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fmb-1831-03-22-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb></lb>Rom, 22. März 1831 Deinen Brief vom 6ten d. habe ich gestern erhalten; der von Mutter und den Schwestern hingegen, auf den Du darin verweisest, ist noch nicht angekommen, da die beiden vorigen Couriere zu Wasser gegangen sein sollen Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 2, 412

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. IIIa/130. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Rom, 22. März 1831 Deinen Brief vom 6ten d. habe ich gestern erhalten; der von Mutter und den Schwestern hingegen, auf den Du darin verweisest, ist noch nicht angekommen, da die beiden vorigen Couriere zu Wasser gegangen sein sollen

4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.

Felix Mendelssohn Bartholdy

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

22. März 1831 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Rom Italien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Berlin Deutschland deutsch
À Mr. Mr. A. Mendelssohn Bartholdy Berlin (alta Germania)
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Rom d. 22 März. 31Lieber Vater

Deinen Brief vom 6ten d. habe ich gestern erhalten; der von MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) und den SchwesternMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) hingegen, auf den Du darin verweisest, ist noch nicht angekommen, da die beiden vorigen Couriere zu Wasser gegangen sein sollen und bis heute nicht eingetroffen sind.

Du schreibst mir wieder, Du wollest, ich solle meinen Aufenthalt abkürzen weil er mir unter den jetzigen Umständen nur hinderlich sein könne, auf keinen Fall förderlich für meine Zwecke, und ich solle hierüber mich nach BunsensBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) und der sachverständigen Freunde Meinung richten. Dies hat mich nun wirklich in eine recht peinliche Ungewißheit versetzt, und ich weiß nicht, wie ich handeln soll, um ganz Deinem Willen zu folgen. Nehme ich Deine Worte nämlich so, wie sie stehen, so kann ich darauf nur die Antwort wiederholen, die ich Dir am 12ten schrieb: daß hier wirklich Alles sehr ruhig und gänzlich gefahrlos seinen Gang geht, daß die Fastenmusiken und die der heil. Woche wie gewöhnlich aufgeführt werden, daß die Stadt sich wieder mit Fremden füllt, die den Ceremonien beiwohnen wollen, daß ich also sehr sicher meine Zwecke hier verfolgen kann, und daß BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) von einem Fortgehen von Rom um diese Zeit gar nichts hören will. Das ist Alles recht schön und gut, Du schreibst mir aber, es sey Dein Wunsch, daß ich meinen Aufenthalt hier abkürzen solle, und das bleibt doch immer so, denn ob Du es nun blos wünschest aus Furcht vor den Unruhen hier, oder aus irgend andern Gründen muß mir wohl gleich gelten. Wieder aber fängt Montag die heilige Woche an, von der wir sprachen, seit von meiner Reise die Rede war, die mir immer als ein Hauptpunct in Italien vor Augen und Ohren schwebte; ich bin in 24 Stunden in Neapel und von da in einigen Tagen in Frankreich oder Genua, und Dein Wort, daß ich nun die Reise als mein Geschäft und als meinen Beruf betrachten, und so viel wie möglich davon benutzen, lernen und genießen solle, fällt mir wieder ein. So weiß ich wirklich nicht, ob ich nach Deinem Sinne handeln werde, und bitte Dich im Voraus, wenn es nicht recht sein sollte, wie ich es seit gestern Abend beschlossen habe, mir zu verzeihen. Natürlich würde ich auf Deinen bestimmten Willen sogleich umgekehrt und Italien verlassen haben, es möge nun einen Tag vor der heil. Woche gewesen sein, oder nicht; da Du aber mich immer auf BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) die Umstände und mein Gutbefinden verweisest, und ich somit einen meiner Hauptzwecke verlöre, wenn ich jetzt auf einmal meinen Aufenthalt in Italien abbräche, so will ich die Zeit, bis ich Antwort auf diesen Brief habe, folgendermaßen benutzen: Montag fängt, wie gesagt, die heil. Woche an, da will ich denn nun hören und merken, so gut es die Sinne thun wollen, und das wird den Beschluß meines Römischen Aufenthalts machen; sobald Ostern vorbey ist, gehe ich (wahrscheinlich mit der SchadowschenSchadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882) Familie zusammen) nach Neapel, denn es würde mich zu sehr dauern, das nicht gesehen zu haben, was doch nach aller Stimme, die Krone sein soll, und wenn Du schreibst, sauf à y revenir une autre fois, so glaube ich für die Zeit meiner Jugend nicht daran, denn ich weiß, was ich hier gefunden, und was ich entbehrt habe und würde wohl nicht Zeit finden, wieder einen Winter ganz ohne öffentliches Musikleben und -Treiben zuzubringen. Aber ich werde mich in Neapel beeilen, Alles so schleunig, wie möglich, zu sehen, damit ich im Stande sey, wenn die Antwort auf diesen Brief kommt, sogleich abzureisen und Italien zu verlassen. Ich würde dann Ober Italien (Mayland, Genua, etc.) aufgeben, und hingehen können, wohin Du es willst, hätte Unter Italien wenigstens genug gesehn um ein Bild davon zu haben, die Musik der heil. Woche gehört, u. s. w. So bitte ich Dich denn nun mir auf diesen Brief zu antworten, wie Du willst, daß ich meine weitre Reise richten solle, und mir ihn an die preußische Gesandtschaft in Neapel zu adressiren, damit ich ihn so schnell, als möglich erhalte. Erlaube mir Dir noch einmal nun zu schreiben, wie meine Wünsche darüber sind; ich weiß, daß Du mich in solchen Gesprächen immer danach fragtest, so wirst Du es mir auch wohl nicht übel nehmen, wenn ich sie Dir jetzt schreibe. Wenn es nämlich so ginge, wie ich hoffe und gern möchte, so bliebe ich den Frühling in Neapel, um das und die Umgegend recht zu kennen, nähme dann einige Seebäder dort, worauf ich mich (ich weiß nicht eigentlich warum) von jeher ungemein gefreut hatte, und was man vor Anfang Juny nicht thun darf, ginge dann zu Wasser (wo sich tausend sichre Gelegenheiten finden) oder zu Lande nach den Ober Italiänischen Städten und Seeen, und wäre gern im November in Paris, dazwischen* liegen nun noch 6 – 8 Wochen, von denen ich nachher ein Wort sagen muß. Wie die Sachen jetzt stehen, ginge das Alles vortrefflich, und es wäre dem früher von Dir gebilligten Reiseplane ganz getreu. Nach Berlin möchte ich nicht vor Beendigung der Reise und ehe ich dort was bestimmtes unternehmen und was Größeres anfangen könnte, in Paris ist im Sommer nichts zu hören und zu holen, und so wäre es gar zu schön, wenn ich diese Zeit in Neapel und Mayland genießen könnte. Dies Alles ist nämlich nur, wenn Du überhaupt nichts gegen die Fortsetzung meiner Reise hast, (und das ist es eigentlich wovon ich in der Antwort auf diesen Brief die Entscheidung haben möchte), und wenn Dein Wunsch, daß ich umkehren solle, wirklich nur, wie Du es sagst, „für den Fall daß ernstere Begebenheiten hier einträten“ geäußert sey. In jedem andern Falle würden natürlich alle diese Pläne aufgegeben sein, und ich würde keinen weitern Wunsch haben, als zu thun, was Du sagst. Daß aber keine Gefahr und kein Hineinziehn in polit: Händel hier zu befürchten sey, darauf kannst Du Dich sicher verlassen; vielleicht ist es der einzige Ort jetzt, wo das Statt findet, aber es ist wirklich so, man glaubt hier allgemein an eine friedliche Beilegung, und allerdings spricht die Sendung von St. AulaireBeaupoil de Saint-Aulaire, Louis-Claire Comte de (1778-1854) dafür. Er ist vorgestern angekommen, und morgen werde ich ihn bei VernetsVernet, Familie von → Emile Jean Horace V. sehen, bin neugierig, ob er sich meiner noch erinnern wird, von damals her. Auch die vielen Fremden, die hier bleiben, und die vielen, die neu dazu kommen, zeigen dies deutlich genug, so daß also an eine Gefahr von dieser Seite wirklich nicht zu denken ist. – Nun aber noch ein Paar Worte, über die obigen 6 Wochen. Wie ich mir nämlich Deine Briefe so hin und her überdachte, da wurde mir es auf einmal wieder so klar, wie gut und heilsam es mir wäre, wenn ich Dich bald einmal wiedersehen könnte, und wie so manches ich Dich zu fragen und Dir zu sagen hätte, und wie das Alles eigentlich schon gut wäre, wenn ich Dich nur wieder gesehn hätte. Und da wollte ich Dir denn eine Frage vorlegen, an der freilich mein ganzes Herz hängt: wäre es nicht möglich, daß wir uns im Anfang des Herbstes in Deutschland wiedersehn könnten? Lieber VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835), es wäre gar zu herrlich. Freilich wäre mir jeder andre Ort lieber als Berlin dazu, aus allen angeführten Gründen, wenn ich jetzt wieder nach Berlin käme, ohne eine feste Berufsstellung einzunehmen, so wäre es mir gewiß schädlich, und die Rücksicht des Dienstjahres würdest Du ja leicht verschieben können, wie Du mir sagtest. Aber wenn Du Dich nicht weit entfernen könntest, so wäre mir Leipzig oder Dessau, kurz jeder andre Ort lieber, und eine so kleine Abwesenheit würden Dir doch Deine Geschäfte erlauben. Mir ist diese Idee gekommen, weil ich gern nach München möchte, wo ich auf einen OpernantragKönigliches Hof- und NationaltheaterMünchenDeutschland einzugehn Lust habe, und freilich wäre das wohl das Schönste, wenn wir uns da finden könnten, da Du viel Freunde dort hast, und die Stadt nicht kennst, die doch sehr interessant ist. Aber wäre das auch nicht, so könnte ich von da doch leicht in ein Paar Tagen nach jedem andern Punct in Deutschland kommen. Wenn es doch ginge! Und auch hierauf erwarte ich Antwort in Neapel, es wird ein wichtiger Brief für mich. Ich werde gegen die Zeit seines Empfanges also mich fertig halten, Italien zu verlassen, oder auch meine Reise ganz aufzuhören, wie Du es schreiben wirst.

Lebewohl, lieber Vater, und gedenke meiner Frage. Sage RedensReden, Familie von → Franz Ludwig Wilhelm von R. meine herzliche Theilnahme an ihrem großen Unglück. Lebt wohl, Ihr Alle, und bleibt wohl und heiter. Draußen ist Alles grün, die Bäume belaubt, die Blüthen duften überall, Gestern war Frühlingsanfang und es wird ein ernsthaftes Frühjahr. Bleibt Ihr nur wohl und glücklich, dann bleib’ ich es auch.

F.
zwischen Ober Italien und Paris nämlich
            Rom d. 22 März. 31Lieber Vater
Deinen Brief vom 6ten d. habe ich gestern erhalten; der von Mutter und den Schwestern hingegen, auf den Du darin verweisest, ist noch nicht angekommen, da die beiden vorigen Couriere zu Wasser gegangen sein sollen und bis heute nicht eingetroffen sind.
Du schreibst mir wieder, Du wollest, ich solle meinen Aufenthalt abkürzen weil er mir unter den jetzigen Umständen nur hinderlich sein könne, auf keinen Fall förderlich für meine Zwecke, und ich solle hierüber mich nach Bunsens und der sachverständigen Freunde Meinung richten. Dies hat mich nun wirklich in eine recht peinliche Ungewißheit versetzt, und ich weiß nicht, wie ich handeln soll, um ganz Deinem Willen zu folgen. Nehme ich Deine Worte nämlich so, wie sie stehen, so kann ich darauf nur die Antwort wiederholen, die ich Dir am 12ten schrieb: daß hier wirklich Alles sehr ruhig und gänzlich gefahrlos seinen Gang geht, daß die Fastenmusiken und die der heil. Woche wie gewöhnlich aufgeführt werden, daß die Stadt sich wieder mit Fremden füllt, die den Ceremonien beiwohnen wollen, daß ich also sehr sicher meine Zwecke hier verfolgen kann, und daß Bunsen von einem Fortgehen von Rom um diese Zeit gar nichts hören will. Das ist Alles recht schön und gut, Du schreibst mir aber, es sey Dein Wunsch, daß ich meinen Aufenthalt hier abkürzen solle, und das bleibt doch immer so, denn ob Du es nun blos wünschest aus Furcht vor den Unruhen hier, oder aus irgend andern Gründen muß mir wohl gleich gelten. Wieder aber fängt Montag die heilige Woche an, von der wir sprachen, seit von meiner Reise die Rede war, die mir immer als ein Hauptpunct in Italien vor Augen und Ohren schwebte; ich bin in 24 Stunden in Neapel und von da in einigen Tagen in Frankreich oder Genua, und Dein Wort, daß ich nun die Reise als mein Geschäft und als meinen Beruf betrachten, und so viel wie möglich davon benutzen, lernen und genießen solle, fällt mir wieder ein. So weiß ich wirklich nicht, ob ich nach Deinem Sinne handeln werde, und bitte Dich im Voraus, wenn es nicht recht sein sollte, wie ich es seit gestern Abend beschlossen habe, mir zu verzeihen. Natürlich würde ich auf Deinen bestimmten Willen sogleich umgekehrt und Italien verlassen haben, es möge nun einen Tag vor der heil. Woche gewesen sein, oder nicht; da Du aber mich immer auf Bunsen die Umstände und mein Gutbefinden verweisest, und ich somit einen meiner Hauptzwecke verlöre, wenn ich jetzt auf einmal meinen Aufenthalt in Italien abbräche, so will ich die Zeit, bis ich Antwort auf diesen Brief habe, folgendermaßen benutzen: Montag fängt, wie gesagt, die heil. Woche an, da will ich denn nun hören und merken, so gut es die Sinne thun wollen, und das wird den Beschluß meines Römischen Aufenthalts machen; sobald Ostern vorbey ist, gehe ich (wahrscheinlich mit der Schadowschen Familie zusammen) nach Neapel, denn es würde mich zu sehr dauern, das nicht gesehen zu haben, was doch nach aller Stimme, die Krone sein soll, und wenn Du schreibst, sauf à y revenir une autre fois, so glaube ich für die Zeit meiner Jugend nicht daran, denn ich weiß, was ich hier gefunden, und was ich entbehrt habe und würde wohl nicht Zeit finden, wieder einen Winter ganz ohne öffentliches Musikleben und -Treiben zuzubringen. Aber ich werde mich in Neapel beeilen, Alles so schleunig, wie möglich, zu sehen, damit ich im Stande sey, wenn die Antwort auf diesen Brief kommt, sogleich abzureisen und Italien zu verlassen. Ich würde dann Ober Italien (Mayland, Genua, etc. ) aufgeben, und hingehen können, wohin Du es willst, hätte Unter Italien wenigstens genug gesehn um ein Bild davon zu haben, die Musik der heil. Woche gehört, u. s. w. So bitte ich Dich denn nun mir auf diesen Brief zu antworten, wie Du willst, daß ich meine weitre Reise richten solle, und mir ihn an die preußische Gesandtschaft in Neapel zu adressiren, damit ich ihn so schnell, als möglich erhalte. Erlaube mir Dir noch einmal nun zu schreiben, wie meine Wünsche darüber sind; ich weiß, daß Du mich in solchen Gesprächen immer danach fragtest, so wirst Du es mir auch wohl nicht übel nehmen, wenn ich sie Dir jetzt schreibe. Wenn es nämlich so ginge, wie ich hoffe und gern möchte, so bliebe ich den Frühling in Neapel, um das und die Umgegend recht zu kennen, nähme dann einige Seebäder dort, worauf ich mich (ich weiß nicht eigentlich warum) von jeher ungemein gefreut hatte, und was man vor Anfang Juny nicht thun darf, ginge dann zu Wasser (wo sich tausend sichre Gelegenheiten finden) oder zu Lande nach den Ober Italiänischen Städten und Seeen, und wäre gern im November in Paris, dazwischen* liegen nun noch 6 – 8 Wochen, von denen ich nachher ein Wort sagen muß. Wie die Sachen jetzt stehen, ginge das Alles vortrefflich, und es wäre dem früher von Dir gebilligten Reiseplane ganz getreu. Nach Berlin möchte ich nicht vor Beendigung der Reise und ehe ich dort was bestimmtes unternehmen und was Größeres anfangen könnte, in Paris ist im Sommer nichts zu hören und zu holen, und so wäre es gar zu schön, wenn ich diese Zeit in Neapel und Mayland genießen könnte. Dies Alles ist nämlich nur, wenn Du überhaupt nichts gegen die Fortsetzung meiner Reise hast, (und das ist es eigentlich wovon ich in der Antwort auf diesen Brief die Entscheidung haben möchte), und wenn Dein Wunsch, daß ich umkehren solle, wirklich nur, wie Du es sagst, „für den Fall daß ernstere Begebenheiten hier einträten“ geäußert sey. In jedem andern Falle würden natürlich alle diese Pläne aufgegeben sein, und ich würde keinen weitern Wunsch haben, als zu thun, was Du sagst. Daß aber keine Gefahr und kein Hineinziehn in polit: Händel hier zu befürchten sey, darauf kannst Du Dich sicher verlassen; vielleicht ist es der einzige Ort jetzt, wo das Statt findet, aber es ist wirklich so, man glaubt hier allgemein an eine friedliche Beilegung, und allerdings spricht die Sendung von St. Aulaire dafür. Er ist vorgestern angekommen, und morgen werde ich ihn bei Vernets sehen, bin neugierig, ob er sich meiner noch erinnern wird, von damals her. Auch die vielen Fremden, die hier bleiben, und die vielen, die neu dazu kommen, zeigen dies deutlich genug, so daß also an eine Gefahr von dieser Seite wirklich nicht zu denken ist. – Nun aber noch ein Paar Worte, über die obigen 6 Wochen. Wie ich mir nämlich Deine Briefe so hin und her überdachte, da wurde mir es auf einmal wieder so klar, wie gut und heilsam es mir wäre, wenn ich Dich bald einmal wiedersehen könnte, und wie so manches ich Dich zu fragen und Dir zu sagen hätte, und wie das Alles eigentlich schon gut wäre, wenn ich Dich nur wieder gesehn hätte. Und da wollte ich Dir denn eine Frage vorlegen, an der freilich mein ganzes Herz hängt: wäre es nicht möglich, daß wir uns im Anfang des Herbstes in Deutschland wiedersehn könnten? Lieber Vater, es wäre gar zu herrlich. Freilich wäre mir jeder andre Ort lieber als Berlin dazu, aus allen angeführten Gründen, wenn ich jetzt wieder nach Berlin käme, ohne eine feste Berufsstellung einzunehmen, so wäre es mir gewiß schädlich, und die Rücksicht des Dienstjahres würdest Du ja leicht verschieben können, wie Du mir sagtest. Aber wenn Du Dich nicht weit entfernen könntest, so wäre mir Leipzig oder Dessau, kurz jeder andre Ort lieber, und eine so kleine Abwesenheit würden Dir doch Deine Geschäfte erlauben. Mir ist diese Idee gekommen, weil ich gern nach München möchte, wo ich auf einen Opernantrag einzugehn Lust habe, und freilich wäre das wohl das Schönste, wenn wir uns da finden könnten, da Du viel Freunde dort hast, und die Stadt nicht kennst, die doch sehr interessant ist. Aber wäre das auch nicht, so könnte ich von da doch leicht in ein Paar Tagen nach jedem andern Punct in Deutschland kommen. Wenn es doch ginge! Und auch hierauf erwarte ich Antwort in Neapel, es wird ein wichtiger Brief für mich. Ich werde gegen die Zeit seines Empfanges also mich fertig halten, Italien zu verlassen, oder auch meine Reise ganz aufzuhören, wie Du es schreiben wirst.
Lebewohl, lieber Vater, und gedenke meiner Frage. Sage Redens meine herzliche Theilnahme an ihrem großen Unglück. Lebt wohl, Ihr Alle, und bleibt wohl und heiter. Draußen ist Alles grün, die Bäume belaubt, die Blüthen duften überall, Gestern war Frühlingsanfang und es wird ein ernsthaftes Frühjahr. Bleibt Ihr nur wohl und glücklich, dann bleib’ ich es auch.
F. zwischen Ober Italien und Paris nämlich          
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März 1831</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_fdf266d3-ac32-4ded-a1ac-6211d5d1d3d6">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_20b49c55-6b5c-4fdb-a20a-096ed10f02d5"> <settlement key="STM0100177">Rom</settlement> <country>Italien</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113247" resp="receiver" xml:id="persName_6f27417b-3277-466f-90df-51fdcba3e8fc">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_fccc514b-1614-4f7d-a066-0c696fb841d4"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_7abf68ca-5d22-4647-9aeb-81db612c6298"> <head> <address> <addrLine>À Mr.</addrLine> <addrLine>Mr. A. 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Dies hat mich nun wirklich in eine recht peinliche Ungewißheit versetzt, und ich weiß nicht, wie ich handeln soll, um ganz Deinem Willen zu folgen. Nehme ich Deine Worte nämlich so, wie sie stehen, so kann ich darauf nur die Antwort wiederholen, die ich Dir am 12<hi rend="superscript">ten</hi> schrieb: daß hier wirklich Alles sehr ruhig und gänzlich gefahrlos seinen Gang geht, daß die Fastenmusiken und die der heil. Woche wie gewöhnlich aufgeführt werden, daß die Stadt sich wieder mit Fremden füllt, die den Ceremonien beiwohnen wollen, daß ich also sehr sicher meine Zwecke hier verfolgen kann, und daß <persName xml:id="persName_3f860c42-17bf-4a51-abd2-35a43d0da26f">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> von einem Fortgehen von Rom um diese Zeit gar nichts hören will. Das ist Alles recht schön und gut, Du schreibst mir aber, es sey Dein Wunsch, daß ich meinen Aufenthalt hier abkürzen solle, und das bleibt doch immer so, denn ob Du es nun blos wünschest aus Furcht vor den Unruhen hier, oder aus irgend andern Gründen muß mir wohl gleich gelten. Wieder aber fängt Montag die heilige Woche an, von der wir sprachen, seit von meiner Reise die Rede war, die mir immer als ein Hauptpunct in Italien vor Augen und Ohren schwebte; ich bin in 24 Stunden in Neapel und von da in einigen Tagen in Frankreich oder Genua, und Dein Wort, daß ich nun die Reise als mein Geschäft und als meinen Beruf betrachten, und so viel wie möglich davon benutzen, lernen und genießen solle, fällt mir wieder ein. So weiß ich wirklich nicht, ob ich nach Deinem Sinne handeln werde, und bitte Dich im Voraus, wenn es nicht recht sein sollte, wie ich es seit gestern Abend beschlossen habe, mir zu verzeihen. Natürlich würde ich auf Deinen bestimmten Willen sogleich umgekehrt und Italien verlassen haben, es möge nun einen Tag vor der heil. Woche gewesen sein, oder nicht; da Du aber mich immer auf <persName xml:id="persName_8dac7763-0cc2-4fb8-a8c1-3038a19fd725">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> die Umstände und mein Gutbefinden verweisest, und ich somit einen meiner Hauptzwecke verlöre, wenn ich jetzt auf einmal meinen Aufenthalt in Italien abbräche, so will ich die Zeit, bis ich Antwort auf diesen Brief habe, folgendermaßen benutzen: Montag fängt, wie gesagt, die heil. Woche an, da will ich denn nun hören und merken, so gut es die Sinne thun wollen, und das wird den Beschluß meines Römischen Aufenthalts machen; sobald Ostern vorbey ist, gehe ich (wahrscheinlich mit der <persName xml:id="persName_0ea38cde-552b-4396-9e72-96c8df416ef5">Schadowschen<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name><name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName> Familie zusammen) nach Neapel, denn es würde mich zu sehr dauern, das nicht gesehen zu haben, was doch nach aller Stimme, die Krone sein soll, und wenn Du schreibst, sauf à y revenir une autre fois, so glaube ich für die Zeit meiner Jugend nicht daran, denn ich weiß, was ich hier gefunden, und was ich entbehrt habe und würde wohl nicht Zeit finden, wieder einen Winter ganz ohne öffentliches Musikleben und -Treiben zuzubringen. Aber ich werde mich in Neapel beeilen, Alles so schleunig, wie möglich, zu sehen, damit ich im Stande sey, wenn die Antwort auf diesen Brief kommt, sogleich abzureisen und Italien zu verlassen. Ich würde dann Ober Italien (Mayland, Genua, etc.) aufgeben, und hingehen können, wohin Du es willst, hätte Unter Italien wenigstens genug gesehn um ein Bild davon zu haben, die Musik der heil. Woche gehört, u. s. w. So bitte ich Dich denn nun mir auf diesen Brief zu antworten, wie Du willst, daß ich meine weitre Reise richten solle, und mir ihn an die preußische Gesandtschaft in Neapel zu adressiren, damit ich ihn so schnell, als möglich erhalte. Erlaube mir Dir noch einmal nun zu schreiben, wie meine Wünsche darüber sind; ich weiß, daß Du mich in solchen Gesprächen immer danach fragtest, so wirst Du es mir auch wohl nicht übel nehmen, wenn ich sie Dir jetzt schreibe. Wenn es nämlich so ginge, wie ich hoffe und gern möchte, so bliebe ich den Frühling in Neapel, um das und die Umgegend recht zu kennen, nähme dann einige Seebäder dort, worauf ich mich (ich weiß nicht eigentlich warum) von jeher ungemein gefreut hatte, und was man vor Anfang Juny nicht thun darf, ginge dann zu Wasser (wo sich tausend sichre Gelegenheiten finden) oder zu Lande nach den Ober Italiänischen Städten und Seeen, und wäre gern im November in Paris, dazwischen<ref target="#fn1" type="Footnotes_reference" xml:id="fnr1">*</ref> liegen nun noch 6 – 8 Wochen, von denen ich nachher ein Wort sagen muß. Wie die Sachen jetzt stehen, ginge das Alles vortrefflich, und es wäre dem früher von Dir gebilligten Reiseplane ganz getreu. Nach Berlin möchte ich nicht vor Beendigung der Reise und ehe ich dort was bestimmtes unternehmen und was Größeres anfangen könnte, in Paris ist im Sommer nichts zu hören und zu holen, und so wäre es gar zu schön, wenn ich diese Zeit in Neapel und Mayland genießen könnte. Dies Alles ist nämlich nur, wenn Du überhaupt nichts gegen die Fortsetzung meiner Reise hast, (und das ist es eigentlich <hi rend="underline">wovon ich in der Antwort auf diesen Brief</hi> die Entscheidung haben möchte), und wenn Dein Wunsch, daß ich umkehren solle, wirklich nur, wie Du es sagst, „für den Fall daß ernstere Begebenheiten hier einträten“ geäußert sey. In jedem andern Falle würden natürlich alle diese Pläne aufgegeben sein, und ich würde keinen weitern Wunsch haben, als zu thun, was Du sagst. Daß aber keine Gefahr und kein Hineinziehn in polit: Händel hier zu befürchten sey, darauf kannst Du Dich sicher verlassen; vielleicht ist es der einzige Ort jetzt, wo das Statt findet, aber es ist wirklich so, man glaubt hier allgemein an eine friedliche Beilegung, und allerdings spricht die Sendung von <persName xml:id="persName_c006813d-dd0d-490b-a85d-c35026780d21">St. Aulaire<name key="PSN0109736" style="hidden">Beaupoil de Saint-Aulaire, Louis-Claire Comte de (1778-1854)</name></persName> dafür. Er ist vorgestern angekommen, und morgen werde ich ihn bei <persName xml:id="persName_424791e2-da83-4e92-818c-befee999d035">Vernets<name key="PSN0115491" style="hidden">Vernet, Familie von → Emile Jean Horace V.</name></persName> sehen, bin neugierig, ob er sich meiner noch erinnern wird, von damals her. Auch die vielen Fremden, die hier bleiben, und die vielen, die neu dazu kommen, zeigen dies deutlich genug, so daß also an eine Gefahr von dieser Seite wirklich nicht zu denken ist. – Nun aber noch ein Paar Worte, über die obigen 6 Wochen. Wie ich mir nämlich Deine Briefe so hin und her überdachte, da wurde mir es auf einmal wieder so klar, wie gut und heilsam es mir wäre, wenn ich Dich bald einmal wiedersehen könnte, und wie so manches ich Dich zu fragen und Dir zu sagen hätte, und wie das Alles eigentlich schon gut wäre, wenn ich Dich nur wieder gesehn hätte. Und da wollte ich Dir denn eine Frage vorlegen, an der freilich mein ganzes Herz hängt: wäre es nicht möglich, daß wir uns im Anfang des Herbstes in Deutschland wiedersehn könnten? Lieber <persName xml:id="persName_72c5440e-c5a5-460d-9644-6ffc38a14501">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, es wäre gar zu herrlich. Freilich wäre mir jeder andre Ort lieber als Berlin dazu, aus allen angeführten Gründen, wenn ich jetzt wieder nach Berlin käme, ohne eine feste Berufsstellung einzunehmen, so wäre es mir gewiß schädlich, und die Rücksicht des Dienstjahres würdest Du ja leicht verschieben können, wie Du mir sagtest. Aber wenn Du Dich nicht weit entfernen könntest, so wäre mir Leipzig oder Dessau, kurz jeder andre Ort lieber, und eine so kleine Abwesenheit würden Dir doch Deine Geschäfte erlauben. Mir ist diese Idee gekommen, weil ich gern nach München möchte, wo ich auf einen <placeName xml:id="placeName_c85bfc11-e1af-47cb-842f-4e78f8aaa5e1">Opernantrag<name key="NST0100393" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Hof- und Nationaltheater</name><settlement key="STM0100169" style="hidden" type="">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> einzugehn Lust habe, und freilich wäre das wohl das Schönste, wenn wir uns da finden könnten, da Du viel Freunde dort hast, und die Stadt nicht kennst, die doch sehr interessant ist. Aber wäre das auch nicht, so könnte ich von da doch leicht in ein Paar Tagen nach jedem andern Punct in Deutschland kommen. Wenn es doch ginge! Und auch hierauf erwarte ich Antwort in Neapel, es wird ein wichtiger Brief für mich. Ich werde gegen die Zeit seines Empfanges also mich fertig halten, Italien zu verlassen, oder auch meine Reise ganz aufzuhören, wie Du es schreiben wirst.</p><p>Lebewohl, lieber Vater, und gedenke meiner Frage. Sage <persName xml:id="persName_86ca896a-efd3-4a4f-b73a-9bb4216dd225">Redens<name key="PSN0114093" style="hidden">Reden, Familie von → Franz Ludwig Wilhelm von R.</name></persName> meine herzliche Theilnahme an ihrem großen Unglück. Lebt wohl, Ihr Alle, und bleibt wohl und heiter. Draußen ist Alles grün, die Bäume belaubt, die Blüthen duften überall, Gestern war Frühlingsanfang und es wird ein ernsthaftes Frühjahr. <seg type="closer" xml:id="seg_16a96b1c-07dc-46e6-ba2b-636ba3391e25">Bleibt Ihr nur wohl und glücklich, dann bleib’ ich es auch.</seg></p><signed rend="right">F.</signed></div> <div type="footnotes_area" xml:id="div_4a129277-b651-4659-872b-4477bc1ebf86"> <note n="*" subtype="author" target="fnr1" type="footnote" xml:id="fn1">zwischen Ober Italien und Paris nämlich</note> </div></body> </text></TEI>