fmb-1830-12-01-01
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Rom, 1. Dezember 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich komme eben vom andere Trümmer sind niederschlagend und melancholisch, die Ruinen hier sind die festesten Denkmäler einer reichen Vergangenheit, und wenn mich anderswo Alles an die Zerstörung und den Untergang erinnerte, so freue ich mich hier der ewig bleibenden Größe und Allgewalt. So steht das
(Die Worte sind wohl nicht so, doch sprechen sie so undeutlich aus, daß man nicht unterscheiden kann, was für Worte, oder ob sie überhaupt welche singen.) Nun lösen sich auch die vorsingenden Priester ab, und jeder folgende setzt in einem ganz verschiedenen Ton ein; ich hörte z. B. den Chor in D dur schließen, dann eine kleine Pause, und nun fing der folgende Geistliche in B moll an:
Es macht eine ganz seltsame Wirkung, man verliert ganz und gar das Gefühl einer Tonart und folgt nun ohne Faden den Tönen, die herauf und herunter steigen, bis denn der erste Klang eines Musikstücks sich wieder ausbreitet, Einem das Gefühl der Musik wiedergiebt und die Ungewißheit vollkommen auflöst. – Dazu wird der Gottesdienst in der
Rom, den 1. December 1830. Lieber Herr Professor! Ich komme eben vom Quirinal herunter, wo der Papst gestern Abend gestorben ist, und da nun wohl in der nächsten Zeit sich zum Schreiben wenig Muße finden wird, so will ich nicht säumen, Ihnen heut für Ihren lieben Brief zu danken und Sie zu bitten, mir, so bald es Ihre Zeit erlaubt, wieder einige Zeilen zukommen zu lassen. Sie wissen, wie Sie mich jedesmal dadurch erfreuen, und so hoffe ich bald wieder etwas von Ihrer Hand zu erhalten. Den verlangten Bericht nun von hier anzufangen, wird mir ein wenig schwer, weil so unendlich viel zu erzählen, so mannigfache herrliche Eindrücke zu beschreiben sind, daß man nicht weiß, wo man anfangen soll. Der Eindruck des ganzen Roms ist so ernsthaft, so durch und durch in’s Innere dringend und so heiter erhebend, wie man sich das Leben des Alterthums vorstellen möchte: andere Trümmer sind niederschlagend und melancholisch, die Ruinen hier sind die festesten Denkmäler einer reichen Vergangenheit, und wenn mich anderswo Alles an die Zerstörung und den Untergang erinnerte, so freue ich mich hier der ewig bleibenden Größe und Allgewalt. So steht das Colosseum und die Basilika des Constantin da, und jeder Mensch, der sieht, wie alles das auch von Menschen gemacht ist, muß sich erhoben fühlen. Auch verdanke ich dem, was nicht die eigentliche, unmittelbare Musik ist: den Ruinen, den Bildern, der Heiterkeit der Natur, am meisten Musik. – Von der musikalischen Musik (wenn ich so sagen darf) habe ich aber auch schon mancherlei und Interessantes erfahren und will es herzuzählen suchen. Die Cappella del sommo pontifice (die päpstliche Kapelle) habe ich viermal gehört, zweimal im Quirinal (der Sommerwohnung des Papstes), einmal in S. Carlo und vorigen Sonntag in der Sixtinischen Kapelle. Es ist ein Chor von Geistlichen, die nur in Gegenwart des Papstes oder seines Stellvertreters singen; ihre regelmäßige volle Anzahl ist 32, doch sollen sie selten vollzählig sein. Der Director selbst singt mit und dirigirt mit seiner Stimme, indem er Allen einhilft und vom tiefen Baß schnell zu einem Discant-Eintritt in’s Falsett überspringt, wo es Noth thut. Knabenstimmen sind gar nicht dabei und bis jetzt nie dabei gewesen, und Baini, der darüber klagte, daß sich von Jahr zu Jahr weniger Soprane fänden, nahm es fast übel, als ich fragte, ob man dem Mangel nicht durch Knabenstimmen abhelfen wolle. Was man von der besonderen Art des Vortrags zu erzählen pflegt, der sich durch Tradition in der päpstlichen Kapelle für die Palestrina’sche Musik erhalten haben soll, so habe ich davon sehr wenig bemerken können. Die einzige Eigenthümlichkeit in ihrer Art zu singen fand ich darin, daß sie meistentheils und fast durchgängig mit der äußersten Kraft ihrer Stimmen singen und die langen Noten aus voller Kehle in gleicher Stärke aushalten, so daß wir es bei uns, glaub’ ich, fehlerhaft nennen würden; es thut aber bei den schönen, breiten Stimmen der Bässe und auch bei den Tenören zuweilen sehr gut, nur bei den Oberstimmen wird es oft zu einem widrigen Kreischen. Eine andere Eigenthümlichkeit wäre noch etwa das Beibehalten der kleinen Verzierungen und Trillerchen, wie sie im Anfang des vorigen Jahrhunderts beliebt waren; indessen ist das wohl fast ein Fehler zu nennen, da sie alle Mittelstimmen ohne Unterschied mit diesen Zusetzungen bereichern, sodaß zuweilen sonderbare Klänge zum Vorschein kommen. Statt singen sie zum Beispiel fast immer ; statt immer, und im dies irae sangen sie durchgängig statt und statt ähnlicher Stellen so . Sie können sich denken, welche sonderbare Wirkung dies nun hat, wenn es durch eine ganze Messe in allen Mittelstimmen durchgeführt wird. Die Art übrigens statt zu singen und überhaupt ihre Manier, die Noten ganz ineinander herüberzuziehen, ist zuweilen sehr an ihrer Stelle, und giebt dem Ganzen einen schönen weichen Klang, und wenn auch zu Zeiten ganz seltsame Dissonanzen daraus entstehen, so thut auch das in der Musik, die sie singen, gar nicht übel; bei Sebastian Bach sollten sie es wohl bleiben lassen. Ihre Musik ist, wie ihr feierlicher Gottesdienst, sehr geschickt auf großen Effect berechnet und bringt ihn auch hervor. Die Leute wundern sich, daß der Palestrina hier so viel Wirkung thue und in Deutschland weniger, und doch ist es ganz natürlich: vor jedem Musikstück singt der ganze Chor die Responsorien, und zwar so, daß Tenor und Baß immer in Terzen gehn, und Alt und Sopran unisono mit dem Baß in Octaven. So z. B. u. s. w. Das dauert oft sehr lange, und wird ebenfalls mit voller Stimme so stark als möglich gesungen, und wenn sie nun endlich eins von jenen Stücken anfangen, so thut meistens schon der bloße Klang des ersten Accordes eine schöne Wirkung. Ja in den Responsorien selbst bringen sie zuweilen, aber sehr selten, vollkommene Schlußfälle an, und auch das macht sich dann ganz prächtig, und ist eben nichts als . Auch blos im unisono singen sie Responsorien, z. B. folgendes, das sie sehr oft wiederholen, und das ich auf dem Quirinal nachgeschrieben: (Die Worte sind wohl nicht so, doch sprechen sie so undeutlich aus, daß man nicht unterscheiden kann, was für Worte, oder ob sie überhaupt welche singen. ) Nun lösen sich auch die vorsingenden Priester ab, und jeder folgende setzt in einem ganz verschiedenen Ton ein; ich hörte z. B. den Chor in D dur schließen, dann eine kleine Pause, und nun fing der folgende Geistliche in B moll an: Es macht eine ganz seltsame Wirkung, man verliert ganz und gar das Gefühl einer Tonart und folgt nun ohne Faden den Tönen, die herauf und herunter steigen, bis denn der erste Klang eines Musikstücks sich wieder ausbreitet, Einem das Gefühl der Musik wiedergiebt und die Ungewißheit vollkommen auflöst. – Dazu wird der Gottesdienst in der Sixtina gehalten, wo die Propheten und Sibyllen, und das jüngste Gericht von Michel Angelo sind; der Papst sitzt auf dem Throne, umgeben von allen Cardinälen, deren jedem wieder sein Abt in dem violetten Mantel zu Füßen sitzt. Schaaren von Mönchen, jungen Geistlichen knieen außerhalb; das Ganze macht eine wunderbar ernste, reiche Wirkung. Sie sangen das erstemal ein Dies irae von Baini, dann eines von Pittoni; in S. Carlo eine Messe von Palestrina; in der Sixtina ein Motett von Allegri. Übrigens hatte ich Gelegenheit, mit einem päpstlichen Sänger, und zwar dem primo tenore aus einem Blatt etwas von Palestrina zu singen, und behaupte, daß ich die Noten besser getroffen habe, als er; er setzte sehr unsicher ein. Nun ist jeden Tag Requiem für den Papst, und ich werde sie nicht versäumen. – Beifolgender Brief ist vom Abbate Santini, der eine ausgezeichnete musikalische Bibliothek besitzt; er hat mehrere seiner Partituren für Sie abschreiben und zierlich einbinden lassen und wartet nur auf eine Gelegenheit, sie Ihnen zuzuschicken; es sind vier dicke Bände, meistens Palestrina’sche Musik enthaltend; er ist es, der den Tod Jesu übersetzt hat und in Neapel zur Aufführung bringt; in einem Brief, den er von dort aus erhalten hat, heißt es unter Anderm: Tutti i nostri dilettanti non vogliono udire adesso che musica di Graun et di Hendele; tanto è vero che il vero bello non si puo perder mai. Er nimmt sich vor, noch mehr deutsche Musik hier bekannt zu machen, und übersetzt zu dem Ende Ihre Motette: „Der Mensch lebt und bestehet“ und Seb. Bach’s „Singet dem Herrn ein neues Lied“ in’s Lateinische, und den Judas Maccabäus von Händel in’s Italienische. Er ist die Gefälligkeit selbst und ein sehr liebenswürdiger alter Herr. Wenn Sie ihm bei Gelegenheit Manches von deutscher Musik könnten zukommen lassen, so wäre sein höchster Wunsch erfüllt; denn all’ sein Sinnen und Trachten geht nun dahin, die deutsche Kirchenmusik in Italien einzuführen, und er besitzt von Seb. Bach bis jetzt nur die gedruckten Motetten und das Magnificat, von Graun nur das Te deum und die Passion; Trautwein steht mit ihm in Verbindung, glaub’ ich; er hat ihm wenigstens schon Mehreres geschickt, und auf die Seb. Bach’sche Passion wartet er täglich mit Ungeduld. – Von meiner persönlichen Bekanntschaft mit Baini und mehreren von der päpstlichen Kapelle, von ihren Compositionen u. s. w. schreibe ich das nächstemal; ebenso auch von der übrigen Kirchenmusik, den Orgeln, dem Gesang der Nonnen u. s. w. Auch von den Theatern, dem Orchester und den musikalischen Gesellschaften habe ich viel Lustiges zu erzählen; aber das Glockenläuten und die gedämpften Trommeln draußen rufen mich ab. Es ist übrigens warme Frühlingsluft, Sonnenschein, und ich schreibe bei offenem Fenster. Leben Sie wohl und gedenken Sie freundlich Ihres treuen Felix Mendelssohn Bartholdy.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1830-12-01" xml:id="date_34a9a20f-d0e1-48f8-8c5b-e3effab002d3">1. 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Sie wissen, wie Sie mich jedesmal dadurch erfreuen, und so hoffe ich bald wieder etwas von Ihrer Hand zu erhalten. Den verlangten Bericht nun von hier anzufangen, wird mir ein wenig schwer, weil so unendlich viel zu erzählen, so mannigfache herrliche Eindrücke zu beschreiben sind, daß man nicht weiß, wo man anfangen soll. Der Eindruck des ganzen Roms ist so ernsthaft, so durch und durch in’s Innere dringend und so heiter erhebend, wie man sich das Leben des Alterthums vorstellen möchte: <hi rend="underline">andere</hi> Trümmer sind niederschlagend und melancholisch, die Ruinen <hi rend="underline">hier</hi> sind die festesten Denkmäler einer reichen Vergangenheit, und wenn mich anderswo Alles an die Zerstörung und den Untergang erinnerte, so freue ich mich hier der ewig bleibenden Größe und Allgewalt. 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Die <placeName xml:id="placeName_05f23315-c813-45fe-865e-ef16f3e6a468">Cappella del sommo pontifice<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="locality">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> (die päpstliche Kapelle) habe ich viermal gehört, zweimal im <placeName xml:id="placeName_fca0edd6-fa41-4742-bf15-0e8036967b3c">Quirinal<name key="SGH0100254" style="hidden" subtype="" type="sight">Palazzo Quirinale</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> (der Sommerwohnung des Papstes), einmal in S. 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Der <persName xml:id="persName_9a21b4fa-af53-493d-9122-2ccfff586429">Director<name key="PSN0109567" style="hidden">Astolfi, Mariano (1790-1854)</name></persName> selbst singt mit und dirigirt mit seiner Stimme, indem er Allen einhilft und vom tiefen Baß schnell zu einem Discant-Eintritt in’s Falsett überspringt, wo es Noth thut. Knabenstimmen sind gar nicht dabei und bis jetzt nie dabei gewesen, und <persName xml:id="persName_48a93c53-fb52-4fa8-8016-a285aa37600c">Baini<name key="PSN0109643" style="hidden">Baini, Giuseppe Giacobbe Baldassar(r)e (1775-1844)</name></persName>, der darüber klagte, daß sich von Jahr zu Jahr weniger Soprane fänden, nahm es fast übel, als ich fragte, ob man dem Mangel nicht durch Knabenstimmen abhelfen wolle. Was man von der besonderen Art des Vortrags zu erzählen pflegt, der sich durch Tradition in der <placeName xml:id="placeName_ac807c6d-7c86-4404-bef2-b73e44e97ca1">päpstlichen Kapelle<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> für die <persName xml:id="persName_0eb7070e-35ce-427b-b01a-9f8662e75e83">Palestrina’sche<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> Musik erhalten haben soll, so habe ich davon sehr wenig bemerken können. Die einzige Eigenthümlichkeit in ihrer Art zu singen fand ich darin, daß sie meistentheils und fast durchgängig mit der äußersten Kraft ihrer Stimmen singen und die langen Noten aus voller Kehle in gleicher Stärke aushalten, so daß wir es bei uns, glaub’ ich, fehlerhaft nennen würden; es thut aber bei den schönen, breiten Stimmen der Bässe und auch bei den Tenören zuweilen sehr gut, nur bei den Oberstimmen wird es oft zu einem widrigen Kreischen. Eine andere Eigenthümlichkeit wäre noch etwa das Beibehalten der kleinen Verzierungen und Trillerchen, wie sie im Anfang des vorigen Jahrhunderts beliebt waren; indessen ist das wohl fast ein Fehler zu nennen, da sie alle Mittelstimmen ohne Unterschied mit diesen Zusetzungen bereichern, sodaß zuweilen sonderbare Klänge zum Vorschein kommen. Statt <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_fb35226e-f610-450ea-94a3b-654fef7149ed" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> singen sie zum Beispiel fast immer <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_a7492ab9-9ce9-9bcda-088ee-dc36e5615896" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> ; statt <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_46eaecd1-5ddf-0debc-1a039-4afd34426269" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> immer <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_a7516750-9726-4cd9d-d3f97-01b36bb1ecfd" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> , und im dies irae sangen sie durchgängig statt <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_9535ea0d-c785-4c8ee-3eda5-0da45d8ca6c6" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> und statt ähnlicher Stellen so <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_024fe49e-5c2b-10f56-01ac2-b5391dcc5446" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> . Sie können sich denken, welche sonderbare Wirkung dies nun hat, wenn es durch eine ganze Messe in allen Mittelstimmen durchgeführt wird. Die Art übrigens statt <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_043e4456-2f49-77559-5d7ca-bc2639e31b4c" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> zu singen <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_2dbb84b8-5d17-52132-05985-8a4c15d46e0d" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> und überhaupt ihre Manier, die Noten ganz ineinander herüberzuziehen, ist zuweilen sehr an ihrer Stelle, und giebt dem Ganzen einen schönen weichen Klang, und wenn auch zu Zeiten ganz seltsame Dissonanzen daraus entstehen, so thut auch das in der Musik, die sie singen, gar nicht übel; bei <persName xml:id="persName_f7e3ba51-4ea5-467c-9029-df723cb32e5c">Sebastian Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> sollten sie es wohl bleiben lassen. Ihre Musik ist, wie ihr feierlicher Gottesdienst, sehr geschickt auf großen Effect berechnet und bringt ihn auch hervor. Die Leute wundern sich, daß der <persName xml:id="persName_3934727f-b75e-4d82-9dd3-ee34bffe1ef6">Palestrina<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> hier so viel Wirkung thue und in Deutschland weniger, und doch ist es ganz natürlich: vor jedem Musikstück singt der ganze Chor die Responsorien, und zwar so, daß Tenor und Baß immer in Terzen gehn, und Alt und Sopran unisono mit dem Baß in Octaven. So z. B. <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_f34922d6-bd17-71681-367c2-f07c75390f60" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> u. s. w. Das dauert oft sehr lange, und wird ebenfalls mit voller Stimme so stark als möglich gesungen, und wenn sie nun endlich eins von jenen Stücken anfangen, so thut meistens schon der bloße Klang des ersten Accordes eine schöne Wirkung. Ja in den Responsorien selbst bringen sie zuweilen, aber sehr selten, vollkommene Schlußfälle an, und auch das macht sich dann ganz prächtig, und ist eben nichts als <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_d6eff2eb-d581-11538-dac61-9ce7e4c9b5e5" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> . Auch blos im unisono singen sie Responsorien, z. B. folgendes, das sie sehr oft wiederholen, und das ich auf dem <placeName xml:id="placeName_bdf88589-0b81-48cd-9349-dbe7057ce1ba">Quirinal<name key="SGH0100254" style="hidden" subtype="" type="sight">Palazzo Quirinale</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> nachgeschrieben: </p> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_eca838e0-9c9d-22d0d-6c4a0-56576e3b5ad7" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> <p style="paragraph_without_indent">(Die Worte sind wohl nicht so, doch sprechen sie so undeutlich aus, daß man nicht unterscheiden kann, was für Worte, oder ob sie überhaupt welche singen.) Nun lösen sich auch die vorsingenden Priester ab, und jeder folgende setzt in einem ganz verschiedenen Ton ein; ich hörte z. B. den Chor in D dur schließen, dann eine kleine Pause, und nun fing der folgende Geistliche in B moll an:</p> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_29a74a52-d57b-4ff62-ae86b-2bf5d324a751" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> <p style="paragraph_without_indent">Es macht eine ganz seltsame Wirkung, man verliert ganz und gar das Gefühl einer Tonart und folgt nun ohne Faden den Tönen, die herauf und herunter steigen, bis denn der erste Klang eines Musikstücks sich wieder ausbreitet, Einem das Gefühl der Musik wiedergiebt und die Ungewißheit vollkommen auflöst. – Dazu wird der Gottesdienst in der <placeName xml:id="placeName_0b6f9cc7-32d9-433f-bcea-5a8bb1e1b7a0">Sixtina<name key="SGH0100582" style="hidden" subtype="" type="sight">Cappella Sistina (Sixtinische Kapelle)</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="locality">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> gehalten, wo die <title xml:id="title_a3564bbc-a27d-4b8d-ae40-fd1a1a656ba1">Propheten<name key="PSN0113332" style="hidden" type="author">Michelangelo Buonarroti (1475-1564)</name><name key="CRT0109982" style="hidden" type="art">Propheten</name></title> und <title xml:id="title_50a10d9e-4c8b-4c8a-896b-ff0042fa39de">Sibyllen<name key="PSN0113332" style="hidden" type="author">Michelangelo Buonarroti (1475-1564)</name><name key="CRT0109983" style="hidden" type="art">Sibyllen</name></title>, und <title xml:id="title_d89f3751-89b3-4f15-9c79-74556b92330e">das jüngste Gericht von Michel Angelo<name key="PSN0113332" style="hidden" type="author">Michelangelo Buonarroti (1475-1564)</name><name key="CRT0109981" style="hidden" type="art">Das jüngste Gericht</name></title> sind; der <persName xml:id="persName_6e6d5ff8-1774-4e9a-98e9-732f302b9250">Papst<name key="PSN0113892" style="hidden">Pius VIII. (eigtl. Francesco Saverio Graf Castiglioni) (1761-1830)</name></persName> sitzt auf dem Throne, umgeben von allen Cardinälen, deren jedem wieder sein Abt in dem violetten Mantel zu Füßen sitzt. Schaaren von Mönchen, jungen Geistlichen knieen außerhalb; das Ganze macht eine wunderbar ernste, reiche Wirkung. Sie sangen das erstemal ein <title xml:id="title_a42bac36-98fa-42c5-adfe-546eae1e689c">Dies irae von Baini<name key="PSN0109643" style="hidden" type="author">Baini, Giuseppe Giacobbe Baldassar(r)e (1775-1844)</name><name key="CRT0107932" style="hidden" type="music">Dies irae a 7</name></title>, dann <title xml:id="title_3bbb55ae-0ec9-41bf-afc7-815dd92856c3">eines von Pittoni<name key="PSN0113890" style="hidden" type="author">Pitoni, Giuseppe Ottavio (1657-1743)</name><name key="CRT0110324" style="hidden" type="music">Dies irae</name></title>; in S. Carlo <title xml:id="title_c962a649-72bc-4686-b3f8-f09ae9736aa2">eine Messe von Palestrina<name key="PSN0113727" style="hidden" type="author">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name><name key="CRT0110277" style="hidden" type="music">Messe</name></title>; in der Sixtina ein <title xml:id="title_501b13f3-881a-4b33-8815-965cc37959b2">Motett von Allegri<name key="PSN0109439" style="hidden" type="author">Allegri, Gregorio (1582-1652)</name><name key="CRT0107633" style="hidden" type="music">Motette</name></title>. Übrigens hatte ich Gelegenheit, mit einem päpstlichen Sänger, und zwar dem <persName xml:id="persName_63994ef8-1f81-4c24-999c-bad07d8c55a8">primo tenore<name key="PSN0110063" style="hidden">Bovieri, Don Pietro Paolo (1793-1877)</name></persName> aus einem Blatt etwas von <persName xml:id="persName_f42402d6-a68e-41c7-a386-e93d23157b32">Palestrina<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> zu singen, und behaupte, daß ich die Noten besser getroffen habe, als er; er setzte sehr unsicher ein. Nun ist jeden Tag Requiem für den <persName xml:id="persName_2cf3fc16-7c79-435c-8ef9-56676fd3464f">Papst<name key="PSN0113892" style="hidden">Pius VIII. (eigtl. Francesco Saverio Graf Castiglioni) (1761-1830)</name></persName>, und ich werde sie nicht versäumen. – Beifolgender Brief ist vom <persName xml:id="persName_652e342a-bd10-4254-9057-efb5992e189c">Abbate Santini<name key="PSN0114459" style="hidden">Santini, Fortunato (1778-1861)</name></persName>, der eine ausgezeichnete musikalische Bibliothek besitzt; er hat mehrere seiner Partituren für Sie abschreiben und zierlich einbinden lassen und wartet nur auf eine Gelegenheit, sie Ihnen zuzuschicken; es sind vier dicke Bände, meistens <persName xml:id="persName_17095cb0-c578-40ae-9ee6-6c3bda1fc0d7">Palestrina’sche<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> Musik enthaltend; er ist es, der den <title xml:id="title_4d55cacd-24b1-449b-b714-458361e7e768">Tod Jesu<name key="PSN0111513" style="hidden" type="author">Graun, Carl Heinrich (?-1759)</name><name key="CRT0108894" style="hidden" type="music">Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2</name></title> <title xml:id="title_4d919ad9-4d68-489f-ba26-8565d5272f9c">übersetzt hat<name key="PSN0114459" style="hidden" type="author">Santini, Fortunato (1778-1861)</name><name key="CRT0110621" style="hidden" type="literature">Carl Heinrich Graun, Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2 (ital. Übersetzung)</name></title> und in Neapel zur Aufführung bringt; in einem Brief, den er von dort aus erhalten hat, heißt es unter Anderm: Tutti i nostri dilettanti non vogliono udire adesso che musica di <persName xml:id="persName_bd9aa0ef-03bc-478a-95de-daa73f6da820">Graun<name key="PSN0111513" style="hidden">Graun, Carl Heinrich (?-1759)</name></persName> et di <persName xml:id="persName_793513c8-aa0c-4215-91da-d0d80fdb1587">Hendele<name key="PSN0111693" style="hidden">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name></persName>; tanto è vero che il vero bello non si puo perder mai. Er nimmt sich vor, noch mehr deutsche Musik hier bekannt zu machen, und übersetzt zu dem Ende <title xml:id="title_c0f079e2-283a-4ddd-92e2-468bd7eadc56">Ihre Motette<name key="PSN0115916" style="hidden" type="author">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name><name key="CRT0111328" style="hidden" type="music">Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit</name></title>: <title xml:id="title_8e49e254-7029-4000-8029-cc3beb0144b3">„Der Mensch lebt und bestehet“<name key="PSN0114459" style="hidden" type="author">Santini, Fortunato (1778-1861)</name><name key="CRT0110620" style="hidden" type="literature">Carl Friedrich Zelter, Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit (lat. Übersetzung)</name></title> und <title xml:id="title_7c5b2c06-71a0-4afc-9cf9-11b5a8a4e39f">Seb. Bach’s „Singet dem Herrn ein neues Lied“<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name></title> <title xml:id="title_6c9a6bca-344b-4773-a7c8-eb915286f900">in’s Lateinische<name key="PSN0114459" style="hidden" type="author">Santini, Fortunato (1778-1861)</name><name key="CRT0110623" style="hidden" type="literature">Johann Sebastian Bach, Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225 (lat. Übersetzung)</name></title>, und den <title xml:id="title_d67da199-b171-4873-bee1-a6edf48ccaac">Judas Maccabäus von Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0108993" style="hidden" type="music">Judas Maccabaeus HWV 63</name></title> <title xml:id="title_dc1a60c4-1a43-44ca-845c-c91d53dab6c5">in’s Italienische<name key="PSN0114459" style="hidden" type="author">Santini, Fortunato (1778-1861)</name><name key="CRT0110622" style="hidden" type="literature">Georg Friedrich Händel, Judas Maccabaeus HWV 63 (ital. Übersetzung)</name></title>. Er ist die Gefälligkeit selbst und ein sehr liebenswürdiger alter Herr. Wenn Sie ihm bei Gelegenheit Manches von deutscher Musik könnten zukommen lassen, so wäre sein höchster Wunsch erfüllt; denn all’ sein Sinnen und Trachten geht nun dahin, die deutsche Kirchenmusik in Italien einzuführen, und er besitzt von <persName xml:id="persName_e511a304-a001-4555-9e47-01f3e6c96360">Seb. Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> bis jetzt nur die <title xml:id="title_a3422746-cada-4a4b-b7be-1b489898731b">gedruckten Motetten<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107750" style="hidden" type="music">Der Geist hilft unser Schwachheit auf BWV 226 (BC C 2)</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107770" style="hidden" type="music">Jesu, meine Freude BWV 227</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107749" style="hidden" type="music">Fürchte dich nicht, ich bin bei dir BWV 228</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107777" style="hidden" type="music">Komm, Jesu, komm BWV 229</name></title> und das <title xml:id="title_714212b2-2006-4d2a-90a5-c5eabe4d94b3">Magnificat<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107792" style="hidden" type="music">Magnificat (Es-Dur-Fassung) BWV 243a</name></title>, <title xml:id="title_2719602a-4035-43bc-b7ba-a2d684d4013c">von Graun nur das Te deum<name key="PSN0111513" style="hidden" type="author">Graun, Carl Heinrich (?-1759)</name><name key="CRT0108893" style="hidden" type="music">Te Deum GraunWV B : VI : 2</name></title> und die <title xml:id="title_1a745fec-7f69-4bdb-901d-f82c5956e147">Passion<name key="PSN0111513" style="hidden" type="author">Graun, Carl Heinrich (?-1759)</name><name key="CRT0108894" style="hidden" type="music">Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2</name></title>; <persName xml:id="persName_d0945aa4-00c3-4029-819b-b4afbce566c4">Trautwein<name key="PSN0115371" style="hidden">Trautwein, Traugott (1787-1865)</name></persName> steht mit ihm in Verbindung, glaub’ ich; er hat ihm wenigstens schon Mehreres geschickt, und auf <title xml:id="title_b46a7bf2-f924-43c4-a81d-ca41122a8e54">die Seb. Bach’sche Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> wartet er täglich mit Ungeduld. – Von meiner persönlichen Bekanntschaft mit <persName xml:id="persName_273c4874-a652-4c50-b6ed-71e5a1efdb5c">Baini<name key="PSN0109643" style="hidden">Baini, Giuseppe Giacobbe Baldassar(r)e (1775-1844)</name></persName> und mehreren von der <placeName xml:id="placeName_381c163d-930e-44b6-a175-92e2033e6fc1">päpstlichen Kapelle<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, von ihren Compositionen u. s. w. schreibe ich das nächstemal; ebenso auch von der übrigen Kirchenmusik, den Orgeln, dem Gesang der Nonnen u. s. w. Auch von den Theatern, dem Orchester und den musikalischen Gesellschaften habe ich viel Lustiges zu erzählen; aber das Glockenläuten und die gedämpften Trommeln draußen rufen mich ab. Es ist übrigens warme Frühlingsluft, Sonnenschein, und ich schreibe bei offenem Fenster. <seg type="closer" xml:id="seg_c6b9969b-dbef-4905-8c54-7aab91898a0e">Leben Sie wohl und gedenken Sie freundlich</seg></p> <closer rend="left" xml:id="closer_23ce3e99-7fb5-47b8-b2f0-f06f7a4411fb">Ihres treuen</closer> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed> </div></body> </text></TEI>