fmb-1831-07-19-01
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Mailand, 13. und 19. Juli 1831
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Devrient
Du wirst böse auf mich sein, wegen meines langen Stillschweigens, aber es ging mir fatal. Vor einem halben Jahre etwa schrieb ich an Dich einen kurzen, aber ausführlichen Brief und schrieb ein
doch einigwären. Und so ist es auch, denn die augenblickliche Stimmung mag sich ändern, und von der hängt der Brief sehr ab, aber die Hauptsachen und namentlich wir gegen einander ändern uns nicht, denk’ ich. Ist es nicht so? Du machst mir Vorwürfe,
ichmeine Schuldigkeit dabey gethan, und ob es nachher Ruhm, Ehre, Orden, Schnupftabacksdosen u. dgl. einbringt, kann meine Sorge nicht sein. Darüber waren wir ja auch ganz einig, denn es war der Hauptpunct des Gesprächs, das wir in meiner kleinen Stube auf den Hof heraus hatten, in dessen Folge wir uns Du nannten, mit einander Bekanntschaft machten, und einige Abende erträglich vergnügt mit einander zubrachten. Meinst Du aber, ich hätte in dem Ausbilden meiner Compositionen oder kurz meiner selbst etwas vernachlässigt oder versäumt, so sage mir genau und klar,
wasdas ist und worin es besteht. Es wäre freilich ein schlimmer Vorwurf. Du willst ich solle nur Opern schreiben, und hätte Unrecht es nicht schon längst gethan zu haben. Ich antworte: gieb mir eine rechte Oper in die Hand und in ein Paar Monaten ist sie componirt, denn ich sehne mich jeden Tag von neuem danach eine Oper zu schreiben, ich weiß daß es was Frisches, Lustiges werden kann wenn ich es jetzt finde, aber eben die Worte sind nicht da. Und einen Text der mich nicht ganz in Feuer setzt componire ich nun einmal nicht. Wenn Du einen Mann kennst, der im Stande ist eine Oper zu dichten, so nenne ihn mir um Gotteswillen, ich suche nichts anders. Aber bis ich nun einen Text habe, soll ich doch nicht etwa lieber nichts thun (auch wenn ich es könnte.) Und daß ich gerade jetzt
Praktischedenke. Freilich immer erst hinterher, aber wer Teufel soll Musik schreiben, die doch einmal das Unpraktischste Ding in der Welt ist (weshalb ich sie lieb habe) und ans Praktische dabey denken, es wäre als ob einer die Liebeserklärung an seine Geliebte in Reime und Verse brächte und ihr so hersagte. – Ich gehe nun nach München, wo sie mir eine Oper anboten, um zu sehn, ob da ein Mensch als Dichter ist, denn nur einen Menschen möchte ich, der ein bischen Glut und Talent hätte, ein Riese braucht’ es gar nicht zu sein, und finde ich da keinen, so mache ich vielleicht
immerein Viertel auseinander und ein Viertel vor oder nach dem Orchester, das Orchester ist wieder aus lauter verstimmten Blaseinstrumenten und kreischenden Geigen zusammengesetzt und in sich selbst uneinig – ich schwöre Dir, daß das Wittenberger Operntheater (es mag eins geben oder nicht) besser ist,
2 Jahre unterhalten, damit er die Italiänische Musik studiren soll, geht nun nach Berlin zurück, um dort die hiesige Singmethode einzuführen, und wie er mir ohne Erröthen sagte, die neuen Opern von
gar keineMethode haben! Wie eine Bairische Kellnerinn reiner und besser singt! Wie sie den großen Sängerinnen ihre kleinen Genialitäten, ihre kleinen Unarten, Uebertreibungen u. dgl. nachahmen, und das Methode nennen! Und das wollen sie bey uns einführen, die wir soviel Besseres haben. In ganz Italien ist jetzt keine Sängerinn, wie die
Ich will gar nichts weiter sagen, denn ich predige tauben Ohren. Aber ich wollte ich könnte ein Lied von Dir, oder ein Paar lustige hohe Noten von
te
Wenn Du gleich antwortest so ist meine Adresse nach Genf, à sten August zu sein und ein Paar Tage zu bleiben. Später adressire nach Lucern poste restante bis zum Ende Aug. etwa.
Mayland. d. 13 July. 31 Lieber Devrient Du wirst böse auf mich sein, wegen meines langen Stillschweigens, aber es ging mir fatal. Vor einem halben Jahre etwa schrieb ich an Dich einen kurzen, aber ausführlichen Brief und schrieb ein neues Lied für Dich hinein, und sagte Dir ein Paar Worte, die sich eben unmöglich zweimal sagen lassen, weil das kalt und trocken herauskommt, was da im Augenblick warm gefühlt war, und da ich ordentlich besorgt war, daß der Brief nur ja ankommen möchte, da ich wußte, daß er nicht zu copiren war, so trug ich ihn selbst auf die Post, und doch ist er nicht zu Dir gelangt. Das störte mich nun zeither so oft ich Dir schreiben wollte, mir war als sollte ich Dir das wiederholen, oder was anders Ähnliches mit Musik dazu schicken, dann fürchtete ich, sie möchten es abermals nicht ankommen lassen und so war ich genirt und kam nicht zum Schreiben. Jetzt ist es aber gar zu lange, daß wir von einander nichts gehört haben, ich weiß nicht einmal wo Du sein magst in Paris, in Berlin, in Peking oder sonst wo; wie ich mich nun anschicke Italien zu verlassen, fällt mir ein, daß Du noch gar keinen Brief aus dem Lande von mir erhalten hast, und das darf nicht sein, drum schreib ich Dir geschwind noch ein Paar Zeilen ehe ich über den Simplon steige. Ich habe Dir auch noch auf Deinen vorigen Brief zu antworten, Du hast mich aber ein Weilchen recht verstimmt dadurch, und ich wollte schon denken, daß wir im Hauptpunct noch nicht so ganz einig wären, bis mir zur rechten Stunde einfiel, daß ich mich viel weniger auf einen Brief verlassen könne, als darauf, daß wir doch einig wären. Und so ist es auch, denn die augenblickliche Stimmung mag sich ändern, und von der hängt der Brief sehr ab, aber die Hauptsachen und namentlich wir gegen einander ändern uns nicht, denk’ ich. Ist es nicht so? Du machst mir Vorwürfe, daß ich schon 22 Jahre, und doch noch nicht berühmt sey; ich kann darauf nichts anders antworten, als wenn Gott gewollt hätte, daß ich zu 22 Jahren berühmt sein sollte, so wäre ichs wahrscheinlich schon geworden; ich kann nichts dafür, denn ich schreibe eben so wenig um berühmt zu werden, als ich schreibe um eine Kapellmeisterstelle zu erhalten. Es wäre schön, wenn es beides sich einfinden wollte, so lange ich aber nicht gerade verhungere, so lange ist es Pflicht zu schreiben, was und wie mir es ums Herz ist, und die Wirkung davon dem zu überlassen, der für mehr und Größeres sorgt. Nur daran denke ich immer mehr und aufrichtiger so zu componiren, wie ich es fühle, noch immer weniger Rücksichten zu haben, und wenn ich ein Stück gemacht habe, wie es mir aus dem Herzen geflossen ist, so habe ich meine Schuldigkeit dabey gethan, und ob es nachher Ruhm, Ehre, Orden, Schnupftabacksdosen u. dgl. einbringt, kann meine Sorge nicht sein. Darüber waren wir ja auch ganz einig, denn es war der Hauptpunct des Gesprächs, das wir in meiner kleinen Stube auf den Hof heraus hatten, in dessen Folge wir uns Du nannten, mit einander Bekanntschaft machten, und einige Abende erträglich vergnügt mit einander zubrachten. Meinst Du aber, ich hätte in dem Ausbilden meiner Compositionen oder kurz meiner selbst etwas vernachlässigt oder versäumt, so sage mir genau und klar, was das ist und worin es besteht. Es wäre freilich ein schlimmer Vorwurf. Du willst ich solle nur Opern schreiben, und hätte Unrecht es nicht schon längst gethan zu haben. Ich antworte: gieb mir eine rechte Oper in die Hand und in ein Paar Monaten ist sie componirt, denn ich sehne mich jeden Tag von neuem danach eine Oper zu schreiben, ich weiß daß es was Frisches, Lustiges werden kann wenn ich es jetzt finde, aber eben die Worte sind nicht da. Und einen Text der mich nicht ganz in Feuer setzt componire ich nun einmal nicht. Wenn Du einen Mann kennst, der im Stande ist eine Oper zu dichten, so nenne ihn mir um Gotteswillen, ich suche nichts anders. Aber bis ich nun einen Text habe, soll ich doch nicht etwa lieber nichts thun (auch wenn ich es könnte. ) Und daß ich gerade jetzt mehrere geistliche Musiken geschrieben habe, das ist mir ebenso Bedürfniß gewesen, wie es einen manchmal treibt gerade ein bestimmtes Buch, die Bibel oder sonst was zu lesen, und wie es einem nur dabey recht wohl wird. Hat es Aehnlichkeit mit Seb. Bach so kann ich wieder nichts dafür, denn ich habe es geschrieben, wie es mir zu Muthe war, und wenn mir einmal bey den Worten so zu Muthe geworden ist, wie dem alten Bach, so soll es mir um so lieber sein. Denn Du wirst nicht meinen, daß ich seine Formen copire, ohne Inhalt, da könnte ich vor Widerwillen und Leerheit kein Stück zu Ende schreiben. – Ich habe auch seitdem wieder eine große Musik componirt, die auch vielleicht äußerlich mal wirken kann: „Die erste Walpurgisnacht“ von Goethe; ich fing es an, blos weil es mir gefiel und mich warm machte, und an die Aufführung habe ich nicht gedacht. Aber nun da es fertig vor mir liegt, sehe ich daß es zu einem großen Concertstück sehr gut paßt und in meinem ersten Abonnementsconcert in Berlin mußt Du den bärtigen Druidenpriester singen, die Chöre ausgeführt von, unter gütiger Mitwirkung des etc. Ich habe Dir den Priester in die Kehle geschrieben, mit Erlaubniß also mußt Du ihn wieder heraussingen, und wie ich bisjetzt die Erfahrung gemacht habe, daß die Stücke, die ich mit der wenigsten Rücksicht auf die Leute gemacht hatte, gerade den Leuten immer am besten gefielen so glaub ich wird es auch mit diesem Stück gehn. Ich schreibe das blos, damit Du siehst, daß ich auch ans Praktische denke. Freilich immer erst hinterher, aber wer Teufel soll Musik schreiben, die doch einmal das Unpraktischste Ding in der Welt ist (weshalb ich sie lieb habe) und ans Praktische dabey denken, es wäre als ob einer die Liebeserklärung an seine Geliebte in Reime und Verse brächte und ihr so hersagte. – Ich gehe nun nach München, wo sie mir eine Oper anboten, um zu sehn, ob da ein Mensch als Dichter ist, denn nur einen Menschen möchte ich, der ein bischen Glut und Talent hätte, ein Riese braucht’ es gar nicht zu sein, und finde ich da keinen, so mache ich vielleicht Immermanns Bekanntschaft blos deswegen, und ist der auch nicht der Mann, so versuch ich es in London, und schlage Klingemann noch einmal breit. Es kommt mir immer vor, als fehle der rechte Kerl noch, aber was soll ich thun um ihn herauszufinden? Im hotel Reichmann wohnt er nicht, und neben an auch nicht, und wo sonst? Darüber schreib mir einmal. Obgleich ich glaube, daß uns der liebe Herrgott alles, also auch Operntexte zuschickt, sobald wir es brauchen, so müssen wir dabey doch unsre verfluchte Schuldigkeit thun und uns umsehen, und ich wollte der Text wäre schon da. Mittlerweile schreibe ich so gute Sachen, als ich nur irgend kann, hoffe auch Fortschritte zu machen, und daß ich fürs Übrige, wie gesagt, nicht verantwortlich bin, das haben wir auf meiner Stube damals schon ausgemacht. Und bei den Protokollen laß uns bleiben. – Nun aber genug des trocknen Tons, ich bin wahrhaftig wieder fast brummig und ungeduldig geworden, und habe mir doch vorgenommen, es nie zu werden. Herr Reichmann kann wie gesagt den Text nicht machen, also hilft es eben nichts – das ist mein Wirth, und es ist nett leben hier. – Mailand ist eigentlich eine Platanenstadt; das ganze Nest steckt tief in Baumalleen, Gärten, Reis und Maisfeldern, und um die Wälle innen und außen laufen doppelte Platanenalleen herum; da fährt man Nachmittags spazieren und kuckt die feine Welt an. Aber wenn Du glaubst in Italien geb es Italiänische Sänger, so irrst Du Dich verzweifelt. Die Primadonna in Rom war Mlle. Carl; o Jammer, sie sang doch gar sehr übel, und machte soviel Prätensionen, wie ein Schlittenpferd, und fiel gar zu sehr durch; die beste Sängerinn die in diesem Augenblick in Italien ist, soll eine gewisse Unger (Tedesca) sein, der erste Bassist hier ist Herr Schoberlechner aus Wien, der sich aber hier Herr Schober nennt, weil den Italiänern das Lechner nicht zuzumuthen ist. Die guten Sänger habe ich alle in Paris und London gehört, und da sind sie auch jetzt versammelt, ziehen die Mittelmäßigen nach, und nur das Allerelendeste bleibt im Vaterland. Da ist es wohl kein Wunder, wenn ich in Paris lieber Italiänische Musik höre, wo erstlich alle ersten Sänger, zweitens auch die zweiten, drittens und 4ens Chor und Orchester sind. Denn von einem Italiänischen Chor hast Du keinen Begriff; ich wollte doch, da ich einmal im Lande der Musik war, gern eine einzige gute Stimme aus dem Chor heraus hören, aber sie taugen alle nichts, schreien wie Zahnbrecher auf der Messe, sind durchaus immer ein Viertel auseinander und ein Viertel vor oder nach dem Orchester, das Orchester ist wieder aus lauter verstimmten Blaseinstrumenten und kreischenden Geigen zusammengesetzt und in sich selbst uneinig – ich schwöre Dir, daß das Wittenberger Operntheater (es mag eins geben oder nicht) besser ist, als S. Carlo in Neapel. Kein Deutscher hat von so etwas eine Ahndung. D. h. ich meine ordentliche Deutsche von Herzen; denn solch ein Kerl, wie Herr Teschner, den ich hier angetroffen habe, der ist eben so wenig ein rechter Deutscher, wie Käsebier. Denk Dir, Devrient, der Mensch wird vom Ministerium hier 2 Jahre unterhalten, damit er die Italiänische Musik studiren soll, geht nun nach Berlin zurück, um dort die hiesige Singmethode einzuführen, und wie er mir ohne Erröthen sagte, die neuen Opern von Donizetti und Bellini aufzubringen. Ach Gott, Du begreifst die ganze Niederträchtigkeit von so etwas nicht! Also höre nur eine Italiänische Dilettantinn; oder Mlle. Carl! Wie sie so gar keine Methode haben! Wie eine Bairische Kellnerinn reiner und besser singt! Wie sie den großen Sängerinnen ihre kleinen Genialitäten, ihre kleinen Unarten, Uebertreibungen u. dgl. nachahmen, und das Methode nennen! Und das wollen sie bey uns einführen, die wir soviel Besseres haben. In ganz Italien ist jetzt keine Sängerinn, wie die Schätzel, und Du weißt, daß ich keiner ihrer größten Verehrer bin. Aber ihr Hauptfehler ist, daß sie sich immer Italiänisch ausbilden wollen, während das was ihnen unsre Natur mitbringt, das beste und einzige Gute ist. Glaubst Du denn, daß es in Italien Stimmen wie die Milder, Schechner, Sontag, wie Haizinger, oder Bader, Mantius, Wild giebt, (von Bassisten schreibe ich Dir nicht, um Dich nicht in Deiner Bescheidenheit zu verletzen) . Aber es ist doch wahr! O Ihr Undankbaren! Ich will gar nichts weiter sagen, denn ich predige tauben Ohren. Aber ich wollte ich könnte ein Lied von Dir, oder ein Paar lustige hohe Noten von Deiner Frau wieder hören, abgesehn von Freundschaft; wo giebt es denn hier solche helle, frohe Stimmen; man höre nur das Volk, wie es melancholisch schnarrt. Aber doch ist es ein Land der Kunst, denn es ist das Land der Natur, und da lebt und webt es überall, im blauen Himmel, und im Meere und in den Bäumen giebt es genug Musik. Das Land der Künstler ist nun einmal Deutschland, und es soll leben! Neulich traf ich hier den Kupferstecher Schmidt, den ich einmal bei Dir in Gesellschaft gesehn hatte, seine Frau hatte Lieder von Taubert mit, und weil Du mir davon geschrieben hattest, so ließ ich sie mir leihen. Da hab’ ich eine ganz absonderliche, große Freude gehabt, denn da steckt Gemüth und Seele in jedem Liede drin, und es ist keines worin nicht wenigstens eine Stelle, ein Zug wäre in dem ganz klar stände, daß es von einem Musiker componirt ist. Auch meinetwegen freuten mich die Sachen; denn ich hatte gedacht, daß ich ein Brummbär geworden sey, und mich an nichts Neuem mehr erfreute (wie auf der vorigen Seite zu ersehen) . Aber nein; denn wenn das Rechte kommt, so bin ich wahrhaftig heilfroh und gebe Gott, daß Taubert der Mann sey oder werde, der aus seinen Liedern hervorguckt. Aber er muß andre Sachen machen, als Lieder, und nicht so süße, sondern recht feurige, entsetzlich ungeschlachte, oder wilde, er muß einigermaßen brennen und wüthen, und dann glaub ich entscheidet sich es erst. Aber grüß mir den Mann, und sag ihm Dank; und sag ihm, ich hätte ihm wegen seiner Lieder schreiben wollen, und ihm ein bravo über die Alpen zurufen und einige Randglossen dazu machen, nachher fiel mir aber leider ein, daß in Berlin viel höfliche Leute sind, die so etwas nicht leiden können und sich drüber aufhalten, kurz ich that es nicht. Darüber wirst Du mich wahrscheinlich wieder schelten, aber schreib mir nur was über ihn, wie er denkt und Musik macht und ob er weiter will und muß. Das Ende vom Bächlein „sag Bächlein liebt sie mich?“ wo der Bach immer nickt und sagt „O ja“ ist wunderlieb. Nun ist es aber der 19te geworden und in einer Stunde steige ich in den Reisewagen, Schmidt’s steigen von der andern Seite ein und wir fahren nach dem Comersee. Da badet man sich heut Abend; fliegt morgen zu Dampfboot hin und her; klettert übermorgen nach Lugano über die Berge, und eben hab ich mir Kellers Schweizercharte mit den blauen Schneebergen gekauft. Wie ich Euer aber an allen Orten gedenke und wie sehr lieb ich Euch habe, brauch ich nicht zu sagen. Bleib mir gut, und grüß mir so recht von Herzen Deine Schwägerinn und Deine Frau und die Kinder, wenn ich erst einmal wieder mit Euch bin wird es auch nicht übel sein. Laß mich aber hören, wie sie alle leben und was Du thust, und so sag ich Euch allen Lebewohl aus Italien und komme wieder näher nach Norden. Bis dahin Felix Wenn Du gleich antwortest so ist meine Adresse nach Genf, à Mrs. Lombard, Odier & Co. Da denke ich den 1sten August zu sein und ein Paar Tage zu bleiben. Später adressire nach Lucern poste restante bis zum Ende Aug. etwa.
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Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1831-07-13" xml:id="date_d5a1f7d2-c061-4a18-846b-a2898e8d5924">13.</date> und <date cert="high" when="1831-07-19" xml:id="date_6a370505-4677-4424-a7dd-ac7e349f382b">19. 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Oktober 1830<idno type="MWV">K 65</idno><idno type="op">19a/6</idno></name></title> hinein, und sagte Dir ein Paar Worte, die sich eben unmöglich zweimal sagen lassen, weil das kalt und trocken herauskommt, was da im Augenblick warm gefühlt war, und da ich ordentlich besorgt war, daß der Brief nur ja ankommen möchte, da ich wußte, daß er nicht zu copiren war, so trug ich ihn selbst auf die Post, und doch ist er nicht zu Dir gelangt. Das störte mich nun zeither so oft ich Dir schreiben wollte, mir war als sollte ich Dir das wiederholen, oder was anders Ähnliches mit Musik dazu schicken, dann fürchtete ich, sie möchten es abermals nicht ankommen lassen und so war ich genirt und kam nicht zum Schreiben. Jetzt ist es aber gar zu lange, daß wir von einander nichts gehört haben, ich weiß nicht einmal wo Du sein magst in Paris, in Berlin, in Peking oder sonst wo; wie ich mich nun anschicke Italien zu verlassen, fällt mir ein, daß Du noch gar keinen Brief aus dem Lande von mir erhalten hast, und das darf nicht sein, drum schreib ich Dir geschwind noch ein Paar Zeilen ehe ich über den Simplon steige. Ich habe Dir auch noch auf Deinen vorigen Brief zu antworten, Du hast mich aber ein Weilchen recht verstimmt dadurch, und ich wollte schon denken, daß wir im Hauptpunct noch nicht so ganz einig wären, bis mir zur rechten Stunde einfiel, daß ich mich viel weniger auf einen Brief verlassen könne, als darauf, daß wir <hi rend="underline">doch einig</hi> wären. Und so ist es auch, denn die augenblickliche Stimmung mag sich ändern, und von der hängt der Brief sehr ab, aber die Hauptsachen und namentlich wir gegen einander ändern uns nicht, denk’ ich. Ist es nicht so? Du machst mir Vorwürfe, <title xml:id="title_35022d0c-3398-4b89-8692-66546b112162">daß ich schon 22 Jahre<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110657" style="hidden" type="dramatic_work">Don Carlos, Infant von Spanien</name></title>, und doch <title xml:id="title_5d770077-1ba6-437e-9545-c06284616365">noch nicht berühmt<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110657" style="hidden" type="dramatic_work">Don Carlos, Infant von Spanien</name></title> sey; ich kann darauf nichts anders antworten, als wenn Gott gewollt hätte, daß ich zu 22 Jahren berühmt sein sollte, so wäre ichs wahrscheinlich schon geworden; ich kann nichts dafür, denn ich schreibe eben so wenig um berühmt zu werden, als ich schreibe um eine Kapellmeisterstelle zu erhalten. Es wäre schön, wenn es beides sich einfinden wollte, so lange ich aber nicht gerade verhungere, so lange ist es Pflicht zu schreiben, was und wie mir es ums Herz ist, und die Wirkung davon dem zu überlassen, der für mehr und Größeres sorgt. Nur daran denke ich immer mehr und aufrichtiger so zu componiren, wie ich es fühle, noch immer weniger Rücksichten zu haben, und wenn ich ein Stück gemacht habe, wie es mir aus dem Herzen geflossen ist, so habe <hi rend="underline">ich</hi> meine Schuldigkeit dabey gethan, und ob es nachher Ruhm, Ehre, Orden, Schnupftabacksdosen u. dgl. einbringt, kann meine Sorge nicht sein. Darüber waren wir ja auch ganz einig, denn es war der Hauptpunct des Gesprächs, das wir in meiner kleinen Stube auf den Hof heraus hatten, in dessen Folge wir uns Du nannten, mit einander Bekanntschaft machten, und einige Abende erträglich vergnügt mit einander zubrachten. Meinst Du aber, ich hätte in dem Ausbilden meiner Compositionen oder kurz meiner selbst etwas vernachlässigt oder versäumt, so sage mir genau und klar, <hi rend="underline">was</hi> das ist und worin es besteht. Es wäre freilich ein schlimmer Vorwurf. Du willst ich solle nur Opern schreiben, und hätte Unrecht es nicht schon längst gethan zu haben. Ich antworte: gieb mir eine rechte Oper in die Hand und in ein Paar Monaten ist sie componirt, denn ich sehne mich jeden Tag von neuem danach eine Oper zu schreiben, ich weiß daß es was Frisches, Lustiges werden kann wenn ich es jetzt finde, aber eben die Worte sind nicht da. Und einen Text der mich nicht ganz in Feuer setzt componire ich nun einmal nicht. Wenn Du einen Mann kennst, der im Stande ist eine Oper zu dichten, so nenne ihn mir um Gotteswillen, ich suche nichts anders. Aber bis ich nun einen Text habe, soll ich doch nicht etwa lieber nichts thun (auch wenn ich es könnte.) Und daß ich gerade jetzt <title xml:id="title_a4285fdd-f7d8-40be-8b43-f46ecb93186f">mehrere geistliche Musiken<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_x51yilot-i8gr-8wrk-gkei-umeeumsnryhn"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100110" style="hidden">Weihnachtslied »Vom Himmel hoch, da komm ich her« für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, 28. Januar 1831<idno type="MWV">A 10</idno><idno type="op"></idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_awqt7q0a-cggf-nxic-nynd-oajvtpzlj9b1"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100112" style="hidden">Choral »Wir glauben all an einen Gott« für gemischten Chor und Orchester, [Dezember 1830] bis 1. März 1831<idno type="MWV">A 12</idno><idno type="op"></idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_xifgxdxf-huam-ndbb-jqxd-cs3fwy8copt1"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100111" style="hidden">Choral / Gebet »Verleih uns Frieden« / »Da nobis pacem, Domine« für gemischten Chor, kleines Orchester und Orgel, 10. Februar 1831<idno type="MWV">A 11</idno><idno type="op"></idno></name></title> geschrieben habe, das ist mir ebenso Bedürfniß gewesen, wie es einen manchmal treibt gerade ein bestimmtes Buch, die Bibel oder sonst was zu lesen, und wie es einem nur dabey recht wohl wird. Hat es Aehnlichkeit mit <persName xml:id="persName_0ec7080f-a764-4646-b56d-5accfb68a806">Seb. Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> so kann ich wieder nichts dafür, denn ich habe es geschrieben, wie es mir zu Muthe war, und wenn mir einmal bey den Worten so zu Muthe geworden ist, wie dem alten Bach, so soll es mir um so lieber sein. Denn Du wirst nicht meinen, daß ich seine Formen copire, ohne Inhalt, da könnte ich vor Widerwillen und Leerheit kein Stück zu Ende schreiben. – Ich habe auch seitdem wieder eine große Musik componirt, die auch vielleicht äußerlich mal wirken kann: <title xml:id="title_7b81df55-0619-4e48-949b-893f6e6d4b14">„Die erste Walpurgisnacht“<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_rjbfebhn-gcj6-axj4-vgwv-bjcnp2bbrstv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_secular_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100172" style="hidden">Die erste Walpurgisnacht, Ballade für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, [1830] bis 13. Februar 1832; Herbst 1840 bis Dezember 1842; 15. Juli 1843<idno type="MWV">D 3</idno><idno type="op">60</idno></name></title> <title xml:id="title_d7af7fc3-8dd3-43ef-a97b-c08635c2fa5f">von Goethe<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108812" style="hidden" type="literature">Die erste Walpurgisnacht</name></title>; ich fing es an, blos weil es mir gefiel und mich warm machte, und an die Aufführung habe ich nicht gedacht. Aber nun da es fertig vor mir liegt, sehe ich daß es zu <title xml:id="title_d96783b1-9431-4e12-8521-92b840f95dbc">einem großen Concertstück<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_y06rdgwz-viyh-wtfj-ygtq-rtv0snofgrlq"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_secular_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100172" style="hidden">Die erste Walpurgisnacht, Ballade für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, [1830] bis 13. Februar 1832; Herbst 1840 bis Dezember 1842; 15. Juli 1843<idno type="MWV">D 3</idno><idno type="op">60</idno></name></title> sehr gut paßt und in meinem ersten Abonnementsconcert in Berlin mußt Du den bärtigen Druidenpriester singen, die Chöre ausgeführt von, unter gütiger Mitwirkung des etc. Ich habe Dir den Priester in die Kehle geschrieben, mit Erlaubniß also mußt Du ihn wieder heraussingen, und wie ich bisjetzt die Erfahrung gemacht habe, daß die Stücke, die ich mit der wenigsten Rücksicht auf die Leute gemacht hatte, gerade den Leuten immer am besten gefielen so glaub ich wird es auch mit diesem Stück gehn. Ich schreibe das blos, damit Du siehst, daß ich auch ans <hi rend="underline">Praktische</hi> denke. Freilich immer erst hinterher, aber wer Teufel soll Musik schreiben, die doch einmal das Unpraktischste Ding in der Welt ist (weshalb ich sie lieb habe) und ans Praktische dabey denken, es wäre als ob einer die Liebeserklärung an seine Geliebte in Reime und Verse brächte und ihr so hersagte. – Ich gehe nun nach München, wo sie mir eine Oper anboten, um zu sehn, ob da ein Mensch als Dichter ist, denn nur einen Menschen möchte ich, der ein bischen Glut und Talent hätte, ein Riese braucht’ es gar nicht zu sein, und finde ich da keinen, so mache ich vielleicht <persName xml:id="persName_b608ff8f-1ac7-4009-9b07-b2e8b70b5192">Immermanns<name key="PSN0112169" style="hidden">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name></persName> Bekanntschaft blos deswegen, und ist der auch nicht der Mann, so versuch ich es in London, und schlage <persName xml:id="persName_7c5b0437-fb43-4193-b787-ce2a2a769b6c">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> noch einmal breit. Es kommt mir immer vor, als fehle der rechte Kerl noch, aber was soll ich thun um ihn herauszufinden? Im <persName xml:id="persName_80653580-a192-458f-a346-2dc365ef8c85">hotel Reichmann<name key="PSN0114118" style="hidden">Reichmann, Herr</name></persName> wohnt er nicht, und neben an auch nicht, und wo sonst? Darüber schreib mir einmal. Obgleich ich glaube, daß uns der liebe Herrgott alles, also auch Operntexte zuschickt, sobald wir es brauchen, so müssen wir dabey doch unsre verfluchte Schuldigkeit thun und uns umsehen, und ich wollte der Text wäre schon da. Mittlerweile schreibe ich so gute Sachen, als ich nur irgend kann, hoffe auch Fortschritte zu machen, und daß ich fürs Übrige, wie gesagt, nicht verantwortlich bin, das haben wir auf meiner Stube damals schon ausgemacht. Und bei den Protokollen laß uns bleiben. – Nun aber genug des trocknen Tons, ich bin wahrhaftig wieder fast brummig und ungeduldig geworden, und habe mir doch vorgenommen, es nie zu werden. <persName xml:id="persName_5a5ee1f7-8ca7-474f-ad4d-3e51fba473e1">Herr Reichmann<name key="PSN0114118" style="hidden">Reichmann, Herr</name></persName> kann wie gesagt den Text nicht machen, also hilft es eben nichts – das ist mein Wirth, und es ist nett leben hier. – Mailand ist eigentlich eine Platanenstadt; das ganze Nest steckt tief in Baumalleen, Gärten, Reis und Maisfeldern, und um die Wälle innen und außen laufen doppelte Platanenalleen herum; da fährt man Nachmittags spazieren und kuckt die feine Welt an. Aber wenn Du glaubst in Italien geb es Italiänische Sänger, so irrst Du Dich verzweifelt. Die Primadonna in Rom war <persName xml:id="persName_df6a339b-9feb-456e-ac77-472fde0d7bb1">Mlle. Carl<name key="PSN0110283" style="hidden">Carl, Henriette Bertha (1805-1890)</name></persName>; o Jammer, sie sang doch gar sehr übel, und machte soviel Prätensionen, wie ein Schlittenpferd, und fiel gar zu sehr durch; die beste Sängerinn die in diesem Augenblick in Italien ist, soll <persName xml:id="persName_cbf23594-5163-437a-8129-b1883b6de98b">eine gewisse Unger<name key="PSN0115427" style="hidden">Unger-Sabatier (Ungher-Sabatier), Karoline (Carlotta) (1803-1877)</name></persName> (Tedesca) sein, der erste Bassist hier ist <persName xml:id="persName_0a8f4175-5556-404a-8420-027538ad5b8e">Herr Schoberlechner<name key="PSN0114654" style="hidden">Schoberlechner, Franz de Paula Jakob (1797-1843)</name></persName> aus Wien, der sich aber hier Herr Schober nennt, weil den Italiänern das <persName xml:id="persName_a244568f-fbe9-4a8b-acc8-11b9cc0c2fa9">Lechner<name key="PSN0114654" style="hidden">Schoberlechner, Franz de Paula Jakob (1797-1843)</name></persName> nicht zuzumuthen ist. Die guten Sänger habe ich alle in Paris und London gehört, und da sind sie auch jetzt versammelt, ziehen die Mittelmäßigen nach, und nur das Allerelendeste bleibt im Vaterland. Da ist es wohl kein Wunder, wenn ich in Paris lieber Italiänische Musik höre, wo erstlich alle ersten Sänger, zweitens auch die zweiten, drittens und 4ens Chor und Orchester sind. Denn von einem Italiänischen Chor hast Du keinen Begriff; ich wollte doch, da ich einmal im Lande der Musik war, gern eine einzige gute Stimme aus dem Chor heraus hören, aber sie taugen alle nichts, schreien wie Zahnbrecher auf der Messe, sind durchaus <hi rend="underline">immer</hi> ein Viertel auseinander und ein Viertel vor oder nach dem Orchester, das Orchester ist wieder aus lauter verstimmten Blaseinstrumenten und kreischenden Geigen zusammengesetzt und in sich selbst uneinig – ich schwöre Dir, daß das Wittenberger Operntheater (es mag eins geben oder nicht) besser ist, <placeName xml:id="placeName_daac6ab2-cc55-4cc9-879f-ba21a688447c">als S. Carlo in Neapel<name key="NST0100295" style="hidden" subtype="" type="institution">Teatro San Carlo</name><settlement key="STM0100178" style="hidden" type="">Neapel</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>. Kein Deutscher hat von so etwas eine Ahndung. D. h. ich meine ordentliche Deutsche von Herzen; denn solch ein Kerl, wie <persName xml:id="persName_3f591333-2e26-4a63-837b-f4df0909f99e">Herr Teschner<name key="PSN0115293" style="hidden">Teschner, Gustav Wilhelm (1800-1883)</name></persName>, den ich hier angetroffen habe, der ist eben so wenig ein rechter Deutscher, wie <persName xml:id="persName_4a0525ec-7f86-4239-9516-9bd6647f4967">Käsebier<name key="PSN0112319" style="hidden">Käsebier, Christian Andreas (1710-1757)</name></persName>. Denk Dir, <persName xml:id="persName_ab6323e2-f6d5-41ec-b129-a53e971fbaef">Devrient<name key="PSN0110637" style="hidden">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName>, der Mensch wird vom Ministerium hier <hi rend="underline">2 Jahre unterhalten</hi>, damit er die Italiänische Musik studiren soll, geht nun nach Berlin zurück, um dort die hiesige Singmethode einzuführen, und wie er mir ohne Erröthen sagte, die neuen Opern von <persName xml:id="persName_8624159f-fc1b-4cef-8767-9f0fc0c42698">Donizetti<name key="PSN0110705" style="hidden">Donizetti, Domenico Gaetano Maria (1797-1848)</name></persName> und <persName xml:id="persName_b1d31649-9ce2-422f-9ca0-99e593ee9f0e">Bellini<name key="PSN0109794" style="hidden">Bellini, Vincenzo Salvatore Carmelo Francesco (1801-1835)</name></persName> aufzubringen. Ach Gott, Du begreifst die ganze Niederträchtigkeit von so etwas nicht! Also höre nur eine Italiänische Dilettantinn; oder <persName xml:id="persName_bed5d9fa-9727-44cb-8319-55c556666d74">Mlle. Carl<name key="PSN0110283" style="hidden">Carl, Henriette Bertha (1805-1890)</name></persName>! Wie sie so <hi rend="underline">gar keine</hi> Methode haben! Wie eine Bairische Kellnerinn reiner und besser singt! Wie sie den großen Sängerinnen ihre kleinen Genialitäten, ihre kleinen Unarten, Uebertreibungen u. dgl. nachahmen, und das Methode nennen! Und das wollen sie bey uns einführen, die wir soviel Besseres haben. In ganz Italien ist jetzt keine Sängerinn, wie die <persName xml:id="persName_79fcae41-4cb0-4a7f-88c9-853935c41072">Schätzel<name key="PSN0114507" style="hidden">Schätzel, Johanne Sophie Friederike Pauline von (1812-1882)</name></persName>, und Du weißt, daß ich keiner ihrer größten Verehrer bin. Aber ihr Hauptfehler ist, daß sie sich immer Italiänisch ausbilden wollen, während das was ihnen unsre Natur mitbringt, das beste und einzige Gute ist. Glaubst Du denn, daß es in Italien Stimmen wie die <persName xml:id="persName_85cca0eb-a2cd-47e2-a4ba-d0b0040daec1">Milder<name key="PSN0113344" style="hidden">Milder-Hauptmann, Pauline Anna (1785-1838)</name></persName>, <persName xml:id="persName_e4a0d516-deaf-4801-8283-8f677fbd89a8">Schechner<name key="PSN0114518" style="hidden">Schechner-Waagen, Nanette (Anna) (1806-1860)</name></persName>, <persName xml:id="persName_9c44f27e-8bfb-4d21-81ff-74fe72bad474">Sontag<name key="PSN0114969" style="hidden">Sontag (eigtl. Sonntag), Henriette Gertrude Walpurgis (seit 1831) Freiin von Lauenstein (1806-1854)</name></persName>, wie <persName xml:id="persName_7f81903a-5e82-4af3-8acd-deebe669bbb1">Haizinger<name key="PSN0111675" style="hidden">Haizinger, Anton (1796-1869)</name></persName>, oder <persName xml:id="persName_5cbb2227-41d8-4bf4-b2c3-d0ccf80a3c0b">Bader<name key="PSN0109627" style="hidden">Bader, Karl Adam (1789-1870)</name></persName>, <persName xml:id="persName_b6f30691-c64b-4e3e-bad0-36f621a1e12e">Mantius<name key="PSN0113058" style="hidden">Mantius, Eduard (1806-1874)</name></persName>, <persName xml:id="persName_738496c3-5c34-40b5-8dcc-aea0b7aa00eb">Wild<name key="PSN0115777" style="hidden">Wild, Franz (1791-1860)</name></persName> giebt, (von Bassisten schreibe ich Dir nicht, um Dich nicht in Deiner Bescheidenheit zu verletzen). Aber es ist doch wahr! O Ihr Undankbaren!</p> <p>Ich will gar nichts weiter sagen, denn ich predige tauben Ohren. Aber ich wollte ich könnte ein Lied von Dir, oder ein Paar lustige hohe Noten von <persName xml:id="persName_ce74b97b-2bd2-4ffe-b236-e1e7f1262692">Deiner Frau<name key="PSN0110639" style="hidden">Devrient, Therese (1803-1882)</name></persName> wieder hören, abgesehn von Freundschaft; wo giebt es denn hier solche helle, frohe Stimmen; man höre nur das Volk, wie es melancholisch schnarrt. Aber doch ist es ein Land der Kunst, denn es ist das Land der Natur, und da lebt und webt es überall, im blauen Himmel, und im Meere und in den Bäumen giebt es genug Musik. Das Land der Künstler ist nun einmal Deutschland, und es soll leben! Neulich traf ich hier den <persName xml:id="persName_79458e78-13f2-42d8-ad28-194013f20f4a">Kupferstecher Schmidt<name key="PSN0114600" style="hidden">Schmidt, Heinrich Friedrich Thomas (1780-?)</name></persName>, den ich einmal bei Dir in Gesellschaft gesehn hatte, <persName xml:id="persName_ae0fa5a2-81cd-49ad-92ec-c8edc85221bf">seine Frau<name key="PSN0114602" style="hidden">Schmidt, Madame</name></persName> hatte Lieder von <persName xml:id="persName_2741fd6b-ee3e-475b-a2cb-239309b17ec9">Taubert<name key="PSN0115254" style="hidden">Taubert, Carl Gottfried Wilhelm (1811-1891)</name></persName> mit, und weil Du mir davon geschrieben hattest, so ließ ich sie mir leihen. Da hab’ ich eine ganz absonderliche, große Freude gehabt, denn da steckt Gemüth und Seele in jedem Liede drin, und es ist keines worin nicht wenigstens eine Stelle, ein Zug wäre in dem ganz klar stände, daß es von einem Musiker componirt ist. Auch meinetwegen freuten mich die Sachen; denn ich hatte gedacht, daß ich ein Brummbär geworden sey, und mich an nichts Neuem mehr erfreute (wie auf der vorigen Seite zu ersehen). Aber nein; denn wenn das Rechte kommt, so bin ich wahrhaftig heilfroh und gebe Gott, daß <persName xml:id="persName_e7953e31-a2ec-417b-b923-0712066f17fb">Taubert<name key="PSN0115254" style="hidden">Taubert, Carl Gottfried Wilhelm (1811-1891)</name></persName> der Mann sey oder werde, der aus seinen Liedern hervorguckt. Aber er muß andre Sachen machen, als Lieder, und nicht so süße, sondern recht feurige, entsetzlich ungeschlachte, oder wilde, er muß einigermaßen brennen und wüthen, und dann glaub ich entscheidet sich es erst. Aber grüß mir den Mann, und sag ihm Dank; und sag ihm, ich hätte ihm wegen seiner Lieder schreiben wollen, und ihm ein bravo über die Alpen zurufen und einige Randglossen dazu machen, nachher fiel mir aber leider ein, daß in Berlin viel höfliche Leute sind, die so etwas nicht leiden können und sich drüber aufhalten, kurz ich that es nicht. Darüber wirst Du mich wahrscheinlich wieder schelten, aber schreib mir nur was über ihn, wie er denkt und Musik macht und ob er weiter will und muß. <title xml:id="title_01b1fcea-405a-4d2f-8a25-cc557b991c1c">Das Ende vom Bächlein<name key="PSN0115254" style="hidden" type="author">Taubert, Carl Gottfried Wilhelm (1811-1891)</name><name key="CRT0111023" style="hidden" type="music">An die Geliebte. Acht Minne-Lieder für das Piano-Forte op. 16</name></title> <title xml:id="title_0dbeab12-aaa6-4ec3-9d18-3587481a7aed">„sag Bächlein liebt sie mich?“<name key="PSN0113498" style="hidden" type="author">Müller, Johann Ludwig Wilhelm (gen. Griechen-Müller) (1794-1827)</name><name key="CRT0110171" style="hidden" type="literature">Die schöne Müllerin</name><name key="PSN0113498" style="hidden" type="author">Müller, Johann Ludwig Wilhelm (gen. Griechen-Müller) (1794-1827)</name><name key="CRT0110172" style="hidden" type="literature">Der Neugierige</name></title> wo der Bach immer nickt und sagt „O ja“ ist wunderlieb. Nun ist es aber der <date cert="high" when="1831-07-19" xml:id="date_82e8db23-ac0b-41f9-83d0-78326bc7cede">19<hi rend="superscript">te</hi></date> geworden und in einer Stunde steige ich in den Reisewagen, <persName xml:id="persName_2eb8a784-0ea5-4b9a-b3b2-7f0144e4ce51">Schmidt’s<name key="PSN0114602" style="hidden">Schmidt, Madame</name><name key="PSN0114600" style="hidden">Schmidt, Heinrich Friedrich Thomas (1780-?)</name></persName> steigen von der andern Seite ein und wir fahren nach dem Comersee. Da badet man sich heut Abend; fliegt morgen zu Dampfboot hin und her; klettert übermorgen nach Lugano über die Berge, und eben hab ich mir <title xml:id="title_4001ff04-1563-4412-9eb4-a6a125c924c5">Kellers Schweizercharte<name key="PSN0112344" style="hidden" type="author">Keller, Heinrich (1778-1862)</name><name key="CRT0109481" style="hidden" type="literature">Carte routière de la Suisse</name></title> mit den blauen Schneebergen gekauft. Wie ich Euer aber an allen Orten gedenke und wie sehr lieb ich Euch habe, brauch ich nicht zu sagen. Bleib mir gut, und grüß mir so recht von Herzen <persName xml:id="persName_43190146-797f-435c-853e-0af2dd88bd26">Deine Schwägerinn<name key="PSN0114707" style="hidden">Schröder-Devrient, Wilhelmine (1804-1860)</name></persName> und <persName xml:id="persName_7d008cfe-7333-4617-b1e7-5eade5b516fd">Deine Frau<name key="PSN0110639" style="hidden">Devrient, Therese (1803-1882)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_4fd2d228-bff6-4ee6-9bd7-d52ecbdbf158">Kinder<name key="PSN0110635" style="hidden">Devrient, Marie (1825-1873)</name><name key="PSN0110628" style="hidden">Devrient, Carl Felix (1826-1907)</name><name key="PSN0110627" style="hidden">Devrient, Anna (1828-1839)</name><name key="PSN0110631" style="hidden">Devrient, Gustav (1829-1832)</name></persName>, wenn ich erst einmal wieder mit Euch bin wird es auch nicht übel sein. Laß mich aber hören, wie sie alle leben und was Du thust, <seg type="closer" xml:id="seg_b687099a-09a4-4a30-b494-076c21a6dc6b">und so sag ich Euch allen Lebewohl aus Italien und komme wieder näher nach Norden. Bis dahin</seg></p> <signed rend="right">Felix</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_a67622f7-5c34-4aca-9859-21f1de85acf5"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_4d083a12-aaa7-45a8-a4cc-56d13c54c8b0">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_bfe0a9d8-9d50-4e86-83eb-2835ae87b3d8">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Wenn Du gleich antwortest so ist meine Adresse nach Genf, à <persName xml:id="persName_4b7bde0d-ccd2-4696-a84c-b558c4ca7059">Mrs. Lombard<name key="PSN0112924" style="hidden">Lombard, Madame</name></persName>, <persName xml:id="persName_c7de7a2c-f071-4fd5-b191-e65724bab087">Odier & Co<name key="PSN0112925" style="hidden">Lombard, Odier & Co., Bankhaus in Genf</name></persName>. Da denke ich den 1<hi rend="superscript">sten</hi> August zu sein und ein Paar Tage zu bleiben. Später adressire nach Lucern poste restante bis zum Ende Aug. etwa.</p> </div></body></text></TEI>