fmb-1831-08-28-04
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Luzern, 28. August 1831
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
Der Brief war Z. 54 zufolge an Aloys Fuchs adressiert.
Unbekannt
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
In der Eile der Abreise nur ein paar Worte. Morgen denk’ ich nemlich abzureisen, und erst vor einer halben Stunde hab’ ich meinen Reiseplan gemacht. Drum hab’ ich Ihnen auch nicht früher schreiben können, weil Sie wissen wollten, wann ich in München seyn würde und Hoffnung gaben, daß wir uns da treffen könnten. Ich hatte vor, über Inspruck durch Tyrol hin zu gehen, indessen traf gestern die Nachricht ein, daß ein Cordon auf der ganzen österreichischen Gränze gezogen wird, und somit ist daran natürlich nicht zu denken. Ich gehe nun über Lindau nach Bayern, und denke, so Gott will, spätestens den 10 Spt. in München zu seyn, und mich dort wenigstens 3 Wochen aufzuhalten. Wie herzlich ich es wünsche, Sie dort zu sehen, kann ich Ihnen gar nicht sagen, Sie wissen es aber. Nun bin ich besorgt, wie Sie es nun einrichten werden, der Quarantaine wegen, ob ich Sie vielleicht gar schon dort treffe, oder ob Sie sich haben in Wien halten lassen, und wieder in die
alle Briefe, die ich aus oder nach Oesterreich geschrieben hatte, mit Noten darin, nicht angekommen sind. Sie halten es für Chiffern; es ist wahrlich
zuabgeschmackt, aber noch neulich ist mir ein Brief an
Luzern d. 28. Aug. 1831. Lieber Hauser! In der Eile der Abreise nur ein paar Worte. Morgen denk’ ich nemlich abzureisen, und erst vor einer halben Stunde hab’ ich meinen Reiseplan gemacht. Drum hab’ ich Ihnen auch nicht früher schreiben können, weil Sie wissen wollten, wann ich in München seyn würde und Hoffnung gaben, daß wir uns da treffen könnten. Ich hatte vor, über Inspruck durch Tyrol hin zu gehen, indessen traf gestern die Nachricht ein, daß ein Cordon auf der ganzen österreichischen Gränze gezogen wird, und somit ist daran natürlich nicht zu denken. Ich gehe nun über Lindau nach Bayern, und denke, so Gott will, spätestens den 10 Spt. in München zu seyn, und mich dort wenigstens 3 Wochen aufzuhalten. Wie herzlich ich es wünsche, Sie dort zu sehen, kann ich Ihnen gar nicht sagen, Sie wissen es aber. Nun bin ich besorgt, wie Sie es nun einrichten werden, der Quarantaine wegen, ob ich Sie vielleicht gar schon dort treffe, oder ob Sie sich haben in Wien halten lassen, und wieder in die Duportschen Klauen gefallen sind. Das letztere wäre mir aber nicht lieb, ich habe den Kerl nur einmal bey Ihnen gesehen, da hat er gleich die Kunst verstanden, mich sehr zu ärgern und aufzubringen. Ich weiß wieder nicht warum, aber ich habe einigen Grimm auf ihn. Indessen Sie werden das aufs Beste zu machen wissen, und somit will ich lieber unbesorgt seyn, und hoffen, daß wir uns bald und froh wieder sehen. Wenn Sie diesen Brief gar nicht erhielten, und schon in München wären, das wäre freylich am Allerprächtigsten. Da wollten wir einmal plaudern und Musik machen! Und da wollte ich Sie einmal anbrummen! Dafür nemlich, daß Sie mir von dem überflüßigen Lob sprechen, als wollt’ ich einen Hofrathstitel mir erschreiben; wie mir es zu Muthe ist, so schreibe ich es auch, und weil mir eben gar zu sehr nach ein paar ordentlichen Tönen sehnsüchtig war, da sagte ich’s geradezu. Uebrigens wissen Sie das noch dazu, und es war nur so eine Redensart; aber meines nicht. Ich habe auch wieder ein paar Lieder componirt, und eins davon liegt Ihnen, das andere muß Ihrer Schülerin unbekannterweise sehr in der Stimme liegen. Das letztere ist nicht übel und sehr sentimental, ich war eben im Begriff es Ihnen abzuschreiben, als mir zum Glück einfiel, daß alle Briefe, die ich aus oder nach Oesterreich geschrieben hatte, mit Noten darin, nicht angekommen sind. Sie halten es für Chiffern; es ist wahrlich zu abgeschmackt, aber noch neulich ist mir ein Brief an den alten Sir George Smart, dem ich einen Canon schickte, wieder aufgefangen worden, und nicht angekommen. Da warte ich lieber, bis ich es Ihnen mal mündlich vorsingen kann. Wärs nur recht bald! Die letzte Woche hab ich selig verlebt; dies ist das schönste Land von allen, es ist mir unglaublich wohl darin. Vorige Tage blieb ich in einem Kloster, das mitten in den Schneebergen auf einer breiten grünen Wiese, heimlich, und einsam und still mit vielen Häuserchen umher sich ausbreitet, mehrere 1000 Fuß über dem Meer, wo keine Zeitung und kein Militär und keine vornehmen Leute bekannt waren, Engelberg heißt es, im Unterwaldner Canton, da hab ich Sebastian Bach auf der Orgel gespielt, und selbst herumphantasirt nach Herzenslust; ich wollte Sie hätten eine lange Phantasie über das Credo gehört das mir die Mönche aufgaben, es kamen eine Menge Tollheiten darin vor, es klang aber alles gut auf der kleinen Orgel in der einsamen Kirche, und wenn gar die Mönche die Nocturnen auf dem tiefen h mit voller Kraft sangen, und man es aus der verschlossenen leeren Kirche weit über die Wiesen schallen hörte, das war ein gar sonderbarer Klang. Aber was ist denn hier nicht unvergeßlich? Ich habe mir vorgenommen, jeden freyen Sommermonat, den ich noch in meinem Leben einmal haben soll, hier zuzubringen, und in den Bergen herumzustreifen; da ist man mit der Natur zusammen, da sieht man die Macht des lieben Herr Gotts sehr in der Nähe. Nun aber leben Sie wohl; ich adressire diesen Brief an Fuchs, weil ich Ihre Nummer nicht recht lesen kann, und auch nicht weiß, ob Sie noch auf dem Lande, oder schon in der Stadt, oder gar schon in München sind. Sagen Sie bitte an Fuchs, daß ich ihm fast alle Münchner Manuscripte, die er verlangt, gewiß versprechen kann und verschaffen werde; ich habe seitdem schon wieder Einiges für ihn gesammelt. In München erfragen Sie mich im Hirsch in der Theatinergasse. Wenn wir uns nur dort finden, am Uebrigen soll es nicht fehlen, lustiges Leben soll es geben. Und nun grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und die Kinder viel 1000mal, und seyn Sie alle wohl und glücklich. Auf Wiedersehen. Felix MB.
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