fmb-1831-07-09-01
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Mailand, 9. Juli 1831
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Heinrich Bärmann.
München
tenJuly. 31
Das ist kein Brief, sondern eine Epistel, die ich nicht schreibe, sondern Ihnen verlesen will. Sie sehr Treuloser! Keine Zeile zu antworten auf einen schönen 8 Seiten langen Brief (Übertreibung.) Ich habe mir fest vorgenommen, um Sie zu strafen, Ihnen in meinem Leben nicht wieder zu schreiben; heute Abend kommt es mir auf einmal vor, als strafte ich Sie noch besser, indem ich Ihnen schriebe, und da thue ich es denn gleich. Dies ist aber der letzte Brief, den ich schreibe, wenn Sie mir nicht gleich antworten, und damit Sie das nicht können, schreibe ich Ihnen meine Adresse gar nicht; Ihr Unrecht ist so schreiend wie eine F Clarinett oder wie eine übermäßige Septime, das
Ich will hier ein Weilchen bleiben, um
singen(graut Ihnen nicht?). Dann gehe ich etwa in 10, 12 Tagen nach den Seeen, nach Como und den Borromäischen Inseln, und dann über die Simplonstraße nach Genf; von da durchschneide ich die Schweiz queer in einer geraden Linie, und gehe direct auf München zu, bis ich hinkomme.
Wer da der erste Mensch ist, den ich aufsuche, das wissen wir alle beide recht gut, und wenn Sie es nicht wissen werden Sie es erfahren. Es ist nur so beängstigend, sich jetzt auf etwas lange vorher zu freuen, es drohen und wüthen gar zu viel Übel in der Welt, und wer weiß wie es in den Paar Monaten alles sich verändert und umgeworfen hat! Aber das wolle Gott nicht, die Welt wird ja noch eine Weile halten, und wenn Krieg und Pestilenz uns nicht gar zu nahe auf den Hals rücken, so bin ich im Sept. dort; lassen Sie aber das Clavier vom
durchausmit einem hölzernen Beine geboren seyn und auf Höfen spielen; man möchte ihnen immer was herunterwerfen ins Orchester, so abgelebt und miserabel klingt es. Aber das sagen Sie um Gotteswillen keinem Menschen in München; sie möchten mich sonst steinigen. Die Deutschen können es ein ganz Ende besser. Aber das muß man den Deutschen gar nicht sagen, sonst nehmen sie es übel. Also auf baldiges Wiedersehn, lieber Bärmann. Denken Sie freundlich meiner.
Noch hab ich ganz vergessen, Ihnen eine sehr lustige und interessante Geschichte zu erzählen. Als ich nämlich, wie ich seit mehrerer Zeit gewohnt bin,
Sollten Sie vielleicht meinen Namen nicht mehr wissen?
Mayland d. 9ten July. 31. Lieber Bärmann! Das ist kein Brief, sondern eine Epistel, die ich nicht schreibe, sondern Ihnen verlesen will. Sie sehr Treuloser! Keine Zeile zu antworten auf einen schönen 8 Seiten langen Brief (Übertreibung. ) Ich habe mir fest vorgenommen, um Sie zu strafen, Ihnen in meinem Leben nicht wieder zu schreiben; heute Abend kommt es mir auf einmal vor, als strafte ich Sie noch besser, indem ich Ihnen schriebe, und da thue ich es denn gleich. Dies ist aber der letzte Brief, den ich schreibe, wenn Sie mir nicht gleich antworten, und damit Sie das nicht können, schreibe ich Ihnen meine Adresse gar nicht; Ihr Unrecht ist so schreiend wie eine F Clarinett oder wie eine übermäßige Septime, das Geschlecht der Oerindur ist ein unpünctliches Geschlecht, es antwortet den Mendelssöhnen nicht, die an es schreiben, die Natur eilt damit zu Ende, es ist karg, es ist arg, es ist zum Hiiiiiiinwerden! – Ich beehre mich Ihnen durch die gegenwärtigen Zeilen anzuzeigen, zwar nicht meine eheliche Verbindung, noch die Taufe meines jüngsten Sohnes, noch daß ich das Bier- und Weinhaus meiner seligen Frau unter derselben Firma fortsetze; sondern etwas, das mir lustiger ist, als Alles das zusammengenommen, nämlich daß ich, so Gott will, sehr bald wieder in München sein werde. In 6 bis 7 Wochen bitte ich Ihre liebe Frau alle Klöße und Pflaumen aus Bayerland aufzukaufen, zu kochen, und dann sollen sie sehen, ob ich in Italien was zugelernt habe. Aber im Ernst, ich denke im Anfang September oder spätestens in der Mitte desselben in die Carlstraße wieder einmal einzurücken, und freue mich schon heut darauf, wenn ich daran denke; denn daß Sie wieder eben so lieb und freundlich mit mir sein werden, wie das erstemal, das weiß ich ja schon ganz gewiß, ich kenne den Heinrich Bärmann. Ich komme nach München, weil es mich treibt, ehe ich mich in das tolle, wilde Paris hineinstürze, wieder einmal unter Leute zu kommen, die ich lieb habe und mit denen ich ein Paar frohe Wochen zubringen kann, und weil ich mich sehne, wieder einmal ordentlich, con amore Musik zu treiben und zu hören, wie ich das nicht gethan, seit ich hier in Italien bin, denn es lebt jetzt kein Musiker hier zu Lande; und ich möchte wieder einmal mich an was Tüchtigem, Stärkendem erfrischen können; vorspielen will ich Ihnen so lange und so viel von Weber ich kann und Sie wollen, aber die Clarinette muß auch heraus und wir müssen was zusammen vornehmen, auch das es dur Stück und das fmoll Concert hör’ ich dann wieder, und schon heute, freu ich mich, wie ein Kind drauf, denn ich habe doch in meinem Leben nicht schönre Töne gehört, als die Ihrigen, Sie Alter! Und den Nachmittag bei Staudacher, wo Sie das Concert spielten vergeß ich nicht; seitdem hab’ ich nicht wieder so Musik machen können. Das muß ich einmal wieder haben, und mich wieder daran freuen. Darum komm ich wieder zu Euch; nehmt mich freundlich auf. Ich will hier ein Weilchen bleiben, um eine tolle Composition fertig zu machen, die ich in Rom angefangen habe, und die ich Ihnen dann vorspielen will und vorsingen (graut Ihnen nicht?) . Dann gehe ich etwa in 10, 12 Tagen nach den Seeen, nach Como und den Borromäischen Inseln, und dann über die Simplonstraße nach Genf; von da durchschneide ich die Schweiz queer in einer geraden Linie, und gehe direct auf München zu, bis ich hinkomme. Wer da der erste Mensch ist, den ich aufsuche, das wissen wir alle beide recht gut, und wenn Sie es nicht wissen werden Sie es erfahren. Es ist nur so beängstigend, sich jetzt auf etwas lange vorher zu freuen, es drohen und wüthen gar zu viel Übel in der Welt, und wer weiß wie es in den Paar Monaten alles sich verändert und umgeworfen hat! Aber das wolle Gott nicht, die Welt wird ja noch eine Weile halten, und wenn Krieg und Pestilenz uns nicht gar zu nahe auf den Hals rücken, so bin ich im Sept. dort; lassen Sie aber das Clavier vom Carl ordentlich durchstimmen. Wie geht es denn ihm? und was macht das Bassetthorn? und wie malt der Heinrich? Aber es ist dumm, daß ich frage, denn ich werde mir ja die Antwort selbst abholen, und so ist es auch besser. Sonst hätte ich wohl noch nach manchen Leuten gern gefragt: nach dem dicken Moralt und nach Mde. Vespermann, nach Morigotti und nach Müller’s, nach v. d. Mark und Delphine v. Schauroth, nach Staudacher und Frl. Keiar, nach Ascher, nach dem halben Orchester, nach dem Himselhaus – Alles das mach ich nun mündlich ab. Die Zeichnung, die ich von Ihnen im Badeort verfertigte, liegt vor mir, Ihr Name steht in einer Falte des Staubmantels, es ist wunderbar ähnlich, man erkennt meinen Meisterpinsel; Sie sehen besonders süß aus. Nehmen Sie nicht übel, daß ich Ihnen eigentlich nichts schreibe; ich will damit eben sagen, daß ich mir Alles aufs Mündliche aufspare, und wahrhaftig zu erzählen hab’ ich vollauf. Grüßen Sie mir herzlich Ihre liebe Frau und die Söhne; dann Mde. Vespermann, wenn sie wieder in München ist und sich nicht in Paris hat festhalten lassen, die schönen Müllers (die schwarze ist doch bei weitem schöner) auch Stuntz und seine Frau und Hector, und Staudachers, Legen Sie mich Poissl zu Füßen, und küssen Sie Morigotti in meinem Namen die Hand, kurz ganz München und noch jemand grüßen Sie. Grüßen Sie auch Ihre b Clarinett, die ein gutes Ding ist und vor der ich besondern Respect habe. Alle die Clarinettisten die ich in Italien gehört habe, müssen durchaus mit einem hölzernen Beine geboren seyn und auf Höfen spielen; man möchte ihnen immer was herunterwerfen ins Orchester, so abgelebt und miserabel klingt es. Aber das sagen Sie um Gotteswillen keinem Menschen in München; sie möchten mich sonst steinigen. Die Deutschen können es ein ganz Ende besser. Aber das muß man den Deutschen gar nicht sagen, sonst nehmen sie es übel. Also auf baldiges Wiedersehn, lieber Bärmann. Denken Sie freundlich meiner. Noch hab ich ganz vergessen, Ihnen eine sehr lustige und interessante Geschichte zu erzählen. Als ich nämlich, wie ich seit mehrerer Zeit gewohnt bin, Sollten Sie vielleicht meinen Namen nicht mehr wissen? Felix Mendelssohn Bartholdy (Blaubart. )
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Ich habe mir fest vorgenommen,</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_78419140-a32c-4cfb-86e9-67af60c9299c">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). 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Sonst hätte ich wohl noch nach manchen Leuten gern gefragt: nach <persName xml:id="persName_c6d4db01-9dcc-4100-8570-15ab139b0139">dem dicken Moralt<name key="PSN0113417" style="hidden">Moralt, Joseph (1775-1855)</name></persName> und nach <persName xml:id="persName_8b3131de-6ae6-4273-85be-e53b52aad1c9">Mde. Vespermann<name key="PSN0115501" style="hidden">Vespermann (Sigl-Vespermann), Katharina (1802-1877)</name></persName>, nach <persName xml:id="persName_0607a3bb-a270-44cd-a967-d98829bd37ca">Morigotti<name key="PSN0113427" style="hidden">Morigotti, Joseph Ritter von (1774-1833)</name></persName> und nach <persName xml:id="persName_400dd787-9c0b-4ec6-9891-bb4594dced29">Müller’s<name key="PSN0113482" style="hidden">Müller, zwei Schwestern in München</name></persName>, nach <persName xml:id="persName_88f897b8-fd0c-40b3-8005-b55dbea8c80d">v. d. Mark<name key="PSN0113082" style="hidden">Mark, Anton von der (1796-1869)</name></persName> und <persName xml:id="persName_0ca0b05e-48f0-40d9-b549-70d6cb02e012">Delphine v. Schauroth<name key="PSN0114515" style="hidden">Schauroth, Delphine (Adolphine) von (1814-1887)</name></persName>, nach <persName xml:id="persName_d4698261-add5-4b12-b014-d21f0db6f202">Staudacher<name key="PSN0115070" style="hidden">Staudacher, Josef (1782-1838)</name></persName> und <persName xml:id="persName_1a9c73cd-bf38-415d-a0c0-5e9ad160754f">Frl. Keiar<name key="PSN0112337" style="hidden">Keiar, Fräulein</name></persName>, nach <persName xml:id="persName_24d552a6-cf0d-45e4-9059-343f1612e025">Ascher<name key="PSN0109552" style="hidden">Ascher, August (?-1837)</name></persName>, nach dem halben Orchester, nach dem <persName xml:id="persName_2998fa45-c0c0-4a81-bdf5-58989f535e91">Himselhaus<name key="PSN0112010" style="hidden">Himbsel, Johann Ulrich (1787-1860)</name></persName> – Alles das mach ich nun mündlich ab. <title xml:id="title_3888b882-6f74-4bde-99aa-ed7a49ed1849">Die Zeichnung<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_dp87zq5f-ou09-gisd-34hp-a81sqsemg66s"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_sources_with_drawings" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100926" style="hidden">Heinrich Joseph Baermann, [25. Juli 1830]; fol. 10r<idno type="MWV">ZB 20/2</idno><idno type="op"></idno></name></title>, die ich von Ihnen im Badeort verfertigte, liegt vor mir, Ihr Name steht in einer Falte des Staubmantels, es ist wunderbar ähnlich, man erkennt meinen Meisterpinsel; Sie sehen besonders süß aus. Nehmen Sie nicht übel, daß ich Ihnen eigentlich nichts schreibe; ich will damit eben sagen, daß ich mir Alles aufs Mündliche aufspare, und wahrhaftig zu erzählen hab’ ich vollauf. Grüßen Sie mir herzlich <persName xml:id="persName_1bc326d4-3b36-4432-9823-180a8f45d5af">Ihre liebe Frau<name key="PSN0109635" style="hidden">Baermann, Marie (Maria) (1785-1851)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_bc8b9e24-8d0d-4f8f-83b0-aa0e17b6d3b5">Söhne<name key="PSN0109631" style="hidden">Baermann, Carl (II) (1782-1842)</name><name key="PSN0109634" style="hidden">Baermann, Josef Heinrich (1813-1866)</name></persName>; dann <persName xml:id="persName_00a47e3f-0914-4738-a720-b9f93d480d0b">Mde. Vespermann<name key="PSN0115501" style="hidden">Vespermann (Sigl-Vespermann), Katharina (1802-1877)</name></persName>, wenn sie wieder in München ist und sich nicht in Paris hat festhalten lassen, <persName xml:id="persName_52907aef-c8cf-4f90-b72b-734bd3ef9efb">die schönen Müllers<name key="PSN0113482" style="hidden">Müller, zwei Schwestern in München</name></persName> (die schwarze ist doch bei weitem schöner) auch <persName xml:id="persName_b75bf8b6-ea8b-4d92-95b2-6a8ddd8d08ef">Stuntz<name key="PSN0115200" style="hidden">Stuntz, Joseph Hartmann (1793-1859)</name></persName> und <persName xml:id="persName_d9ef991c-b6d9-4ac3-abf2-8eefd87ed828">seine Frau<name key="PSN0115201" style="hidden">Stuntz, Maria (Marianne) (1799-1878)</name></persName> und <persName xml:id="persName_54ee77dd-16b2-4475-983a-e45eab222ea5">Hector<name key="PSN0115199" style="hidden">Stuntz, Hector (1821-1887)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_3d205846-02fa-4e9b-a469-d3d1199227f5">Staudachers<name key="PSN0115070" style="hidden">Staudacher, Josef (1782-1838)</name></persName>, Legen Sie mich <persName xml:id="persName_0f106b2e-8c5a-4530-a152-3999a21ea24c">Poissl<name key="PSN0113936" style="hidden">Poißl, Johann Nepomuk Freiherr von (1783-1865)</name></persName> zu Füßen, und küssen Sie <persName xml:id="persName_b17362c9-7c3d-400d-9820-9e3582392e61">Morigotti<name key="PSN0113427" style="hidden">Morigotti, Joseph Ritter von (1774-1833)</name></persName> in meinem Namen die Hand, kurz ganz München und noch <persName xml:id="persName_5d9f5e6d-b109-490d-8986-85a0eec82d97">jemand<name key="PSN0112018" style="hidden">Hirschböck, Therese</name></persName> grüßen Sie. Grüßen Sie auch Ihre b Clarinett, die ein gutes Ding ist und vor der ich besondern Respect habe. Alle die Clarinettisten die ich in Italien gehört habe, müssen <hi rend="underline">durchaus</hi> mit einem hölzernen Beine geboren seyn und auf Höfen spielen; man möchte ihnen immer was herunterwerfen ins Orchester, so abgelebt und miserabel klingt es. Aber das sagen Sie um Gotteswillen keinem Menschen in München; sie möchten mich sonst steinigen. Die Deutschen können es ein ganz Ende besser. Aber das muß man den Deutschen gar nicht sagen, sonst nehmen sie es übel. Also auf baldiges Wiedersehn, lieber Bärmann. Denken Sie freundlich meiner.</p><p>Noch hab ich ganz vergessen, Ihnen eine sehr lustige und interessante Geschichte zu erzählen. Als ich nämlich, wie ich seit mehrerer Zeit gewohnt bin,</p><p>Sollten Sie vielleicht meinen Namen nicht mehr wissen? </p><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy (Blaubart.)</signed></div></body> </text></TEI>