fmb-1831-11-17-01
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Frankfurt a. M., 13., 14. und 17. November 1831
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Für Deinen Brief worin Du mir
Wenn aber dies Ereigniß bei all seiner Fröhlichkeit seinen Ernst mit sich trägt, indem es wieder einen Abschnitt in unsrer
Das Einzige Mal, daß Du mit mir über diese Zeit gesprochen hast, war kurz vor unsrer Reise nach Dessau und Leipzig. Du sagtest mir damals nur im Allgemeinen, ich solle mich nach dieser Reise selbstständig und unabhängig hinstellen, und fügtest hinzu, ich hätte eine Summe (ich weiß aber nicht mehr, wie viel) von der
Denn, wenn Du mir es nun erlaubst Dir etwas von meinen Plänen zu sagen, es kommt mir vor, als sey es fast zu früh, zu 23 Jahren eine solche Anstellung anzunehmen. Wie die Sachen heut stehen, so begreift eine Musikdirectorstelle eine solche Masse kleiner Details, Zerstreuungen, Intriguen u. dgl. mit sich, daß man ihnen nur durch eine unbestreitbare Autorität entgehen oder sie aufheben könnte, und eine solche Autorität habe ich noch nicht und traue sie mir noch nicht zu. Es könnte eher sein, daß ich mich hineinverwickelt, und wenigstens augenblicklich von meinem Hauptzweck (dem Componiren) abgezogen sähe, oder vielmehr, daß ich versuchen würde zu reformiren, ehe ich in mir selbst die Vollkommenheit und Ruhe fühlte die zu jeder Reformation nothwendig ist. Das würde mich auf jeden Fall abhalten, mich um eine solche Stelle zu bewerben, besonders in Berlin, wo durch
Zum Schluß will ich Dir meinen Auftrag schicken, weil ich weiß, daß es Dir Vergnügen macht, wenn man mich als Musiker behandelt und in forma bei mir bestellt. Er lautet so:
„Wohlgeborner, Hochgeehrtester Herr! Nachdem mir Euer Wohlgeboren im Gespräche Ihre Neigung eine neue Oper zu schreiben, bekannt gegeben und dabey die Idee nicht von sich zu weisen schienen, ein solches Werk zuerst auf
1) E. W. schreiben die neue Oper, die Sie zu komponiren vorhaben, gleich mit Rücksicht auf das hiesige Personal, und die dahier vorhandnen Darstellungsmittel.
2) Sie belieben den Unterzeichneten gleich nach der Vollendung des Werkes in Kenntniß zu setzen, und ihm Buch und Partitur zu dem Zwecke zuzusenden, daß alle nöthigen Vorbereitungen ungesäumt getroffen und die Zeit der Aufführung des Werks wenigstens so annähernd als möglich vorher bestimmt werden könne. So wie dann diese Zeitbestimmung erfolgt ist, belieben E. W. zu erklären, ob sie Ihnen genehm und es Ihnen möglich ist, selbst hieher zu kommen, und bey den Vorbereitungen, dem Einstudiren und den ersten Darstellungen gegenwärtig zu sein.
3) Wenn E. W. schon ein Buch, das Sie zu komponiren beabsichtigen, besitzen, so bitte ich mir selbes zur Einsicht mitzutheilen wenn dies nicht der Fall ist, so gefälligen Sie mit irgend einem Deutschen Dichter von Reputation auf den Sie Ihr Vertrauen setzen, in Unterhandlung zu treten und den Unterzeichneten sowohl von der Wahl des Stoffes, als von dem Honorar, das dieser Dichter für die Bearbeitung verlangen wird, rechtzeitig in Kenntniß zu setzen, damit die Intendanz ihre Ansichten hierüber mittheilen, und die Bezahlung des Honorars übernehmen kann, welche sie auf alle Fälle aus dem Grunde als der hiesigen Theaterkasse zur Last fallend anerkennen muß, weil der Dichter genöthigt sein wird auf die hier vorhandenen artistischen und technischen Mittel besondre Rücksicht zu nehmen.
4) Übrigens bleibt das Werk Eigenthum Eurer Wohlgb., und Sie allein sind berechtigt, es an andre Bühnen zu verkaufen; die Intendanz aber, welche sich verpflichtet, Ihnen dafür das Honorar zu bezahlen, welches andere ausgezeichnete Componisten für ihre Werke erhalten haben, erwirbt dadurch kein anderes Recht, als jenes der Benutzung des Werkes für die Darstellungen der hiesigen Bühne.
In Erwartung einer geneigten, schriftlichen Rückäußerung auf diese meine Vorschläge geharre ich mit ausgezeichneter Hochachtung etc.
Ich antwortete darauf, wie gern ich es annähme und daß ich mich ungesäumt ans Werk machen wollte, sobald ich den Text hätte. In Stuttgart traf ich
Es ist nun seitdem Dein Brief mit der Nachricht über die
So geht denn nun unser aller Leben weiter und welchen Abschnitt das vorige Jahr in sich begriff fühlen wir wohl alle tief; aber bleibt Ihr nur glücklich und wohl.
Noch habe ich zu berichten, daß ich in München von
Frankfurt d. 13 Nov. 1831Lieber Vater Für Deinen Brief worin Du mir Rebeckas Verlobung anzeigst nimm meinen herzlichen Dank und meinen Glückwunsch, wie Du mir dazu Glück wünschest. Dir gebe der Himmel eine so frohe Zukunft und so großes Glück, wie Du es um uns alle verdient hast, und wie wir es Dir dankbar wünschen. Wenn aber dies Ereigniß bei all seiner Fröhlichkeit seinen Ernst mit sich trägt, indem es wieder einen Abschnitt in unsrer Familie und in unserm Leben beschließt und anfängt, so Gott will, so veranlaßt michs um so mehr ein ernstes Gespräch, um das ich Dich schon längst bitten wollte, jetzt mit Dir anzufangen. Lange ehe ich diese Reise anfing, sprachst Du mit mir davon, stelltest die Gesichtspuncte fest die ich dabei im Auge behalten sollte, und nahmst gütig meine Einwürfe und Wünsche auf; Du thatest das vor jedem wichtigen Schritt, den einer von uns im Leben that, und jetzt, da die Reisezeit zu Ende geht, möchte ich nun das Gespräch über die Zeit nach der Reise mit Dir beginnen. Demnach also möchte ich Dich erst fragen, was darüber Dein Wille ist und Deine Ansichten darüber recht ausführlich wissen, und dann möchte ich Dir meine Wünsche und Pläne vorlegen, denn allerdings habe ich mir schon längst einen Plan für mein Leben gemacht und es frägt sich nun in wie weit Du damit zufrieden bist, in wie weit er mit Deiner Bestimmung über mich zusammentrifft. Das Einzige Mal, daß Du mit mir über diese Zeit gesprochen hast, war kurz vor unsrer Reise nach Dessau und Leipzig. Du sagtest mir damals nur im Allgemeinen, ich solle mich nach dieser Reise selbstständig und unabhängig hinstellen, und fügtest hinzu, ich hätte eine Summe (ich weiß aber nicht mehr, wie viel) von der Großmutter her, die mein eigen sey und die ich dann dazu anwenden könne, mir diese ersten Schritte zu erleichtern. Erstlich möchte ich Dich nun also fragen, von wann an Du willst daß dies anfangen, und zu welchem Termin diese Reisezeit aufhören soll? Dann sage mir, ob Du willst daß ich diese Summe und auch noch etwa das was ich an Honorar bei Dir liegen habe, in Anspruch nehmen, oder ob ich ganz allein und ohne irgend andres Geld, als das, was ich mir verdiene, anfangen soll? Daß ich das kann, davor ist mir wohl nicht bange, und so möchte ich darin ganz dem folgen was Du für das Beste hältst. Nur glaube ich, daß ich gezwungen sein würde, manches blos um des Geldes willen zu thun, was mich gerade nicht vorwärts bringen könnte, wie z. B. Stunden geben oder Concerte u. s. f., und daß es daher für meine Laufbahn förderlicher sey, wenn ich das dabey zu Hülfe nähme, was ich gerade besitze und wodurch ich dann mancher Unannehmlichkeit, namentlich im Anfange, überhoben wäre. Doch wie gesagt, ich erwarte darin nur von Dir die Bestimmung und hältst Du es für förderlicher von der Pike an zu dienen, so will ichs versuchen, das Geld ruhig liegen lassen, und meine Kräfte probiren. Endlich wollte ich Dich bitten mir Deine persönliche Meinung über eine Anstellung (beim Theater) zu sagen, und ob Du wünschest, daß ich eine solche annähme oder mich darum bewürbe, ob Du wünschest, daß dies in Berlin geschehe u. s. w. Denn, wenn Du mir es nun erlaubst Dir etwas von meinen Plänen zu sagen, es kommt mir vor, als sey es fast zu früh, zu 23 Jahren eine solche Anstellung anzunehmen. Wie die Sachen heut stehen, so begreift eine Musikdirectorstelle eine solche Masse kleiner Details, Zerstreuungen, Intriguen u. dgl. mit sich, daß man ihnen nur durch eine unbestreitbare Autorität entgehen oder sie aufheben könnte, und eine solche Autorität habe ich noch nicht und traue sie mir noch nicht zu. Es könnte eher sein, daß ich mich hineinverwickelt, und wenigstens augenblicklich von meinem Hauptzweck (dem Componiren) abgezogen sähe, oder vielmehr, daß ich versuchen würde zu reformiren, ehe ich in mir selbst die Vollkommenheit und Ruhe fühlte die zu jeder Reformation nothwendig ist. Das würde mich auf jeden Fall abhalten, mich um eine solche Stelle zu bewerben, besonders in Berlin, wo durch Spontinis Persönlichkeit der rechte Grund für Hin und Herträgerey, Intrigue, kurz das sogenannte Theaterwesen (im schlechten Sinne) ist, ein anderes wäre freilich, wenn sie sich mir irgendwo darböte und ich mich vielleicht von vorne herein anders stellen und etwa nur auf einige Zeit binden könnte. Es entsteht nun aber die Frage, wie ich mir also ohne Anstellung mein Geld erwerben wollte, und da kann ich nicht läugnen, daß ich es für die erste Zeit am liebsten mit Componiren möchte. Man hatte mir damals in England für eine Oper 300 Pfund geboten, und meine Sachen so gut bezahlt, als ich es nur irgend wünschen konnte. Daß ich den Auftrag zu einer Oper gleich wieder dort bekommen werde, ist wohl ganz gewiß, auch werde ich vielleicht zu den Musikfesten gehen und das ist für den Sommer sehr einträglich! Zugleich denke ich in Paris mit einem Musikhändler die Verbindung einzugehen, für Alles was ich auch in London herausgebe, und wenn ich dann in London eine Oper gebe und darauf in meinem Auftrag nach München gehe, so denke ich ist ein Anfang gemacht und ich würde es nach Aufführung meiner Oper leichter haben eine Anstellung zu finden und dabei leichter wirken können. Gelingt mir die Oper in München, so gehe ich damit nach Stuttgart, wo mir Graf Leutrum die freundlichsten Anträge dazu gemacht hat; das ist Alles für das nächste Jahr, und geht das in Erfüllung so wird sich für das darauf folgende schon wieder etwas Anderes gefunden haben. Auf jeden Fall aber denke ich nach Berlin zurück zu kommen sobald ich in England fertig bin und ehe ich nach München zur Oper gehe. Dort will ich mich umsehen, ob sich etwas zu thun findet, denn natürlich möchte ich am liebsten da bleiben und wohnen, wo Ihr seid, aber ich muß wirken können. Dann kann ich das Alles auch mündlich mit Dir besprechen, so Gott will, und Deinem Willen folgen. Zum Schluß will ich Dir meinen Auftrag schicken, weil ich weiß, daß es Dir Vergnügen macht, wenn man mich als Musiker behandelt und in forma bei mir bestellt. Er lautet so: „Wohlgeborner, Hochgeehrtester Herr! Nachdem mir Euer Wohlgeboren im Gespräche Ihre Neigung eine neue Oper zu schreiben, bekannt gegeben und dabey die Idee nicht von sich zu weisen schienen, ein solches Werk zuerst auf der hiesig. Königl. Bühne zur Aufführung zu bringen, so glaube ich im Interesse der Kunst und nicht gegen Ihre eignen Ansichten zu handeln, wenn ich mir die Freiheit nehme, Ihnen hiemit folgende Vorschläge zu machen: 1) E. W. schreiben die neue Oper, die Sie zu komponiren vorhaben, gleich mit Rücksicht auf das hiesige Personal, und die dahier vorhandnen Darstellungsmittel. 2) Sie belieben den Unterzeichneten gleich nach der Vollendung des Werkes in Kenntniß zu setzen, und ihm Buch und Partitur zu dem Zwecke zuzusenden, daß alle nöthigen Vorbereitungen ungesäumt getroffen und die Zeit der Aufführung des Werks wenigstens so annähernd als möglich vorher bestimmt werden könne. So wie dann diese Zeitbestimmung erfolgt ist, belieben E. W. zu erklären, ob sie Ihnen genehm und es Ihnen möglich ist, selbst hieher zu kommen, und bey den Vorbereitungen, dem Einstudiren und den ersten Darstellungen gegenwärtig zu sein. 3) Wenn E. W. schon ein Buch, das Sie zu komponiren beabsichtigen, besitzen, so bitte ich mir selbes zur Einsicht mitzutheilen wenn dies nicht der Fall ist, so gefälligen Sie mit irgend einem Deutschen Dichter von Reputation auf den Sie Ihr Vertrauen setzen, in Unterhandlung zu treten und den Unterzeichneten sowohl von der Wahl des Stoffes, als von dem Honorar, das dieser Dichter für die Bearbeitung verlangen wird, rechtzeitig in Kenntniß zu setzen, damit die Intendanz ihre Ansichten hierüber mittheilen, und die Bezahlung des Honorars übernehmen kann, welche sie auf alle Fälle aus dem Grunde als der hiesigen Theaterkasse zur Last fallend anerkennen muß, weil der Dichter genöthigt sein wird auf die hier vorhandenen artistischen und technischen Mittel besondre Rücksicht zu nehmen. 4) Übrigens bleibt das Werk Eigenthum Eurer Wohlgb., und Sie allein sind berechtigt, es an andre Bühnen zu verkaufen; die Intendanz aber, welche sich verpflichtet, Ihnen dafür das Honorar zu bezahlen, welches andere ausgezeichnete Componisten für ihre Werke erhalten haben, erwirbt dadurch kein anderes Recht, als jenes der Benutzung des Werkes für die Darstellungen der hiesigen Bühne. In Erwartung einer geneigten, schriftlichen Rückäußerung auf diese meine Vorschläge geharre ich mit ausgezeichneter Hochachtung etc. Freiherr von Poißl, Intendant. “ Ich antwortete darauf, wie gern ich es annähme und daß ich mich ungesäumt ans Werk machen wollte, sobald ich den Text hätte. In Stuttgart traf ich Uhland nicht, er ist ganz in Politik versenkt, und möchte Deputirter werden; mit Gustav Schwab habe ich Verbindung angeknüpft zweifle aber, ob er der Mann sey, da er nicht musikalisch ist, besonders aber da er noch niemals für die Bühne geschrieben hat. Das ist auch der Grund warum ich bis heute (17 Nov. ) noch hier bin, ich bekomme heut Antwort auf einen Brief aus Düsseldorf, in dem ich fragte, ob Immermann schon zurück sey. Mir wäre es sehr wünschenswerth, ihn zu sehen, und ich würde bei der Gelegenheit in Bonn meine Kirchenmusik herauszugeben anfangen. Die Antwort auf diesen Brief bitte ich auf jeden Fall aber schon nach Paris zu richten, denn ich werde dort wohl schwerlich später, als in 10 Tagen eintreffen. Schelble (bei dem ich wohnen muß und der mich mit Güte und Freundlichkeit überhäuft und beschämt) hat für den Cäcilienverein ein Oratorium bestellt; ich weiß kaum, wie ich so bald heran kommen soll. Vorgestern ließ er im Verein eins meiner neuen Römischen Kirchensachen singen, und eben schreibt er noch Stimmen zu einem andern, das heut Abend in einem Extraverein gesungen werden soll; von den übrigen behält er Copien. Ich mußte auch neulich wieder dort phantasiren vor einer großen Menge Menschen; es war genau wie damals, als Ihr alle unten saßet und zuhörtet. Es ist nun seitdem Dein Brief mit der Nachricht über die liebe Tante angekommen; seit meiner Ankunft in Rom hatte ich die Freude aufgegeben, sie wiederzusehen, aber es ist doch noch anders jetzt, wo es unmöglich ist. – Du fragst, warum ich über Betty nicht schreibe; ich weiß nichts zu sagen und habe ein Stück für sie zu componiren angefangen, das ich ihr schicken will, ein längst versprochenes Adagio ; aber freilich anders und ernster, als ich gedacht. So geht denn nun unser aller Leben weiter und welchen Abschnitt das vorige Jahr in sich begriff fühlen wir wohl alle tief; aber bleibt Ihr nur glücklich und wohl. Der alte André brachte gestern Deine Gesundheit mit einer Herzlichkeit aus, die mich sehr an Dich erinnerte. Es wird mir diesmal schwer von Deutschland wegzugehen, seit ich aus Italien wieder da bin, habe ich so recht befolgen können, was Du als Zweck meiner Reise hinstelltest, mich mit den Leuten zu befreunden und Verbindungen anzuknüpfen für die Zukunft, und habe nie so klar gefühlt, daß ich eigentlich ein Deutscher bin und bleiben muß. Noch habe ich zu berichten, daß ich in München von Kerstorf als Reisegeld 83 fl und 30 Xr bekommen habe (den Überschuß von dem ihm geschickten Wechsel) und außerdem noch 100 fl und 20 Napoléons. – Schelble’s, Hauser, André, Herz etc. grüßen Euch alle viel tausendmal. Und nun leb wohl und verzeih, wenn der Brief trocken ist. Du weißt, daß ich es nicht so denke und kennst mich Deinen treuenFelix
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1831-11-13" xml:id="date_7d608244-4c06-4853-ab42-eed8d749123e">13.</date>, <date cert="high" when="1831-11-14" xml:id="date_5bfeb681-002a-4deb-85b3-6616881a784d">14.</date> und <date cert="high" when="1831-11-17" xml:id="date_d223a2f8-229d-406d-94ae-8ff5c87c49ef">17. 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Nur glaube ich, daß ich gezwungen sein würde, manches blos um des Geldes willen zu thun, was mich gerade nicht vorwärts bringen könnte, wie z. B. Stunden geben oder Concerte u. s. f., und daß es daher für meine Laufbahn förderlicher sey, wenn ich das dabey zu Hülfe nähme, was ich gerade besitze und wodurch ich dann mancher Unannehmlichkeit, namentlich im Anfange, überhoben wäre. Doch wie gesagt, ich erwarte darin nur von Dir die Bestimmung und hältst Du es für förderlicher von der Pike an zu dienen, so will ichs versuchen, das Geld ruhig liegen lassen, und meine Kräfte probiren. Endlich wollte ich Dich bitten mir Deine persönliche Meinung über eine Anstellung (beim Theater) zu sagen, und ob Du wünschest, daß ich eine solche annähme oder mich darum bewürbe, ob Du wünschest, daß dies in Berlin geschehe u. s. w.</p><p>Denn, wenn Du mir es nun erlaubst Dir etwas von meinen Plänen zu sagen, es kommt mir vor, als sey es fast zu früh, zu 23 Jahren eine solche Anstellung anzunehmen. Wie die Sachen heut stehen, so begreift eine Musikdirectorstelle eine solche Masse kleiner Details, Zerstreuungen, Intriguen u. dgl. mit sich, daß man ihnen nur durch eine unbestreitbare Autorität entgehen oder sie aufheben könnte, und eine solche Autorität habe ich noch nicht und traue sie mir noch nicht zu. Es könnte eher sein, daß ich mich hineinverwickelt, und wenigstens augenblicklich von meinem Hauptzweck (dem Componiren) abgezogen sähe, oder vielmehr, daß ich versuchen würde zu reformiren, ehe ich in mir selbst die Vollkommenheit und Ruhe fühlte die zu jeder Reformation nothwendig ist. Das würde mich auf jeden Fall abhalten, mich um eine solche Stelle zu <hi rend="underline">bewerben</hi>, besonders in Berlin, wo durch <persName xml:id="persName_efd93f3b-f84a-447d-98e1-b92b324c7cd5">Spontinis<name key="PSN0115037" style="hidden">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851)</name></persName> Persönlichkeit der rechte Grund für Hin und Herträgerey, Intrigue, kurz das sogenannte Theaterwesen (im schlechten Sinne) ist, ein anderes wäre freilich, wenn sie sich mir irgendwo darböte und ich mich vielleicht von vorne herein anders stellen und etwa nur auf einige Zeit binden könnte. Es entsteht nun aber die Frage, wie ich mir also ohne Anstellung mein Geld erwerben wollte, und da kann ich nicht läugnen, daß ich es für die erste Zeit am liebsten mit Componiren möchte. Man hatte mir damals in England für eine Oper 300 Pfund geboten, und meine Sachen so gut bezahlt, als ich es nur irgend wünschen konnte. Daß ich den Auftrag zu einer Oper gleich wieder dort bekommen werde, ist wohl ganz gewiß, auch werde ich vielleicht zu den <placeName xml:id="placeName_c18a3054-0561-4a46-87af-b69d80eac090">Musikfesten<name key="NST0100337" style="hidden" subtype="" type="institution">Niederrheinische Musikfeste</name><settlement key="STM0100336" style="hidden" type="locality">Rheinland</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gehen und das ist für den Sommer sehr einträglich! Zugleich denke ich in Paris mit einem Musikhändler die Verbindung einzugehen, für Alles was ich auch in London herausgebe, und wenn ich dann in London eine Oper gebe und darauf in meinem Auftrag nach München gehe, so denke ich ist ein Anfang gemacht und ich würde es nach Aufführung meiner Oper leichter haben eine Anstellung zu finden und dabei leichter wirken können. Gelingt mir die Oper in München, so gehe ich damit nach Stuttgart, wo mir <persName xml:id="persName_7d191c65-be04-4420-bb37-f9b97e394fbb">Graf Leutrum<name key="PSN0112808" style="hidden">Leutrum von Ertingen, Carl Emanuel Victor Philipp Graf (1782-1842)</name></persName> die freundlichsten Anträge dazu gemacht hat; das ist Alles für das nächste Jahr, und geht das in Erfüllung so wird sich für das darauf folgende schon wieder etwas Anderes gefunden haben. Auf jeden Fall aber denke ich nach Berlin zurück zu kommen sobald ich in England fertig bin und ehe ich nach München zur <placeName xml:id="placeName_175c6c23-5522-4194-9e22-5eef6b44de2a">Oper<name key="NST0100393" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Hof- und Nationaltheater</name><settlement key="STM0100169" style="hidden" type="">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gehe. Dort will ich mich umsehen, ob sich etwas zu thun findet, denn natürlich möchte ich am liebsten da bleiben und wohnen, wo Ihr seid, aber ich muß wirken können. Dann kann ich das Alles auch mündlich mit Dir besprechen, so Gott will, und Deinem Willen folgen.</p><p>Zum Schluß will ich Dir meinen Auftrag schicken, weil ich weiß, daß es Dir Vergnügen macht, wenn man mich als Musiker behandelt und in forma bei mir bestellt. Er lautet so:</p><p>„Wohlgeborner, Hochgeehrtester Herr! Nachdem mir Euer Wohlgeboren im Gespräche Ihre Neigung eine neue Oper zu schreiben, bekannt gegeben und dabey die Idee nicht von sich zu weisen schienen, ein solches Werk zuerst auf <placeName xml:id="placeName_dea9124f-583e-4c1b-bca1-673c905f9e11">der hiesig. Königl. Bühne<name key="NST0100393" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Hof- und Nationaltheater</name><settlement key="STM0100169" style="hidden" type="">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zur Aufführung zu bringen, so glaube ich im Interesse der Kunst und nicht gegen Ihre eignen Ansichten zu handeln, wenn ich mir die Freiheit nehme, Ihnen hiemit folgende Vorschläge zu machen:</p><p>1) E. W. schreiben die neue Oper, die Sie zu komponiren vorhaben, gleich mit Rücksicht auf das hiesige Personal, und die dahier vorhandnen Darstellungsmittel.</p><p>2) Sie belieben den Unterzeichneten gleich nach der Vollendung des Werkes in Kenntniß zu setzen, und ihm Buch und Partitur zu dem Zwecke zuzusenden, daß alle nöthigen Vorbereitungen ungesäumt getroffen und die Zeit der Aufführung des Werks wenigstens so annähernd als möglich vorher bestimmt werden könne. So wie dann diese Zeitbestimmung erfolgt ist, belieben E. W. zu erklären, ob sie Ihnen genehm und es Ihnen möglich ist, selbst hieher zu kommen, und bey den Vorbereitungen, dem Einstudiren und den ersten Darstellungen gegenwärtig zu sein. </p><p>3) Wenn E. W. schon ein Buch, das Sie zu komponiren beabsichtigen, besitzen, so bitte ich mir selbes zur Einsicht mitzutheilen wenn dies nicht der Fall ist, so gefälligen Sie mit irgend einem Deutschen Dichter von Reputation auf den Sie Ihr Vertrauen setzen, in Unterhandlung zu treten und den Unterzeichneten sowohl von der Wahl des Stoffes, als von dem Honorar, das dieser Dichter für die Bearbeitung verlangen wird, rechtzeitig in Kenntniß zu setzen, damit die Intendanz ihre Ansichten hierüber mittheilen, und die Bezahlung des Honorars übernehmen kann, welche sie auf alle Fälle aus dem Grunde als der hiesigen Theaterkasse zur Last fallend anerkennen muß, weil der Dichter genöthigt sein wird auf die hier vorhandenen artistischen und technischen Mittel besondre Rücksicht zu nehmen. </p><p>4) Übrigens bleibt das Werk Eigenthum Eurer Wohlgb., und Sie allein sind berechtigt, es an andre Bühnen zu verkaufen; die Intendanz aber, welche sich verpflichtet, Ihnen dafür das Honorar zu bezahlen, welches andere ausgezeichnete Componisten für ihre Werke erhalten haben, erwirbt dadurch kein anderes Recht, als jenes der Benutzung des Werkes für die Darstellungen der hiesigen Bühne. </p><p>In Erwartung einer geneigten, schriftlichen Rückäußerung auf diese meine Vorschläge geharre ich mit ausgezeichneter Hochachtung etc. <persName xml:id="persName_61652acc-289f-4b1b-bc04-b07c0c631cb5">Freiherr von Poißl<name key="PSN0113936" style="hidden">Poißl, Johann Nepomuk Freiherr von (1783-1865)</name></persName>, Intendant.“</p><p>Ich antwortete darauf, wie gern ich es annähme und daß ich mich ungesäumt ans Werk machen wollte, sobald ich den Text hätte. In Stuttgart traf ich <persName xml:id="persName_a913bff8-7c9e-457b-a2f1-787a795e2375">Uhland<name key="PSN0115418" style="hidden">Uhland, Johann Ludwig (1787-1862)</name></persName> nicht, er ist ganz in Politik versenkt, und möchte Deputirter werden; mit <persName xml:id="persName_1f4634fe-958b-4d56-81ed-ee982d37904a">Gustav Schwab<name key="PSN0114793" style="hidden">Schwab, Gustav Benjamin (1792-1850)</name></persName> habe ich Verbindung angeknüpft zweifle aber, ob er der Mann sey, da er nicht musikalisch ist, besonders aber da er noch niemals für die Bühne geschrieben hat. Das ist auch der Grund warum ich bis <date cert="high" when="1831-11-17" xml:id="date_81bf958f-acc7-48c8-88cb-590f5efd22da">heute (17 Nov.)</date> noch hier bin, ich bekomme heut Antwort auf einen Brief aus Düsseldorf, in dem ich fragte, ob <persName xml:id="persName_1eea3f5e-99b3-4d56-86f1-60a84c1677cd">Immermann<name key="PSN0112169" style="hidden">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name></persName> schon zurück sey. Mir wäre es sehr wünschenswerth, ihn zu sehen, und ich würde bei der Gelegenheit in Bonn <title xml:id="title_fdb0e114-40f6-4a5c-bbc4-521aae001db2">meine Kirchenmusik<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_stbkvuww-qk9h-aaw1-qpea-mt3pdo4tvjaj"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100623" style="hidden">Kirchen-Musik für gemischten Chor (teilweise mit Orgel bzw. Instrumentalbegleitung), 1832; enthält MWV B 20, B 19 und B 21<idno type="MWV">SD 7</idno><idno type="op">23</idno></name></title> herauszugeben anfangen. Die Antwort auf diesen Brief bitte ich auf jeden Fall aber schon nach Paris zu richten, denn ich werde dort wohl schwerlich später, als in 10 Tagen eintreffen. <persName xml:id="persName_c8e5ecef-14e5-451e-9971-153c8ec3e5e4">Schelble<name key="PSN0114524" style="hidden">Schelble, Johann Nepomuk (1789-1837)</name></persName> (bei dem ich wohnen muß und der mich mit Güte und Freundlichkeit überhäuft und beschämt) hat für den <placeName xml:id="placeName_211baae2-ed9d-418c-89a5-c0fbe38134ce">Cäcilienverein<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ein <title xml:id="title_2c33f0b8-ea2f-4e6e-bb3f-4cde88fbb6a8">Oratorium<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_zlc5yn45-dqu4-xala-7jdv-xi5krxhd8hc5"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> bestellt; ich weiß kaum, wie ich so bald heran kommen soll. Vorgestern ließ er im Verein <title xml:id="title_a17a97ee-a557-47fa-98d1-734ea9bb6af8">eins meiner neuen Römischen Kirchensachen<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_j8wo7pcj-xr2a-37xl-z7we-puberavref51"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100109" style="hidden">Der 115. Psalm »Non nobis Domine« / »Nicht unserm Namen, Herr« für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, [1829] bis 15. November 1830<idno type="MWV">A 9</idno><idno type="op">31</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_g3rzksba-yjth-9mri-mi6x-bqpwemr7cpqe"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100131" style="hidden">Choral »Mitten wir im Leben sind« für gemischten Chor a cappella, 20. November 1830<idno type="MWV">B 21</idno><idno type="op">23/3</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ne5v3buf-kxvt-7ngk-p9ho-ydgn5ebm8uje"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100134" style="hidden">»Veni Domine« / »Herr, erhöre uns« für Frauenchor und Orgel, 31. Dezember 1830<idno type="MWV">B 24</idno><idno type="op">39/1</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_qw1pr4e0-muhj-h9lu-ounj-xygzceyctnwx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100112" style="hidden">Choral »Wir glauben all an einen Gott« für gemischten Chor und Orchester, [Dezember 1830] bis 1. März 1831<idno type="MWV">A 12</idno><idno type="op"></idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_hgsgqmuo-3xbo-xg64-gpqy-an8b0olwnz02"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100111" style="hidden">Choral / Gebet »Verleih uns Frieden« / »Da nobis pacem, Domine« für gemischten Chor, kleines Orchester und Orgel, 10. Februar 1831<idno type="MWV">A 11</idno><idno type="op"></idno></name></title> singen, und eben schreibt er noch Stimmen zu einem andern, das heut Abend in einem Extraverein gesungen werden soll; von den übrigen behält er Copien. Ich mußte auch neulich wieder dort phantasiren vor einer großen Menge Menschen; es war genau wie damals, als Ihr alle unten saßet und zuhörtet.</p><p>Es ist nun seitdem Dein Brief mit der Nachricht über die <persName xml:id="persName_75d0f1d2-47b7-4b09-a74d-811e372d8333">liebe Tante<name key="PSN0113224" style="hidden">Mendelssohn, Henriette Maria (Jette) (1775-1831)</name></persName> angekommen; seit meiner Ankunft in Rom hatte ich die Freude aufgegeben, sie wiederzusehen, aber es ist doch noch anders jetzt, wo es unmöglich ist. – Du fragst, warum ich über <persName xml:id="persName_6b542610-dd44-43e2-9d61-45daa2b54bdd">Betty<name key="PSN0113887" style="hidden">Pistor, Friederike Dorothea Elisabeth (Betty) (1808-1887)</name></persName> nicht schreibe; ich weiß nichts zu sagen und habe ein Stück für sie zu componiren angefangen, das ich ihr schicken will, ein <title xml:id="title_bd322463-4fda-4159-8f28-51bba6d79d9b">längst versprochenes Adagio<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_0egllhm4-mhb4-8vk5-4cgx-hkxrhdtxkenc"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="unidentified_and_unspecified_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100952" style="hidden">Adagio, [November 1831]; für Friederike Dorothea Elisabeth Pistor<idno type="MWV"></idno><idno type="op"></idno></name></title>; aber freilich anders und ernster, als ich gedacht. </p><p>So geht denn nun unser aller Leben weiter und welchen Abschnitt das vorige Jahr in sich begriff fühlen wir wohl alle tief; aber bleibt Ihr nur glücklich und wohl. <persName xml:id="persName_58db2bd8-d554-4065-8c86-0583955fc2eb">Der alte André<name key="PSN0109484" style="hidden">André, Johann Anton (1775-1842)</name></persName> brachte gestern Deine Gesundheit mit einer Herzlichkeit aus, die mich sehr an Dich erinnerte. Es wird mir diesmal schwer von Deutschland wegzugehen, seit ich aus Italien wieder da bin, habe ich so recht befolgen können, was Du als Zweck meiner Reise hinstelltest, mich mit den Leuten zu befreunden und Verbindungen anzuknüpfen für die Zukunft, und habe nie so klar gefühlt, daß ich eigentlich ein Deutscher bin und bleiben muß. </p><p>Noch habe ich zu berichten, daß ich in München von <persName xml:id="persName_c2dbb931-9130-4b5b-9414-ed0829b26761">Kerstorf<name key="PSN0112360" style="hidden">Kerstorf, Heinrich Sigmund Friedrich (bis 1816 Heymann Salomon Pappenheimer) Edler von (1769-1832)</name></persName> als Reisegeld 83 fl und 30 Xr bekommen habe (den Überschuß von dem ihm geschickten Wechsel) und außerdem noch 100 fl und 20 Napoléons. – <persName xml:id="persName_19344ef7-977d-4168-b906-71f853899040">Schelble’s<name key="PSN0114524" style="hidden">Schelble, Johann Nepomuk (1789-1837)</name><name key="PSN0114523" style="hidden">Schelble, Auguste Amalie (Molly) (1799-1862)</name></persName>, <persName xml:id="persName_bed79c51-e9cc-49b2-b9e8-bddd5a61d51a">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName>, <persName xml:id="persName_26a5a195-cec4-44d8-9666-7500ded9df4d">André<name key="PSN0109484" style="hidden">André, Johann Anton (1775-1842)</name></persName>, <persName xml:id="persName_5d968bbf-7a64-4594-95f5-3f018ca83e1d">Herz<name key="PSN0111942" style="hidden">Herz, S.</name></persName> etc. grüßen Euch alle viel tausendmal. </p><closer rend="left" xml:id="closer_c471c1de-305e-4a9b-a511-f52a30f82434">Und nun leb wohl und verzeih, wenn der Brief trocken ist. Du weißt, daß ich es nicht so denke und kennst mich </closer><closer rend="right" xml:id="closer_4fd44b4e-c8e0-41ad-b1ba-af013ae855d0">Deinen treuen</closer><signed rend="right">Felix</signed></div></body></text></TEI>