fmb-1832-01-12-01
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Paris, 12. Januar 1832
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Bendemann(Maler)
Da hast Du einen Mahnbrief; hältst Du so Versprechungen die Du im Herausfahren zum Grafen
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Bilder habe ich seitdem viele gesehen, das
Paris d. 12 Jan. 1832Mein lieber Maler Da hast Du einen Mahnbrief; hältst Du so Versprechungen die Du im Herausfahren zum Grafen Spee gegeben? Du wolltest mir einen gewissen Propfenzieher, den ich nicht näher zu bezeichnen brauche, da er vom König David, dem besten Schleudrer seiner Zeit herstammt sauber coloriren und nach Paris schicken; hier ist Paris, am Coloriren fehlt es gewiß auch nicht; aber hast Du ihn wohl hergeschickt, und hast Du mir andre Zeichnungen beigelegt, und hast Du ein Wort dazu geschrieben? Es ist genau als gäbe es keine Malerschule in Düsseldorf, so schweigt Ihr. Und darum schreibe ich eigentlich blos; wenn man soviel zusammen gewesen ist, wie wir, soviel gereis’t hat, wie wir, und soviel Caffee und Kuchen getrunken hat, wie wir, sollte man sich eigentlich von Zeit zu Zeit immer schreiben. Ich thue es hiemit, und nun will ich einmal sehen, ob Du ebenso denkst. Kannst Du denn nicht irgend Musik brauchen, und sie bei mir bestellen, etwa eine Hochzeitscantate, Brautwerberromanze, Liebessehnen, Verlobungslied oder Ständchen, sie sind von allen Sorten billig und modern bei mir zu haben. Aber das malst Du Dir alles lieber selbst aus, da muß ich also zu meiner erprobten Manier wieder Zuflucht nehmen, und Dich um was bitten, denn daß Du pünctlich auf meine Anfragen antwortest muß Dir der Neid lassen. Also bitte, frage Schadow ob nicht kurze Zeit nach meiner Abreise ein Packet aus Bonn für mich gekommen ist, und was aus besagtem Packet geworden? Sollte nichts angekommen sein, so frag doch einmal auf der poste restante nach, es ist mir unbegreiflich, daß nichts mir nachgeschickt worden ist. Laß mich die Antwort, wenn es irgend sein kann, umgehend wissen, und nimm mir nicht übel, daß ich Dich schon wieder in Anspruch nehme, aber ich thue es wahrhaftig meist um eine Antwort zu bekommen, und die ist mir nun wohl sicher. Es sind Manuscripte und Drucksachen, die ich erwarte, also liegt mir sehr daran; schreib mir also gleich, aber diesmal nicht ganz kurz, sondern sage mir nun auch, wie Ihr Alle lebt, was Ihr malt, beschreibe mir Sohns Diana und Deinen Graubart oder Weißbart mit seiner Harfe, und Lessings Leonore – a propos einer der ersten Musiker hier hat Bürgers Leonore als großes Oratorium oder Cantate gecomponirt, mit Chören und allem Spuk; der erste Chor ist auf die Worte: der König und die Kaiserinn, des langen Haders müde, erreichten ihren strengen Sinn und machten endlich Friede, 3 4 Tact, tempo di menuette, ich habe mich todtlachen wollen, wie ich das Ding zu sehen bekam, er will aber zum nächsten Musikfest kommen, wie er mir sagte, um es aufzuführen, und ich sagte ihm ein junger hoffnungsvoller Maler habe just denselben Gegenstand behandelt, da freute er sich – und schreibe mir von Hildebrand, und allen hübschen Mädchen in und um D., und schreibe mir von Euerm Singverein, wo sie den Maccabaeus bessern, und schreibe mir namentlich auch, ob das Musikfest im nächsten Frühling zu Stande kommen wird, welches mir lieb wäre. Bitte antworte pünctlich auf Alles dies und drehe um. Bilder habe ich seitdem viele gesehen, das Louvre ist und bleibt eine meiner Lieblingsgallerien, was jedoch nichts beweis’t, das Bild von Titians Geliebter ist nun einmal meine Wonne, und ich kann mir die schönen Augen Stunden lang ansehen. Aber auf den Straßen da hängen die heutigen Bilder aus, da gehts graulich her; wie auf den Theatern giebt es da immer nur zwei Gegenstände: Politik und Zoten: Lafayette zu Pferde und zu Fuß, in Civil und Uniform, Brustbild, Silhouette, dann ein Mädchen, das sich von einem jungen Mann das Strumpfband festbinden läßt und ihren Fuß auf sein Knie setzt, dann eine Carricatur aufs Ministerium, dann eine nackte Negerinn auf einem weißen Bette, dann Herr Mauguin, dann ein junger Mann der ein weinendes Mädchen im Hemde tröstet, im Hintergrunde ein Bette, dann die Portraits aller liberalen Deputirten, dann eine zärtliche Umarmung im Hintergrunde ein Bette, dann Louis Philippe als Friseur, wie er der Freiheit einen Zopf dreht, ganz unten Napoleon und irgend eine Tänzerinn von der Oper, so sehen die Bilderladen hier jetzt aus, unerfreulich, wie der Nebelwind. Will mir aber keiner von Euch das Portrait von Léontine Fay malen? Das ist das einzige liebenswürdige Mädchen, die ich hier kennen gelernt habe, bisjetzt nur von den Sperrsitzen aus, denn sie ist eine Schauspielerinn, aber auf der Französischen Bühne in den allerliederlichsten Stücken ein ganz unschuldiges Mädchen zu sehen, das gefällt den Franzosen, und mir auch. Malt sie mir, sie hat Augen. Wenn ich Dir übrigens versichre, daß das Treiben und Leben hier kleinstädtisch ist, wie in D., daß aber Euer Leben und Treiben grandioser ist, als die ganze Künstlerklatschwirthschaft hier, so habe ich meine Meinung gesagt und Basta. Grüß Sohn und Schmidt, sie sollen im Singverein nicht zu sehr schmachten, grüß Hildebrand und sage mir wie es seiner Frau geht, grüß Mücke sehr und sage ihm ich hätte vorgestern den D. Juan von Lablache gehört, es wäre aber gar nicht schön gewesen, er hätte fin ch’han del vino in as dur gesungen, wenn Ihr Caffee trinkt, so denkt an mich. Grüß auch Schadows sehr, ich will nächstens selbst an ihn schreiben, und die versprochne Musik für Mme. Schadow einlegen; hoffentlich geht es mit den Augen nun wieder ganz gut. Das schreibe mir und lebewohl. Eben kommt der frotteur in die Stube. Weißt Du, wie frotteur auf Deutsch heißt? Scheuermann. i. e. Felix etc.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1832-01-12" xml:id="date_b4a48feb-c8e3-459a-bfd4-10d8c68e27ec">12. 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Ich thue es hiemit, und nun will ich einmal sehen, ob Du ebenso denkst. Kannst Du denn nicht irgend Musik brauchen, und sie bei mir bestellen, etwa eine Hochzeitscantate, Brautwerberromanze, Liebessehnen, Verlobungslied oder Ständchen, sie sind von allen Sorten billig und modern bei mir zu haben. Aber das malst Du Dir alles lieber selbst aus, da muß ich also zu meiner erprobten Manier wieder Zuflucht nehmen, und Dich um was bitten, denn daß Du pünctlich auf meine Anfragen antwortest muß Dir der Neid lassen. Also bitte, frage <persName xml:id="persName_832994c5-dd4a-48de-a898-0558ae91a1a6">Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> ob nicht kurze Zeit nach meiner Abreise ein Packet aus Bonn für mich gekommen ist, und was aus besagtem Packet geworden? Sollte nichts angekommen sein, so frag doch einmal auf der poste restante nach, es ist mir unbegreiflich, daß nichts mir nachgeschickt worden ist. Laß mich die Antwort, wenn es irgend sein kann, umgehend wissen, und nimm mir nicht übel, daß ich Dich schon wieder in Anspruch nehme, aber ich thue es wahrhaftig meist um eine Antwort zu bekommen, und die ist mir nun wohl sicher. Es sind Manuscripte und Drucksachen, die ich erwarte, also liegt mir sehr daran; schreib mir also gleich, aber diesmal nicht ganz kurz, sondern sage mir nun auch, wie Ihr Alle lebt, was Ihr malt, beschreibe mir <title xml:id="title_60046d53-e20f-4236-878a-e4430ad1fddd">Sohns Diana<name key="PSN0114959" style="hidden" type="author">Sohn, Carl Ferdinand (1805-1867)</name><name key="CRT0110884" style="hidden" type="art">Diana mit ihren Nymphen im Bade</name></title> und <title xml:id="title_cd576988-cb73-40ad-ba3c-8656ef578d34">Deinen Graubart<name key="PSN0109806" style="hidden" type="author">Bendemann, Eduard Julius Friedrich (1811-1889)</name><name key="CRT0108136" style="hidden" type="art">Die trauernden Juden im Exil</name></title> oder Weißbart mit seiner Harfe, und <title xml:id="title_855e7e36-237e-4144-8cab-2142c0a4b2d6">Lessings Leonore<name key="PSN0112803" style="hidden" type="author">Lessing, Carl Friedrich (1808-1880)</name><name key="CRT0109720" style="hidden" type="art">Lenore</name></title> – a propos einer der ersten Musiker hier hat <title xml:id="title_055c1701-8763-4b13-b147-d26901165511">Bürgers Leonore<name key="PSN0110204" style="hidden" type="author">Bürger, Gottfried August (1747-1794)</name><name key="CRT0108312" style="hidden" type="literature">Lenore fuhr ums Morgenrot</name></title> <title xml:id="title_72810de1-b00b-4e59-a1eb-a61e3f254e61">als großes Oratorium oder Cantate gecomponirt<name key="PSN0114104" style="hidden" type="author">Reicha (Rejcha), Anton (Antonín, Antoine, Anton-Joseph) (1770-1836)</name><name key="CRT0110427" style="hidden" type="music">Lenore</name></title>, mit Chören und allem Spuk; der erste Chor ist auf die Worte: der König und die Kaiserinn, des langen Haders müde, erreichten ihren strengen Sinn und machten endlich Friede, <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">3</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">4</hi></formula> Tact, tempo di menuette, ich habe mich todtlachen wollen, wie ich das Ding zu sehen bekam, er will aber <placeName xml:id="placeName_ddfa1ff6-4b48-4efc-9ae9-3c83b06633bf">zum nächsten Musikfest<name key="NST0100397" style="hidden" subtype="" type="institution">Niederrheinisches Musikfest</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> kommen, wie er mir sagte, um es aufzuführen, und ich sagte ihm ein junger hoffnungsvoller Maler habe just denselben Gegenstand behandelt, da freute er sich – und schreibe mir von <persName xml:id="persName_3c731bd6-51d8-4b70-b601-a1be37304f7c">Hildebrand<name key="PSN0111982" style="hidden">Hildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874)</name></persName>, und allen hübschen Mädchen in und um D., und schreibe mir von <placeName xml:id="placeName_9c0bcbcc-4f48-4e0e-9b9d-050e0b98c366">Euerm Singverein<name key="NST0100320" style="hidden" subtype="" type="institution">Musikverein</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, wo sie den <title xml:id="title_9c89e7e6-fb85-4e61-affe-07aa63d5f8b3">Maccabaeus<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108993" style="hidden" type="music">Judas Maccabaeus HWV 63</name></title> bessern, und schreibe mir namentlich auch, ob das <placeName xml:id="placeName_9adcfe81-6f31-495f-929f-c8a739256b88">Musikfest<name key="NST0100397" style="hidden" subtype="" type="institution">Niederrheinisches Musikfest</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> im nächsten Frühling zu Stande kommen wird, welches mir lieb wäre. 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Aber auf den Straßen da hängen die heutigen Bilder aus, da gehts graulich her; wie auf den Theatern giebt es da immer nur zwei Gegenstände: Politik und Zoten: <persName xml:id="persName_aaa2574c-607b-4cbc-8a96-82b47a1d00ca">Lafayette<name key="PSN0112625" style="hidden">La Fayette (Lafayette), Marie-Joseph-Paul-Yves-Roch-Gilbert du Motier Marquis de (1757-1834)</name></persName> zu Pferde und zu Fuß, in Civil und Uniform, Brustbild, Silhouette, dann ein Mädchen, das sich von einem jungen Mann das Strumpfband festbinden läßt und ihren Fuß auf sein Knie setzt, dann eine Carricatur aufs Ministerium, dann eine nackte Negerinn auf einem weißen Bette, dann <persName xml:id="persName_2e6b9e19-3e47-419e-bd58-2dc0015c7210">Herr Mauguin<name key="PSN0113131" style="hidden">Mauguin, François (1785-1854)</name></persName>, dann ein junger Mann der ein weinendes Mädchen im Hemde tröstet, im Hintergrunde ein Bette, dann die Portraits aller liberalen Deputirten, dann eine zärtliche Umarmung im Hintergrunde ein Bette, dann <persName xml:id="persName_a9440dfa-1408-4e82-b3ce-d66dab391fc7">Louis Philippe<name key="PSN0111147" style="hidden">Frankreich, Louis Philippe I. von, Duc de Valois, Chartres et Orléans (1773-1850)</name></persName> als Friseur, wie er der Freiheit einen Zopf dreht, ganz unten <persName xml:id="persName_15d2e613-951b-4570-92b2-5e747d9e0e34">Napoleon<name key="PSN0111152" style="hidden">Frankreich, Napoléon I. Bonaparte von (1769-1821)</name></persName> und irgend eine Tänzerinn von der Oper, so sehen die Bilderladen hier jetzt aus, unerfreulich, wie der <title xml:id="title_2e7f1744-11c1-47af-8e3c-894f61072864">Nebelwind<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108814" style="hidden" type="dramatic_work">Faust. Der Tragödie erster Theil</name></title>. Will mir aber keiner von Euch das Portrait von <persName xml:id="persName_84425c4a-22b1-4c2a-bcc1-379c47cf8237">Léontine Fay<name key="PSN0111015" style="hidden">Fay, Louise Jeanne-Léontine (?-1876)</name></persName> malen? Das ist das einzige liebenswürdige Mädchen, die ich hier kennen gelernt habe, bisjetzt nur von den Sperrsitzen aus, denn sie ist eine Schauspielerinn, aber auf der Französischen Bühne in den allerliederlichsten Stücken ein ganz unschuldiges Mädchen zu sehen, das gefällt den Franzosen, und mir auch. Malt sie mir, sie hat Augen. Wenn ich Dir übrigens versichre, daß das Treiben und Leben hier kleinstädtisch ist, wie in D., daß aber Euer Leben und Treiben grandioser ist, als die ganze Künstlerklatschwirthschaft hier, so habe ich meine Meinung gesagt und Basta. Grüß <persName xml:id="persName_865d197c-d52a-4126-9c09-21f9da1f02b0">Sohn<name key="PSN0114959" style="hidden">Sohn, Carl Ferdinand (1805-1867)</name></persName> und <persName xml:id="persName_67c63a15-aaae-4c55-b669-e94b10b5846a">Schmidt<name key="PSN0114603" style="hidden">Schmidt, Adolf (1804-?)</name></persName>, sie sollen im Singverein nicht zu sehr schmachten, grüß <persName xml:id="persName_e4ca5c3f-dbaf-4b3d-8611-4f623d6e62dc">Hildebrand<name key="PSN0111982" style="hidden">Hildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874)</name></persName> und sage mir wie es <persName xml:id="persName_6140a903-89a4-4eef-933f-cc6f66ac8eee">seiner Frau<name key="PSN0111984" style="hidden">Hildebrandt, Friderike (1809-1879)</name></persName> geht, grüß <persName xml:id="persName_dead2327-beaa-418f-acf2-41cfb8d2f424">Mücke<name key="PSN0113467" style="hidden">Mücke, Heinrich Carl Anton (1806-1891)</name></persName> sehr und sage ihm ich hätte vorgestern den <title xml:id="title_76ee1aae-3469-4c69-a108-397ee0e02ae8">D. Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title> von <persName xml:id="persName_f8e23509-0411-498a-9a19-904c5ccf198c">Lablache<name key="PSN0112634" style="hidden">Lablache, Luigi (Louis) (1794-1858)</name></persName> gehört, es wäre aber gar nicht schön gewesen, er hätte <title xml:id="title_661d8d7f-425f-484b-98cf-6b8dc4bbb07d">fin ch’han del vino in as dur<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title> gesungen, wenn Ihr Caffee trinkt, so denkt an mich. Grüß auch <persName xml:id="persName_c46a5c90-1101-4e75-a07e-a2745c221598">Schadows<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name><name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName> sehr, ich will nächstens selbst an ihn schreiben, und die versprochne Musik für <persName xml:id="persName_f44fa0fc-9f63-4487-908c-9750e80bc12a">Mme. Schadow<name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName> einlegen; hoffentlich geht es mit den Augen nun wieder ganz gut. Das schreibe mir und lebewohl. Eben kommt der frotteur in die Stube. Weißt Du, wie frotteur auf Deutsch heißt? Scheuermann.</p><note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_0f392258-be8b-4b18e-b1bae-5f9985a48cb1" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> <signed rend="right">i.e. Felix etc.</signed></div></body> </text></TEI>