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fmb-1833-09-23-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy <lb></lb>Frankfurt a. M., 23. September 1833 Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 3, 792

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. IIIb/11 (167). Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; Frankfurt a. M., 23. September 1833 Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

23. September 1833 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Frankfurt a. M. Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy Berlin Deutschland deutsch
Herrn Herrn StadtRath A. Mendelssohn Bartholdy Wohlgeb. Berlin
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Frankfurt d. 23 Sept. 33.Hiermit ist denn also die Correspondenz einmal wieder eröffnet.

Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie ich hieher gekommen bin ohne daß ich zugleich erfahre, wie Ihr die Zeit gelebt habt, das will mir nicht schmecken. Aber hoffentlich ist VatersMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Fuß ganz besser und MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) hat für viel Wein und Fleisch gesorgt und HenselHensel, Wilhelm (1794-1861) hat seinen Mohren<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name><name key="CRT0109167" style="hidden" type="art">Christus vor Pilatus (Ölgemälde 1834)</name> fertig und FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) ein neues Lied und PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) hat in Portugiesen à la baisse eingethan (denn ich lese eben, sie gehen von 57 1 2 auf 53) kurz Ihr seid alle thätig und wohl – es ist nur schlimm, das immer so auf Glauben annehmen zu müssen. Weil ich aber nun einmal gemerkt habe, wo es eigentlich steckt, wird es auch besser mit mir werden und so verspreche ich feierlich ein guter 14täglicher (oder öfterer) Correspondent zu sein und auf Alles zu antworten, das müßt Ihr aber auch thun.

Auf der Reise hieher wurde mir wieder ganz reisemäßig zu Muthe wie damals, ich vertilgte kalte Küche, fuhr die Nacht und stieg den ganzen Tag nicht aus. Aber so wie London für unsre Beine sympathetisch ist, so ists Gelnhausen für unsre Wagenfedern; vor langer Zeit erinnre ich mich zogen wir einmal mit geflicktem Wagen in das Wirthshaus am Thor ein und ebenso ging mir es diesmal, und ich mußte nolens volens zu Mittag essen und Kleist<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name> lesen bis die Riemen wieder hielten. Deshalb kam ich hier erst um 10 an, statt wie ich mir vorgenommen zur Zeit des FreitagsvereinsCäcilienvereinFrankfurt a. M.Deutschland bei SchelbleSchelble, Johann Nepomuk (1789-1837). Aber ich muß auch historisch werden. Daß mich MarxMarx, Adolph Bernhard (1795-1866) ein Paar Stationen begleitete, wißt Ihr schon; ich fuhr den ganzen Tag nicht besonders schnell, und kam genau in 15 Stunden in Leipzig an. Unterwegs gab es überall fliegenden Sommer, der an den Baumästen hing, und mich an der Nase und den Ohren zuweilen krabbelte und in Bitterfeld einen sehr großen Jahrmarkt, durch den ich in meiner offnen Chaise hindurch fuhr und mich begucken ließ; die Leute mußten auf beiden Seiten Platz machen, dazu blies der Postillon unaufhörlich, so daß die ganze Sache sich wie eine Renommage ausnahm, die Straßenjungen moquirten sich auch. Zugleich las ich eine „Einladung zur Subscription“ die ein MusikhändlerSchuberth, Julius Ferdinand Georg (1804-1875)Niemeyer, Georg Wilhelm (1798-1857) aus Itzehoe mir am Abend der Abreise zugeschickt hatte, und worin es heißt: „Unsre Originalbibliothek (das erste Unternehmen der Art auf beiden Hemisphären) wird nur die vorzüglichsten Werke des Genies unsterblicher Meister in sich zu vereinen streben, welche noch bei keinem andern Verleger zu haben sind, sie liefert das Schönste, Gediegenste, zu bisher noch nie stattgefundnen wohlfeilsten Preisen. Unsre Originalbibliothek wird das Höchste leisten.“ Dann kommen die Meister, unter denen ich auch bin nebst MühlingMühling, Heinrich Leberecht August (1786-1847), KellerKeller, Max (1770-1855), J. SchmittSchmitt, Jakob (Jacques) (1803-1853), PannyPanny, Joseph (1794-1838), OsborneOsborne, George Alexander (1806-1893) und vielen andern, und wir alle werden nur vorzüglichste Werke des Genies liefern, und unsterbliche Meister sein. Willst Dus gedruckt haben, liebe MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842), für die Sammlung der bulls so schick ichs und schneide es aus. – Ferner trank ich eine Flasche Bischof und kam um 1 2 9 beim freundlichen HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) an, mit dem ich gleich während das Bett gemacht wurde, über den BachschenBach, Johann Sebastian (1685-1750) Catalog herfiel. Da giebt es schöne Sachen die Menge, unter andern hat er 70 Cantaten<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name>, worunter sehr viele Autographe sind, auch viel Orgelmusik<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107857" style="hidden" type="music">Orgelwerke</name>. Nun hatte er aber rausgebracht, daß in der ThomasschuleThomasschuleLeipzigDeutschland noch ein ganzer Jahrgang<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name> läge, und der alte CantorWeinlig, Christian Theodor (1780-1842) suchte immer Ausflüchte und wollte sie nicht zeigen. Da gingen wir denn den nächsten Tag hin, liefen einen Generalsturm auf die Festung WeinligWeinlig, Christian Theodor (1780-1842), und er ergab sich und bestellte uns auf den nächsten Morgen hin. Da empfing er uns dann in der BibliothekThomasschuleLeipzigDeutschland, und schleppte das Fascikel herbei wie ers nannte, und als wir schon mitten im Durchlesen und Aufschreiben waren, kam eine alte Magd mit Chokolade und Kuchen dazu, und dann klagte er, daß sämmtliche Partituren gestohlen worden sein und nur noch die Autograph-Stimmen<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name> da wären, und dann fand sichs daß HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) fast alle diese gestohlnen Partituren jetzt besaß und von irgend einem ganz unbekannten DorfschulmeisterSchuster, Johann Gottlob (1765-1839) gekauft hatte, das war eine ganz lustige Scene. Nachher sang uns der ThomanerThomanerchorLeipzigDeutschland Chor zwei Bachsche Motetten<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107777" style="hidden" type="music">Komm, Jesu, komm BWV 229</name> vor, das hat für mich nun immer was sehr Ergreifendes wenn ich den Chor höre, weil offenbar noch so vieles ganz ist, wie damals, als er den ChorThomanerchorLeipzigDeutschland dirigirte und dafür schrieb. Namentlich die grellen unerbittlichen DiscantschreierThomanerchorLeipzigDeutschland, die so recht hineinfahren, und das ganze subordinirte altväterische Wesen, und der ehemalige SaalThomasschuleLeipzigDeutschland, und SebastiansBach, Johann Sebastian (1685-1750) Portrait<name key="PSN0111781" style="hidden" type="author">Haußmann, Elias Gottlob (1695-1774)</name><name key="CRT0109062" style="hidden" type="art">Johann Sebastian Bach (Ölgemälde 1746: in D-LEsm)</name> das über den Singenden hängt und brummt. Aber freilich singen sie alles durch die Bank entsetzlich roh, brüllen aus Leibeskräften „mein Leib ist müde“<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107777" style="hidden" type="music">Komm, Jesu, komm BWV 229</name>“ detoniren bei Gelegenheit, und ein ThomanerThomanerchorLeipzigDeutschland schlägt den Tact, während WeinligWeinlig, Christian Theodor (1780-1842) zuhört – das ist wohl bei Sebastians Lebzeiten anders gewesen. Doch gefällt mir das erste Stück von Singet dem Herrn<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name>, in der Weise ganz über die Maßen, es macht einen Lärm daß man im Kopfe wirr wird, und wenn die Singstunde aus ist dann bleibt der ganze ChorThomanerchorLeipzigDeutschland ruhig und still in Ordnung stehn, nur ein kleiner Discantjung in seinem langen schwarzen Frack kommt vom Orchester herunter und stellt sich an die Thür um sie aufzuklinken, wenn die Herrn Fremden fortgehn wollen, und dann macht der ganze ChorThomanerchorLeipzigDeutschland einen Diener, und erst wenn man aus der Thür ist hört man sieThomanerchorLeipzigDeutschland durch einander rasen und über die Bänke springen – das gefällt mir Alles sehr. FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847), HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) hat Dein Liederheft<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111450" style="hidden" type="music">»Sehnsucht VIII« für eine Singstimme und Klavier HU 219 (24. Juni 1828)</name> durchaus 8 Tage noch behalten wollen, und da er hoch und theuer versprach es spätestens Sonntag über 8 Tage zurückzuschicken und sich dann eigends dafür zu bedanken, so ließ ichs ihm. BreitkopfsBreitkopf & Härtel (bis 1786: Breitkopf), Verlag und Musikalienhandlung in Leipzig zeigten mir meine Ouv.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_irpvk88v-redk-n0rf-izem-7bjrpry7xaur"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name> zum Sommernachtstr.<name key="PSN0113148" style="hidden" type="author">Mayer, Carl Heinrich</name><name key="CRT0109924" style="hidden" type="music">Felix Mendelssohn Bartholdy, Ouvertüre zum Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3) (Bearbeitung für Harmoniemusik)</name> für Militairmusik arrangirt, die sie jetzt stechen; ich sage Dir es ist gräßlich wenn die spitzen Es Clarinetten in es moll loslegen (denn transponirt mußte das Ding werden) und wenn die 3 Posaunen losschnalzen; und der Piccolo und die dicke Trommel und das ganze soll einen Traum bedeuten. Und doch war das Ding<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_2pl5glhm-hytl-9xrf-mexj-hwmocx0betbb"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name> ganz geschickt gemacht<name key="PSN0113148" style="hidden" type="author">Mayer, Carl Heinrich</name><name key="CRT0109924" style="hidden" type="music">Felix Mendelssohn Bartholdy, Ouvertüre zum Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3) (Bearbeitung für Harmoniemusik)</name>, soviel ich sehn konnte und ich muß mirs noch zur Ehre rechnen. Ich schicke Dir auch von Düsseldorf aus ein Paar neue BachsBach, Johann Sebastian (1685-1750) die ich für Dich dort abgeschrieben habe. Als ich von Leipzig reis’te begleitete mich wieder HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) ein Stück, und weiter ist von dem Tage nichts zu erzählen, als daß ich verstimmt durch Weimar fuhr, daß die Passage auf der ganzen Straße in der Richtung nach Berlin zu ganz enorm war, auf einer Station (zwischen Erfurt und Gotha) begegneten mir 8 Extraposten und endlich noch die Schnellpost mit 2 Beiwagen, daß ich den Kösener Berg verschlief weil ich bei Schulpforte zu lebhaft an KabrunKabrun, Carl (1805-1835) dachte, daß ich im Lauf des Tags zwei ganze Hühner aß, und mir mein gelbes Schnupftuch als Tischtuch über die Beine deckte, zum Nachtisch aß ich Deine eingemachten Pfirsich auf liebe MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) und warf den leeren Topf aus dem Wagen, worauf der Postillion anhielt, und sagte es sei Schade um den schönen Topf und abstieg und ihn einsteckte. In Gelnhausen brach also endlich der Wagen, worauf ich eigentlich bei jedem Steinpflaster gewartet hatte, dennoch kam ich sehr gut und bequem hier an, im weißen Schwan war kein Platz, also wohnt ich im Englischen Hof, meinen Tag bring ich bei SchelbleSchelble, Johann Nepomuk (1789-1837) und bei VeitVeit, Philipp (1793-1877) zu, der ein prächtiger Kerl ist und schöne, herrliche Bilder malt (heut werde ich sie mit Muße sehn und dann beschreiben) heut Abends will ich endlich einmal die LindnerLindner (eigtl. Dieldolph oder Dieldorf), Maria Karoline Friederike (1797-1863) sehen und zwar im Bürgercapitain<name key="PSN0113050" style="hidden" type="author">Malß, Carl Balthasar (1792-1848)</name><name key="CRT0109878" style="hidden" type="dramatic_work">Die Entführung oder Der alte Bürger-Capitain</name>, Mde. HerzHertz, Clara (1781-1851) hat mich nicht vorgelassen, das war auch nicht so übel, RiesRies, Ferdinand (1784-1838) ist ärgerlich auf mich daß ich das Musikfest15. Niederrheinisches Musikfest (1833)DüsseldorfDeutschland dirigirt habe und mich am Rhein anstellen lassen, Schnyder<name key="PSN0114653" style="hidden" type="author">Schnyder von Wartensee, Franz Xaver Joseph Peter (1786-1868)</name><name key="CRT0110736" style="hidden" type="music">4 Räthsel-Canons</name> macht mordialische Canons, der VereinCäcilienvereinFrankfurt a. M.Deutschland geht gut und fängt in nächster Woche seine Concerte an, morgen früh fahre ich über Wiesbaden, Schlangenbad und Schwalbach nach Horchheim, schlafe da die Nacht, und bin so Gott will übermorgen in Düsseldorf; von da ein Mehreres.

Ich bin sehr breit geworden, also kurz, FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847), kauf mir sogleich bei WolfensteinWolffenstein, Wolff (1795-?) ein Dutzend kleine Servietten mit Franzen (wo möglich ganz ebenso wie Mde. BendemannBendemann, Fanny Eleonore (1778-1857) kürzlich gekauft) und schick sie mir so bald und sicher und schnell Du kannst, nach Düsseldorf; auch die Rechnung gleich mit. [Ic]h will mich nicht verheirathen, sondern hatte nur den Auftrag dazu und hab es in Berlin leider vergessen; also schick mir sie gleich schön. Sag auch MarxMarx, Adolph Bernhard (1795-1866) ich sei wegen seines Auftrags zweimal bei PohlenzPohlenz, Christian August (1790-1843) gewesen ohne ihn zu treffen, da er aber gar nicht desgleichen gethan habe und auch nicht gekommen sei, so hätte ich weiter nichts mit ihm anfangen können; würde nächstens darüber schreiben.

Über meinen Kleist<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name> habe ich unterwegs mich gar zu sehr gefreut; ich liebe ihn gar zu sehr, und wenn man den Anfang des Käthchens<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name> lies’t und nicht ganz und gar gerührt ist, so kann ichs nicht begreifen. Denique censeo Carthaginem d. h. Liebe FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) setze die SonntagsmusikenSonntagsmusiken der Familie Mendelssohn BartholdyBerlinDeutschland fort und lieber VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) trink viel rothen Wein zum Andenken an Deinen Feldscherer.

Lebt alle wohl und seid glücklich.EuerFelix Mendelssohn Bartholdy.
            Frankfurt d. 23 Sept. 33. Hiermit ist denn also die Correspondenz einmal wieder eröffnet.
Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie ich hieher gekommen bin ohne daß ich zugleich erfahre, wie Ihr die Zeit gelebt habt, das will mir nicht schmecken. Aber hoffentlich ist Vaters Fuß ganz besser und Mutter hat für viel Wein und Fleisch gesorgt und Hensel hat seinen Mohren fertig und Fanny ein neues Lied und Paul hat in Portugiesen à la baisse eingethan (denn ich lese eben, sie gehen von 57 1 2 auf 53) kurz Ihr seid alle thätig und wohl – es ist nur schlimm, das immer so auf Glauben annehmen zu müssen. Weil ich aber nun einmal gemerkt habe, wo es eigentlich steckt, wird es auch besser mit mir werden und so verspreche ich feierlich ein guter 14täglicher (oder öfterer) Correspondent zu sein und auf Alles zu antworten, das müßt Ihr aber auch thun.
Auf der Reise hieher wurde mir wieder ganz reisemäßig zu Muthe wie damals, ich vertilgte kalte Küche, fuhr die Nacht und stieg den ganzen Tag nicht aus. Aber so wie London für unsre Beine sympathetisch ist, so ists Gelnhausen für unsre Wagenfedern; vor langer Zeit erinnre ich mich zogen wir einmal mit geflicktem Wagen in das Wirthshaus am Thor ein und ebenso ging mir es diesmal, und ich mußte nolens volens zu Mittag essen und Kleist lesen bis die Riemen wieder hielten. Deshalb kam ich hier erst um 10 an, statt wie ich mir vorgenommen zur Zeit des Freitagsvereins bei Schelble. Aber ich muß auch historisch werden. Daß mich Marx ein Paar Stationen begleitete, wißt Ihr schon; ich fuhr den ganzen Tag nicht besonders schnell, und kam genau in 15 Stunden in Leipzig an. Unterwegs gab es überall fliegenden Sommer, der an den Baumästen hing, und mich an der Nase und den Ohren zuweilen krabbelte und in Bitterfeld einen sehr großen Jahrmarkt, durch den ich in meiner offnen Chaise hindurch fuhr und mich begucken ließ; die Leute mußten auf beiden Seiten Platz machen, dazu blies der Postillon unaufhörlich, so daß die ganze Sache sich wie eine Renommage ausnahm, die Straßenjungen moquirten sich auch. Zugleich las ich eine „Einladung zur Subscription“ die ein Musikhändler aus Itzehoe mir am Abend der Abreise zugeschickt hatte, und worin es heißt: „Unsre Originalbibliothek (das erste Unternehmen der Art auf beiden Hemisphären) wird nur die vorzüglichsten Werke des Genies unsterblicher Meister in sich zu vereinen streben, welche noch bei keinem andern Verleger zu haben sind, sie liefert das Schönste, Gediegenste, zu bisher noch nie stattgefundnen wohlfeilsten Preisen. Unsre Originalbibliothek wird das Höchste leisten. “ Dann kommen die Meister, unter denen ich auch bin nebst Mühling, Keller, J. Schmitt, Panny, Osborne und vielen andern, und wir alle werden nur vorzüglichste Werke des Genies liefern, und unsterbliche Meister sein. Willst Dus gedruckt haben, liebe Mutter, für die Sammlung der bulls so schick ichs und schneide es aus. – Ferner trank ich eine Flasche Bischof und kam um 1 2 9 beim freundlichen Hauser an, mit dem ich gleich während das Bett gemacht wurde, über den Bachschen Catalog herfiel. Da giebt es schöne Sachen die Menge, unter andern hat er 70 Cantaten, worunter sehr viele Autographe sind, auch viel Orgelmusik. Nun hatte er aber rausgebracht, daß in der Thomasschule noch ein ganzer Jahrgang läge, und der alte Cantor suchte immer Ausflüchte und wollte sie nicht zeigen. Da gingen wir denn den nächsten Tag hin, liefen einen Generalsturm auf die Festung Weinlig, und er ergab sich und bestellte uns auf den nächsten Morgen hin. Da empfing er uns dann in der Bibliothek, und schleppte das Fascikel herbei wie ers nannte, und als wir schon mitten im Durchlesen und Aufschreiben waren, kam eine alte Magd mit Chokolade und Kuchen dazu, und dann klagte er, daß sämmtliche Partituren gestohlen worden sein und nur noch die Autograph-Stimmen da wären, und dann fand sichs daß Hauser fast alle diese gestohlnen Partituren jetzt besaß und von irgend einem ganz unbekannten Dorfschulmeister gekauft hatte, das war eine ganz lustige Scene. Nachher sang uns der Thomaner Chor zwei Bachsche Motetten vor, das hat für mich nun immer was sehr Ergreifendes wenn ich den Chor höre, weil offenbar noch so vieles ganz ist, wie damals, als er den Chor dirigirte und dafür schrieb. Namentlich die grellen unerbittlichen Discantschreier, die so recht hineinfahren, und das ganze subordinirte altväterische Wesen, und der ehemalige Saal, und Sebastians Portrait das über den Singenden hängt und brummt. Aber freilich singen sie alles durch die Bank entsetzlich roh, brüllen aus Leibeskräften „mein Leib ist müde“ detoniren bei Gelegenheit, und ein Thomaner schlägt den Tact, während Weinlig zuhört – das ist wohl bei Sebastians Lebzeiten anders gewesen. Doch gefällt mir das erste Stück von Singet dem Herrn, in der Weise ganz über die Maßen, es macht einen Lärm daß man im Kopfe wirr wird, und wenn die Singstunde aus ist dann bleibt der ganze Chor ruhig und still in Ordnung stehn, nur ein kleiner Discantjung in seinem langen schwarzen Frack kommt vom Orchester herunter und stellt sich an die Thür um sie aufzuklinken, wenn die Herrn Fremden fortgehn wollen, und dann macht der ganze Chor einen Diener, und erst wenn man aus der Thür ist hört man sie durch einander rasen und über die Bänke springen – das gefällt mir Alles sehr. Fanny, Hauser hat Dein Liederheft durchaus 8 Tage noch behalten wollen, und da er hoch und theuer versprach es spätestens Sonntag über 8 Tage zurückzuschicken und sich dann eigends dafür zu bedanken, so ließ ichs ihm. Breitkopfs zeigten mir meine Ouv. zum Sommernachtstr. für Militairmusik arrangirt, die sie jetzt stechen; ich sage Dir es ist gräßlich wenn die spitzen Es Clarinetten in es moll loslegen (denn transponirt mußte das Ding werden) und wenn die 3 Posaunen losschnalzen; und der Piccolo und die dicke Trommel und das ganze soll einen Traum bedeuten. Und doch war das Ding ganz geschickt gemacht, soviel ich sehn konnte und ich muß mirs noch zur Ehre rechnen. Ich schicke Dir auch von Düsseldorf aus ein Paar neue Bachs die ich für Dich dort abgeschrieben habe. Als ich von Leipzig reis’te begleitete mich wieder Hauser ein Stück, und weiter ist von dem Tage nichts zu erzählen, als daß ich verstimmt durch Weimar fuhr, daß die Passage auf der ganzen Straße in der Richtung nach Berlin zu ganz enorm war, auf einer Station (zwischen Erfurt und Gotha) begegneten mir 8 Extraposten und endlich noch die Schnellpost mit 2 Beiwagen, daß ich den Kösener Berg verschlief weil ich bei Schulpforte zu lebhaft an Kabrun dachte, daß ich im Lauf des Tags zwei ganze Hühner aß, und mir mein gelbes Schnupftuch als Tischtuch über die Beine deckte, zum Nachtisch aß ich Deine eingemachten Pfirsich auf liebe Mutter und warf den leeren Topf aus dem Wagen, worauf der Postillion anhielt, und sagte es sei Schade um den schönen Topf und abstieg und ihn einsteckte. In Gelnhausen brach also endlich der Wagen, worauf ich eigentlich bei jedem Steinpflaster gewartet hatte, dennoch kam ich sehr gut und bequem hier an, im weißen Schwan war kein Platz, also wohnt ich im Englischen Hof, meinen Tag bring ich bei Schelble und bei Veit zu, der ein prächtiger Kerl ist und schöne, herrliche Bilder malt (heut werde ich sie mit Muße sehn und dann beschreiben) heut Abends will ich endlich einmal die Lindner sehen und zwar im Bürgercapitain, Mde. Herz hat mich nicht vorgelassen, das war auch nicht so übel, Ries ist ärgerlich auf mich daß ich das Musikfest dirigirt habe und mich am Rhein anstellen lassen, Schnyder macht mordialische Canons, der Verein geht gut und fängt in nächster Woche seine Concerte an, morgen früh fahre ich über Wiesbaden, Schlangenbad und Schwalbach nach Horchheim, schlafe da die Nacht, und bin so Gott will übermorgen in Düsseldorf; von da ein Mehreres.
Ich bin sehr breit geworden, also kurz, Fanny, kauf mir sogleich bei Wolfenstein ein Dutzend kleine Servietten mit Franzen (wo möglich ganz ebenso wie Mde. Bendemann kürzlich gekauft) und schick sie mir so bald und sicher und schnell Du kannst, nach Düsseldorf; auch die Rechnung gleich mit. Ich will mich nicht verheirathen, sondern hatte nur den Auftrag dazu und hab es in Berlin leider vergessen; also schick mir sie gleich schön. Sag auch Marx ich sei wegen seines Auftrags zweimal bei Pohlenz gewesen ohne ihn zu treffen, da er aber gar nicht desgleichen gethan habe und auch nicht gekommen sei, so hätte ich weiter nichts mit ihm anfangen können; würde nächstens darüber schreiben.
Über meinen Kleist habe ich unterwegs mich gar zu sehr gefreut; ich liebe ihn gar zu sehr, und wenn man den Anfang des Käthchens lies’t und nicht ganz und gar gerührt ist, so kann ichs nicht begreifen. Denique censeo Carthaginem d. h. Liebe Fanny setze die Sonntagsmusiken fort und lieber Vater trink viel rothen Wein zum Andenken an Deinen Feldscherer.
Lebt alle wohl und seid glücklich. Euer
Felix Mendelssohn Bartholdy.          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1833-09-23-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1833-09-23-01" xml:id="title_94bc1a2f-2ee6-4431-aef9-ac9cab92ae16">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy <lb></lb>Frankfurt a. M., 23. September 1833</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_f8d64ee0-f392-466b-94bb-4bda2eb30920">Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_3e6698cc-f205-458f-8966-ea1f26aead28">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 3, 792</idno></publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_fc8fb421-77d2-4e80-a412-bed420692173"> <msDesc> <msIdentifier> <country>USA</country> <settlement>New York, NY</settlement> <institution key="RISM">US-NYp</institution> <repository>New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division</repository> <collection>*MNY++ Mendelssohn Letters</collection> <idno type="signatur">Vol. IIIb/11 (167).</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1833-09-18-01" type="letter" xml:id="title_e395b1da-013d-4c2b-a6c1-e50a775c9885">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; Frankfurt a. M., 23. September 1833</title> <incipit>Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1833-09-23" xml:id="date_3733d8be-76df-4331-b706-123c09e8b343">23. September 1833</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_cef7b1f3-31e0-4ead-810f-20bff44b9fbb">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_fbcf22d3-b99e-400d-a73a-37edf25ce827"> <settlement key="STM0100204">Frankfurt a. M.</settlement> <country>Deutschland</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113247" resp="receiver" xml:id="persName_826f57aa-d702-4ddc-8107-e624a5e3320a">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName> <persName key="PSN0113241" resp="receiver" xml:id="persName_c478d097-573f-43bd-8f56-ef09b124a5a8">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_04403c72-84b2-4d7b-92ab-5c457e36e077"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_4fc23397-a9e7-4dc1-b2d5-1204afda850d"> <head> <address> <addrLine>Herrn</addrLine> <addrLine>Herrn StadtRath A. Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine>Wohlgeb.</addrLine> <addrLine>Berlin</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_ccb3bda3-af3b-4428-97ba-d6a4334502a8"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Frankfurt d. <date cert="high" when="1833-09-23" xml:id="date_70c5112f-5685-467f-85fa-1891579fc9ba">23 Sept. 33</date>.</dateline><salute rend="left">Hiermit ist denn also die Correspondenz einmal wieder eröffnet.</salute><p>Übrigens weiß ich nun auch warum mir das Briefschreiben jetzt so schwer wird, weil man immerfort Monologe halten muß und die kann ich nicht leiden. Daß ich Euch nun jetzt des Breitesten erzählen muß wie ich hieher gekommen bin ohne daß ich zugleich erfahre, wie Ihr die Zeit gelebt habt, das will mir nicht schmecken. Aber hoffentlich ist <persName xml:id="persName_3052be6b-d834-4917-bbea-75916044832d">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> Fuß ganz besser und <persName xml:id="persName_3b93c286-7350-45d8-927c-c925c62e432f">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> hat für viel Wein und Fleisch gesorgt und <persName xml:id="persName_534141f9-d8a5-412c-8ee1-149bd3ca93dd">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> hat <title xml:id="title_8b0de5c0-dda2-466d-bef8-221ae9314907">seinen Mohren<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name><name key="CRT0109167" style="hidden" type="art">Christus vor Pilatus (Ölgemälde 1834)</name></title> fertig und <persName xml:id="persName_75d84e62-82e9-4714-a38c-a5464d66e730">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> ein neues Lied und <persName xml:id="persName_c8cae3ca-8fa9-4245-ac3f-1062386c7bf3">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> hat in Portugiesen à la baisse eingethan (denn ich lese eben, sie gehen von 57 <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">1</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">2</hi></formula> auf 53) kurz Ihr seid alle thätig und wohl – es ist nur schlimm, das immer so auf Glauben annehmen zu müssen. Weil ich aber nun einmal gemerkt habe, wo es eigentlich steckt, wird es auch besser mit mir werden und so verspreche ich feierlich ein guter 14täglicher (oder öfterer) Correspondent zu sein und auf Alles zu antworten, das müßt Ihr aber auch thun.</p><p>Auf der Reise hieher wurde mir wieder ganz reisemäßig zu Muthe wie damals, ich vertilgte kalte Küche, fuhr die Nacht und stieg den ganzen Tag nicht aus. Aber so wie London für unsre Beine sympathetisch ist, so ists Gelnhausen für unsre Wagenfedern; vor langer Zeit erinnre ich mich zogen wir einmal mit geflicktem Wagen in das Wirthshaus am Thor ein und ebenso ging mir es diesmal, und ich mußte nolens volens zu Mittag essen und <title xml:id="title_a4a2e094-757c-46c7-bec9-922f9d73c778">Kleist<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name></title> lesen bis die Riemen wieder hielten. Deshalb kam ich hier erst um 10 an, statt wie ich mir vorgenommen zur Zeit des <placeName xml:id="placeName_f0f13c69-1a68-405b-8993-24c22091f1aa">Freitagsvereins<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> bei <persName xml:id="persName_30358daa-3823-45ea-9ac0-87c26c2d5989">Schelble<name key="PSN0114524" style="hidden">Schelble, Johann Nepomuk (1789-1837)</name></persName>. Aber ich muß auch historisch werden. Daß mich <persName xml:id="persName_0781d75c-9d9e-4360-b719-2de38c56d491">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName> ein Paar Stationen begleitete, wißt Ihr schon; ich fuhr den ganzen Tag nicht besonders schnell, und kam genau in 15 Stunden in Leipzig an. Unterwegs gab es überall fliegenden Sommer, der an den Baumästen hing, und mich an der Nase und den Ohren zuweilen krabbelte und in Bitterfeld einen sehr großen Jahrmarkt, durch den ich in meiner offnen Chaise hindurch fuhr und mich begucken ließ; die Leute mußten auf beiden Seiten Platz machen, dazu blies der Postillon unaufhörlich, so daß die ganze Sache sich wie eine Renommage ausnahm, die Straßenjungen moquirten sich auch. Zugleich las ich eine „Einladung zur Subscription“ die ein <persName xml:id="persName_61c2a44b-2f18-4315-a812-a74e933e7b5a">Musikhändler<name key="PSN0114720" style="hidden">Schuberth, Julius Ferdinand Georg (1804-1875)</name><name key="PSN0113603" style="hidden">Niemeyer, Georg Wilhelm (1798-1857)</name></persName> aus Itzehoe mir am Abend der Abreise zugeschickt hatte, und worin es heißt: „Unsre Originalbibliothek (das erste Unternehmen der Art auf beiden Hemisphären) wird nur die vorzüglichsten Werke des Genies unsterblicher Meister in sich zu vereinen streben, welche noch bei keinem andern Verleger zu haben sind, sie liefert das Schönste, Gediegenste, zu bisher noch nie stattgefundnen wohlfeilsten Preisen. Unsre Originalbibliothek wird das Höchste leisten.“ Dann kommen die Meister, unter denen ich auch bin nebst <persName xml:id="persName_a0849f53-b9ff-4aef-a504-13dccdb708c3">Mühling<name key="PSN0113473" style="hidden">Mühling, Heinrich Leberecht August (1786-1847)</name></persName>, <persName xml:id="persName_557babfc-7308-41af-a28d-ba20b45aca0c">Keller<name key="PSN0112345" style="hidden">Keller, Max (1770-1855)</name></persName>, J. <persName xml:id="persName_6f683b0c-a6b0-448d-8f84-fe39f213fe02">Schmitt<name key="PSN0114626" style="hidden">Schmitt, Jakob (Jacques) (1803-1853)</name></persName>, <persName xml:id="persName_b4ed1c40-9e2f-4e91-bafd-7d69752d9a87">Panny<name key="PSN0113736" style="hidden">Panny, Joseph (1794-1838)</name></persName>, <persName xml:id="persName_76158b6d-efc8-4768-a636-6e19db4cf494">Osborne<name key="PSN0113693" style="hidden">Osborne, George Alexander (1806-1893)</name></persName> <hi rend="underline">und vielen andern</hi>, und wir alle werden nur vorzüglichste Werke des Genies liefern, und unsterbliche Meister sein. Willst Dus gedruckt haben, <hi rend="underline">liebe</hi> <persName xml:id="persName_5e4b4859-34bf-47c4-a5f8-7cd3cec44d46">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName>, für die Sammlung der bulls so schick ichs und schneide es aus. – Ferner trank ich eine Flasche Bischof und kam um <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">1</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">2</hi></formula> 9 beim <persName xml:id="persName_17223193-2b35-4fed-8f97-e48eaacae9e9">freundlichen Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> an, mit dem ich gleich während das Bett gemacht wurde, über den <persName xml:id="persName_d2e142c4-cfed-4567-9786-917554520c84">Bachschen<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> Catalog herfiel. Da giebt es schöne Sachen die Menge, unter andern hat er <title xml:id="title_82b28922-e8f0-4851-baca-a14bf5acc2eb">70 Cantaten<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name></title>, worunter sehr viele Autographe sind, auch <title xml:id="title_1f1059f6-9a16-46fb-bb56-23530bfd832d">viel Orgelmusik<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107857" style="hidden" type="music">Orgelwerke</name></title>. Nun hatte er aber rausgebracht, daß in der <placeName xml:id="placeName_2372b232-3306-487c-b26e-401fa5b4b98f">Thomasschule<name key="NST0100193" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomasschule</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> noch <title xml:id="title_01c9c9d5-0a71-41b8-a26a-be8e843b1cc3">ein ganzer Jahrgang<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name></title> läge, und <persName xml:id="persName_81a18636-d2da-44ff-9d94-3e534bd94d61">der alte Cantor<name key="PSN0115677" style="hidden">Weinlig, Christian Theodor (1780-1842)</name></persName> suchte immer Ausflüchte und wollte sie nicht zeigen. Da gingen wir denn den nächsten Tag hin, liefen einen Generalsturm auf die Festung <persName xml:id="persName_a020f69c-8b27-433a-8bdd-c911942bc382">Weinlig<name key="PSN0115677" style="hidden">Weinlig, Christian Theodor (1780-1842)</name></persName>, und er ergab sich und bestellte uns auf den nächsten Morgen hin. Da empfing er uns dann in der <placeName xml:id="placeName_b66549c6-c42f-4010-b667-5af3fa9667d0">Bibliothek<name key="NST0100193" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomasschule</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und schleppte das Fascikel herbei wie ers nannte, und als wir schon mitten im Durchlesen und Aufschreiben waren, kam eine alte Magd mit Chokolade und Kuchen dazu, und dann klagte er, daß sämmtliche Partituren gestohlen worden sein und nur noch die <title xml:id="title_2d9892e9-a1c0-480a-8cf4-e77fb6b24538">Autograph-Stimmen<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107773" style="hidden" type="music">Kantaten</name></title> da wären, und dann fand sichs daß <persName xml:id="persName_50aa93ee-2f1e-413e-9ee4-a30eea6f651f">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> fast alle diese gestohlnen Partituren jetzt besaß und von irgend einem <persName xml:id="persName_0dc40114-d2e3-4922-8708-93c9b8f48e89">ganz unbekannten Dorfschulmeister<name key="PSN0114787" style="hidden">Schuster, Johann Gottlob (1765-1839)</name></persName> gekauft hatte, das war eine ganz lustige Scene. Nachher sang uns der <placeName xml:id="placeName_49ceb8d9-75a6-4e9b-8ca4-46add1ec3872">Thomaner<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Chor <title xml:id="title_f5ebe387-de10-480d-82db-8dda942778af">zwei Bachsche Motetten<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107777" style="hidden" type="music">Komm, Jesu, komm BWV 229</name></title> vor, das hat für mich nun immer was sehr Ergreifendes wenn ich den Chor höre, weil offenbar noch so vieles ganz ist, wie damals, als er den <placeName xml:id="placeName_db05c3d6-180b-429f-bcf0-f2cef2521dd7">Chor<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> dirigirte und dafür schrieb. Namentlich die grellen unerbittlichen <placeName xml:id="placeName_0b445244-4417-49ac-8f7f-9980f0c954d0">Discantschreier<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, die so recht hineinfahren, und das ganze subordinirte altväterische Wesen, und der <placeName xml:id="placeName_7b76fec9-8515-4942-8998-ce065ab08717">ehemalige Saal<name key="NST0100193" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomasschule</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und <persName xml:id="persName_4cd86c2b-79b6-43c8-b6c3-a554407b1b75">Sebastians<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> <title xml:id="title_1646aa89-d433-4dc5-a224-6ec5b490ff37">Portrait<name key="PSN0111781" style="hidden" type="author">Haußmann, Elias Gottlob (1695-1774)</name><name key="CRT0109062" style="hidden" type="art">Johann Sebastian Bach (Ölgemälde 1746: in D-LEsm)</name></title> das über den Singenden hängt und brummt. Aber freilich singen sie alles durch die Bank entsetzlich roh, brüllen aus Leibeskräften <title xml:id="title_6558b19d-5676-45ba-8b0b-2aa2e09c277c">„mein Leib ist müde“<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107777" style="hidden" type="music">Komm, Jesu, komm BWV 229</name></title>“ detoniren bei Gelegenheit, und ein <placeName xml:id="placeName_bfa3b5c5-6da8-4330-81b7-c4e0416cf688">Thomaner<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> schlägt den Tact, während <persName xml:id="persName_f018371c-32af-4c5e-b8c1-52f64d4cf58b">Weinlig<name key="PSN0115677" style="hidden">Weinlig, Christian Theodor (1780-1842)</name></persName> zuhört – das ist wohl bei Sebastians Lebzeiten anders gewesen. Doch gefällt mir <title xml:id="title_2fe2febd-6bc5-464f-b3f5-40b01dd76ba4">das erste Stück von Singet dem Herrn<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name></title>, in der Weise ganz über die Maßen, es macht einen Lärm daß man im Kopfe wirr wird, und wenn die Singstunde aus ist dann bleibt <placeName xml:id="placeName_ac2b8dda-d978-475d-a988-dd972e23cd90">der ganze Chor<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ruhig und still in Ordnung stehn, nur ein kleiner Discantjung in seinem langen schwarzen Frack kommt vom Orchester herunter und stellt sich an die Thür um sie aufzuklinken, wenn die Herrn Fremden fortgehn wollen, und dann macht <placeName xml:id="placeName_91f31dc5-042e-4f3a-8a1f-b34f3f6e76c5">der ganze Chor<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> einen Diener, und erst wenn man aus der Thür ist hört man <placeName xml:id="placeName_d238eded-4b94-4456-8843-a12e242bf0a8">sie<name key="NST0100194" style="hidden" subtype="" type="institution">Thomanerchor</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> durch einander rasen und über die Bänke springen – das gefällt mir Alles sehr. <persName xml:id="persName_845dc047-d64d-4f5f-bbd8-f2d1dc65e387">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, <persName xml:id="persName_f9772064-6717-41aa-addd-cad1c3ac1d11">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> hat <title xml:id="title_c7a469a7-9b02-424e-b761-130f5c0f1cfd">Dein Liederheft<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111450" style="hidden" type="music">»Sehnsucht VIII« für eine Singstimme und Klavier HU 219 (24. Juni 1828)</name></title> durchaus 8 Tage noch behalten wollen, und da er hoch und theuer versprach es spätestens Sonntag über 8 Tage zurückzuschicken und sich dann eigends dafür zu bedanken, so ließ ichs ihm. <persName xml:id="persName_6038bd2b-712b-4ad3-a776-f0a287e26fab">Breitkopfs<name key="PSN0110112" style="hidden">Breitkopf &amp; Härtel (bis 1786: Breitkopf), Verlag und Musikalienhandlung in Leipzig</name></persName> zeigten mir <title xml:id="title_0ea37e81-d780-4a69-87bc-b9be83a1633c">meine Ouv.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_irpvk88v-redk-n0rf-izem-7bjrpry7xaur"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name></title> zum <title xml:id="title_10ee545f-64a6-4870-a44a-7fa00988e0ea">Sommernachtstr.<name key="PSN0113148" style="hidden" type="author">Mayer, Carl Heinrich</name><name key="CRT0109924" style="hidden" type="music">Felix Mendelssohn Bartholdy, Ouvertüre zum Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3) (Bearbeitung für Harmoniemusik)</name></title> für Militairmusik arrangirt, die sie jetzt stechen; ich sage Dir es ist gräßlich wenn die spitzen Es Clarinetten in es moll loslegen (denn transponirt mußte das Ding werden) und wenn die 3 Posaunen losschnalzen; und der Piccolo und die dicke Trommel und das ganze soll einen Traum bedeuten. Und doch war <title xml:id="title_8d7bd72d-ff3e-47dd-a63a-5a187f737831">das Ding<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_2pl5glhm-hytl-9xrf-mexj-hwmocx0betbb"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name></title> <title xml:id="title_52df0531-fe5c-48c3-9675-b91f98c052bd">ganz geschickt gemacht<name key="PSN0113148" style="hidden" type="author">Mayer, Carl Heinrich</name><name key="CRT0109924" style="hidden" type="music">Felix Mendelssohn Bartholdy, Ouvertüre zum Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3) (Bearbeitung für Harmoniemusik)</name></title>, soviel ich sehn konnte und ich muß mirs noch zur Ehre rechnen. Ich schicke Dir auch von Düsseldorf aus ein Paar neue <persName xml:id="persName_517bc5d7-4067-442d-a24c-f8eaa4ea4a8e">Bachs<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> die ich für Dich dort abgeschrieben habe. Als ich von Leipzig reis’te begleitete mich wieder <persName xml:id="persName_1c1f7ec5-0738-46e7-a7de-959a2f8230a8">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> ein Stück, und weiter ist von dem Tage nichts zu erzählen, als daß ich verstimmt durch Weimar fuhr, daß die Passage auf der ganzen Straße in der Richtung nach Berlin zu ganz enorm war, auf einer Station (zwischen Erfurt und Gotha) begegneten mir 8 Extraposten und endlich noch die Schnellpost mit 2 Beiwagen, daß ich den Kösener Berg verschlief weil ich bei Schulpforte zu lebhaft an <persName xml:id="persName_bfc8c104-35fe-4245-bcbf-29099c68d071">Kabrun<name key="PSN0112292" style="hidden">Kabrun, Carl (1805-1835)</name></persName> dachte, daß ich im Lauf des Tags zwei ganze Hühner aß, und mir mein gelbes Schnupftuch als Tischtuch über die Beine deckte, zum Nachtisch aß ich Deine eingemachten Pfirsich auf liebe <persName xml:id="persName_38abffa7-38fb-4f3d-a555-be04c1b59ec2">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> und warf den leeren Topf aus dem Wagen, worauf der Postillion anhielt, und sagte es sei Schade um den schönen Topf und abstieg und ihn einsteckte. In Gelnhausen brach also endlich der Wagen, worauf ich eigentlich bei jedem Steinpflaster gewartet hatte, dennoch kam ich sehr gut und bequem hier an, im weißen Schwan war kein Platz, also wohnt ich im Englischen Hof, meinen Tag bring ich bei <persName xml:id="persName_a2b91299-e41b-40fc-8750-55e7d76c00e0">Schelble<name key="PSN0114524" style="hidden">Schelble, Johann Nepomuk (1789-1837)</name></persName> und bei <persName xml:id="persName_a7068c65-415d-415d-836e-3793afabfb5f">Veit<name key="PSN0115472" style="hidden">Veit, Philipp (1793-1877)</name></persName> zu, der ein prächtiger Kerl ist und schöne, herrliche Bilder malt (heut werde ich sie mit Muße sehn und dann beschreiben) heut Abends will ich endlich einmal die <persName xml:id="persName_96b9524f-64f6-45e9-b2d7-5b8458a8e8c6">Lindner<name key="PSN0112870" style="hidden">Lindner (eigtl. Dieldolph oder Dieldorf), Maria Karoline Friederike (1797-1863)</name></persName> sehen und zwar im <title xml:id="title_e769f72b-7f70-4403-9227-f0af20763f9e">Bürgercapitain<name key="PSN0113050" style="hidden" type="author">Malß, Carl Balthasar (1792-1848)</name><name key="CRT0109878" style="hidden" type="dramatic_work">Die Entführung oder Der alte Bürger-Capitain</name></title>, <persName xml:id="persName_3bccac3b-cf1b-47fe-a312-aa339606b1e4">Mde. Herz<name key="PSN0111930" style="hidden">Hertz, Clara (1781-1851)</name></persName> hat mich nicht vorgelassen, das war auch nicht so übel, <persName xml:id="persName_8da7c09f-0482-4ea5-9011-3c487df3afa1">Ries<name key="PSN0114191" style="hidden">Ries, Ferdinand (1784-1838)</name></persName> ist ärgerlich auf mich daß ich das <placeName xml:id="placeName_3037f1b9-c5e7-4920-8f84-e2e96c1c9af8">Musikfest<name key="NST0100303" style="hidden" subtype="" type="institution">15. Niederrheinisches Musikfest (1833)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> dirigirt habe und mich am Rhein anstellen lassen, <title xml:id="title_4073f5bf-3900-4104-a7d3-7b385f0be736">Schnyder<name key="PSN0114653" style="hidden" type="author">Schnyder von Wartensee, Franz Xaver Joseph Peter (1786-1868)</name><name key="CRT0110736" style="hidden" type="music">4 Räthsel-Canons</name></title> macht mordialische Canons, der <placeName xml:id="placeName_6117e6c1-e576-44ec-9308-33c004ab65fc">Verein<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> geht gut und fängt in nächster Woche seine Concerte an, morgen früh fahre ich über Wiesbaden, Schlangenbad und Schwalbach nach Horchheim, schlafe da die Nacht, und bin so Gott will übermorgen in Düsseldorf; von da ein Mehreres.</p><p>Ich bin sehr breit geworden, also kurz, <persName xml:id="persName_563a0c6e-2201-40bf-993a-f8e330465224">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, kauf mir sogleich bei <persName xml:id="persName_84acbae9-4df2-48f4-bfb6-9432098f924a">Wolfenstein<name key="PSN0115854" style="hidden">Wolffenstein, Wolff (1795-?)</name></persName> ein Dutzend kleine Servietten mit Franzen (wo möglich ganz ebenso wie <persName xml:id="persName_12daca46-cc72-4c23-b594-38e2cb674806">Mde. Bendemann<name key="PSN0109809" style="hidden">Bendemann, Fanny Eleonore (1778-1857)</name></persName> kürzlich gekauft) und schick sie mir so bald und sicher und <hi rend="underline">schnell</hi> Du kannst, nach Düsseldorf; auch die Rechnung gleich mit. [Ic]h will mich nicht verheirathen, sondern hatte nur den Auftrag dazu und hab es in Berlin leider vergessen; also schick mir sie gleich schön. Sag auch <persName xml:id="persName_630444da-332a-4142-b859-17b9c88271d6">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName> ich sei wegen seines Auftrags zweimal bei <persName xml:id="persName_2523d2bc-e0a5-4ec1-999f-7c7f3d024c61">Pohlenz<name key="PSN0113927" style="hidden">Pohlenz, Christian August (1790-1843)</name></persName> gewesen ohne ihn zu treffen, da er aber gar nicht desgleichen gethan habe und auch nicht gekommen sei, so hätte ich weiter nichts mit ihm anfangen können; würde nächstens darüber schreiben.</p><p>Über <title xml:id="title_40459c35-8159-4eb6-947a-d849f5236da1">meinen Kleist<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name></title> habe ich unterwegs mich gar zu sehr gefreut; ich liebe ihn gar zu sehr, und wenn man den <title xml:id="title_74d4dff0-cdfc-425d-af90-46594e5d3238">Anfang des Käthchens<name key="PSN0112418" style="hidden" type="author">Kleist, Bernhard Heinrich Wilhelm von (1777-1811)</name><name key="CRT0109502" style="hidden" type="literature">Das Käthchen von Heilbronn</name></title> lies’t und nicht ganz und gar gerührt ist, so kann ichs nicht begreifen. Denique censeo Carthaginem d. h. Liebe <persName xml:id="persName_7ff07cfb-9cf2-470d-9dd8-acb67a94cc88">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> setze die <placeName xml:id="placeName_32efb8e5-ca85-4a49-8d8b-51a3a378d750">Sonntagsmusiken<name key="NST0100215" style="hidden" subtype="" type="institution">Sonntagsmusiken der Familie Mendelssohn Bartholdy</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> fort und <persName xml:id="persName_163c3f63-b094-480e-8c29-af920f057934">lieber Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> trink viel rothen Wein zum Andenken an Deinen Feldscherer.</p><closer rend="left" xml:id="closer_abd51efe-5388-487b-8e23-c49e7b6fe850">Lebt alle wohl und seid glücklich.</closer><signed rend="right">Euer</signed><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed></div></body> </text></TEI>