fmb-1831-12-19-01
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Paris, 19. Dezember 1831
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Für Deinen Brief vom 7ten nimm meinen herzlichsten Dank. Es steht wieder in jeder Zeile, daß Du es bist, der ihn geschrieben und daß Du mir noch freundlich und gut bist. Wenn auch in einigen Puncten ich noch nicht so ganz verstehe, wie Du es meinst oder mir es anders denke, so hoffe ich doch, daß sich das Alles von selbst macht, wenn wir mehr drüber reden und Du mir erlaubst, wie bisher auch darüber meine Ansicht gerade hinzusagen. Es betrifft dies nämlich, die Idee, die Du mir angiebst, mir von einem Französischen Dichter einen Text machen zu lassen, und ihn übersetzt für die
Vor allen Dingen muß ich Dir sagen, wie herzlich leid es mir thut, daß Du mir erst jetzt Deine Ansicht über diesen Punct eröffnet hast; ich war in Düsseldorf, wie Du weißt, um über die
Doch tröstet mich eins am meisten, nämlich daß ich bis jetzt mir sagen muß, ich würde ihn wieder so thun, wenn es frei von mir abhinge und nachdem ich nun von den Französ. Gedichten manches und im besten Lichte habe kennen lernen. Verzeihe mir, wenn ich auch darüber geradezu spreche, wie ich mir es denke. Einen Französ. Text übersetzt zu componiren scheint mir aus mehreren Gründen nicht ausführbar. Vor allen Dingen ist mir, als müßtest Du sie mehr nach dem Erfolg, den sie haben, als nach ihrem wirklichen Werthe gut heißen, weiß mich auch zu erinnern, wie unzufrieden Du mit dem
Der Erfolg aber den sie über ganz Deutschland haben, hängt gewiß nicht davon ab, daß sie gut oder dramatisch sind, denn
Überdies scheint mir noch ein andrer Grund vorhanden zu sein, weshalb es unausführbar ist. Kein Französischer Dichter wird es thun. Es ist nicht leicht, von einem von ihnen einen Text für die hiesige Bühne zu haben, denn alle die besseren sind überladen mit Bestellungen; doch glaube ich wohl, daß ich mir einen verschaffen wollte; aber für ein deutsches Theater einen Text zu schreiben würde ihnen nie einfallen, erstlich läge es so viel näher die Oper hier zu geben, und wäre auch um so viel vernünftiger, dann würden sie nicht für andre Bühnen als Französische schreiben wollen, weil sie sich wohl kaum eine andre denken können, hauptsächlich aber wäre es unmöglich, ihnen ein Honorar zu verschaffen, wie sie es hier von den Theatern und der part d’auteur von der Oper ziehen. Dieser Punct ist auch hier der Wesentliche.
Nach allen Erkundigungen, die ich hierüber gemacht habe, ist dies so; verzeihe mir nun aber, daß ich meine Meinung so gerade heraus gesagt habe, Du hast es mir sonst in den Gesprächen immer erlaubt, so hoffe ich wirst Du es mir auch diesmal nicht übel deuten und meine Ansicht durch Mittheilung der Deinigen berichtigen.
Von
Von ten 300 francs genommen. Es ist doch in der Ordnung, daß ich das Geld von ihm erheben soll? Wenn ich nicht irre schriebst Du mir es nach München.
Dir, liebe
Paris d. 19 Dec. 1831. Lieber Vater Für Deinen Brief vom 7ten nimm meinen herzlichsten Dank. Es steht wieder in jeder Zeile, daß Du es bist, der ihn geschrieben und daß Du mir noch freundlich und gut bist. Wenn auch in einigen Puncten ich noch nicht so ganz verstehe, wie Du es meinst oder mir es anders denke, so hoffe ich doch, daß sich das Alles von selbst macht, wenn wir mehr drüber reden und Du mir erlaubst, wie bisher auch darüber meine Ansicht gerade hinzusagen. Es betrifft dies nämlich, die Idee, die Du mir angiebst, mir von einem Französischen Dichter einen Text machen zu lassen, und ihn übersetzt für die Münchener Bühne zu componiren. Vor allen Dingen muß ich Dir sagen, wie herzlich leid es mir thut, daß Du mir erst jetzt Deine Ansicht über diesen Punct eröffnet hast; ich war in Düsseldorf, wie Du weißt, um über die Sache mit Immermann zu sprechen, er war bereitwillig, nahm es an, hat mir das Gedicht wahrscheinlich vor Ostern, spätestens Ende Mai versprochen, und so sehe ich die Möglichkeit nicht ein, wieder zurückzutreten, möchte es auch nicht, da ich zu ihm Vertrauen habe. Ich wollte es Dir schon im vorigen Briefe ausführlich melden und kam wegen meiner verdrießlichen Unpäßlichkeit nicht dazu. Wie sehr es mir aber leid thut, wie ungemein ich bedaure erst jetzt, da es zu spät ist, Deinen Willen kennen zu lernen, das kann ich Dir nicht sagen; ich hätte natürlich auf keinen Fall etwas abgeschlossen, das Dir nicht ganz recht gewesen wäre und habe nun am Ende gar zu fürchten, daß Du mit dem ganzen Anfang unzufrieden oder mistrauisch gegen das Werk werden möchtest. Aber es ist mir unmöglich gewesen auch nur zu ahnden, was Du mir in Deinem letzten Briefe von Immermann und seiner Unfähigkeit eine Oper zu schreiben sagst. Kann ich auch darin Deine Meinung bis jetzt noch nicht theilen, so wäre es doch meine Pflicht gewesen nichts eher zu thun, als bis Du damit einverstanden gewesen wärst, ich hätte die Sache brieflich von hier aus abmachen können, u. s. w. Nun glaubte ich aber Deine Ansicht drüber sei die entgegengesetzte. Als ich Dir von der Schweiz aus meinen Reise Plan anzeigte, und von der Idee nach Düsseldorf zu gehn, um dort Immerm. kennen zu lernen, nur obenhin sprach, weil ich fast glaubte, Du werdest den Umweg und die Veränderung zu groß finden, so antwortetest Du mir: wenn Du glauben kannst, von Immerm. einen Operntext zu erlangen, so wäre der Umweg über Düsseldorf gewiß nicht zu groß für solchen Zweck. “ und auf eine spätere Anfrage antwortetest Du „ich solle also nach Düsseldorf gehn und dort mein Glück versuchen. Seitdem befestigte sich bei mir der Plan über Düsseld. zu reisen, Du schriebst mir nicht in einem andern Sinne, von Mutter bekam ich wohl einen Brief, worin sie im Allgemeinen über Operntexte sprach und auch der Meinung war, man thäte besser sich einen Französischen übersetzen zu lassen, doch auch den erhielt ich erst in Düsseldorf, nachdem ich mit Immerm. schon geredet und unterhandelt hatte. So glaubte ich vollkommen zu Eurer Zufriedenheit zu handeln, als ich ihm mein Anliegen eröffnete; dazu kam nun noch, daß er es sogleich mit vieler Bereitwilligkeit annahm, die Arbeit gern zu unternehmen schien, dazu kam, daß ich mich, nach neuen Sachen, die er mir vorlas, vorher nochmals überzeugt hatte, daß der Mann wirklich ein Dichter sey, daß ich, bei gleicher Wahl, immer lieber den Deutschen, als den Französischen Text wählen würde, daß er ein sujet genommen hat, welches mir immer schon im Sinne war und welches auch (wenn ich nicht irre) Mutter immer zu einer Oper sich gewünscht, den Sturm von Shakespeare – so war ich denn sehr froh darüber und es sollte mich nun doppelt grämen, wenn Ihr nicht einverstanden wäret mit dem was ich gethan. Auf jeden Fall aber bitte ich Dich, mir deshalb nun nicht böse zu sein, da Du siehst, wie es nicht meine Schuld ist, besonders aber gegen das Werk dadurch nicht mistrauisch zu werden, oder die Freude daran zu verlieren. Nach Allem wie ich Immerm. kenne, habe ich Grund einen vortrefflichen Text zu erwarten; was ich von seiner Einsamkeit sagte, bezieht sich nur auf sein innres Leben und Treiben, er weiß sehr genau, wie es in der Welt jetzt zugeht, was die Leute wollen, wieviel man ihnen geben soll – vor allen Dingen aber er ist ein Künstler, das ist die Hauptsache. Doch brauche ich nicht zu sagen, daß ich überhaupt keinen Text componiren werde und kann, den ich nicht für gut halte, der mich nicht erwärmt, und daß dazu sehr wesentlich auch gehört, daß Ihr damit einverstanden seid; ich werde mir ihn genau überlegen, ehe ich an die Musik gehe, namentlich das dramatisch interessirende oder (im guten Sinne) Theatralische daran, werde ihn Euch natürlich sogleich mittheilen, kurz die Sache so ernsthaft nehmen, wie sie ist; aber der erste Schritt ist gethan. Und wie leid es mir thäte, wenn er Dir nicht recht wäre, kann ich nicht sagen. Doch tröstet mich eins am meisten, nämlich daß ich bis jetzt mir sagen muß, ich würde ihn wieder so thun, wenn es frei von mir abhinge und nachdem ich nun von den Französ. Gedichten manches und im besten Lichte habe kennen lernen. Verzeihe mir, wenn ich auch darüber geradezu spreche, wie ich mir es denke. Einen Französ. Text übersetzt zu componiren scheint mir aus mehreren Gründen nicht ausführbar. Vor allen Dingen ist mir, als müßtest Du sie mehr nach dem Erfolg, den sie haben, als nach ihrem wirklichen Werthe gut heißen, weiß mich auch zu erinnern, wie unzufrieden Du mit dem sujet der Stummen, einer verführten Stummen, des W. Tell, der mit Kunst langweilig gemacht ist, u. s. w. gewesen bist. Der Erfolg aber den sie über ganz Deutschland haben, hängt gewiß nicht davon ab, daß sie gut oder dramatisch sind, denn Tell ist keins von beiden, sondern davon, daß sie aus Paris kommen und dort gefallen haben. So ist allerdings ein Weg in Deutschland anerkannt zu werden, der über Paris und London; doch ist er nicht der einzige, das beweis’t nicht allein der ganze Weber, sondern sogar auch Spohr, dessen Faust jetzt hier zur klassischen Musik gerechnet und nächste saison in der großen Oper in London gegeben wird; ich könnte ihn auch auf keinen Fall einschlagen, da mir meine erste Oper für München bestellt ist und ich den Auftrag angenommen habe. Versuchen will ich es also in Deutschland, und dort bleiben und wirken, so lange ich da wirken und mich erhalten kann. Denn das ist freilich die erste Pflicht und kann ich das nicht, so muß ich wieder fort und nach London oder Paris, wo es leichter geht; aber kann ich das in Deutschland so sehe ich freilich, wie man anderswo besser bezahlt, mehr geehrt, lustiger und freier lebt, wie man aber dort immer fortschreiten, arbeiten, niemals ausruhen muß. Und zum letzten halte ich mich. Jeder der neuen hiesigen Texte, zum erstenmale in Deutschl. auf die Bühne gebracht, würde, meiner Überzeugung nach, nicht den geringsten Erfolg gehabt haben. Dazu kommt noch, daß der Hauptpunct bei ihnen allen, gerade einer von denen ist, in denen man, wenn sie auch die Zeit verlangt und wenn ich auch vollkommen einsehe, daß man mit ihr, nicht gegen sie gehn müsse, sich der Zeit geradezu entgegen stellen soll: es ist der der Unsittlichkeit. Wenn in Robert-le-diable die Nonnen eine nach der andern kommen und den Helden zu verführen suchen, bis es der Aebtissinn endlich gelingt; wenn der Held durch einen Zauber ins Schlafzimmer seiner Geliebten kommt und die zu Boden wirft in einer Gruppe, über die das Publikum hier klatscht und in ganz Deutschland vielleicht nachklatschen wird und wenn sie ihn dann in einer Arie um Gnade bittet, wenn in einer andern Oper das Mädchen sich auskleidet und dabei ein Lied singt, wie sie morgen um diese Zeit verheirathet sein werde – es hat Effect gemacht, aber ich habe keine Musik dafür. Denn es ist gemein, und wenn das heut die Zeit verlangte und nothwendig fände, so will ich Kirchenmusik schreiben. Überdies scheint mir noch ein andrer Grund vorhanden zu sein, weshalb es unausführbar ist. Kein Französischer Dichter wird es thun. Es ist nicht leicht, von einem von ihnen einen Text für die hiesige Bühne zu haben, denn alle die besseren sind überladen mit Bestellungen; doch glaube ich wohl, daß ich mir einen verschaffen wollte; aber für ein deutsches Theater einen Text zu schreiben würde ihnen nie einfallen, erstlich läge es so viel näher die Oper hier zu geben, und wäre auch um so viel vernünftiger, dann würden sie nicht für andre Bühnen als Französische schreiben wollen, weil sie sich wohl kaum eine andre denken können, hauptsächlich aber wäre es unmöglich, ihnen ein Honorar zu verschaffen, wie sie es hier von den Theatern und der part d’auteur von der Oper ziehen. Dieser Punct ist auch hier der Wesentliche. Nach allen Erkundigungen, die ich hierüber gemacht habe, ist dies so; verzeihe mir nun aber, daß ich meine Meinung so gerade heraus gesagt habe, Du hast es mir sonst in den Gesprächen immer erlaubt, so hoffe ich wirst Du es mir auch diesmal nicht übel deuten und meine Ansicht durch Mittheilung der Deinigen berichtigen. Von Fould, Leos, Eichthals, Rodrigues, Mde. Kiéné und Adèle etc. etc. tausend freundliche Grüße. Ich sehe sie oft. Von Leo habe ich am 17ten 300 francs genommen. Es ist doch in der Ordnung, daß ich das Geld von ihm erheben soll? Wenn ich nicht irre schriebst Du mir es nach München. Dir, liebe Mutter und den Schwestern für Eure sehr lieben Briefe all’ meinen Dank. Aber was sagt Ihr zum furchtbaren Unglück, das die Mendelsohns in München betroffen? Es ist gar zu gränzenlos traurig. Es ist schlimme, ernste Zeit; so möge der Himmel nur Euch Alle beisammen und wohlauf erhalten. Lebt mir wohl. Felix MB
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1831-12-19" xml:id="date_aa38219c-2a7f-4e98-b924-be025454c4c9">19. 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Ich wollte es Dir schon im vorigen Briefe ausführlich melden und kam wegen meiner verdrießlichen Unpäßlichkeit nicht dazu. Wie sehr es mir aber leid thut, wie ungemein ich bedaure erst jetzt, da es zu spät ist, Deinen Willen kennen zu lernen, das kann ich Dir nicht sagen; ich hätte natürlich auf keinen Fall etwas abgeschlossen, das Dir nicht ganz recht gewesen wäre und habe nun am Ende gar zu fürchten, daß Du mit dem ganzen Anfang unzufrieden oder mistrauisch gegen das Werk werden möchtest. Aber es ist mir unmöglich gewesen auch nur zu ahnden, was Du mir in Deinem letzten Briefe von <persName xml:id="persName_2c385047-599a-4cdd-b98c-2385a93c6e73">Immermann<name key="PSN0112169" style="hidden">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name></persName> und seiner Unfähigkeit eine Oper zu schreiben sagst. 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So glaubte ich vollkommen zu Eurer Zufriedenheit zu handeln, als ich ihm mein Anliegen eröffnete; dazu kam nun noch, daß er es sogleich mit vieler Bereitwilligkeit annahm, die Arbeit gern zu unternehmen schien, dazu kam, daß ich mich, <title xml:id="title_781949a6-c69b-46da-89b0-5990cffd6677">nach neuen Sachen<name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109442" style="hidden" type="literature">Gedichte. Neue Folge</name><name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109445" style="hidden" type="dramatic_work">Merlin. Eine Mythe</name><name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109438" style="hidden" type="literature">Alexis. Eine Trilogie</name><name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109447" style="hidden" type="literature">Der Schwanenritter</name></title>, die er mir vorlas, vorher nochmals überzeugt hatte, daß der Mann wirklich ein Dichter sey, daß ich, bei gleicher Wahl, immer lieber den Deutschen, als den Französischen Text wählen würde, daß er ein sujet genommen hat, welches mir immer schon im Sinne war und welches auch (wenn ich nicht irre) <persName xml:id="persName_e6d9b0f6-a037-429f-815a-8cecec01781e">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> immer zu einer Oper sich gewünscht, <title xml:id="title_6fca10f0-19ad-4df9-953c-66da5141ad72">den Sturm<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564-1616)</name><name key="CRT0110871" style="hidden" type="dramatic_work">Der Sturm (The Tempest)</name><name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109449" style="hidden" type="dramatic_work">Der Sturm (Libretto)</name></title> von Shakespeare – so war ich denn sehr froh darüber und es sollte mich nun doppelt grämen, wenn Ihr nicht einverstanden wäret mit dem was ich gethan. Auf jeden Fall aber bitte ich Dich, mir deshalb nun nicht böse zu sein, da Du siehst, wie es nicht meine Schuld ist, besonders aber gegen das Werk dadurch nicht mistrauisch zu werden, oder die Freude daran zu verlieren. Nach Allem wie ich <persName xml:id="persName_ffac0126-ce77-42a3-9160-77850a908e12">Immerm.<name key="PSN0112169" style="hidden">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name></persName> kenne, habe ich Grund <title xml:id="title_a11df1d2-aa8f-4a12-93b8-a5d4f10c4f7f">einen vortrefflichen Text<name key="PSN0112169" style="hidden" type="author">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name><name key="CRT0109449" style="hidden" type="dramatic_work">Der Sturm (Libretto)</name></title> zu erwarten; was ich von seiner Einsamkeit sagte, bezieht sich nur auf sein innres Leben und Treiben, er weiß sehr genau, wie es in der Welt jetzt zugeht, was die Leute wollen, wieviel man ihnen geben soll – vor allen Dingen aber er ist ein Künstler, das ist die Hauptsache. Doch brauche ich nicht zu sagen, daß ich überhaupt keinen Text componiren werde und kann, den ich nicht für gut halte, der mich nicht erwärmt, und daß dazu sehr wesentlich auch gehört, daß Ihr damit einverstanden seid; ich werde mir ihn genau überlegen, ehe ich an die Musik gehe, namentlich das dramatisch interessirende oder (im guten Sinne) Theatralische daran, werde ihn Euch natürlich sogleich mittheilen, kurz die Sache so ernsthaft nehmen, wie sie ist; aber der erste Schritt ist gethan. Und wie leid es mir thäte, wenn er Dir nicht recht wäre, kann ich nicht sagen. </p><p>Doch tröstet mich eins am meisten, nämlich daß ich bis jetzt mir sagen muß, ich würde ihn wieder so thun, wenn es frei von mir abhinge und nachdem ich nun von den Französ. Gedichten manches und im besten Lichte habe kennen lernen. Verzeihe mir, wenn ich auch darüber geradezu spreche, wie ich mir es denke. Einen Französ. Text übersetzt zu componiren scheint mir aus mehreren Gründen nicht ausführbar. Vor allen Dingen ist mir, als müßtest Du sie mehr nach dem Erfolg, den sie haben, als nach ihrem wirklichen Werthe gut heißen, weiß mich auch zu erinnern, wie unzufrieden Du mit dem <title xml:id="title_4a907a99-8a0f-48d8-a724-cf6443d881b4">sujet der Stummen<name key="PSN0109578" style="hidden" type="author">Auber, Daniel-François-Esprit (1782-1871)</name><name key="CRT0107680" style="hidden" type="music">La Muette de Portici (auch: Masaniello) AWV 16</name></title>, <title xml:id="title_ca0569af-5432-4c3c-bc32-a013105c5b3d">einer verführten Stummen, des W. Tell<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name><name key="CRT0110579" style="hidden" type="music">Guillaume Tell</name></title>, der mit Kunst langweilig gemacht ist, u. s. w. gewesen bist.</p><p>Der Erfolg aber den sie über ganz Deutschland haben, hängt gewiß nicht davon ab, daß sie gut oder dramatisch sind, denn <title xml:id="title_31e4903c-d104-4a88-88a0-f2ae07b01920">Tell<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name><name key="CRT0110579" style="hidden" type="music">Guillaume Tell</name></title> ist keins von beiden, sondern davon, daß sie aus Paris kommen und dort gefallen haben. So ist allerdings ein Weg in Deutschland anerkannt zu werden, der über Paris und London; doch ist er nicht der einzige, das beweis’t nicht allein der ganze <persName xml:id="persName_a0b48cfd-4ed7-4fdb-bfd8-7e422e1fd740">Weber<name key="PSN0115645" style="hidden">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786-1826)</name></persName>, sondern sogar <title xml:id="title_b43e3c02-c28e-4c10-8f9a-f3372c6351ad">auch Spohr<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name><name key="CRT0110915" style="hidden" type="music">Faust WoO 51</name></title>, dessen Faust jetzt hier zur klassischen Musik gerechnet und nächste saison in der großen Oper in London gegeben wird; ich könnte ihn auch auf keinen Fall einschlagen, da mir <placeName xml:id="placeName_5ffb40ae-1d1a-46e9-a66c-c92d558d099d">meine erste Oper für München<name key="NST0100393" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Hof- und Nationaltheater</name><settlement key="STM0100169" style="hidden" type="">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> bestellt ist und ich den Auftrag angenommen habe. Versuchen will ich es also in Deutschland, und dort bleiben und wirken, so lange ich da wirken und mich erhalten kann. Denn das ist freilich die erste Pflicht und kann ich das nicht, so muß ich wieder fort und nach London oder Paris, wo es leichter geht; aber kann ich das in Deutschland so sehe ich freilich, wie man anderswo besser bezahlt, mehr geehrt, lustiger und freier lebt, wie man aber dort immer fortschreiten, arbeiten, niemals ausruhen muß. Und zum letzten halte ich mich. Jeder der neuen hiesigen Texte, zum erstenmale in Deutschl. auf die Bühne gebracht, würde, meiner Überzeugung nach, nicht den geringsten Erfolg gehabt haben. Dazu kommt noch, daß der Hauptpunct bei ihnen allen, gerade einer von denen ist, in denen man, wenn sie auch die Zeit verlangt und wenn ich auch vollkommen einsehe, daß man mit ihr, nicht gegen sie gehn müsse, sich der Zeit geradezu entgegen stellen soll: es ist der der Unsittlichkeit. Wenn in <title xml:id="title_9a82c413-4b4f-4ffa-b2b2-14ed480cb3dd">Robert-le-diable<name key="PSN0113318" style="hidden" type="author">Meyerbeer (vorh. Liebmann Meyer Beer), Giacomo (Jakob) (1791-1864)</name><name key="CRT0109979" style="hidden" type="music">Robert le diable</name></title> die Nonnen eine nach der andern kommen und den Helden zu verführen suchen, bis es der Aebtissinn endlich gelingt; wenn der Held durch einen Zauber ins Schlafzimmer seiner Geliebten kommt und die zu Boden wirft in einer Gruppe, über die das Publikum hier klatscht und in ganz Deutschland vielleicht nachklatschen wird und wenn sie ihn dann in einer Arie um Gnade bittet, wenn <title xml:id="title_4a1b4f38-0af4-4fdf-9d7e-6eb336c9c8c1">in einer andern Oper<name key="PSN0109578" style="hidden" type="author">Auber, Daniel-François-Esprit (1782-1871)</name><name key="CRT0107674" style="hidden" type="music">Fra Diavolo ou L’Hôtellerie de Terracine AWV 18</name></title> das Mädchen sich auskleidet und dabei ein Lied singt, wie sie morgen um diese Zeit verheirathet sein werde – es hat Effect gemacht, aber ich habe keine Musik dafür. Denn es ist gemein, und wenn das heut die Zeit verlangte und nothwendig fände, so will ich Kirchenmusik schreiben.</p><p>Überdies scheint mir noch ein andrer Grund vorhanden zu sein, weshalb es unausführbar ist. Kein Französischer Dichter wird es thun. Es ist nicht leicht, von einem von ihnen einen Text für die hiesige Bühne zu haben, denn alle die besseren sind überladen mit Bestellungen; doch glaube ich wohl, daß ich mir einen verschaffen wollte; aber für ein deutsches Theater einen Text zu schreiben würde ihnen nie einfallen, erstlich läge es so viel näher die Oper hier zu geben, und wäre auch um so viel vernünftiger, dann würden sie nicht für andre Bühnen als Französische schreiben wollen, weil sie sich wohl kaum eine andre denken können, hauptsächlich aber wäre es unmöglich, ihnen ein Honorar zu verschaffen, wie sie es hier von den Theatern und der part d’auteur von der Oper ziehen. Dieser Punct ist auch hier der Wesentliche.</p><p>Nach allen Erkundigungen, die ich hierüber gemacht habe, ist dies so; verzeihe mir nun aber, daß ich meine Meinung so gerade heraus gesagt habe, Du hast es mir sonst in den Gesprächen immer erlaubt, so hoffe ich wirst Du es mir auch diesmal nicht übel deuten und meine Ansicht durch Mittheilung der Deinigen berichtigen.</p><p>Von <persName xml:id="persName_033b17af-3389-4f9c-b5ad-333805abbd13">Fould<name key="PSN0111102" style="hidden">Fould, Beer Léon (1767-1855)</name></persName>, <persName xml:id="persName_a740b819-9bd5-434b-a79f-383c44a924cd">Leos<name key="PSN0112784" style="hidden">Leo (Léo), August (1793-1859)</name><name key="PSN0112787" style="hidden">Leo, Sophie Augustine (1795-1874)</name></persName>, <persName xml:id="persName_93455a95-417d-4090-ad83-bd44dfdc0048">Eichthals<name key="PSN0110857" style="hidden">Eichthal, Familie von → Louis d’E.</name><name key="PSN0110861" style="hidden">Eichthal, Anne Elisabeth Baronesse d’ (1817-1863)</name></persName>, <persName xml:id="persName_a532f122-8067-40a3-83a7-1de1aa55071f">Rodrigues<name key="PSN0114256" style="hidden">Rodrigues-Henriques, Jean Isaac Jacob (1771-1846)</name></persName>, <persName xml:id="persName_0be201b0-4340-4778-8552-8a46f5ef52e6">Mde. Kiéné<name key="PSN0112372" style="hidden">Kiéné, Marie Catherine (1765-1855)</name></persName> und <persName xml:id="persName_b69f8bc8-8bdc-4b5f-bade-9b7d50f0bf54">Adèle<name key="PSN0109944" style="hidden">Bigot de Morogues, Gustavie Adèle (1807-1834)</name></persName> etc. etc. tausend freundliche Grüße. Ich sehe sie oft. </p><p>Von <persName xml:id="persName_85b60665-2ffc-4ce0-b75f-453b4fde9af7">Leo<name key="PSN0112784" style="hidden">Leo (Léo), August (1793-1859)</name></persName> habe ich am 17<hi rend="superscript">ten</hi> 300 francs genommen. Es ist doch in der Ordnung, daß ich das Geld von ihm erheben soll? Wenn ich nicht irre schriebst Du mir es nach München.</p><p>Dir, liebe <persName xml:id="persName_3b9eb83d-88c8-461b-ab04-acdf065d592d">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> und den <persName xml:id="persName_01335022-bc23-4a0a-bc50-7ba2fdcc2e1e">Schwestern<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name><name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> für Eure sehr lieben Briefe all’ meinen Dank. Aber was sagt Ihr zum furchtbaren Unglück, das die <persName xml:id="persName_1dbc9c52-0cde-405c-ab1f-2999a9149dd6">Mendelsohns<name key="PSN0113204" style="hidden">Mendelsohn, Familie von → Rosalie M.</name></persName> in München betroffen? Es ist gar zu gränzenlos traurig. Es ist schlimme, ernste Zeit; <seg type="closer" xml:id="seg_172706c6-4d82-4297-bd7f-f349dd201d2c">so möge der Himmel nur Euch Alle beisammen und wohlauf erhalten. Lebt mir wohl.</seg></p><signed rend="right">Felix MB</signed></div></body> </text></TEI>