fmb-1832-12-05-02
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Berlin, 5. Dezember 1832
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse.
Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig von Mühlenfels
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Rosen
Grüß doch
Deinen Brief lieber Bruder vom r 1832
Berlin d. 5 Dec. 32. Lieber Rosen Mühlenfels und ich wollen heut zusammen zu Dir kommen, und Dich grüßen, und Dir sagen, wie lieb wir Dich haben. Wie der ins Zimmer trat, und so ganz unverändert der Alte war, derselbe der gegen andre Berserkermäßig wüthete, nur gegen uns nicht, der sich abscondete, der den Mädchen einen Finger hinhielt und sagte Good night, dear, der Mary unbestimmt anschnauzte, wenn sie die Thür aufmachte, kurz eben unser breites Juwel – da kannst Du denken, wie Du nun fehltest, und wie in allen Gesprächen Du und Klingemann immer mitreden sollten. Du weißt wohl, daß ich die Hoffnung habe, im nächsten Frühjahr wieder nach London zu kommen; den Antrag habe ich mit tausend Freuden angenommen, und wenn ich nun in diesem Winter etwas schreibe, womit ich ungescheut hinkommen kann, so hält mich, so Gott will, im März nichts mehr, ich packe die neue Partitur und den alten Frack in den Koffer, und mich in die Schnellpost, und bin bei Euch. Dann will ich aber vernünftiger leben, als diesmal, wir wollen unser Zusammensein besser genießen. Wenn Du nur recht heiter und vergnügt bist! Du schriebst mir das vorige Mal so manches Trübe, und zuweilen fast mistrauisch gegen Dich selbst. Das war wohl nur vorübergehend, denn wenn Du so sein willst, wer sollte es dann nicht? Eigentlich ist es ein Misverständniß, daß Du und Klingem: und ich nicht in einer Stadt leben; ich glaube, wir gehörten zusammen und ergänzten einander. Und doch werde ich auch nächstes Jahr nicht meine Wohnung in England aufschlagen können, denn so lange es geht, muß ich in Deutschland bleiben, nur wenn sie mich einmal durchaus nicht haben wollen, würde ich im Ausland leben mögen. Wie ich aber hier leben soll und was thun, das weiß ich gerade jetzt gar nicht, es sind einige Opern bei mir bestellt, aber ich habe nicht einen Text, die Vorsteher der Sing-Akademie wollen mich gern zum Director, aber die Mitglieder wollen Rungenhagen lieber, Stunden geben mag ich nicht gern, herauszugeben habe ich auch gerade nicht viel, ich wollte mein Oratorium schreiben, und der Englische Auftrag hat mich verführt nur an die Symphonie zu denken – so steh ich also zwischen vielen Bündeln Heu und schwanke, oder vielmehr die Bündel hängen zu hoch und ich werde sie sauer finden müssen. Wenn Klingemann wollte, so hätte ich meinen Text; aber der ist ein δαιμονιος und schreibt nicht einen Vers, wenn man ihn nicht vorher todt gequält hat. Hier sieht es übrigens aus wie anno 26, oder 21 oder Null; die Leute sind gut Holländisch, und bekümmern sich sonst um wenig. Heyse ist viel besser geworden, Vater glaubt sogar, die ganze Sache sey nicht gefährlich und weil die Ärzte einstimmig sagen, daß nicht die Brust, sondern der Unterleib bei ihm leidend sey, so glaube ich es fast selbst. Doch wird er den ganzen Winter keine Vorlesungen halten können. Becker dagegen grünt und blüht; er ist ein seliger Bräutigam, seine Praxis soll zunehmen, seine Collegien besucht sein, er spricht vernünftig, und ich kann ihn nicht ausstehen, ja er ist mir einer der unangenehmsten Menschen, sein ganzes Wesen mit zuwider, seine ganze Person nur mit unangenehmen Ideen verknüpft. Er macht Mariane S. nach wie vor, den Hof, sie läßt sichs gefallen, und ich habe mich mit meinen Heirathsprophezeiungen blamirt. Deine sonstigen Universitätsfreunde und Collegen, wie Benari und W. Humboldt habe ich nur zuweilen gesehen, aber noch nicht gesprochen. Stieglitz hat einige neue Bände Orient in die Welt geschickt; da ich die alten nicht kenne, so behaupte ich, daß diese bei weitem schwächer sind, indeed sie sind das Schwächste was man Schwächliches lesen kann, solch süßer Orient! und Ispahan so auf den Jahrmarkt von Plundersweilen abgezogen! und solche matte Rekelhaftigkeit, solche delicate Urkraft drinne! Noch eins Märker ist auf einmal aus seiner Vergessenheit aufgetaucht, und hat Recensionen über die Ausstellung geschrieben, die ganz Berlin in Aufruhr versetzt haben. Er hat Alles, und alle Meister so grimmig heruntergemacht, und in jedem Bilde von Schadow und Lessing u. s. f. so viel schülerhafte Zeichenfehler gefunden, daß ich fast eine Freude daran hatte, weil ich weiß, daß er nicht eine gerade Linie zeichnen kann und keine Idee von Kunstkenntniß, nur eben Frechheit inne hat. Also geht es mit der Malerey, wie mit der Musik, wie mit der Poesie, und wahrscheinlich wie mit dem Sanscrit. Aber darüber möchte ich einmal einen Gelehrten hören viz. Dich. Und sage mir doch, sieht es in Ispahan wirklich so Schlafstubenmäßig aus, wie in Stieglitz? Liegen die Leute da wirklich auf Rosenbetten und schlürfen Jasminsorbet, während die Sklavinnen tanzen, und wird währenddessen der Vezier ins Wasser geworfen, und ein andrer barbiert, und ein dritter im Coran belehrt, und ein andrer ermordet, und dichtet ein andrer, alles auf offner Straße? Ich glaub es nicht. Aber Du weißt das wohl besser? Schreib mir einmal wies ist und leb wohl. Felix MB. Grüß doch Stenzler sehr, und sage mich habe niemals ein Mensch so erschreckt, wie der Fußsack, den ich am Tage nach seiner Abreise bei mir fand. Unverzeihlich ists, deshalb wird er es verzeihen. Wie geht es ihm denn, dem 16 jährigen? Hier ist Mühlenfels Felix Mendelssohn Bartholdy Deinen Brief lieber Bruder vom 28 Septr 1832 habe ich erst im Novembr erhalten. Ich mag wohl geweint haben beim Lesen des Eingangs; ich fühlte es tief, daß Du ein Recht hattest an meiner Liebe und Freundschaft zu zweifeln, und doch hattest Du Unrecht: Keinen Augenblick bin ich Dir entfremdet gewesen und Felix mag Dir sagen ob ich nicht der Alte bin; aber eben darum mußt Du Dir mein langes Schweigen aus meinem Wesen erklären ohne deshalb mich aufzugeben. Hier das Wort; ich schreibe Dir von Frankf. wohin ich noch heute zurückkehre, in dieser Woche einen langen Brief. Lebe wohl Dein LMfls.
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Doch wird er den ganzen Winter keine Vorlesungen halten können. <persName xml:id="persName_c823d8cd-8cc1-4f59-b767-9e48db699a01">Becker<name key="PSN0109751" style="hidden">Becker, Ferdinand Wilhelm (1805-1834)</name></persName> dagegen grünt und blüht; er ist ein seliger Bräutigam, seine Praxis soll zunehmen, seine Collegien besucht sein, er spricht vernünftig, und ich kann ihn nicht ausstehen, ja er ist mir einer der unangenehmsten Menschen, sein ganzes Wesen mit zuwider, seine ganze Person nur mit unangenehmen Ideen verknüpft. <persName xml:id="persName_13a2b8e9-5e0c-4cdc-8b9f-73bd9586131b">Er<name key="PSN0109751" style="hidden">Becker, Ferdinand Wilhelm (1805-1834)</name></persName> macht <persName xml:id="persName_d34ce112-6b18-4579-930e-bcda29bf1b51">Mariane S.<name key="PSN0114390" style="hidden">Saaling (Saling), Helene Luise Marianne (bis 1812: Mirjam Salomon) (1786-1868)</name></persName> nach wie vor, den Hof, sie läßt sichs gefallen, und ich habe mich mit meinen Heirathsprophezeiungen blamirt. Deine sonstigen Universitätsfreunde und Collegen, wie <persName xml:id="persName_f3cad4e0-ffb1-4083-aad5-47f0a5551834">Benari<name key="PSN0109800" style="hidden">Benary, Franz Simon Ferdinand (1805-1880)</name></persName> und <persName xml:id="persName_e3ba90e0-a323-4c79-97a9-a8665bad9b57">W. Humboldt<name key="PSN0112142" style="hidden">Humboldt, Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand Freiherr von (1767-1835)</name></persName> habe ich nur zuweilen gesehen, aber noch nicht gesprochen. <title xml:id="title_6d942630-4c79-49ae-a420-a783df577dc9">Stieglitz<name key="PSN0115134" style="hidden" type="author">Stieglitz, Heinrich Wilhelm August (1801-1849)</name><name key="CRT0110984" style="hidden" type="literature">Bilder des Orients</name></title> hat einige neue Bände Orient in die Welt geschickt; da ich die alten nicht kenne, so behaupte ich, daß diese bei weitem schwächer sind, indeed sie sind das Schwächste was man Schwächliches lesen kann, solch süßer Orient! und Ispahan so auf den <title xml:id="title_2dc72e4e-3f34-42bf-b235-32ed684954c5">Jahrmarkt von Plundersweilen<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108830" style="hidden" type="literature">Das Jahrmarkts-Fest zu Plundersweilern. Ein Schönbartspiel</name></title> abgezogen! und solche matte Rekelhaftigkeit, solche <title xml:id="title_1464dac9-229f-482f-990c-0ebbedff9439">delicate Urkraft drinne<name key="PSN0115134" style="hidden" type="author">Stieglitz, Heinrich Wilhelm August (1801-1849)</name><name key="CRT0110984" style="hidden" type="literature">Bilder des Orients</name></title>! Noch eins <persName xml:id="persName_98d7b9a5-b2c1-4b59-9c36-cf92c47bbc05">Märker<name key="PSN0113062" style="hidden">Märcker, Friedrich Adolf (1804-1889)</name></persName> ist auf einmal aus seiner Vergessenheit aufgetaucht, und hat Recensionen über die <placeName xml:id="placeName_f70cbe0c-64fb-4de7-888e-2f09036c19a8">Ausstellung<name key="NST0100240" style="hidden" subtype="Kunstausstellung" type="institution">Königlich Preußische Akademie der Künste</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> geschrieben, die ganz Berlin in Aufruhr versetzt haben. Er hat Alles, und alle Meister so grimmig heruntergemacht, und in jedem Bilde von <persName xml:id="persName_3eab64d2-4451-48c8-a0ad-825ee32e6458">Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> und <persName xml:id="persName_37f03f84-4f75-49e5-b15f-291a4a4e4683">Lessing<name key="PSN0112803" style="hidden">Lessing, Carl Friedrich (1808-1880)</name></persName> u. s. f. so viel schülerhafte Zeichenfehler gefunden, daß ich fast eine Freude daran hatte, weil ich weiß, daß er nicht eine gerade Linie zeichnen kann und keine Idee von Kunstkenntniß, nur eben Frechheit inne hat. Also geht es mit der Malerey, wie mit der Musik, wie mit der Poesie, und wahrscheinlich wie mit dem Sanscrit. Aber darüber möchte ich einmal einen Gelehrten hören viz. Dich. Und sage mir doch, sieht es in Ispahan wirklich so Schlafstubenmäßig aus, wie in <title xml:id="title_11b95068-9839-4d33-8029-2228a9a78488">Stieglitz<name key="PSN0115134" style="hidden" type="author">Stieglitz, Heinrich Wilhelm August (1801-1849)</name><name key="CRT0110984" style="hidden" type="literature">Bilder des Orients</name></title>? Liegen die Leute da wirklich auf Rosenbetten und schlürfen Jasminsorbet, während die Sklavinnen tanzen, und wird währenddessen der Vezier ins Wasser geworfen, und ein andrer barbiert, und ein dritter im Coran belehrt, und ein andrer ermordet, und dichtet ein andrer, alles auf offner Straße? Ich glaub es nicht. Aber Du weißt das wohl besser? <seg type="closer" xml:id="seg_ae18c59d-1c7e-4c07-8d69-2b4d71b645ec">Schreib mir einmal wies ist und leb wohl.</seg></p><signed rend="right">Felix MB.</signed></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_7a0931f3-9741-4465-a7b9-2a3e05662ec6"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">Grüß doch <persName xml:id="persName_42e1b9cb-fc18-43ca-b32c-7c479f0889fd">Stenzler<name key="PSN0115112" style="hidden">Stenzler, Adolf Friedrich (1807-1887)</name></persName> sehr, und sage mich habe niemals ein Mensch so erschreckt, wie der Fußsack, den ich am Tage nach seiner Abreise bei mir fand. Unverzeihlich ists, deshalb wird er es verzeihen. Wie geht es ihm denn, <persName xml:id="persName_1612ca4f-3061-4c5d-bd4f-837973394b24">dem 16 jährigen<name key="PSN0115112" style="hidden">Stenzler, Adolf Friedrich (1807-1887)</name></persName>? <seg type="signed">Hier ist Mühlenfels</seg></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Felix Mendelssohn Bartholdy</add></signed></div><div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_b8cb09da-69af-4f10-8311-f3b413eb1511"><docAuthor key="PSN0113471" resp="author" style="hidden">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</docAuthor><docAuthor key="PSN0113471" resp="writer" style="hidden">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">Deinen Brief lieber Bruder vom <date cert="high" when="1832-09-28" xml:id="date_b6cb88fe-5d80-448d-aba5-9cb027ad3e7e">28 Sept<hi rend="superscript">r</hi> 1832</date> habe ich erst im Novembr erhalten. Ich mag wohl geweint haben beim Lesen des Eingangs; ich fühlte es tief, daß Du ein Recht hattest an meiner Liebe und Freundschaft zu zweifeln, und doch hattest Du Unrecht: Keinen Augenblick bin ich Dir entfremdet gewesen und Felix mag Dir sagen ob ich nicht der Alte bin; aber eben darum mußt Du Dir mein langes Schweigen aus meinem Wesen erklären ohne deshalb mich aufzugeben. Hier das Wort; ich schreibe Dir von Frankf. wohin ich noch heute zurückkehre, in dieser Woche einen langen Brief. <seg type="closer" xml:id="seg_b60ccfba-ca75-4344-8390-188f5eed1aae">Lebe wohl Dein</seg></p><signed rend="right">LMfls.</signed></div></body> </text></TEI>