fmb-1834-02-07-03
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Düsseldorf, 7. Februar 1834
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; S. 1: Datum von Charlotte Moscheles’ Hand über dem Briefbeginn: »Düsseldorf d. 7ten Febr. 1834«. – Die Anordnung des Briefs nach dem an Ignaz Moscheles gleichen Datums (Brief Nr. 856) ergibt sich aus der Erwähnung dieses Briefs in Z. 2.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Diesen Brief fange ich erst an nachdem ich seit 2 Stunden an
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Ich wollte Ihnen neue Lieder schicken, aber immer noch muß ichs verschieben, da ich gar zu viel an diesem Packet noch zu thun habe. Auch möchte ich wohl gern wissen, wie es mit dem Singen jetzt steht? Und ob Sie es noch zuweilen üben, eingedenk der weisen Lehren Ihres weisen Singemeisters. Sie wollen wissen, ob ich hier ganz aus der Art schlage und mich vor jemand fürchte, sowie vor Ihnen, was Eleganz oder vielmehr Ordnung betrifft?
An
Liebe Madame Moscheles Diesen Brief fange ich erst an nachdem ich seit 2 Stunden an Moscheles geschrieben habe, vorher getraute ichs mich nicht. Soviel Schelte habe ich gewiß von Ihnen noch nicht bekommen oder vielmehr verdient, wie jetzt (denn bekommen werde ich sie am Ende gar nicht) Dagegen ist Deutschsprechen bei Tisch, nicht Vorschneiden bei Stones, zerrißne Knöpfe am Frack haben, Hummelsche Complimente nicht machen, und alle meine sonstigen bekannten Qualitäten gar nichts. Aber dient es Ihnen vielleicht zur Genugthuung, daß ich ein sehr schlechtes Gewissen habe? Oder daß ich dafür nun auch wirklich so eine Art Gefühl habe, wie ein unartiges Kind, wenns gestehen muß? Oder daß Klingemann mir nun auch nicht schreibt? Im Ernst aber zu reden, giebt es wohl viel Momente jeden Tag, wo ich nach Ihrem lieben Hause hindenke und mich hinwünsche, und mich über die Zeit freue, die ich dort gewesen bin, das müssen Sie mir zutrauen, und ob daraus nun ein Brief wird oder nicht, ist mehr zufällig. Leider werde ich dies Frühjahr nicht nach England kommen, ich will diese Zeit arbeiten und erst wieder was vor mich zu bringen suchen, ehe ich mich wieder auf die Reise mache. Sie glauben gar nicht, wie viel wohler und heitrer mir schon nach diesen Paar Monaten geworden ist, und wie ich merke daß mir die Arbeit besser von der Hand geht; ich muß mich nun dran halten, damit ich wieder einmal in Zug komme, mein Geburtstag hat mich auch dieser Tage zu rechter Zeit dran erinnert. Von meinem Leben hier habe ich an Moscheles schon mancherlei geschrieben, neulich gaben wir den Egmont mit der Beethovenschen Musik, da hatte ich die Freude etwas von Beethoven zum erstenmal zu hören, die mir sonst lange nicht zu Theil geworden ist. à propos, Sie sind ja eine AntiGoethianerinn, so empfehle ich Ihnen eine neu herausgekommne Correspondenz zwischen ihm und Zelter, da werden Sie Stoff genug finden Ihre Meinung zu bestätigen, und doch würde ich frischweg opponiren, und meinen alten Liebling vertheidigen, wie sonst. Kennen Sie denn den Chorgesang über Lord Byron der im 2ten Theile des Faust vorkommt? Er fängt an „Nicht allein“ – Wenn Sie ihn nicht kennen, so lesen Sie ihn doch ja geschwind, denn ich glaube er wird Ihnen Freude machen. Jetzt wird es Englische Theestunde, und ich verliere immer mehr von der Furcht. Heut ist hier ein großes dejeuner dansant, eine von den Dingen, die mir von allem was mir in Berlin zuwider ist, am zuwidersten ist. Das faule Volk kommt Mittags um 1 2 12 zusammen, und bringt mit Essen und Tanzen die Zeit bis um 1 Uhr nach Mitternacht hin. Es giebt wenig Sachen die ich so häßlich finde, das Sonnenlicht mag es nun bescheinen, wie sie das hier arrangiren, oder man mag um Mittag die Laden zumachen und die Lüstres anstecken, wie mans in Berlin bei Hofe thut. Dazu tanzen sie schon seit 14 Tagen fast jede Nacht bis 5 Uhr, wo dann der Prinz Friedrich à la tête ist, und soviel Bälle giebt und nimmt, als nur möglich. Mich hat von allen diesen Herrlichkeiten eine böse Erkältung befreit, wegen deren ich schon über eine Woche das Zimmer hüten muß, und die jetzt fast vorbei ist, aber grade noch bis Fastnacht dauern wird, so daß ich grade nach abgemachtem Carnaval wieder freigegeben werde. Sie sehen aber, daß wir hier auch nach Kräften großstädtisch sind, und wenn ich Ihnen gar die diners aufzählen wollte, so würde Ihnen noch kleinstädtischer und Berlinischer zu Muthe werden, als schon so auf dieser Seite. Ich wollte Ihnen neue Lieder schicken, aber immer noch muß ichs verschieben, da ich gar zu viel an diesem Packet noch zu thun habe. Auch möchte ich wohl gern wissen, wie es mit dem Singen jetzt steht? Und ob Sie es noch zuweilen üben, eingedenk der weisen Lehren Ihres weisen Singemeisters. Sie wollen wissen, ob ich hier ganz aus der Art schlage und mich vor jemand fürchte, sowie vor Ihnen, was Eleganz oder vielmehr Ordnung betrifft? Mde. Hübner, die Sie wohl auch in Berlin gesehn haben, nimmt mich darüber zuweilen übel mit, und bemerkt auch beim ersten Hineintreten was ich in einem halben Jahre nicht, aber ganz sowie Sie versteht sie es doch nicht, so daß ich fürchte Sie werden mich schrecklich verwildert finden, wenn ich mich mal wieder aus meinen Wäldern hervorwage, und mein Geschmack für Halsbinden-binden u. sw. wird sich hier ganz verderben. Aber dann will ich auch einmal wieder gelehrig sein. – Serina und Emily und vor allem mein lieber kleiner Pathe, die grüßen Sie alle herzlichst von mir, der kleine versteht es zwar noch nicht, aber einerlei. Leben Sie nun wohl und sein Sie froh und glücklich. Stets Ihr Felix Mendelssohn B An Alexanders und Goldschmidts und Stones viel freundliche Grüße, wenn Sie sie sehen
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-02-07" xml:id="date_bfae8749-e7f2-4a5f-8bfe-2bf732a99d70">7. 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Auch möchte ich wohl gern wissen, wie es mit dem Singen jetzt steht? Und ob Sie es noch zuweilen üben, eingedenk der weisen Lehren Ihres weisen Singemeisters. Sie wollen wissen, ob ich hier ganz aus der Art schlage und mich vor jemand fürchte, sowie vor Ihnen, was Eleganz oder vielmehr Ordnung betrifft? <persName xml:id="persName_7330fbed-ef26-4e4c-acc0-fda410247678">Mde. Hübner<name key="PSN0112129" style="hidden">Hübner, Pauline Charlotte (1809-1895)</name></persName>, die Sie wohl auch in Berlin gesehn haben, nimmt mich darüber zuweilen übel mit, und bemerkt auch beim ersten Hineintreten was ich in einem halben Jahre nicht, aber ganz sowie Sie versteht sie es doch nicht, so daß ich fürchte Sie werden mich schrecklich verwildert finden, wenn ich mich mal wieder aus meinen Wäldern hervorwage, und mein Geschmack für Halsbinden-binden u. sw. wird sich hier ganz verderben. 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