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fmb-1831-02-15-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy <lb></lb>Rom, 15. Februar 1831 Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 2, 398

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. IIIa/127. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; Rom, 15. Februar 1831 Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten

2 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Mehrfach Textverluste durch ausgerissene Seitenränder.

Felix Mendelssohn Bartholdy

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Elvers, Briefe, S. 136-140.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

15. Februar 1831 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Rom Italien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy Berlin Deutschland deutsch
À Mr. Mr. A. Mendelssohn Bartholdy Berlin
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Rom d. 15 Febr. 31

Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten aus Bologna und der Umgegend, es ist hier Alles ruhig und man ist mit der Furcht weggekommen. Aber wie sich die Bilder so schnell verschieben und wie die Zeit verfliegt. Ich ziehe mir die Lehre draus festzuhalten und mit allen Sinnen zu genießen, was ich eben habe, und da ist dann der Römische Carnaval eine liebe Erinnerung mehr, die ich zu den erlebten legen kann. Dieser plötzliche Wechsel vom tollsten Scherz zu bitterm Ernst hat etwas sehr ergreifendes, und wenn ich an die gedrängten bunten Straßen der vorigen Woche denke und dagegen die leeren werkeltagsmäßigen heute betrachte, so möchte ich doch wieder das Gespräch von der Gegenwart anfangen, auf das Du, lieber VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835), am Abend der silbernen Hochzeit gar nicht eingehn wolltest, zu dem ich aber doch wieder neue Argumente sammle, um es einmal wieder mit Dir anzufangen. Die Maßregeln der Regierung (vide infra) scheinen mir übrigens sehr gut gewesen zu sein, und so ist die allgemeine Ruhe nur durch einige Furcht, von Seiten der Römer, und durch weiter nichts gestört, und die ganze Sache für hier wohl vorbey; wie es sich mit dem Auslande gestaltet müssen wir erwarten. Ich will erst Eure Briefe vom 25sten beantworten, und dann ausführlich erzählen, was sich seitdem ereignet. Du schreibst mir, lieber Vater, von einer Confusion, die wegen einer Zahlung der Arnstein & Esk.Arnstein & Eskeles, Bankhaus in Wien an mich obwalte, das kann nur eine Summe betreffen, die ich in Venedig nahm, wo ich in einer großen Verlegenheit war; Arnst. & Esk.Arnstein & Eskeles, Bankhaus in Wien hatten nämlich unbegreiflicherweise vergessen über meinen Creditbrief ein avviso vorauszuschicken, und das scheint hier zu Lande so nothwendig zu sein, daß die Banquiers in Venedig nicht allein mir kein Geld geben wollten, sondern sogar meinen Brief für einen nachgemachten zu halten schienen. Ich brachte einige Tage auf PereiraPereira-Arnstein, Adolf (Adolph) Freiherr von (1805-1846) wartend zu, der Hr. v. SternfeldSternfeld, Herr von an den mich FränkelFränkel, Joseph Maximilian (1787-1857) empfohlen hatte, lief mit mir bei mehreren andern Kaufleuten herum, die sämmtlich noch unhöflicher waren, und es handelte sich nur von 100 fl die ich auf den Brief aus Wien für 2000 fl und auf den DoxatschenDoxat, EugenDoxat & Co., Bankhaus in London für 500 Pfund haben wollte, kurz, endlich gab mir der Hr. v. SternfeldSternfeld, Herr von selbst die 100 fl und ich mußte an EskelesEskeles, (Denis) Daniel Bernhard Freiherr von (1803-1876) schreiben, daß sie sie ihm schicken möchten. Ich fand es unverzeihlich, jemand in solche Verlegenheit zu setzen, denn hätte Sternf.Sternfeld, Herr von mir das Geld nicht gegeben, so hätte ich nichts anfangen können, das ehrliche Gesicht half in Venedig nichts. Außerdem ist Alles in der Ordnung gegangen, ich habe in Florenz von BorriF. Borri et Cie., Bankhaus in Florenz 200 fl genommen, und hier in Rom für jeden Monat 50 scudi, denn soviel brauche ich leider monatlich, da die zur Gesellschaft nöthigen Ausgaben, als Wagen, Wäsche, etc. hier übertrieben theuer sind. Außerdem habe ich noch die 50 scudi für die Musik der Herzoginn von DessauAnhalt-Dessau, Friederike Wilhelmina Louise Amalia Herzogin von (1796-1850) bei ValentiniValentini, Vincenzo (1751-1842) erhoben. Da BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860), an den sie mich wegen des Transports und der Bezahlung wies, gar nichts davon wissen wollte, und da es unangenehm ist, in solcher Sache abschlägige Antworten zu erhalten, so habe ich lieber das Geld selbst genommen, mir genau aufgeben lassen, wie viel Valent.Valentini, Vincenzo (1751-1842) dafür in Augsburg trassirt (104 fl 12 Xr) und werde ihr nun also schreiben diese Summe Dir wieder zu erstatten, und sich die Musik mit Fracht oder wie sie sonst will von hier kommen zu lassen. – Ich habe also für meinen Aufenthalt vom 1sten Nov. bis 1sten April 250 scudi genommen, und außerdem noch die 50 für die Herz. v. DessauAnhalt-Dessau, Friederike Wilhelmina Louise Amalia Herzogin von (1796-1850), davon sind 150 bei TorloniaTorlonia, Alessandro Raffaele Principe di Musignano (1800-1886), und die andern 150 bei ValentiniValentini, Vincenzo (1751-1842) erhoben, bei dem ich von jetzt an allein mein Reisegeld nehmen will, da die Fasten angehn und die Bälle vorbey sind, Valent.Valentini, Vincenzo (1751-1842) hat noch nichts darüber nach Augsburg gemeldet, da er sichs notirt wie er sagt, bis eine größre Summe zusammen ist. Mit dem Tagebuch halte ich es nun schon seit England so, daß ich kleine Bücher immer mit mir führe, in denen ich mir mit einem Worte aufnotire, was ich jeden Tag zu thun oder gethan habe, die vorherbestimmten Gänge um sie nicht bis dahin, und die gethanen um sie nicht nachher zu vergessen. So weiß ich genau, wo ich jeden Tag gewesen bin, was [ich g]enommen habe, und ist nun etwas davon näher zu beschreiben, so geschiehts in Briefen an Euch, oder in Zeichnung[en oder in] Musik; da brauche ich dann nicht viele Worte täglich zu machen, und verliere doch den Gang nicht aus dem Gedächtniß. D[u,] liebe MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842), willst über W. BenedicksBenedicks, Wilhelm Alfred (1807-1868) etwas wissen, mir sagen die, die ihn in Neapel gesehn haben, er sey gar nicht gefährlich k[ran]k und es habe wohl nichts mit ihm zu sagen. Ad. BenedicksBenedicks, Adolph (Adolphe) (1805-1836) ist nicht hier, auch PlatenPlaten-Hallermünde, Karl August Georg Maximilian Graf von (1796-1835) nicht, den ich von weitem schon nicht leiden kann. Du bedauerst daß ich schabig aussehe, aber es hilft nichts, man setzt Fett daran, und tauscht Genuß dafür ein, ich befinde mich übrigens ganz wohl, und bin hoffentlich nur äußerlich ruppig, innen schwarz. Dir aber, o BeckchenMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858), sey für die Tragebänderidee sehr gedankt, sie sind wirklich schon längst sehr invalid und ich müßte andere tragen, also schick mir wieder was, und denk Dir mich aus dem Fenster liegend, und Hebels allemannische Gedichte<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109102" style="hidden" type="literature">Allemannische Gedichte</name> lesend, und vor Plaisir über den Span. [Pla]tz schreiend, mein Liebling ist Deiner: das Habermuß<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109104" style="hidden" type="literature">Das Habermus</name>, und dann besonders die Vergänglichkeit<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109106" style="hidden" type="literature">Die Vergänglichkeit</name>, das Gespräch auf dem Ochsenkarren. 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B–a</idno><idno type="op"></idno></name> zum Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108975" style="hidden" type="music">Dettingen Te Deum HWV 283</name>, ich habe bestimmt nichts neues hinzugethan, und das ist das beste dabey; am liebsten habe ich aber die Flöten und Clarinett.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_nfj6pgoa-xqvp-g7uo-psv9-wkhfk4piuwdu"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="appendices" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="appendix_B:_foreign_works" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="a)_arrangements_and_performance_devices" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100675" style="hidden">Georg Friedrich Händel, Dettinger Te Deum (Dettingen Te Deum) HWV 283, Instrumentation (Neuorchestrierung), 1829, mit späteren Revisionen<idno type="MWV">Anh. B–a</idno><idno type="op"></idno></name> zu dem g dur Chor<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108975" style="hidden" type="music">Dettingen Te Deum HWV 283</name> (der heil. 12 Boten Zahl) Und nun zur Erzählung. Donnerstag (giovedi grasso) waren wir noch im Superlativ toll, Confetti, Bonbons, Blumen, Devisen, flogen in Massen über den Corso, namentlich sprang ich bei VernetsVernet, Familie von → Emile Jean Horace V. hinten auf und bombardirte von da bis ich mich verschoß und sie mir ihre Tüten über den Kopf ausschütteten, die Pferde rannten gut, Abends zogen Masken über den spanischen Platz, im Caffeehaus saß eine elegante Dame und rauchte ihre Cigarre; Freitag war Ruhetag, und Sonnabend früh machten wir eine Partie zu Pferde um die Ringmauern von Rom, das hielt uns bis drei auf, wir kommen durch die porta del popolo zurück, wundern uns noch keine Wagen zu sehen, ich kleide mich eilig um, kaufe mir die Taschen voll Confetti, die Leute lachen heimlich, ich begreife nicht weshalb, so komme ich ganz munter in den Corso. Aber der ist schwarz von Männern mit ernsten Gesichtern, keine Maske, keine Dame, kein Wagen, es machte einen fatal unheimlichen Eindruck und endlich fand ich an der Ecke ein Edict, dessen Kürze und Bestimmtheit im Gegensatz zu den Possen sehr schlagend war; es fing an: La sopravenienza di gravi circostanzi impone che cessi il Carnevale nei tre giorni che da oggi ne rimangono. – Niuno pertanto si permetterà di andare in maschera, le Corse dei Cavalli ed i Festini non si eseguiranno e taceranno altresi le rappresentazioni Teatrali. Wer dagegen handelte, würde streng bestraft werden, und damit war es aus. Es waren die Nachrichten von den Unruhen aus Bologna, Ancona usw. gekommen, man hatte in Rom selbst Unruhstifter entdeckt, und das Militair, statt die Masken im Zaume zu halten, stand mit geladnen Gewehren auf den verschiednen Plätzen. Abends griffen wirklich 10 – 12 junge Leute auf piazza Colonna die Soldaten an, wurden aber sogleich verhaftet, und es hat sich seitdem nichts weiter zugetragen. Doch erscheinen fortwährend Edicte mit steigender Strenge und Bestimmtheit. Am Sonnabend Abend wurden die Fremden aufgefordert sich sämmtlich bei ihren Gesandten zu melden, die Wirthe die Namen derselben einzureichen, die Gesandten für ihre Landsleute zu bürgen; letzteres haben die meisten abgelehnt, und wohl auch mit Recht. Sonntag wurde aufgefordert für Erhaltung der Ruhe zu beten, und zu dem Ende zwei wunderthätige Marienbilder und die Ketten des heil. PetrusPetrus (lat., der Fels) in Pietro in vincoli öffentlich ausgestellt. Gestern Abend erschien ein Edict, das jeden Bürger auffordert sich zu bewaffnen und zu seiner Section zu begeben, sobald die Kanone gelös’t und die Glocken geläutet werden. Der VatikanPalazzo VaticanoRomItalien ist geschlossen und sogar in die Colonnaden von St. PeterSan Pietro in Vaticano (Petersdom)RomItalien lassen die Schweizer niemand ein. Alles ist aufmerksam und ruhig, und da die untern Volksklassen den lebhaftesten Antheil für den PapstGregor XVI. (eigtl. Bartolomeo Alberto [Mauro] Cappellari) (1765-1846) nehmen, und es schon bewiesen haben durch Deputationen, vivats und so fort, so scheint mir auch alles schon abgemacht. Die Mittelklassen scheinen sich aber entsetzlich zu fürchten, alle Häuser sind Abends verrammelt, man frägt 3mal ehe man öffnet, die Laden geschlossen, kein Mensch auf den Straßen; an lustigen Zügen fehlt es wieder nicht, aber das Allerschönste ist, das die Deutschen Maler sich ihre Schnurrbärte abschneiden, aus Furcht. Sie denken nämlich, die Wuth des Pöbels werde sich zuerst gegen die Ersten richten (dafür halten sie sich wahrscheinlich) oder eigentlich wirklich gegen die Fremden und da ein Schnauzbart das Schenkenschild eines Deutschen Malers ist, das er nach Kräften weit aushängt, so ziehn sie es ein, und sehen in Kriegszeiten zahm aus. Auf diese Brut habe ich einen ganz absonderlichen Grimm. Sie affectiren Aekelhaftigkeit. Bei alle dem ist der Sonnenschein so hell und klar, und das Wetter so warm, daß es eine Freude ist; man geht spazieren, trinkt Luft, das schmeckt gar zu schön.

Nach dieser treuen Beschreibung werdet Ihr Euch also hoffentlich nicht beunruhigen, wenn auch die französ. Zeitungen, wie wohl nicht fehlen wird, von Gefechten in den Straßen, barricades us.w. sprechen werden. Wir wissen hier nichts davon, sollte sich aber etwas Neues ereignen so schreibe ich die nächsten Posttage wieder. Wo nicht aber, so bleibts bis heut über 8 Tage. Und das ist zu hoffen. Lebt wohl.

F.
            Rom d. 15 Febr. 31Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten aus Bologna und der Umgegend, es ist hier Alles ruhig und man ist mit der Furcht weggekommen. Aber wie sich die Bilder so schnell verschieben und wie die Zeit verfliegt. Ich ziehe mir die Lehre draus festzuhalten und mit allen Sinnen zu genießen, was ich eben habe, und da ist dann der Römische Carnaval eine liebe Erinnerung mehr, die ich zu den erlebten legen kann. Dieser plötzliche Wechsel vom tollsten Scherz zu bitterm Ernst hat etwas sehr ergreifendes, und wenn ich an die gedrängten bunten Straßen der vorigen Woche denke und dagegen die leeren werkeltagsmäßigen heute betrachte, so möchte ich doch wieder das Gespräch von der Gegenwart anfangen, auf das Du, lieber Vater, am Abend der silbernen Hochzeit gar nicht eingehn wolltest, zu dem ich aber doch wieder neue Argumente sammle, um es einmal wieder mit Dir anzufangen. Die Maßregeln der Regierung (vide infra) scheinen mir übrigens sehr gut gewesen zu sein, und so ist die allgemeine Ruhe nur durch einige Furcht, von Seiten der Römer, und durch weiter nichts gestört, und die ganze Sache für hier wohl vorbey; wie es sich mit dem Auslande gestaltet müssen wir erwarten. Ich will erst Eure Briefe vom 25sten beantworten, und dann ausführlich erzählen, was sich seitdem ereignet. Du schreibst mir, lieber Vater, von einer Confusion, die wegen einer Zahlung der Arnstein & Esk. an mich obwalte, das kann nur eine Summe betreffen, die ich in Venedig nahm, wo ich in einer großen Verlegenheit war; Arnst. & Esk. hatten nämlich unbegreiflicherweise vergessen über meinen Creditbrief ein avviso vorauszuschicken, und das scheint hier zu Lande so nothwendig zu sein, daß die Banquiers in Venedig nicht allein mir kein Geld geben wollten, sondern sogar meinen Brief für einen nachgemachten zu halten schienen. Ich brachte einige Tage auf Pereira wartend zu, der Hr. v. Sternfeld an den mich Fränkel empfohlen hatte, lief mit mir bei mehreren andern Kaufleuten herum, die sämmtlich noch unhöflicher waren, und es handelte sich nur von 100 fl die ich auf den Brief aus Wien für 2000 fl und auf den Doxatschen für 500 Pfund haben wollte, kurz, endlich gab mir der Hr. v. Sternfeld selbst die 100 fl und ich mußte an Eskeles schreiben, daß sie sie ihm schicken möchten. Ich fand es unverzeihlich, jemand in solche Verlegenheit zu setzen, denn hätte Sternf. mir das Geld nicht gegeben, so hätte ich nichts anfangen können, das ehrliche Gesicht half in Venedig nichts. Außerdem ist Alles in der Ordnung gegangen, ich habe in Florenz von Borri 200 fl genommen, und hier in Rom für jeden Monat 50 scudi, denn soviel brauche ich leider monatlich, da die zur Gesellschaft nöthigen Ausgaben, als Wagen, Wäsche, etc. hier übertrieben theuer sind. Außerdem habe ich noch die 50 scudi für die Musik der Herzoginn von Dessau bei Valentini erhoben. Da Bunsen, an den sie mich wegen des Transports und der Bezahlung wies, gar nichts davon wissen wollte, und da es unangenehm ist, in solcher Sache abschlägige Antworten zu erhalten, so habe ich lieber das Geld selbst genommen, mir genau aufgeben lassen, wie viel Valent. dafür in Augsburg trassirt (104 fl 12 Xr) und werde ihr nun also schreiben diese Summe Dir wieder zu erstatten, und sich die Musik mit Fracht oder wie sie sonst will von hier kommen zu lassen. – Ich habe also für meinen Aufenthalt vom 1sten Nov. bis 1sten April 250 scudi genommen, und außerdem noch die 50 für die Herz. v. Dessau, davon sind 150 bei Torlonia, und die andern 150 bei Valentini erhoben, bei dem ich von jetzt an allein mein Reisegeld nehmen will, da die Fasten angehn und die Bälle vorbey sind, Valent. hat noch nichts darüber nach Augsburg gemeldet, da er sichs notirt wie er sagt, bis eine größre Summe zusammen ist. Mit dem Tagebuch halte ich es nun schon seit England so, daß ich kleine Bücher immer mit mir führe, in denen ich mir mit einem Worte aufnotire, was ich jeden Tag zu thun oder gethan habe, die vorherbestimmten Gänge um sie nicht bis dahin, und die gethanen um sie nicht nachher zu vergessen. So weiß ich genau, wo ich jeden Tag gewesen bin, was ich genommen habe, und ist nun etwas davon näher zu beschreiben, so geschiehts in Briefen an Euch, oder in Zeichnungen oder in Musik; da brauche ich dann nicht viele Worte täglich zu machen, und verliere doch den Gang nicht aus dem Gedächtniß. Du,  liebe Mutter, willst über W. Benedicks etwas wissen, mir sagen die, die ihn in Neapel gesehn haben, er sey gar nicht gefährlich krank und es habe wohl nichts mit ihm zu sagen. Ad. Benedicks ist nicht hier, auch Platen nicht, den ich von weitem schon nicht leiden kann. Du bedauerst daß ich schabig aussehe, aber es hilft nichts, man setzt Fett daran, und tauscht Genuß dafür ein, ich befinde mich übrigens ganz wohl, und bin hoffentlich nur äußerlich ruppig, innen schwarz. Dir aber, o Beckchen, sey für die Tragebänderidee sehr gedankt, sie sind wirklich schon längst sehr invalid und ich müßte andere tragen, also schick mir wieder was, und denk Dir mich aus dem Fenster liegend, und Hebels allemannische Gedichte lesend, und vor Plaisir über den Span. Platz schreiend, mein Liebling ist Deiner: das Habermuß, und dann besonders die Vergänglichkeit, das Gespräch auf dem Ochsenkarren. Dir, liebe Fanny, danke ich noch für Dein Lob meiner Blaseinstrumente zum Händel, ich habe bestimmt nichts neues hinzugethan, und das ist das beste dabey; am liebsten habe ich aber die Flöten und Clarinett. zu dem g dur Chor (der heil. 12 Boten Zahl) Und nun zur Erzählung. Donnerstag (giovedi grasso) waren wir noch im Superlativ toll, Confetti, Bonbons, Blumen, Devisen, flogen in Massen über den Corso, namentlich sprang ich bei Vernets hinten auf und bombardirte von da bis ich mich verschoß und sie mir ihre Tüten über den Kopf ausschütteten, die Pferde rannten gut, Abends zogen Masken über den spanischen Platz, im Caffeehaus saß eine elegante Dame und rauchte ihre Cigarre; Freitag war Ruhetag, und Sonnabend früh machten wir eine Partie zu Pferde um die Ringmauern von Rom, das hielt uns bis drei auf, wir kommen durch die porta del popolo zurück, wundern uns noch keine Wagen zu sehen, ich kleide mich eilig um, kaufe mir die Taschen voll Confetti, die Leute lachen heimlich, ich begreife nicht weshalb, so komme ich ganz munter in den Corso. Aber der ist schwarz von Männern mit ernsten Gesichtern, keine Maske, keine Dame, kein Wagen, es machte einen fatal unheimlichen Eindruck und endlich fand ich an der Ecke ein Edict, dessen Kürze und Bestimmtheit im Gegensatz zu den Possen sehr schlagend war; es fing an: La sopravenienza di gravi circostanzi impone che cessi il Carnevale nei tre giorni che da oggi ne rimangono. – Niuno pertanto si permetterà di andare in maschera, le Corse dei Cavalli ed i Festini non si eseguiranno e taceranno altresi le rappresentazioni Teatrali. Wer dagegen handelte, würde streng bestraft werden, und damit war es aus. Es waren die Nachrichten von den Unruhen aus Bologna, Ancona usw. gekommen, man hatte in Rom selbst Unruhstifter entdeckt, und das Militair, statt die Masken im Zaume zu halten, stand mit geladnen Gewehren auf den verschiednen Plätzen. Abends griffen wirklich 10 – 12 junge Leute auf piazza Colonna die Soldaten an, wurden aber sogleich verhaftet, und es hat sich seitdem nichts weiter zugetragen. Doch erscheinen fortwährend Edicte mit steigender Strenge und Bestimmtheit. Am Sonnabend Abend wurden die Fremden aufgefordert sich sämmtlich bei ihren Gesandten zu melden, die Wirthe die Namen derselben einzureichen, die Gesandten für ihre Landsleute zu bürgen; letzteres haben die meisten abgelehnt, und wohl auch mit Recht. Sonntag wurde aufgefordert für Erhaltung der Ruhe zu beten, und zu dem Ende zwei wunderthätige Marienbilder und die Ketten des heil. Petrus in Pietro in vincoli öffentlich ausgestellt. Gestern Abend erschien ein Edict, das jeden Bürger auffordert sich zu bewaffnen und zu seiner Section zu begeben, sobald die Kanone gelös’t und die Glocken geläutet werden. Der Vatikan ist geschlossen und sogar in die Colonnaden von St. Peter lassen die Schweizer niemand ein. Alles ist aufmerksam und ruhig, und da die untern Volksklassen den lebhaftesten Antheil für den Papst nehmen, und es schon bewiesen haben durch Deputationen, vivats und so fort, so scheint mir auch alles schon abgemacht. Die Mittelklassen scheinen sich aber entsetzlich zu fürchten, alle Häuser sind Abends verrammelt, man frägt 3mal ehe man öffnet, die Laden geschlossen, kein Mensch auf den Straßen; an lustigen Zügen fehlt es wieder nicht, aber das Allerschönste ist, das die Deutschen Maler sich ihre Schnurrbärte abschneiden, aus Furcht. Sie denken nämlich, die Wuth des Pöbels werde sich zuerst gegen die Ersten richten (dafür halten sie sich wahrscheinlich) oder eigentlich wirklich gegen die Fremden und da ein Schnauzbart das Schenkenschild eines Deutschen Malers ist, das er nach Kräften weit aushängt, so ziehn sie es ein, und sehen in Kriegszeiten zahm aus. Auf diese Brut habe ich einen ganz absonderlichen Grimm. Sie affectiren Aekelhaftigkeit. Bei alle dem ist der Sonnenschein so hell und klar, und das Wetter so warm, daß es eine Freude ist; man geht spazieren, trinkt Luft, das schmeckt gar zu schön.
Nach dieser treuen Beschreibung werdet Ihr Euch also hoffentlich nicht beunruhigen, wenn auch die französ. Zeitungen, wie wohl nicht fehlen wird, von Gefechten in den Straßen, barricades us. w. sprechen werden. Wir wissen hier nichts davon, sollte sich aber etwas Neues ereignen so schreibe ich die nächsten Posttage wieder. Wo nicht aber, so bleibts bis heut über 8 Tage. Und das ist zu hoffen. Lebt wohl.
F.          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1831-02-15-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1831-02-15-01" xml:id="title_a0611926-df7c-496e-9018-1200a7bd4faa">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy <lb></lb>Rom, 15. Februar 1831</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_51aabcbb-20df-4477-86cc-a5a6eb5fb192">Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_61f931c7-2883-4cc7-814b-0586bee30346">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). 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Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 2, 398</idno></publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_b0abc037-575d-4054-91a1-52a29ae66753"> <msDesc> <msIdentifier> <country>USA</country> <settlement>New York, NY</settlement> <institution key="RISM">US-NYp</institution> <repository>New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division</repository> <collection>*MNY++ Mendelssohn Letters</collection> <idno type="signatur">Vol. IIIa/127.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1831-02-15-01" type="letter" xml:id="title_3ff4cbea-a51e-4913-a722-a6c5807a54e7">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; Rom, 15. Februar 1831</title> <incipit>Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>2 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel. – Mehrfach Textverluste durch ausgerissene Seitenränder.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Elvers, Briefe, S. 136-140.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1831-02-15" xml:id="date_9a5dc747-79f7-47db-8853-366ee8c501e7">15. Februar 1831</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_255a9cfb-234c-4c5c-98ca-035a1bea9d01">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_38167c53-5c5e-43b3-93ac-d73669edddab"> <settlement key="STM0100177">Rom</settlement> <country>Italien</country></placeName></correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113247" resp="receiver" xml:id="persName_98e4474f-56bd-4726-bc8a-e565329c383f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName> <persName key="PSN0113241" resp="receiver" xml:id="persName_9a455aa8-75ee-4a77-a14d-d0d9260a3875">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_2b30a251-09d7-41c8-a826-e1838d7b6777"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName></correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_1c1061ba-48b1-42d5-8d61-a417b92f1a43"> <head> <address> <addrLine>À Mr.</addrLine> <addrLine>Mr. A. Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine>Berlin</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_bc290487-24c2-4cb6-a3c4-12fcd94df433"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Rom d. <date cert="high" when="1831-02-15" xml:id="date_00b07a4a-6f98-46ab-9c84-6e4d0b56aead">15 Febr. 31</date></dateline><p style="paragraph_without_indent">Nun ists freilich wieder ganz anders. Der Carnaval ist unterbrochen, Leute arretirt, Patrouillen auf den Straßen, das hat mit dem Carnaval und seinen Scherzen wenig Aehnlichkeit. Hoffentlich habt Ihr Euch nicht geängstigt über die Nachrichten aus Bologna und der Umgegend, es ist hier Alles ruhig und man ist mit der Furcht weggekommen. Aber wie sich die Bilder so schnell verschieben und wie die Zeit verfliegt. Ich ziehe mir die Lehre draus festzuhalten und mit allen Sinnen zu genießen, was ich eben habe, und da ist dann der Römische Carnaval eine liebe Erinnerung mehr, die ich zu den erlebten legen kann. Dieser plötzliche Wechsel vom tollsten Scherz zu bitterm Ernst hat etwas sehr ergreifendes, und wenn ich an die gedrängten bunten Straßen der vorigen Woche denke und dagegen die leeren werkeltagsmäßigen heute betrachte, so möchte ich doch wieder das Gespräch von der Gegenwart anfangen, auf das Du, lieber <persName xml:id="persName_bbe6d46c-0b75-4060-b2ee-73f1427c5c30">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, am Abend der silbernen Hochzeit gar nicht eingehn wolltest, zu dem ich aber doch wieder neue Argumente sammle, um es einmal wieder mit Dir anzufangen. Die Maßregeln der Regierung (vide infra) scheinen mir übrigens sehr gut gewesen zu sein, und so ist die allgemeine Ruhe nur durch einige Furcht, von Seiten der Römer, und durch weiter nichts gestört, und die ganze Sache für hier wohl vorbey; wie es sich mit dem Auslande gestaltet müssen wir erwarten. Ich will erst Eure Briefe vom 25<hi rend="superscript">sten</hi> beantworten, und dann ausführlich erzählen, was sich seitdem ereignet. Du schreibst mir, lieber Vater, von einer Confusion, die wegen einer Zahlung der <persName xml:id="persName_2344cb0e-c3e4-43fa-9ee7-9cffad75034d">Arnstein &amp; Esk.<name key="PSN0109544" style="hidden">Arnstein &amp; Eskeles, Bankhaus in Wien</name></persName> an mich obwalte, das kann nur eine Summe betreffen, die ich in Venedig nahm, wo ich in einer großen Verlegenheit war; <persName xml:id="persName_a187195a-84f6-4443-aabb-38419c6ec035">Arnst. &amp; Esk.<name key="PSN0109544" style="hidden">Arnstein &amp; Eskeles, Bankhaus in Wien</name></persName> hatten nämlich unbegreiflicherweise vergessen über meinen Creditbrief ein avviso vorauszuschicken, und das scheint hier zu Lande so nothwendig zu sein, daß die Banquiers in Venedig nicht allein mir kein Geld geben wollten, sondern sogar meinen Brief für einen nachgemachten zu halten schienen. Ich brachte einige Tage auf <persName xml:id="persName_6a8dbeb3-7249-4a27-ac96-1b31a68d4d3d">Pereira<name key="PSN0113800" style="hidden">Pereira-Arnstein, Adolf (Adolph) Freiherr von (1805-1846)</name></persName> wartend zu, der <persName xml:id="persName_7568e2f4-7ff3-4ae3-8af6-e12dd5b51b04">Hr. v. Sternfeld<name key="PSN0115122" style="hidden">Sternfeld, Herr von</name></persName> an den mich <persName xml:id="persName_dd231d74-1368-4d46-9a2d-1cb1ec967f39">Fränkel<name key="PSN0111141" style="hidden">Fränkel, Joseph Maximilian (1787-1857)</name></persName> empfohlen hatte, lief mit mir bei mehreren andern Kaufleuten herum, die sämmtlich noch unhöflicher waren, und es handelte sich nur von 100 fl die ich auf den Brief aus Wien für 2000 fl und auf den <persName xml:id="persName_1d6c5980-1a64-4262-82c9-e44690e70b80">Doxatschen<name key="PSN0110727" style="hidden">Doxat, Eugen</name><name key="PSN0110729" style="hidden">Doxat &amp; Co., Bankhaus in London</name></persName> für 500 Pfund haben wollte, kurz, endlich gab mir der <persName xml:id="persName_3887ea95-2f32-4823-982b-232f131ede6b">Hr. v. Sternfeld<name key="PSN0115122" style="hidden">Sternfeld, Herr von</name></persName> selbst die 100 fl und ich mußte an <persName xml:id="persName_6415c8a8-b4cf-4477-a908-9978f42dba15">Eskeles<name key="PSN0110950" style="hidden">Eskeles, (Denis) Daniel Bernhard Freiherr von (1803-1876)</name></persName> schreiben, daß sie sie ihm schicken möchten. Ich fand es unverzeihlich, jemand in solche Verlegenheit zu setzen, denn hätte <persName xml:id="persName_b2f2c2e5-af97-4b6e-bbfc-8a5fabb4e3ee">Sternf.<name key="PSN0115122" style="hidden">Sternfeld, Herr von</name></persName> mir das Geld nicht gegeben, so hätte ich nichts anfangen können, das ehrliche Gesicht half in Venedig nichts. Außerdem ist Alles in der Ordnung gegangen, ich habe in Florenz von <persName xml:id="persName_02da568a-0950-4ebd-93af-e562ffdba77c">Borri<name key="PSN0110035" style="hidden">F. Borri et Cie., Bankhaus in Florenz</name></persName> 200 fl genommen, und hier in Rom für jeden Monat 50 scudi, denn soviel brauche ich leider monatlich, da die zur Gesellschaft nöthigen Ausgaben, als Wagen, Wäsche, etc. hier übertrieben theuer sind. Außerdem habe ich noch die 50 scudi für die Musik der <persName xml:id="persName_aa980814-697c-4f31-b950-020703e001dd">Herzoginn von Dessau<name key="PSN0109499" style="hidden">Anhalt-Dessau, Friederike Wilhelmina Louise Amalia Herzogin von (1796-1850)</name></persName> bei <persName xml:id="persName_be0a763d-d602-4389-b032-c2278ac9fc9a">Valentini<name key="PSN0115441" style="hidden">Valentini, Vincenzo (1751-1842)</name></persName> erhoben. Da <persName xml:id="persName_5da5e03f-63c9-415c-9d0c-88396c2e7eb4">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName>, an den sie mich wegen des Transports und der Bezahlung wies, gar nichts davon wissen wollte, und da es unangenehm ist, in solcher Sache abschlägige Antworten zu erhalten, so habe ich lieber das Geld selbst genommen, mir genau aufgeben lassen, wie viel <persName xml:id="persName_eb9d7225-62ca-4633-917b-0b3811b51c1b">Valent.<name key="PSN0115441" style="hidden">Valentini, Vincenzo (1751-1842)</name></persName> dafür in Augsburg trassirt (104 fl 12 Xr) und werde ihr nun also schreiben diese Summe Dir wieder zu erstatten, und sich die Musik mit Fracht oder wie sie sonst will von hier kommen zu lassen. – Ich habe also für meinen Aufenthalt vom 1<hi rend="superscript">sten</hi> Nov. bis 1<hi rend="superscript">sten</hi> April 250 scudi genommen, und außerdem noch die 50 für die <persName xml:id="persName_2c6ac60a-81e0-44e5-80c0-dc05bffc3cc2">Herz. v. Dessau<name key="PSN0109499" style="hidden">Anhalt-Dessau, Friederike Wilhelmina Louise Amalia Herzogin von (1796-1850)</name></persName>, davon sind 150 bei <persName xml:id="persName_bfd7f6d4-3cad-4891-bb2c-502c4dedea03">Torlonia<name key="PSN0115359" style="hidden">Torlonia, Alessandro Raffaele Principe di Musignano (1800-1886)</name></persName>, und die andern 150 bei <persName xml:id="persName_c8501d4f-209c-4f62-9eb8-12c8505885ed">Valentini<name key="PSN0115441" style="hidden">Valentini, Vincenzo (1751-1842)</name></persName> erhoben, bei dem ich von jetzt an allein mein Reisegeld nehmen will, da die Fasten angehn und die Bälle vorbey sind, <persName xml:id="persName_c95e5ba9-437c-4c01-8d03-ff2793a072bc">Valent.<name key="PSN0115441" style="hidden">Valentini, Vincenzo (1751-1842)</name></persName> hat noch nichts darüber nach Augsburg gemeldet, da er sichs notirt wie er sagt, bis eine größre Summe zusammen ist. Mit dem Tagebuch halte ich es nun schon seit England so, daß ich kleine Bücher immer mit mir führe, in denen ich mir mit einem Worte aufnotire, was ich jeden Tag zu thun oder gethan habe, die vorherbestimmten Gänge um sie nicht bis dahin, und die gethanen um sie nicht nachher zu vergessen. So weiß ich genau, wo ich jeden Tag gewesen bin, was [ich g]enommen habe, und ist nun etwas davon näher zu beschreiben, so geschiehts in Briefen an Euch, oder in Zeichnung[en oder in] Musik; da brauche ich dann nicht viele Worte täglich zu machen, und verliere doch den Gang nicht aus dem Gedächtniß. D[u,] liebe <persName xml:id="persName_e2a1426d-59dc-4f51-a8ce-2292edfb1da8">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName>, willst über <persName xml:id="persName_8a596d9d-1c53-4cfe-9633-127daf8031a3">W. Benedicks<name key="PSN0109846" style="hidden">Benedicks, Wilhelm Alfred (1807-1868)</name></persName> etwas wissen, mir sagen die, die ihn in Neapel gesehn haben, er sey gar nicht gefährlich k[ran]k und es habe wohl nichts mit ihm zu sagen. <persName xml:id="persName_c7bb6a02-2474-43ed-8b6f-5932f0d1abed">Ad. Benedicks<name key="PSN0109840" style="hidden">Benedicks, Adolph (Adolphe) (1805-1836)</name></persName> ist nicht hier, auch <persName xml:id="persName_2fa8c987-7471-4dd7-9953-bf2021718082">Platen<name key="PSN0113897" style="hidden">Platen-Hallermünde, Karl August Georg Maximilian Graf von (1796-1835)</name></persName> nicht, den ich von weitem schon nicht leiden kann. Du bedauerst daß ich schabig aussehe, aber es hilft nichts, man setzt Fett daran, und tauscht Genuß dafür ein, ich befinde mich übrigens ganz wohl, und bin hoffentlich nur äußerlich ruppig, innen schwarz. Dir aber, o <persName xml:id="persName_b04d3e7f-0abe-445a-ae1c-c5a1febb4e34">Beckchen<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>, sey für die Tragebänderidee sehr gedankt, sie sind wirklich schon längst sehr invalid und ich müßte andere tragen, also schick mir wieder was, und denk Dir mich aus dem Fenster liegend, und <title xml:id="title_4943ce98-8b3f-4c0b-8c14-214f494b3f51">Hebels allemannische Gedichte<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109102" style="hidden" type="literature">Allemannische Gedichte</name></title> lesend, und vor Plaisir über den Span. [Pla]tz schreiend, mein Liebling ist Deiner: <title xml:id="title_38011a44-ffd6-43b4-9dd5-46590926a3c0">das Habermuß<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109104" style="hidden" type="literature">Das Habermus</name></title>, und dann besonders die <title xml:id="title_388062e6-3f5f-4d10-b5be-c4d9ce81c45a">Vergänglichkeit<name key="PSN0111793" style="hidden" type="author">Hebel, Johann Peter (1760-1826)</name><name key="CRT0109106" style="hidden" type="literature">Die Vergänglichkeit</name></title>, das Gespräch auf dem Ochsenkarren. Dir, liebe <persName xml:id="persName_36fad90d-2446-4339-8384-a5909439c912">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, danke ich noch für <title xml:id="title_15ff6a33-ed2a-450c-bb46-aedc9689d53b">Dein Lob meiner Blaseinstrumente<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_hbvv5r5r-kxvt-rudg-vm2s-1326re3aea81"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="appendices" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="appendix_B:_foreign_works" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="a)_arrangements_and_performance_devices" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100675" style="hidden">Georg Friedrich Händel, Dettinger Te Deum (Dettingen Te Deum) HWV 283, Instrumentation (Neuorchestrierung), 1829, mit späteren Revisionen<idno type="MWV">Anh. B–a</idno><idno type="op"></idno></name></title> zum <title xml:id="title_2e34f27b-afe1-4d2d-aaa0-b0d0dc225ce9">Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108975" style="hidden" type="music">Dettingen Te Deum HWV 283</name></title>, ich habe bestimmt nichts neues hinzugethan, und das ist das beste dabey; am liebsten habe ich aber <title xml:id="title_5c828da1-73d1-4fea-b1b5-9de7d8e53766">die Flöten und Clarinett.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_nfj6pgoa-xqvp-g7uo-psv9-wkhfk4piuwdu"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="appendices" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="appendix_B:_foreign_works" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="a)_arrangements_and_performance_devices" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100675" style="hidden">Georg Friedrich Händel, Dettinger Te Deum (Dettingen Te Deum) HWV 283, Instrumentation (Neuorchestrierung), 1829, mit späteren Revisionen<idno type="MWV">Anh. B–a</idno><idno type="op"></idno></name></title> zu dem <title xml:id="title_4082ad13-3d77-41d8-b95d-26b58ec1812e">g dur Chor<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108975" style="hidden" type="music">Dettingen Te Deum HWV 283</name></title> (der heil. 12 Boten Zahl) Und nun zur Erzählung. Donnerstag (giovedi grasso) waren wir noch im Superlativ toll, Confetti, Bonbons, Blumen, Devisen, flogen in Massen über den Corso, namentlich sprang ich bei <persName xml:id="persName_53506316-a09e-4ca3-bad2-6e8b8e941b41">Vernets<name key="PSN0115491" style="hidden">Vernet, Familie von → Emile Jean Horace V.</name></persName> hinten auf und bombardirte von da bis ich mich verschoß und sie mir ihre Tüten über den Kopf ausschütteten, die Pferde rannten gut, Abends zogen Masken über den spanischen Platz, im Caffeehaus saß eine elegante Dame und rauchte ihre Cigarre; Freitag war Ruhetag, und Sonnabend früh machten wir eine Partie zu Pferde um die Ringmauern von Rom, das hielt uns bis drei auf, wir kommen durch die porta del popolo zurück, wundern uns noch keine Wagen zu sehen, ich kleide mich eilig um, kaufe mir die Taschen voll Confetti, die Leute lachen heimlich, ich begreife nicht weshalb, so komme ich ganz munter in den Corso. Aber der ist schwarz von Männern mit ernsten Gesichtern, keine Maske, keine Dame, kein Wagen, es machte einen fatal unheimlichen Eindruck und endlich fand ich an der Ecke ein Edict, dessen Kürze und Bestimmtheit im Gegensatz zu den Possen sehr schlagend war; es fing an: La sopravenienza di gravi circostanzi impone che cessi il Carnevale nei tre giorni che da oggi ne rimangono. – Niuno pertanto si permetterà di andare in maschera, le Corse dei Cavalli ed i Festini non si eseguiranno e taceranno altresi le rappresentazioni Teatrali. Wer dagegen handelte, würde streng bestraft werden, und damit war es aus. Es waren die Nachrichten von den Unruhen aus Bologna, Ancona usw. gekommen, man hatte in Rom selbst Unruhstifter entdeckt, und das Militair, statt die Masken im Zaume zu halten, stand mit geladnen Gewehren auf den verschiednen Plätzen. Abends griffen wirklich 10 – 12 junge Leute auf piazza Colonna die Soldaten an, wurden aber sogleich verhaftet, und es hat sich seitdem nichts weiter zugetragen. Doch erscheinen fortwährend Edicte mit steigender Strenge und Bestimmtheit. Am Sonnabend Abend wurden die Fremden aufgefordert sich sämmtlich bei ihren Gesandten zu melden, die Wirthe die Namen derselben einzureichen, die Gesandten für ihre Landsleute zu bürgen; letzteres haben die meisten abgelehnt, und wohl auch mit Recht. Sonntag wurde aufgefordert für Erhaltung der Ruhe zu beten, und zu dem Ende zwei wunderthätige Marienbilder und die Ketten des <persName xml:id="persName_b92ba7a2-d34a-4723-8944-7b86f3e75e0d">heil. Petrus<name key="PSN0113835" style="hidden">Petrus (lat., der Fels)</name></persName> in Pietro in vincoli öffentlich ausgestellt. Gestern Abend erschien ein Edict, das jeden Bürger auffordert sich zu bewaffnen und zu seiner Section zu begeben, sobald die Kanone gelös’t und die Glocken geläutet werden. Der <placeName xml:id="placeName_408e7f00-ab38-4d33-9896-c478bb8cd66c">Vatikan<name key="SGH0100256" style="hidden" subtype="" type="sight">Palazzo Vaticano</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> ist geschlossen und sogar in die Colonnaden von <placeName xml:id="placeName_19210f45-b8a7-4eaf-b012-b34efffee9ea">St. Peter<name key="SGH0100229" style="hidden" subtype="" type="sight">San Pietro in Vaticano (Petersdom)</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> lassen die Schweizer niemand ein. Alles ist aufmerksam und ruhig, und da die untern Volksklassen den lebhaftesten Antheil <hi rend="underline">für</hi> den <persName xml:id="persName_b4afc5d3-05b3-4e06-b68f-c4868cdaf989">Papst<name key="PSN0111521" style="hidden">Gregor XVI. (eigtl. Bartolomeo Alberto [Mauro] Cappellari) (1765-1846)</name></persName> nehmen, und es schon bewiesen haben durch Deputationen, vivats und so fort, so scheint mir auch alles schon abgemacht. Die Mittelklassen scheinen sich aber entsetzlich zu fürchten, alle Häuser sind Abends verrammelt, man frägt 3mal ehe man öffnet, die Laden geschlossen, kein Mensch auf den Straßen; an lustigen Zügen fehlt es wieder nicht, aber das Allerschönste ist, das die Deutschen Maler sich ihre Schnurrbärte abschneiden, aus Furcht. Sie denken nämlich, die Wuth des Pöbels werde sich zuerst gegen die Ersten richten (dafür halten sie sich wahrscheinlich) oder eigentlich wirklich gegen die Fremden und da ein Schnauzbart das Schenkenschild eines Deutschen Malers ist, das er nach Kräften weit aushängt, so ziehn sie es ein, und sehen in Kriegszeiten zahm aus. Auf diese Brut habe ich einen ganz absonderlichen Grimm. Sie affectiren Aekelhaftigkeit. Bei alle dem ist der Sonnenschein so hell und klar, und das Wetter so warm, daß es eine Freude ist; man geht spazieren, trinkt Luft, das schmeckt gar zu schön.</p><p>Nach dieser treuen Beschreibung werdet Ihr Euch also hoffentlich nicht beunruhigen, wenn auch die französ. Zeitungen, wie wohl nicht fehlen wird, von Gefechten in den Straßen, barricades us.w. sprechen werden. Wir wissen hier nichts davon, sollte sich aber etwas Neues ereignen so schreibe ich die nächsten Posttage wieder. Wo nicht aber, so bleibts bis heut über 8 Tage. Und das ist zu hoffen. <seg type="closer" xml:id="seg_d904686d-7f69-4fba-b6ae-437b5ae774cf">Lebt wohl.</seg></p><signed rend="right">F.</signed></div></body></text></TEI>