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fmb-1831-04-13-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb></lb>Neapel, 13. April 1831 Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 2, 419

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 13, fol. 51-52. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Neapel, 13. April 1831 Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Mendelssohn, Reisebriefe, S. 131-137 (Teildruck). Sutermeister, Briefe einer Reise, S. 132-139 (Teildruck).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

13. April 1831 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Neapel Italien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) Berlin Deutschland deutsch
À Mlle. Mlle. R. Mendelssohn Bartholdy. Berlin. Prusse. fr. front.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Neapel d. 13 April. 31.Liebes Beckchen

Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich nicht, denn ich hatte weder Tisch noch Dinte; ich steckte tief in den Pontinischen Sümpfen. Was ich Dir wünsche, weißt Du, wie ich Dich lieb habe, weißt Du, und daß es sich nicht ändern kann, hast Du nicht vergessen; so möge Dir denn ein frohes Jahr bevorstehen und wir uns irgendwo treffen; wenn Du an dem Tage meiner gedacht hast, so müssen sich die Gedanken etwa auf dem Brenner oder in Inspruck begegnet sein, denn ich dachte immer zu Dir hin, vielleicht machen es die Personen den Gedanken nach, das wäre das Beste; aber einen Geburtstag ohne mündliche Gratulation wollen wir nicht wieder vergehn lassen. Und wenn Du auch nicht nach dem Datum siehst, so mußt Du es dem Ton anmerken daß ich in Neapel bin, zu einem ernsthaften, ruhigen Gedanken habe ich noch nicht kommen können, das Ding ist gar zu lustig um mich her; es fordert zum Nichtsthun und Nichtsdenken auf; und schon das Beispiel so vieler tausend Menschen treibt unwiderstehlich dazu an; ich nehme mir zwar vor, daß es bald anders werden soll, aber die ersten Tage wird es schon so fort gehen müssen, das sehe ich. Ich stehe Stundenlang auf meinem Balkon und gucke den Vesuv und den Golf an:

Aber ich muß jetzt wieder einmal meinen alten langevergeßnen Beschreibungsstyl versuchen, der Stoff häuft sich sonst gar zu sehr, und ich werde confus und Ihr könnt mir nicht recht folgen. Es stürmt wieder täglich so viel Neues auf mich ein; daß ich nur ein Tagebuch zu schicken brauche, damit Ihr wißt, wie ich lebe und bewegt bin. Und so fange ich denn an, und bekenne, daß der Abschied von Rom mir sehr schwer geworden ist; ich hatte dort so sehr ruhig und doch aufgeregt gelebt, viel liebe, freundliche Bekanntschaften gemacht, und war so eingewohnt, daß mir die letzten Tage mit ihren Unruhen und Herumlaufereyen doppelt fatal erschienen. Neunzehn Visiten mußte ich Freitag Vormittag machen; BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860), der mir es etwas übelgenommen hat, daß ich während des Scharlachfiebers in seinem Hause nicht zu ihm gekommen bin, ermahnte mich den nächsten Winter auch in Rom zuzubringen, um dort als Künstler zu leben, diesmal hätte ich als gentleman gelebt; ich versicherte ihn, daß man ohne Hund, ohne Schnurrbart, ohne Taback zu rauchen, doch recht gut ein Künstlerleben führen könne, weil das inwendig steckt, und brach so schnell, wie möglich ab, um ihn nicht auf Horace VernetVernet, Emile Jean Horace (1789-1863) kommen zu lassen, den er gar nicht ausstehn kann, weil er so ein windiger Franzose sey, und mit dem er mich nicht gern umgehen sah, wie mir schien; ich brachte die Rede lieber auf PalestrinaPalestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594) und die heil. Woche, und da ich die mit gutem Gewissen erheben konnte, so wurden wir wieder sehr einig, ich ließ einen großen Sack voll Musikalien und andren Sachen, die ich nicht mit hieher nehme, bei ihm in Verwahrung, er gab mir Grüße an LottumWylich und Lottum, Hermann Friedrich Graf von (1796-1847), meinen Queernachbarn mit, der Paß machte noch einige Schererey, das Wetter war entsetzlich und es regnete in Strömen, so kam denn der letzte Römische Abend herbey, der aber war noch sehr hübsch, denn ich war zum Essen bey freundlichen EngländernClaxton, Familie des englischen Historien- und Porträtmalers Marshall C. (1813-1881), die mir Briefe hieher mitgaben und selbst bald nach kommen, ich traf dort noch KanitzCanitz und Dallwitz, Friedrich Ernst Karl Ludwig Freiherr von (1777-1836), ThorwaldsenThorvaldsen, Bertel (Alberto) (1770-1844), die EgloffsteinEgloffstein, Julie Gräfin von (1792-1869), HahnHahn, Samuel Sigismund (1791-1870), und wir waren recht vergnügt. Den Abend spät ging ich noch zu VernetVernet, Emile Jean Horace (1789-1863), um für mein ganz beendigtes Portrait<name key="PSN0115495" style="hidden" type="author">Vernet, Emile Jean Horace (1789-1863)</name><name key="CRT0111186" style="hidden" type="art">Felix Mendelssohn Bartholdy (Ölgemälde 1831)</name> zu danken und Abschied zu nehmen, da machten wir etwas Musik, kannegießerten, spielten Schach, und so ging ich spät den monte pincio herunter zu meinem Hause, packte zusammen, trank den andern Morgen noch bei BendemannsBendemann, Familie von → Anton Heinrich B. Caffee und um 10 war das rendez vous mit meinen Damen: Ihr staunt? Ja, wundert Euch nur, ich hatte 4 Damen hieher zu begleiten, als Duenno, freilich war die jüngste 10 Jahr und die älteste 40 alt, aber die mittleren waren also gerade recht, und es waren gute Bekannte von HenselHensel, Wilhelm (1794-1861) und mir, und wir nahmen alle zusammen einen AngrisaniAngrisani, Herr, und haben uns sehr gut amüsirt, und ich hatte die Casse und handelte mit den Wirthen, und wir sprachen französisch; nun rathet, wer es war? Natürlich VollardsVollard, MathildeVollard, Emil (1795-1878), nämlich Mlle. de St. AngeSt. Ange (Saint-Ange?), Mademoiselle de (die älteste) ist die Schwester von Mde. VollardVollard, Mathilde, und war von hier nach Rom gekommen, um sie abzuholen samt ihrer TochterVollard, Marianne (der jüngsten) die vierte Dame, die ich escortirte ist eine Mlle. HunterHunter, Mathilde, die Euch Emil BendemannBendemann, Emil Franz Leopold (1807-1882) erklären wird, ich vertraue es dem Brief nicht. Sie wollten seit mehreren Tagen gern reisen, es fehlte ihnen ein Begleiter, da VollardVollard, Emil (1795-1878) keinen Urlaub vom PrinzenPreußen, Friedrich Heinrich Karl Prinz von (1781-1846) erhielt, so erbot ich mich, und habe es gar nicht bereut. Ich saß im Cabriolet, sah mir die Gegend an, konnte nach Herzenslust träumen, Abends im Quartier gingen wir alle spazieren, die Paar Tage glichen mehr einer Lustfahrt, als einer Reise. Der Weg von Rom nach Neapel ist auch das reichste, was ich kenne, und die ganze Art zu reisen sehr angenehm; man fliegt durch die Ebne hin, die Postillione jagen für ein kleines Trinkgeld wie toll was in den Sümpfen sehr angebracht ist; wenn man die Gegend sehen will, braucht man nur das Trinkgeld zu versagen, so geht es gleich langsamer. Von Albano über Ariccia und Genzano bis Velletri führt die Straße immer zwischen Hügeln, die tief mit Bäumen aller Art beschattet sind, berg auf berg ab, durch Ulmenalleen, bei Klöstern und Heiligenbildern vorüber; auf der einen Seite ist immer noch die Campagna mit ihrem Heidekraut und ihren bunten Farben zu sehen, drüber kommt das Meer, das im Sonnenschein schön blitzte, und dazu der heiterste Himmel, denn seit Sonntag früh ist es herrliches Wetter geworden: so fuhren wir in Velletri, unser erstes Nachtquartier, ein; dort war ein großes Kirchfest, die schönen Frauen mit den prächtig originellen Gesichtern gingen truppweise in den Alleen auf und ab, die Männer in ihren Mänteln standen auf den Straßen gruppirt, die Kirche war mit grünen Blättergirlanden geziert, einen Brummbaß und einige Fiedeln hörten wir drin ertönen im Vorüberfahren, auf dem Platz wurde ein Feuerwerk vorbereitet, dazu ging die Sonne klar und ruhig unter, und die Pontinische Ebne mit ihren tausend Farben und den Felsen, die einzeln daraus am Horizont hervorragen, zeigte uns den Weg, den wir den nächsten Tag reisen sollten. Nach dem Abendessen wollte ich noch ein wenig gehen, und entdeckte eine Art von Illumination, es war alles lebendig auf den Straßen, und als ich endlich in die Gegend der Kirche kam und um die Ecke bog, war die ganze Straße auf beiden Seiten mit brennenden Fackeln besteckt, und in der Mitte gingen nun die Leute auf und ab, und drängten sich, und freuten sich, daß sie sich in der Nacht so deutlich sähen. Wie hübsch sich das ausnahm, kann ich gar nicht sagen. Vor der Kirche wurde das Gewühl am größten, ich drückte mich mit hinein: das kleine Gebäude war mit knienden Menschen angefüllt, die die ausgestellte Hostie anbeteten; keiner sprach ein Wort, Musik war auch nicht; diese Stille, die erleuchtete Kirche, die vielen knieenden Frauen mit ihren weißen Tüchern auf dem Kopfe und den weißen Kleidern machten sich sehr feierlich. Ein wunderhübscher, kluger Italiänischer Junge erklärte mir draußen das ganze Fest, und versicherte, es wäre noch viel schöner, wenn nicht die Unruhen gekommen wären, denn die hätten sie ums Pferderennen, um die Pechtonnen u. s. w. gebracht, und deswegen sey es Schade, daß die Oestereicher nicht früher gekommen wären. Den folgenden Tag um 6 ging es fort in die Pontinischen Sümpfe: es ist eine Art Bergstraße, man fährt durch eine schnurgrade Baumallee, in einer Ebne, auf der einen Seite der Allee steht eine fortgehende Bergkette, auf der andern breiten sich die Sümpfe aus, die sind aber mit unzähligen Blumen bewachsen und duften sehr lieblich; nur wird es auf die Länge betäubend, und ich fühlte sehr deutlich die schwere, drückende Luft, trotz des heiteren Wetters; längs der Chaussee zieht sich ein Canal hin, den Pius VIPius VI. (eigtl. Giovanni Angelo Braschi) (1717-1799) zur Ableitung der Sümpfe machen ließ, darin saßen eine Menge Büffelheerden, und steckten nur den Kopf aus dem Wasser und fühlten sich sehr wohl drin; einen sonderbaren Effect macht die schnurgerade Richtung der Straße, denn genau wie man das Ende der Bergkette gegen die Bäume der Allee zu auf der ersten Station sieht, so ist es auf der zweiten und dritten auch, nur immer um so viel Meilen näher und größer; Terracina welches grade am Ende der Allee liegt, sieht man also nicht, bis man dicht davor ist, dann wendet man sich auf einmal links um eine Felsenecke, und hat das ganze Meer vor sich, Zitronengärten, Palmen und alle Südgewächse auf dem Abhang vor der Stadt, die Thürme über den Büschen und den Hafen ins Meer hineinragend. Das Meer ist und bleibt für mich doch das Schönste in der Natur. Ich habe es fast noch lieber, als den Himmel. Von ganz Neapel hat mir wieder das Meer den erfreulichsten Eindruck gemacht, mir wird immer wohl wenn ich die bloße weite Wasserfläche vor mir sehe. Von Terracina fängt nun der eigentliche Süden an, da ist ein andres Land, und jede Pflanze und jeder Busch erinnert daran. Namentlich gefielen mir zwei gewaltige Bergrücken zwischen denen die Straße durchgeht; sie waren ganz ohne Schatten und Bäume, aber von oben bis unten mit Goldlack bewachsen, so daß sie ganz gelb aussahen und fast zu stark dufteten. An großen Bäumen und Gras fehlt es sehr, die Nester Fondi und Itri machen sich ganz räuberhaft und graulich, die Häuser kleben an den Felswänden, große Thürme aus dem Mittelalter dazwischen, viel Schildwachen und Posten auf den Bergspitzen ausgestellt, wir kamen indeß ohne Abentheuer durch. In Mola di Gaeta blieben wir Abends, da ist der berühmte Balkon wo man über Zitronen und Orangengärten weg, das blaue Meer vor sich hat mit dem Vesuv und den Inseln in weiter Ferne. Das war am 11ten April, da ich nun den ganzen Tag im stillen für mich gefeiert hatte, so konnte ichs am Abend doch nicht lassen, meinen Damen mitzutheilen daß Dein Geburtstag sey, und da sie Dich durch die Flegeljahre<name key="PSN0114173" style="hidden" type="author">Richter, Johann Paul Friedrich (Pseud.: Jean Paul) (1763-1825)</name><name key="CRT0110453" style="hidden" type="literature">Flegeljahre. Eine Biographie</name> und das grüne Buch kennen und auch achten, so wurde Deine Gesundheit sehr getrunken, sogar ein alter Engländer, der dabey war, trank mit und wünschte mir a happy return to my sister. Ich trank aber das Glas ganz leer auf Dein Wohl, und dachte Dein; sey unverändert, wenn wir uns wieder sehen. Mit solchen Gedanken hin und her ging ich noch Abends in den Citronengarten ans Meerufer, und hörte wie sich die Wellen so von ferne her ans Land schoben und zuweilen sehr leise plätscherten, es war eine himmlische Nacht, unter tausend Dingen die mir durch den Kopf gingen fiel mir auch das Grillparzersche Exempel<name key="PSN0111549" style="hidden" type="author">Grillparzer, Franz Seraphicus (1791-1872)</name><name key="CRT0108908" style="hidden" type="literature">Zwischen Gaeta und Capua</name> ein, welches unmöglich in Musik zu setzen ist, weshalb es denn auch Fanny wunderschön componirt hat<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name>; im Ernst aber ich sang das Lied lange für mich, denn ich stand nun eben an der Scene von der es spricht, das Meer hatte gefolgt, die Beschwerde aufgegeben und war sehr ruhig. Das war das erste Lied; nun kam am folgenden Tag das zweite<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name>, denn das Meer war halb Wiese halb Aether zu schaun, und die zierlichen Frauen nickten, wie auch Oelbaum und Cypresse, sie waren aber alle braun, und aus der Prosa kam ich auch nicht just her. Was glänzt im Laube funkelnd wie Gold<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name>? Lauter Patrontaschen und Säbel, denn der KönigSizilien und Neapel, Ferdinand II. (1810-1859) hielt Revue in S. Agata und auf beiden Seiten des Wegs defilirten Soldaten, die mir doppelt gut vorkamen, weil sie den Preußischen ähnlich sahen, und weil ich lange nur die päpstlichen gesehen hatte. Einige trugen Blendlaternen auf den Flinten, weil sie Nachts marschirt hatten, das ganze machte sich keck und lustig. Nun kommt man aber in einen kurzen Felsenpaß, und an dessen Ende fährt man ins Campanerthal hinunter. Es ist das reizendste Thal, das ich bis jetzt gesehn habe, wie ein unermeßlicher Garten weit und breit bepflanzt und bewachsen, an der einen Seite die blaue Meerlinie, an der andern die sanften Bergreihen, über denen noch Schneespitzen vorsahen, in großer Entfernung der Vesuv und die Inseln über die Ebne in blauem Duft ragend, auf die geht der Weg grade zu, große Baumalleen durchschneiden das weite Feld, zwischen jedem Stein drängen sich Gewächse hervor, groteske Aloes und Cactus überall, ein Duft und eine Vegetation, wie toll, es ist unglaublich behaglich. Was in England durch die Menschen erfreulich ist, ist es hier durch die Natur; und wie dort kein Plätzchen ist, von dem nicht jemand Besitz genommen, und es angebaut und geziert hätte, so ist hier keins wo die Natur nicht Besitz nimmt und Blumen und Kräuter und alles Schöne hervorbringt. Das Campanerthal ist die Fruchtbarkeit selbst; in der ganzen unermeßlichen Fläche, die in weiter Ferne von den blauen Bergen und dem blauen Meer begränzt ist, giebts nur Grün zu sehen; so kommt man nach Capua; ich kann es dem HannibalHannibal Barkas nicht übel nehmen, daß er zu lange da blieb. Von Capua nach Neapel gehts zwischen Bäumen, die mit Weinlaub behängt sind unaufhörlich fort, bis am Ende der Alleen der Vesuv und das Meer mit Capri und die Häusermasse vor einem liegt. Davon nun das nächstemal, ich wohne hier in Sta. Lucia, wie im Himmel, denn erstlich habe ich den Vesuv die Berge bis Castellamare und den Golf vor mir, und zweitens ist es 3 Stock hoch. Das kleine Bild über dem rosa Sopha auf dem der Vesuv ist, scheint aus meinem Fenster genommen zu sein. Leider raucht der Schelm aber nicht einmal, und sieht ganz aus wie ein andrer schöner Berg. Dafür fahren sie aber Abends mit Licht auf den Kähnen im Golf hin und her um Schwertfische zu fangen. Das macht sich auch gut. Lebt wohl, Ihr Lieben, und lebwohl, Du mein Beckchen

F
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)

P. S. Das ist nur ein Beschreibebrief.

            Neapel d. 13 April. 31. Liebes Beckchen
Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich nicht, denn ich hatte weder Tisch noch Dinte; ich steckte tief in den Pontinischen Sümpfen. Was ich Dir wünsche, weißt Du, wie ich Dich lieb habe, weißt Du, und daß es sich nicht ändern kann, hast Du nicht vergessen; so möge Dir denn ein frohes Jahr bevorstehen und wir uns irgendwo treffen; wenn Du an dem Tage meiner gedacht hast, so müssen sich die Gedanken etwa auf dem Brenner oder in Inspruck begegnet sein, denn ich dachte immer zu Dir hin, vielleicht machen es die Personen den Gedanken nach, das wäre das Beste; aber einen Geburtstag ohne mündliche Gratulation wollen wir nicht wieder vergehn lassen. Und wenn Du auch nicht nach dem Datum siehst, so mußt Du es dem Ton anmerken daß ich in Neapel bin, zu einem ernsthaften, ruhigen Gedanken habe ich noch nicht kommen können, das Ding ist gar zu lustig um mich her; es fordert zum Nichtsthun und Nichtsdenken auf; und schon das Beispiel so vieler tausend Menschen treibt unwiderstehlich dazu an; ich nehme mir zwar vor, daß es bald anders werden soll, aber die ersten Tage wird es schon so fort gehen müssen, das sehe ich. Ich stehe Stundenlang auf meinem Balkon und gucke den Vesuv und den Golf an:
Aber ich muß jetzt wieder einmal meinen alten langevergeßnen Beschreibungsstyl versuchen, der Stoff häuft sich sonst gar zu sehr, und ich werde confus und Ihr könnt mir nicht recht folgen. Es stürmt wieder täglich so viel Neues auf mich ein; daß ich nur ein Tagebuch zu schicken brauche, damit Ihr wißt, wie ich lebe und bewegt bin. Und so fange ich denn an, und bekenne, daß der Abschied von Rom mir sehr schwer geworden ist; ich hatte dort so sehr ruhig und doch aufgeregt gelebt, viel liebe, freundliche Bekanntschaften gemacht, und war so eingewohnt, daß mir die letzten Tage mit ihren Unruhen und Herumlaufereyen doppelt fatal erschienen. Neunzehn Visiten mußte ich Freitag Vormittag machen; Bunsen, der mir es etwas übelgenommen hat, daß ich während des Scharlachfiebers in seinem Hause nicht zu ihm gekommen bin, ermahnte mich den nächsten Winter auch in Rom zuzubringen, um dort als Künstler zu leben, diesmal hätte ich als gentleman gelebt; ich versicherte ihn, daß man ohne Hund, ohne Schnurrbart, ohne Taback zu rauchen, doch recht gut ein Künstlerleben führen könne, weil das inwendig steckt, und brach so schnell, wie möglich ab, um ihn nicht auf Horace Vernet kommen zu lassen, den er gar nicht ausstehn kann, weil er so ein windiger Franzose sey, und mit dem er mich nicht gern umgehen sah, wie mir schien; ich brachte die Rede lieber auf Palestrina und die heil. Woche, und da ich die mit gutem Gewissen erheben konnte, so wurden wir wieder sehr einig, ich ließ einen großen Sack voll Musikalien und andren Sachen, die ich nicht mit hieher nehme, bei ihm in Verwahrung, er gab mir Grüße an Lottum, meinen Queernachbarn mit, der Paß machte noch einige Schererey, das Wetter war entsetzlich und es regnete in Strömen, so kam denn der letzte Römische Abend herbey, der aber war noch sehr hübsch, denn ich war zum Essen bey freundlichen Engländern, die mir Briefe hieher mitgaben und selbst bald nach kommen, ich traf dort noch Kanitz, Thorwaldsen, die Egloffstein, Hahn, und wir waren recht vergnügt. Den Abend spät ging ich noch zu Vernet, um für mein ganz beendigtes Portrait zu danken und Abschied zu nehmen, da machten wir etwas Musik, kannegießerten, spielten Schach, und so ging ich spät den monte pincio herunter zu meinem Hause, packte zusammen, trank den andern Morgen noch bei Bendemanns Caffee und um 10 war das rendez vous mit meinen Damen: Ihr staunt? Ja, wundert Euch nur, ich hatte 4 Damen hieher zu begleiten, als Duenno, freilich war die jüngste 10 Jahr und die älteste 40 alt, aber die mittleren waren also gerade recht, und es waren gute Bekannte von Hensel und mir, und wir nahmen alle zusammen einen Angrisani, und haben uns sehr gut amüsirt, und ich hatte die Casse und handelte mit den Wirthen, und wir sprachen französisch; nun rathet, wer es war? Natürlich Vollards, nämlich Mlle. de St. Ange (die älteste) ist die Schwester von Mde. Vollard, und war von hier nach Rom gekommen, um sie abzuholen samt ihrer Tochter (der jüngsten) die vierte Dame, die ich escortirte ist eine Mlle. Hunter, die Euch Emil Bendemann erklären wird, ich vertraue es dem Brief nicht. Sie wollten seit mehreren Tagen gern reisen, es fehlte ihnen ein Begleiter, da Vollard keinen Urlaub vom Prinzen erhielt, so erbot ich mich, und habe es gar nicht bereut. Ich saß im Cabriolet, sah mir die Gegend an, konnte nach Herzenslust träumen, Abends im Quartier gingen wir alle spazieren, die Paar Tage glichen mehr einer Lustfahrt, als einer Reise. Der Weg von Rom nach Neapel ist auch das reichste, was ich kenne, und die ganze Art zu reisen sehr angenehm; man fliegt durch die Ebne hin, die Postillione jagen für ein kleines Trinkgeld wie toll was in den Sümpfen sehr angebracht ist; wenn man die Gegend sehen will, braucht man nur das Trinkgeld zu versagen, so geht es gleich langsamer. Von Albano über Ariccia und Genzano bis Velletri führt die Straße immer zwischen Hügeln, die tief mit Bäumen aller Art beschattet sind, berg auf berg ab, durch Ulmenalleen, bei Klöstern und Heiligenbildern vorüber; auf der einen Seite ist immer noch die Campagna mit ihrem Heidekraut und ihren bunten Farben zu sehen, drüber kommt das Meer, das im Sonnenschein schön blitzte, und dazu der heiterste Himmel, denn seit Sonntag früh ist es herrliches Wetter geworden: so fuhren wir in Velletri, unser erstes Nachtquartier, ein; dort war ein großes Kirchfest, die schönen Frauen mit den prächtig originellen Gesichtern gingen truppweise in den Alleen auf und ab, die Männer in ihren Mänteln standen auf den Straßen gruppirt, die Kirche war mit grünen Blättergirlanden geziert, einen Brummbaß und einige Fiedeln hörten wir drin ertönen im Vorüberfahren, auf dem Platz wurde ein Feuerwerk vorbereitet, dazu ging die Sonne klar und ruhig unter, und die Pontinische Ebne mit ihren tausend Farben und den Felsen, die einzeln daraus am Horizont hervorragen, zeigte uns den Weg, den wir den nächsten Tag reisen sollten. Nach dem Abendessen wollte ich noch ein wenig gehen, und entdeckte eine Art von Illumination, es war alles lebendig auf den Straßen, und als ich endlich in die Gegend der Kirche kam und um die Ecke bog, war die ganze Straße auf beiden Seiten mit brennenden Fackeln besteckt, und in der Mitte gingen nun die Leute auf und ab, und drängten sich, und freuten sich, daß sie sich in der Nacht so deutlich sähen. Wie hübsch sich das ausnahm, kann ich gar nicht sagen. Vor der Kirche wurde das Gewühl am größten, ich drückte mich mit hinein: das kleine Gebäude war mit knienden Menschen angefüllt, die die ausgestellte Hostie anbeteten; keiner sprach ein Wort, Musik war auch nicht; diese Stille, die erleuchtete Kirche, die vielen knieenden Frauen mit ihren weißen Tüchern auf dem Kopfe und den weißen Kleidern machten sich sehr feierlich. Ein wunderhübscher, kluger Italiänischer Junge erklärte mir draußen das ganze Fest, und versicherte, es wäre noch viel schöner, wenn nicht die Unruhen gekommen wären, denn die hätten sie ums Pferderennen, um die Pechtonnen u. s. w. gebracht, und deswegen sey es Schade, daß die Oestereicher nicht früher gekommen wären. Den folgenden Tag um 6 ging es fort in die Pontinischen Sümpfe: es ist eine Art Bergstraße, man fährt durch eine schnurgrade Baumallee, in einer Ebne, auf der einen Seite der Allee steht eine fortgehende Bergkette, auf der andern breiten sich die Sümpfe aus, die sind aber mit unzähligen Blumen bewachsen und duften sehr lieblich; nur wird es auf die Länge betäubend, und ich fühlte sehr deutlich die schwere, drückende Luft, trotz des heiteren Wetters; längs der Chaussee zieht sich ein Canal hin, den Pius VI zur Ableitung der Sümpfe machen ließ, darin saßen eine Menge Büffelheerden, und steckten nur den Kopf aus dem Wasser und fühlten sich sehr wohl drin; einen sonderbaren Effect macht die schnurgerade Richtung der Straße, denn genau wie man das Ende der Bergkette gegen die Bäume der Allee zu auf der ersten Station sieht, so ist es auf der zweiten und dritten auch, nur immer um so viel Meilen näher und größer; Terracina welches grade am Ende der Allee liegt, sieht man also nicht, bis man dicht davor ist, dann wendet man sich auf einmal links um eine Felsenecke, und hat das ganze Meer vor sich, Zitronengärten, Palmen und alle Südgewächse auf dem Abhang vor der Stadt, die Thürme über den Büschen und den Hafen ins Meer hineinragend. Das Meer ist und bleibt für mich doch das Schönste in der Natur. Ich habe es fast noch lieber, als den Himmel. Von ganz Neapel hat mir wieder das Meer den erfreulichsten Eindruck gemacht, mir wird immer wohl wenn ich die bloße weite Wasserfläche vor mir sehe. Von Terracina fängt nun der eigentliche Süden an, da ist ein andres Land, und jede Pflanze und jeder Busch erinnert daran. Namentlich gefielen mir zwei gewaltige Bergrücken zwischen denen die Straße durchgeht; sie waren ganz ohne Schatten und Bäume, aber von oben bis unten mit Goldlack bewachsen, so daß sie ganz gelb aussahen und fast zu stark dufteten. An großen Bäumen und Gras fehlt es sehr, die Nester Fondi und Itri machen sich ganz räuberhaft und graulich, die Häuser kleben an den Felswänden, große Thürme aus dem Mittelalter dazwischen, viel Schildwachen und Posten auf den Bergspitzen ausgestellt, wir kamen indeß ohne Abentheuer durch. In Mola di Gaeta blieben wir Abends, da ist der berühmte Balkon wo man über Zitronen und Orangengärten weg, das blaue Meer vor sich hat mit dem Vesuv und den Inseln in weiter Ferne. Das war am 11ten April, da ich nun den ganzen Tag im stillen für mich gefeiert hatte, so konnte ichs am Abend doch nicht lassen, meinen Damen mitzutheilen daß Dein Geburtstag sey, und da sie Dich durch die Flegeljahre und das grüne Buch kennen und auch achten, so wurde Deine Gesundheit sehr getrunken, sogar ein alter Engländer, der dabey war, trank mit und wünschte mir a happy return to my sister. Ich trank aber das Glas ganz leer auf Dein Wohl, und dachte Dein; sey unverändert, wenn wir uns wieder sehen. Mit solchen Gedanken hin und her ging ich noch Abends in den Citronengarten ans Meerufer, und hörte wie sich die Wellen so von ferne her ans Land schoben und zuweilen sehr leise plätscherten, es war eine himmlische Nacht, unter tausend Dingen die mir durch den Kopf gingen fiel mir auch das Grillparzersche Exempel ein, welches unmöglich in Musik zu setzen ist, weshalb es denn auch Fanny wunderschön componirt hat; im Ernst aber ich sang das Lied lange für mich, denn ich stand nun eben an der Scene von der es spricht, das Meer hatte gefolgt, die Beschwerde aufgegeben und war sehr ruhig. Das war das erste Lied; nun kam am folgenden Tag das zweite, denn das Meer war halb Wiese halb Aether zu schaun, und die zierlichen Frauen nickten, wie auch Oelbaum und Cypresse, sie waren aber alle braun, und aus der Prosa kam ich auch nicht just her. Was glänzt im Laube funkelnd wie Gold? Lauter Patrontaschen und Säbel, denn der König hielt Revue in S. Agata und auf beiden Seiten des Wegs defilirten Soldaten, die mir doppelt gut vorkamen, weil sie den Preußischen ähnlich sahen, und weil ich lange nur die päpstlichen gesehen hatte. Einige trugen Blendlaternen auf den Flinten, weil sie Nachts marschirt hatten, das ganze machte sich keck und lustig. Nun kommt man aber in einen kurzen Felsenpaß, und an dessen Ende fährt man ins Campanerthal hinunter. Es ist das reizendste Thal, das ich bis jetzt gesehn habe, wie ein unermeßlicher Garten weit und breit bepflanzt und bewachsen, an der einen Seite die blaue Meerlinie, an der andern die sanften Bergreihen, über denen noch Schneespitzen vorsahen, in großer Entfernung der Vesuv und die Inseln über die Ebne in blauem Duft ragend, auf die geht der Weg grade zu, große Baumalleen durchschneiden das weite Feld, zwischen jedem Stein drängen sich Gewächse hervor, groteske Aloes und Cactus überall, ein Duft und eine Vegetation, wie toll, es ist unglaublich behaglich. Was in England durch die Menschen erfreulich ist, ist es hier durch die Natur; und wie dort kein Plätzchen ist, von dem nicht jemand Besitz genommen, und es angebaut und geziert hätte, so ist hier keins wo die Natur nicht Besitz nimmt und Blumen und Kräuter und alles Schöne hervorbringt. Das Campanerthal ist die Fruchtbarkeit selbst; in der ganzen unermeßlichen Fläche, die in weiter Ferne von den blauen Bergen und dem blauen Meer begränzt ist, giebts nur Grün zu sehen; so kommt man nach Capua; ich kann es dem Hannibal nicht übel nehmen, daß er zu lange da blieb. Von Capua nach Neapel gehts zwischen Bäumen, die mit Weinlaub behängt sind unaufhörlich fort, bis am Ende der Alleen der Vesuv und das Meer mit Capri und die Häusermasse vor einem liegt. Davon nun das nächstemal, ich wohne hier in Sta. Lucia, wie im Himmel, denn erstlich habe ich den Vesuv die Berge bis Castellamare und den Golf vor mir, und zweitens ist es 3 Stock hoch. Das kleine Bild über dem rosa Sopha auf dem der Vesuv ist, scheint aus meinem Fenster genommen zu sein. Leider raucht der Schelm aber nicht einmal, und sieht ganz aus wie ein andrer schöner Berg. Dafür fahren sie aber Abends mit Licht auf den Kähnen im Golf hin und her um Schwertfische zu fangen. Das macht sich auch gut. Lebt wohl, Ihr Lieben, und lebwohl, Du mein Beckchen
F
P. S. Das ist nur ein Beschreibebrief.          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1831-04-13-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1831-04-13-01" xml:id="title_09095a3b-8827-44e3-a5ac-c34b3e55648d">Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb></lb>Neapel, 13. April 1831</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_ed455eae-7aaf-488d-aa90-f2cb22feb181">Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. 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April 1831</title> <incipit>Das stellt den Geburtstagsbrief vor, mög’ er Dir ein Feiertagsgesicht machen. Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Mendelssohn, Reisebriefe, S. 131-137 (Teildruck).</bibl> <bibl type="printed_letter">Sutermeister, Briefe einer Reise, S. 132-139 (Teildruck).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1831-04-13" xml:id="date_8de34366-de33-4bcf-9295-89d095be3788">13. 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Er kommt nachträglich, aber er meint es nicht weniger gut; den Festtag selbst habe ich diesmal sonderbar aber wunderschön zugebracht, nur schreiben konnte ich nicht, denn ich hatte weder Tisch noch Dinte; ich steckte tief in den Pontinischen Sümpfen. Was ich Dir wünsche, weißt Du, wie ich Dich lieb habe, weißt Du, und daß es sich nicht ändern kann, hast Du nicht vergessen; so möge Dir denn ein frohes Jahr bevorstehen und wir uns irgendwo treffen; wenn Du an dem Tage meiner gedacht hast, so müssen sich die Gedanken etwa auf dem Brenner oder in Inspruck begegnet sein, denn ich dachte immer zu Dir hin, vielleicht machen es die Personen den Gedanken nach, das wäre das Beste; aber einen Geburtstag ohne mündliche Gratulation wollen wir nicht wieder vergehn lassen. Und wenn Du auch nicht nach dem Datum siehst, so mußt Du es dem Ton anmerken daß ich in Neapel bin, zu einem ernsthaften, ruhigen Gedanken habe ich noch nicht kommen können, das Ding ist gar zu lustig um mich her; es fordert zum Nichtsthun und Nichtsdenken auf; und schon das Beispiel so vieler tausend Menschen treibt unwiderstehlich dazu an; ich nehme mir zwar vor, daß es bald anders werden soll, aber die ersten Tage wird es schon so fort gehen müssen, das sehe ich. Ich stehe Stundenlang auf meinem Balkon und gucke den Vesuv und den Golf an:</p><p>Aber ich muß jetzt wieder einmal meinen alten langevergeßnen Beschreibungsstyl versuchen, der Stoff häuft sich sonst gar zu sehr, und ich werde confus und Ihr könnt mir nicht recht folgen. Es stürmt wieder täglich so viel Neues auf mich ein; daß ich nur ein Tagebuch zu schicken brauche, damit Ihr wißt, wie ich lebe und bewegt bin. Und so fange ich denn an, und bekenne, daß der Abschied von Rom mir sehr schwer geworden ist; ich hatte dort so sehr ruhig und doch aufgeregt gelebt, viel liebe, freundliche Bekanntschaften gemacht, und war so eingewohnt, daß mir die letzten Tage mit ihren Unruhen und Herumlaufereyen doppelt fatal erschienen. Neunzehn Visiten mußte ich Freitag Vormittag machen; <persName xml:id="persName_379dc288-d6ba-4ff6-b9e3-21c8453530f5">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName>, der mir es etwas übelgenommen hat, daß ich während des Scharlachfiebers in seinem Hause nicht zu ihm gekommen bin, ermahnte mich den nächsten Winter auch in Rom zuzubringen, um dort als Künstler zu leben, diesmal hätte ich als gentleman gelebt; ich versicherte ihn, daß man ohne Hund, ohne Schnurrbart, ohne Taback zu rauchen, doch recht gut ein Künstlerleben führen könne, weil das inwendig steckt, und brach so schnell, wie möglich ab, um ihn nicht auf <persName xml:id="persName_34504d9f-98fc-43b6-9c16-a4c69b322a90">Horace Vernet<name key="PSN0115495" style="hidden">Vernet, Emile Jean Horace (1789-1863)</name></persName> kommen zu lassen, den er gar nicht ausstehn kann, weil er so ein windiger Franzose sey, und mit dem er mich nicht gern umgehen sah, wie mir schien; ich brachte die Rede lieber auf <persName xml:id="persName_bee8f57c-66ab-4c21-a2ad-0955998c9a18">Palestrina<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> und die heil. Woche, und da ich die mit gutem Gewissen erheben konnte, so wurden wir wieder sehr einig, ich ließ einen großen Sack voll Musikalien und andren Sachen, die ich nicht mit hieher nehme, bei ihm in Verwahrung, er gab mir Grüße an <persName xml:id="persName_cef26f30-2a9e-462e-b33b-6973092f3a4c">Lottum<name key="PSN0115902" style="hidden">Wylich und Lottum, Hermann Friedrich Graf von (1796-1847)</name></persName>, meinen Queernachbarn mit, der Paß machte noch einige Schererey, das Wetter war entsetzlich und es regnete in Strömen, so kam denn der letzte Römische Abend herbey, der aber war noch sehr hübsch, denn ich war zum Essen <persName xml:id="persName_8d637451-e198-430d-9144-b14c2392a479">bey freundlichen Engländern<name key="PSN0110416" style="hidden">Claxton, Familie des englischen Historien- und Porträtmalers Marshall C. (1813-1881)</name></persName>, die mir Briefe hieher mitgaben und selbst bald nach kommen, ich traf dort noch <persName xml:id="persName_137954e8-f63c-4a2c-8e65-c9d0fdb1ed57">Kanitz<name key="PSN0110267" style="hidden">Canitz und Dallwitz, Friedrich Ernst Karl Ludwig Freiherr von (1777-1836)</name></persName>, <persName xml:id="persName_f4ceeab9-33e0-4fdc-9ed4-0f38506b991d">Thorwaldsen<name key="PSN0115321" style="hidden">Thorvaldsen, Bertel (Alberto) (1770-1844)</name></persName>, die <persName xml:id="persName_b0958d7d-2cfa-4669-b7bc-cfe4ae6d111a">Egloffstein<name key="PSN0110839" style="hidden">Egloffstein, Julie Gräfin von (1792-1869)</name></persName>, <persName xml:id="persName_4f571046-1d0f-49e0-9baa-44031a86ecd2">Hahn<name key="PSN0111666" style="hidden">Hahn, Samuel Sigismund (1791-1870)</name></persName>, und wir waren recht vergnügt. Den Abend spät ging ich noch zu <persName xml:id="persName_4a311c0e-bdda-4d97-8efb-e164c330842e">Vernet<name key="PSN0115495" style="hidden">Vernet, Emile Jean Horace (1789-1863)</name></persName>, um für <title xml:id="title_bad34918-7faa-4fdf-a0c7-bee8aad3632c">mein ganz beendigtes Portrait<name key="PSN0115495" style="hidden" type="author">Vernet, Emile Jean Horace (1789-1863)</name><name key="CRT0111186" style="hidden" type="art">Felix Mendelssohn Bartholdy (Ölgemälde 1831)</name></title> zu danken und Abschied zu nehmen, da machten wir etwas Musik, kannegießerten, spielten Schach, und so ging ich spät den monte pincio herunter zu meinem Hause, packte zusammen, trank den andern Morgen noch bei <persName xml:id="persName_da42e77b-bd27-4ee0-9b87-be9187f79c09">Bendemanns<name key="PSN0109803" style="hidden">Bendemann, Familie von → Anton Heinrich B.</name></persName> Caffee und um 10 war das rendez vous mit meinen Damen: Ihr staunt? Ja, wundert Euch nur, ich hatte 4 Damen hieher zu begleiten, als Duenno, freilich war die jüngste 10 Jahr und die älteste 40 alt, aber die mittleren waren also gerade recht, und es waren gute Bekannte von <persName xml:id="persName_f9ffbd82-f8cc-4bb1-bc10-62d9c2da0a86">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> und mir, und wir nahmen alle zusammen einen <persName xml:id="persName_a5352bc8-edf0-4bf8-b9d1-3766d4a2b1ab">Angrisani<name key="PSN0109498" style="hidden">Angrisani, Herr</name></persName>, und haben uns sehr gut amüsirt, und ich hatte die Casse und handelte mit den Wirthen, und wir sprachen französisch; nun rathet, wer es war? Natürlich <persName xml:id="persName_cf8b01fc-a56c-4789-ad17-b140c571ee70">Vollards<name key="PSN0115555" style="hidden">Vollard, Mathilde</name><name key="PSN0115553" style="hidden">Vollard, Emil (1795-1878)</name></persName>, nämlich <persName xml:id="persName_29ca4943-b9dc-487b-b89e-6c7b3dac3f46">Mlle. de St. Ange<name key="PSN0115045" style="hidden">St. Ange (Saint-Ange?), Mademoiselle de</name></persName> (die älteste) ist die <persName xml:id="persName_12a1bba9-57ba-4a79-9e7e-fc1a14ac0845">Schwester von Mde. Vollard<name key="PSN0115555" style="hidden">Vollard, Mathilde</name></persName>, und war von hier nach Rom gekommen, um sie abzuholen samt <persName xml:id="persName_495ba103-b256-42d8-9c30-933a1f5b2533">ihrer Tochter<name key="PSN0115554" style="hidden">Vollard, Marianne</name></persName> (der jüngsten) die vierte Dame, die ich escortirte ist eine <persName xml:id="persName_02233180-bf99-41fe-9092-b1943615aada">Mlle. Hunter<name key="PSN0112154" style="hidden">Hunter, Mathilde</name></persName>, die Euch <persName xml:id="persName_a3c5c61d-8ac7-4ede-866f-83819a63492b">Emil Bendemann<name key="PSN0109807" style="hidden">Bendemann, Emil Franz Leopold (1807-1882)</name></persName> erklären wird, ich vertraue es dem Brief nicht. Sie wollten seit mehreren Tagen gern reisen, es fehlte ihnen ein Begleiter, da <persName xml:id="persName_233a3885-850d-4eb6-b038-7b7ec324330a">Vollard<name key="PSN0115553" style="hidden">Vollard, Emil (1795-1878)</name></persName> keinen Urlaub vom <persName xml:id="persName_8c10ce0a-3be0-467b-aba1-c78eda9f5696">Prinzen<name key="PSN0113987" style="hidden">Preußen, Friedrich Heinrich Karl Prinz von (1781-1846)</name></persName> erhielt, so erbot ich mich, und habe es gar nicht bereut. Ich saß im Cabriolet, sah mir die Gegend an, konnte nach Herzenslust träumen, Abends im Quartier gingen wir alle spazieren, die Paar Tage glichen mehr einer Lustfahrt, als einer Reise. Der Weg von Rom nach Neapel ist auch das reichste, was ich kenne, und die ganze Art zu reisen sehr angenehm; man fliegt durch die Ebne hin, die Postillione jagen für ein kleines Trinkgeld wie toll was in den Sümpfen sehr angebracht ist; wenn man die Gegend sehen will, braucht man nur das Trinkgeld zu versagen, so geht es gleich langsamer. Von Albano über Ariccia und Genzano bis Velletri führt die Straße immer zwischen Hügeln, die tief mit Bäumen aller Art beschattet sind, berg auf berg ab, durch Ulmenalleen, bei Klöstern und Heiligenbildern vorüber; auf der einen Seite ist immer noch die Campagna mit ihrem Heidekraut und ihren bunten Farben zu sehen, drüber kommt das Meer, das im Sonnenschein schön blitzte, und dazu der heiterste Himmel, denn seit Sonntag früh ist es herrliches Wetter geworden: so fuhren wir in Velletri, unser erstes Nachtquartier, ein; dort war ein großes Kirchfest, die schönen Frauen mit den prächtig originellen Gesichtern gingen truppweise in den Alleen auf und ab, die Männer in ihren Mänteln standen auf den Straßen gruppirt, die Kirche war mit grünen Blättergirlanden geziert, einen Brummbaß und einige Fiedeln hörten wir drin ertönen im Vorüberfahren, auf dem Platz wurde ein Feuerwerk vorbereitet, dazu ging die Sonne klar und ruhig unter, und die Pontinische Ebne mit ihren tausend Farben und den Felsen, die einzeln daraus am Horizont hervorragen, zeigte uns den Weg, den wir den nächsten Tag reisen sollten. Nach dem Abendessen wollte ich noch ein wenig gehen, und entdeckte eine Art von Illumination, es war alles lebendig auf den Straßen, und als ich endlich in die Gegend der Kirche kam und um die Ecke bog, war die ganze Straße auf beiden Seiten mit brennenden Fackeln besteckt, und in der Mitte gingen nun die Leute auf und ab, und drängten sich, und freuten sich, daß sie sich in der Nacht so deutlich sähen. Wie hübsch sich das ausnahm, kann ich gar nicht sagen. Vor der Kirche wurde das Gewühl am größten, ich drückte mich mit hinein: das kleine Gebäude war mit knienden Menschen angefüllt, die die ausgestellte Hostie anbeteten; keiner sprach ein Wort, Musik war auch nicht; diese Stille, die erleuchtete Kirche, die vielen knieenden Frauen mit ihren weißen Tüchern auf dem Kopfe und den weißen Kleidern machten sich sehr feierlich. Ein wunderhübscher, kluger Italiänischer Junge erklärte mir draußen das ganze Fest, und versicherte, es wäre noch viel schöner, wenn nicht die Unruhen gekommen wären, denn die hätten sie ums Pferderennen, um die Pechtonnen u. s. w. gebracht, und deswegen sey es Schade, daß die Oestereicher nicht früher gekommen wären. Den folgenden Tag um 6 ging es fort in die Pontinischen Sümpfe: es ist eine Art Bergstraße, man fährt durch eine schnurgrade Baumallee, in einer Ebne, auf der einen Seite der Allee steht eine fortgehende Bergkette, auf der andern breiten sich die Sümpfe aus, die sind aber mit unzähligen Blumen bewachsen und duften sehr lieblich; nur wird es auf die Länge betäubend, und ich fühlte sehr deutlich die schwere, drückende Luft, trotz des heiteren Wetters; längs der Chaussee zieht sich ein Canal hin, den <persName xml:id="persName_82d49695-82f6-4e03-a968-e4347a3a9d2a">Pius VI<name key="PSN0113891" style="hidden">Pius VI. (eigtl. Giovanni Angelo Braschi) (1717-1799)</name></persName> zur Ableitung der Sümpfe machen ließ, darin saßen eine Menge Büffelheerden, und steckten nur den Kopf aus dem Wasser und fühlten sich sehr wohl drin; einen sonderbaren Effect macht die schnurgerade Richtung der Straße, denn genau wie man das Ende der Bergkette gegen die Bäume der Allee zu auf der ersten Station sieht, so ist es auf der zweiten und dritten auch, nur immer um so viel Meilen näher und größer; Terracina welches grade am Ende der Allee liegt, sieht man also nicht, bis man dicht davor ist, dann wendet man sich auf einmal links um eine Felsenecke, und hat das ganze Meer vor sich, Zitronengärten, Palmen und alle Südgewächse auf dem Abhang vor der Stadt, die Thürme über den Büschen und den Hafen ins Meer hineinragend. Das Meer ist und bleibt für mich doch das Schönste in der Natur. Ich habe es fast noch lieber, als den Himmel. Von ganz Neapel hat mir wieder das Meer den erfreulichsten Eindruck gemacht, mir wird immer wohl wenn ich die bloße weite Wasserfläche vor mir sehe. Von Terracina fängt nun der eigentliche Süden an, da ist ein andres Land, und jede Pflanze und jeder Busch erinnert daran. Namentlich gefielen mir zwei gewaltige Bergrücken zwischen denen die Straße durchgeht; sie waren ganz ohne Schatten und Bäume, aber von oben bis unten mit Goldlack bewachsen, so daß sie ganz gelb aussahen und fast zu stark dufteten. An großen Bäumen und Gras fehlt es sehr, die Nester Fondi und Itri machen sich ganz räuberhaft und graulich, die Häuser kleben an den Felswänden, große Thürme aus dem Mittelalter dazwischen, viel Schildwachen und Posten auf den Bergspitzen ausgestellt, wir kamen indeß ohne Abentheuer durch. In Mola di Gaeta blieben wir Abends, da ist der berühmte Balkon wo man über Zitronen und Orangengärten weg, das blaue Meer vor sich hat mit dem Vesuv und den Inseln in weiter Ferne. Das war am 11<hi rend="superscript">ten</hi> April, da ich nun den ganzen Tag im stillen für mich gefeiert hatte, so konnte ichs am Abend doch nicht lassen, meinen Damen mitzutheilen daß Dein Geburtstag sey, und da sie Dich durch die <title xml:id="title_fce46de5-bbcc-4b03-90a8-28bc9ff5b479">Flegeljahre<name key="PSN0114173" style="hidden" type="author">Richter, Johann Paul Friedrich (Pseud.: Jean Paul) (1763-1825)</name><name key="CRT0110453" style="hidden" type="literature">Flegeljahre. Eine Biographie</name></title> und das grüne Buch kennen und auch achten, so wurde Deine Gesundheit sehr getrunken, sogar ein alter Engländer, der dabey war, trank mit und wünschte mir a happy return to my sister. Ich trank aber das Glas ganz leer auf Dein Wohl, und dachte Dein; sey unverändert, wenn wir uns wieder sehen. Mit solchen Gedanken hin und her ging ich noch Abends in den Citronengarten ans Meerufer, und hörte wie sich die Wellen so von ferne her ans Land schoben und zuweilen sehr leise plätscherten, es war eine himmlische Nacht, unter tausend Dingen die mir durch den Kopf gingen fiel mir auch das <title xml:id="title_3f4c9657-2a06-4313-8fc7-6ccd395638c3">Grillparzersche Exempel<name key="PSN0111549" style="hidden" type="author">Grillparzer, Franz Seraphicus (1791-1872)</name><name key="CRT0108908" style="hidden" type="literature">Zwischen Gaeta und Capua</name></title> ein, welches unmöglich in Musik zu setzen ist, <title xml:id="title_2cd46e0c-4c57-45bd-ac74-3caa66518ea3">weshalb es denn auch Fanny wunderschön componirt hat<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name></title>; im Ernst aber ich sang das Lied lange für mich, denn ich stand nun eben an der Scene von der es spricht, das Meer hatte gefolgt, die Beschwerde aufgegeben und war sehr ruhig. Das war das erste Lied; nun kam am folgenden Tag <title xml:id="title_3bed51ec-a9df-4715-8760-218fb8a5fbc4">das zweite<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name></title>, denn das Meer war halb Wiese halb Aether zu schaun, und die zierlichen Frauen nickten, wie auch Oelbaum und Cypresse, sie waren aber alle braun, und aus der Prosa kam ich auch nicht just her. <title xml:id="title_6c8f1867-a28f-405f-93a1-5937f7582cb4">Was glänzt im Laube funkelnd wie Gold<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="CRT0111446" style="hidden" type="music">»Italien« für eine Singstimme und Klavier HU 157 (Sommer 1825 oder früher)</name></title>? Lauter Patrontaschen und Säbel, denn der <persName xml:id="persName_1f211041-26c2-4d6c-afa2-8633372a0c59">König<name key="PSN0114942" style="hidden">Sizilien und Neapel, Ferdinand II. (1810-1859)</name></persName> hielt Revue in S. Agata und auf beiden Seiten des Wegs defilirten Soldaten, die mir doppelt gut vorkamen, weil sie den Preußischen ähnlich sahen, und weil ich lange nur die päpstlichen gesehen hatte. Einige trugen Blendlaternen auf den Flinten, weil sie Nachts marschirt hatten, das ganze machte sich keck und lustig. Nun kommt man aber in einen kurzen Felsenpaß, und an dessen Ende fährt man ins Campanerthal hinunter. Es ist das reizendste Thal, das ich bis jetzt gesehn habe, wie ein unermeßlicher Garten weit und breit bepflanzt und bewachsen, an der einen Seite die blaue Meerlinie, an der andern die sanften Bergreihen, über denen noch Schneespitzen vorsahen, in großer Entfernung der Vesuv und die Inseln über die Ebne in blauem Duft ragend, auf die geht der Weg grade zu, große Baumalleen durchschneiden das weite Feld, zwischen jedem Stein drängen sich Gewächse hervor, groteske Aloes und Cactus überall, ein Duft und eine Vegetation, wie toll, es ist unglaublich behaglich. Was in England durch die Menschen erfreulich ist, ist es hier durch die Natur; und wie dort kein Plätzchen ist, von dem nicht jemand Besitz genommen, und es angebaut und geziert hätte, so ist hier keins wo die Natur nicht Besitz nimmt und Blumen und Kräuter und alles Schöne hervorbringt. Das Campanerthal ist die Fruchtbarkeit selbst; in der ganzen unermeßlichen Fläche, die in weiter Ferne von den blauen Bergen und dem blauen Meer begränzt ist, giebts nur Grün zu sehen; so kommt man nach Capua; ich kann es dem <persName xml:id="persName_400ff456-c315-4f90-98f7-d8372e6f2d47">Hannibal<name key="PSN0111696" style="hidden">Hannibal Barkas</name></persName> nicht übel nehmen, daß er zu lange da blieb. Von Capua nach Neapel gehts zwischen Bäumen, die mit Weinlaub behängt sind unaufhörlich fort, bis am Ende der Alleen der Vesuv und das Meer mit Capri und die Häusermasse vor einem liegt. Davon nun das nächstemal, ich wohne hier in Sta. Lucia, wie im Himmel, denn erstlich habe ich den Vesuv die Berge bis Castellamare und den Golf vor mir, und zweitens ist es 3 Stock hoch. Das kleine Bild über dem rosa Sopha auf dem der Vesuv ist, scheint aus meinem Fenster genommen zu sein. Leider raucht der Schelm aber nicht einmal, und sieht ganz aus wie ein andrer schöner Berg. Dafür fahren sie aber Abends mit Licht auf den Kähnen im Golf hin und her um Schwertfische zu fangen. Das macht sich auch gut. <seg type="closer" xml:id="seg_623b1044-d538-4651-9427-58b8a2a0eaff">Lebt wohl, Ihr Lieben, und lebwohl, Du mein Beckchen</seg></p><signed rend="right">F</signed></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_4378f268-d8d0-478a-9fb0-c212f3832b52"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">P. S. Das ist nur ein Beschreibebrief.</p></div></body> </text></TEI>