße Stuntz (trägt er noch einen Schnurrbart an der Unterlippe?) und Josephine Lang, und die hübsche Therese in meinem ehemaligen Wohnhaus, und Graf Pocci, und Horn und Staudachers und den alten Pappenheimer. À propos ist der Tenorist Hoppe bei Euch? Und hat gesungen? Schreib mir doch Dein Urtheil über ihn, ich möchte gern wissen wie er geworden ist, vor einigen Jahren zeigte er viel Anlage. – Grüß Poissl (den alten) wo ist Ascher jetzt? Noch in Griechenland? Und wo Eichthal? Auch noch? Dies alles beantworte doch sehr pünctlich! Oder trag es dem kleinen Carl auf, und signire dann blos Deinen Namen mit kurzer Nachschrift und vor allem grüß alle die Deinigen herzlich von Deinem Felix Mendelssohn B.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-07-07" xml:id="date_52442a54-01a0-4cf8-89fc-8b1f433cf07c">7. 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Du wolltest mich ja durchaus die ersten Jahre noch umherschweifend wissen; aber siehe, ich habe für jedes Jahr das ich hier bleibe 3 Monate Reisezeit ganz für mich, auch mehr wenn ich will, und die schönste Zeit ruhig für mich zu arbeiten, die ich auch ganz gut anzuwenden anfange, dabei habe ich nur die Concerte (6 jährlich) zu dirigiren, und die Oper en gros unter meiner „umsichtigen LEITUNG <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_754f1c6b-be78-5e246-151a7-12dd02714dc3" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note>“ (so daß ich mich darin auch üben kann) namentlich aber (und das sind die Hauptpuncte) habe ich alle Vormittage bis 1 ganz ungestört für mich, und meine 3 Monate außerdem, was kann der Mensch mehr verlangen?</p><p>Ich glaube dies ist seit 40 Jahren der erste Brief den ich schreibe, und der keine Antwort ist – rechne mir das sehr hoch an, aber vor allen Dingen bei allen Göttern! und bei allen Blättern! (ein für einen Clarinettisten eben so hoher Schwur) oder bei allen Wettern! – ANTWORTE!</p><p>Und sage mir folgendes:</p><p>Den ganzen Nachtrag Deiner Reise, von Petersburg an, wie Du München gefunden hast, wie die Deinigen, wie <persName xml:id="persName_fe7a1fcf-297d-44e4-baed-cd28ca5df192">Deines Sohns<name key="PSN0109631" style="hidden">Baermann, Carl (II) (1782-1842)</name></persName> Spiel sich ausgebildet hat; ob er mit seiner Stellung zufrieden ist. Was hast Du denn zu <persName xml:id="persName_cfb1e3d6-e021-44bf-a534-10f4bf2a69a3">Delphines<name key="PSN0114515" style="hidden">Schauroth, Delphine (Adolphine) von (1814-1887)</name></persName> Heirath gesagt? Und was habe ich dazu gesagt? Donnerwetter, habe ich gesagt. Ist sie denn jetzt wieder in München? Hat sich die <persName xml:id="persName_f8025062-5741-4ca8-85da-1641ae158bf3">Mutter<name key="PSN0114514" style="hidden">Schauroth, Augustine Luise Friederike Ernestine von</name></persName> nicht wieder verheirathet oder die <persName xml:id="persName_f60c081b-3e5b-4782-ac1d-814f30613f35">Schwester<name key="PSN0114513" style="hidden">Schauroth, Augustine Luise Ernestine von (1811-1856)</name></persName>? Was macht die <persName xml:id="persName_32a6386f-8959-4578-8b65-24fa7a6e7575">Vespermann<name key="PSN0115501" style="hidden">Vespermann (Sigl-Vespermann), Katharina (1802-1877)</name></persName>? Grüße sie sehr vielmal von mir, und sag ich hoffte, sie befände sich wohl, und grüße <persName xml:id="persName_901f8ee6-e9d5-4305-8a26-47aeb3b5c4d3">Müllers<name key="PSN0113492" style="hidden">Müller, Franz Ferdinand Georg (1808-1855)</name><name key="PSN0113490" style="hidden">Müller, Carl Friedrich (I) (1797-1873)</name><name key="PSN0113501" style="hidden">Müller, Theodor Heinrich Gustav (1799-1855)</name><name key="PSN0113486" style="hidden">Müller, August Theodor (1802-1875)</name></persName> auch sehr, grüße <persName xml:id="persName_4e4751cf-161f-4948-8fca-3c7c5b96693b">Stuntz<name key="PSN0115200" style="hidden">Stuntz, Joseph Hartmann (1793-1859)</name></persName> (trägt er noch einen Schnurrbart an der Unterlippe?) und <persName xml:id="persName_cae242b4-98b6-4ec4-a67b-30fdb0eb21dd">Josephine Lang<name key="PSN0112672" style="hidden">Lang, Josephine Caroline (1815-1880)</name></persName>, und die <persName xml:id="persName_e5990313-23dd-4e1d-9f04-b03a8303895f">hübsche Therese<name key="PSN0112018" style="hidden">Hirschböck, Therese</name></persName> in meinem ehemaligen Wohnhaus, und <persName xml:id="persName_306facab-e8e5-451c-81f1-5f6da2f5579f">Graf Pocci<name key="PSN0113913" style="hidden">Pocci, Franz Ludwig Evarist Alexander Graf von (1807-1876)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_ad13674f-20a1-49c7-8a31-aa65c4da3eb9">Horn<name key="PSN0112089" style="hidden">Horn, Carl</name></persName> und <persName xml:id="persName_385a863b-14f2-448b-bd9a-1339f766a0cd">Staudachers<name key="PSN0115070" style="hidden">Staudacher, Josef (1782-1838)</name></persName> und <persName xml:id="persName_2e5311a9-4488-4b7b-80ec-c7f6b5f1300f">den alten Pappenheimer<name key="PSN0113748" style="hidden">Pappenheimer, Seligmann (1767-1844)</name></persName>. À propos ist der <persName xml:id="persName_469cd7a8-1d03-4efe-9530-0a88bcfb6522">Tenorist Hoppe<name key="PSN0112083" style="hidden">Hoppe, Eduard Hans (1808-1893)</name></persName> bei Euch? Und hat gesungen? Schreib mir doch Dein Urtheil über ihn, ich möchte gern wissen wie er geworden ist, vor einigen Jahren zeigte er viel Anlage. – Grüß <persName xml:id="persName_907f2508-8b8c-4f62-a503-710af4706782">Poissl<name key="PSN0113936" style="hidden">Poißl, Johann Nepomuk Freiherr von (1783-1865)</name></persName> (den alten) wo ist <persName xml:id="persName_07802e4c-2276-4dfa-a1f6-825c57200d35">Ascher<name key="PSN0109552" style="hidden">Ascher, August (?-1837)</name></persName> jetzt? Noch in Griechenland? Und wo <persName xml:id="persName_ab1a5970-ab13-485e-a728-16e2b8d0ab6e">Eichthal<name key="PSN0110866" style="hidden">Eichthal, Wilhelm (seit 1814) Freiherr von (1805-1847)</name></persName>? Auch noch? Dies alles beantworte doch sehr pünctlich! Oder trag es <persName xml:id="persName_1ddec675-ce87-48af-af64-8c2463fc9757">dem kleinen Carl<name key="PSN0109631" style="hidden">Baermann, Carl (II) (1782-1842)</name></persName> auf, und signire dann blos Deinen Namen mit kurzer Nachschrift und vor allem <seg type="closer" xml:id="seg_4431c53e-57bc-4727-8c37-230b4cc793d5">grüß alle die Deinigen herzlich von</seg></p><signed rend="right">Deinem</signed><signed rend="right">Felix Mendelssohn B.</signed></div></body> </text></TEI>