fmb-1830-11-29-01
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Rom, 29. November 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel, Vermerk von fremder Hand auf der Adressenseite: »Rom. 29 Nov. 830.«
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Pereira-Arnstein
Ein Deutscher, der mich eben besuchte, behauptete es sey heut Dein Geburtstag, liebste Cousine, und da lege ich meine Arbeit fort, will Feiertag machen und Dir schreiben. Ich weiß nicht, ob der Mann Recht hat, aber ich weiß, daß ich Dir an jedem Tage Glück und frohes Leben wünschen möchte und es braucht keiner besondern Gelegenheit dazu. Weil aber wohl heut alle, die Dir nah sind, zu Dir kommen, und gerade heut aussprechen, was sie täglich fühlen und sich an Deiner Gegenwart freuen, so will ich, dem das nicht vergönnt ist, mich doch wenigstens hindenken und mich so unter die Glückwünschenden mischen. Und ist Dein Geburtstag nicht heute, so erlebe doch den Tag oft und genieße die Erfüllung aller Deiner Wünsche, und sey so glücklich, wie Du Deine Umgebungen machst – ich glaube es könnte lange dauern, wenn ich nun Alles so sagen wollte, wie ich es meine. Wenn es aber so recht heiter um Dich her ist, so denke dennoch einmal daran, es einem mitzutheilen, der sich mit daran freut und erquickt, und dann schreibe mir wieder ein Paar Worte, denn ich kann Dir nicht sagen, wie mich die bloße Ankunft Deines Briefes und die Adresse von Deiner Hand gerührt und erfreut hat. Und wenn ich Dir nun dafür und für Dein freundliches Gedenken von Dank sprechen wollte, so klänge es wie ein kaltes Wort; da es Dir nicht gleichgültig ist, einem den frohsten Tag zu bereiten, so schreibe mir wieder, und auf den Dank kommt es wenig an.
Ich bin nun seit einem Monat in Rom und denke den ganzen Winter hier zuzubringen. Es hat mich nicht, wie Du schreibst, frappirt und entzückt; der Eindruck ist ein sehr ernsthafter gewesen. Ich sehe mit Ruhe und so besonnen als möglich mich unter all den Herrlichkeiten um, und was ich neues sehe durchdringt mich gänzlich. Man kann wohl nicht hier sein, ohne sich durch und durch und für sein ganzes übriges Leben verändert zu fühlen, ich möchte fast sagen beruhigt; mir hat jeder neue Tag von neuem wohlgethan. Freilich sind die bewachsenen alten Mauern ein Bild, und man denkt sehr ernsthaft an die Zukunft, wenn die Vergangenheit der Völker in einem Blicke vor einem liegt. Und so haben für mich alle Trümmer von Rom etwas Erhebendes, fast Erheiterndes, während sonst Ruinen mich melancholisch gemacht haben. Sonst muß ich immer die Herrlichkeit bedauern die untergangen ist, und hier freue ich mich der Herrlichkeit die nicht untergangen ist und nie untergehen wird. Sie haben vor einigen Tagen den Anfang einer großen unterirdischen Wasserleitung ausgegraben, von der bisjetzt noch Niemand weiß, wo sie anfängt oder aufhört, aus welcher Zeit oder von wem sie herrührt, und die so herrlich und fest erhalten ist, als sey sie eben gebaut. Da sehen nun die uralten Mauerwerke aus der größten Tiefe herauf, man kann die Steinbogen deutlich unterscheiden, und das Alles ist hoch mit Erde bedeckt, man ging darauf umher und niemand hat es geahndet; muß aber doch nun nach aller Zeit wieder ans Tageslicht kommen. Dies Gefühl der Unvergänglichkeit giebt noch einen ganz andern Begriff von der Heiterkeit des Alterthums, als man schon mit sich bringt, und wie sich damit nun noch die Heiterkeit und Frische der ganzen Natur vereinigt so giebt es wohl einen unvergänglichen Eindruck. Ich weiß nicht, ob Du Dich des
Eigentlich aber habe ich nur zu bitten; und zwar daß Du meiner immer so freundlich gedenken mögest, wie da Du mir Deinen ersten Brief nach Rom schriebst, ich habe ihn mir oft und nicht genug durchgelesen und er hat mir frohe Stunden verschafft. Wann immer Du einen müßigen Augenblick hast, so sag’ mir wieder ein Paar Worte, mehr erfreuen kannst Du keinen, dem Du schreibst. Und da Du mir nun einmal so gesinnt gewesen bist, so möchte ich nun auch, daß es so bleiben müßte. Wenn Du dann auch einmal einen schlechten, langweiligen Brief von mir lesen mußt, und wenn er Dich auch einen Augenblick gar verdrießt, so denk’ daß Du den Schreiber ganz genau kennst, daß Du weißt, wie er es wohl eigentlich sagen möchte und nicht kann,
N. S.
Rom d. 29 Nov. 1830. Ein Deutscher, der mich eben besuchte, behauptete es sey heut Dein Geburtstag, liebste Cousine, und da lege ich meine Arbeit fort, will Feiertag machen und Dir schreiben. Ich weiß nicht, ob der Mann Recht hat, aber ich weiß, daß ich Dir an jedem Tage Glück und frohes Leben wünschen möchte und es braucht keiner besondern Gelegenheit dazu. Weil aber wohl heut alle, die Dir nah sind, zu Dir kommen, und gerade heut aussprechen, was sie täglich fühlen und sich an Deiner Gegenwart freuen, so will ich, dem das nicht vergönnt ist, mich doch wenigstens hindenken und mich so unter die Glückwünschenden mischen. Und ist Dein Geburtstag nicht heute, so erlebe doch den Tag oft und genieße die Erfüllung aller Deiner Wünsche, und sey so glücklich, wie Du Deine Umgebungen machst – ich glaube es könnte lange dauern, wenn ich nun Alles so sagen wollte, wie ich es meine. Wenn es aber so recht heiter um Dich her ist, so denke dennoch einmal daran, es einem mitzutheilen, der sich mit daran freut und erquickt, und dann schreibe mir wieder ein Paar Worte, denn ich kann Dir nicht sagen, wie mich die bloße Ankunft Deines Briefes und die Adresse von Deiner Hand gerührt und erfreut hat. Und wenn ich Dir nun dafür und für Dein freundliches Gedenken von Dank sprechen wollte, so klänge es wie ein kaltes Wort; da es Dir nicht gleichgültig ist, einem den frohsten Tag zu bereiten, so schreibe mir wieder, und auf den Dank kommt es wenig an. Ich bin nun seit einem Monat in Rom und denke den ganzen Winter hier zuzubringen. Es hat mich nicht, wie Du schreibst, frappirt und entzückt; der Eindruck ist ein sehr ernsthafter gewesen. Ich sehe mit Ruhe und so besonnen als möglich mich unter all den Herrlichkeiten um, und was ich neues sehe durchdringt mich gänzlich. Man kann wohl nicht hier sein, ohne sich durch und durch und für sein ganzes übriges Leben verändert zu fühlen, ich möchte fast sagen beruhigt; mir hat jeder neue Tag von neuem wohlgethan. Freilich sind die bewachsenen alten Mauern ein Bild, und man denkt sehr ernsthaft an die Zukunft, wenn die Vergangenheit der Völker in einem Blicke vor einem liegt. Und so haben für mich alle Trümmer von Rom etwas Erhebendes, fast Erheiterndes, während sonst Ruinen mich melancholisch gemacht haben. Sonst muß ich immer die Herrlichkeit bedauern die untergangen ist, und hier freue ich mich der Herrlichkeit die nicht untergangen ist und nie untergehen wird. Sie haben vor einigen Tagen den Anfang einer großen unterirdischen Wasserleitung ausgegraben, von der bisjetzt noch Niemand weiß, wo sie anfängt oder aufhört, aus welcher Zeit oder von wem sie herrührt, und die so herrlich und fest erhalten ist, als sey sie eben gebaut. Da sehen nun die uralten Mauerwerke aus der größten Tiefe herauf, man kann die Steinbogen deutlich unterscheiden, und das Alles ist hoch mit Erde bedeckt, man ging darauf umher und niemand hat es geahndet; muß aber doch nun nach aller Zeit wieder ans Tageslicht kommen. Dies Gefühl der Unvergänglichkeit giebt noch einen ganz andern Begriff von der Heiterkeit des Alterthums, als man schon mit sich bringt, und wie sich damit nun noch die Heiterkeit und Frische der ganzen Natur vereinigt so giebt es wohl einen unvergänglichen Eindruck. Ich weiß nicht, ob Du Dich des Klosters St. Onofrio erinnern wirst; es liegt auf einem kleinen Hügel, sehr ruhig, zwischen Pomeranzenbüschen, die Wände bunt bemalt, da ist solch ein Punct wo alle Erinnerungen sich wieder erneuern: man steht auf den Trümmern eines Römischen Theaters und sieht die Mauern mit dem Epheu vor sich, auch die Engelsburg und das Pantheon in der Ferne; dann kommt das Mittelalter mit seinen Denkmalen: eine Eiche unter der Tasso gerne zu liegen pflegte, die schönen Freskobilder von Leonardo da Vinci und den andern Meistern, der ganze Bau des Klosters und etwas weiterhin die Peterskirche; und die neuere Zeit repräsentirt man nun eben selbst, wie man alle die reiche Vergangenheit genießt und sich dran freut und ein bischen zu viel drüber philosophirt. Indessen ergehe ich mich wirklich nicht so viel in müßigen Betrachtungen, wie es Dir aus diesem Briefe vielleicht scheinen möchte; sondern ich bin wirklich ziemlich fleißig und arbeite viel; es hat mir die Musik selten innerlich so viel Freude gemacht, wie hier, ich arbeite mit der größten Lust, und so werden mir die Stunden des Morgens, wo ich ganz allein auf meiner Stube componire, oder spiele, und mich dann am hellen warmen Sonnenschein im December freue, sehr glückliche und heitre Stunden; dann gehe ich gewöhnlich umher und sehe jeden Tag irgend etwas Neues, aber so wenig als möglich, um mir die Bilder und Eindrücke möglichst klar zu erhalten, und auch diese Zeit ist wohl sehr schön; wenn dann aber der Abend kommt, und ich weder schreiben noch Bilder sehen kann, oder wenn einmal eine Arbeit beendigt ist, und ich sie nun auch gern zeigen möchte, um mich am Eindruck den sie auf Andre macht zu belehren und zu stärken, da bleibt mir leider eine große Lücke, und weil denn die Leute behaupten, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen dürfen, so wird sie auch wohl schwerlich ausgefüllt werden. Denn so vielen und manichfachen Umgang ich hier auch habe, so fehlen mir Menschen denen ich so ganz mittheilen kann, wie mir es ums Herz ist und die auch wohl einmal ein halbes Wort verstehen und an denen ich mich so ganz vollkommen erfreue. Die vielen Italiänischen Bekanntschaften die ich gemacht habe, zeigen daß es mit dem Sinn für Musik geht, wie mit dem für die bildenden Künste, der sich darin hervor thut, daß die untern Arabesken der Logen von Raphael mit Namen und Inschriften überdeckt sind, theils mit Bleistift, theils mit Messern in die Mauer gekratzt, so daß von den Bildern die letzte Spur gänzlich vertilgt ist, oder daß die Freskobilder von Giulio Romano, die ich heut Morgen in der villa Madama sah, nun zu Wänden des Krautbodens gebraucht werden oder darin, daß man dem göttlichen Apoll vom Belvedere einen Theseus von Canova gegenüberstellt und auch jenen durch Inschriften verunstaltet – so sind auch die Italiänischen Musiker beschränkt und ohne Kraft und Willen, und all ihr Lob ist mir unerfreulich. Bendemann’s, die hier sind und mich voller Freundlichkeit aufnehmen sind wenig musikalisch, und Musik ist mir doch am Ende zur Vertraulichkeit unentbehrlich und so nothwendig wie die Luft; die jungen Deutschen Maler tragen Schnurr- und Knebelbärte, Sturmkappen, führen furchtbare Bullenbeißer, und mich graut vor ihnen. Wenn sie mit alle dem nur nicht so schwächliche Madonnen malten! Kurz es fehlt mir zuweilen an Menschen, und das ist eine große Entbehrung. In Wien war das nicht so; weißt Du, wem ich es verdanke? Wenn Bartholdy noch hier wäre, sollte es auch wohl anders seyn, und wenn ich Abends zuweilen an seinem leeren Hause vorübergehe, wird mir seltsam zu Muth. Ich hoffe wir werden uns einmal wiederfinden, und ich werde Dir dann sagen, wie oft ich an Baden zurückgedacht habe. – Grüß mir Flora doch recht herzlich, und sag ihr daß ich ihr schon längst das versprochne Lied geschickt hätte, doch hätte ich es nicht gleich so gut machen können, wie ich gern wollte; Du schreibst mir von Versen, die Du mir mitschicktest und ich habe keine erhalten. Es wäre sehr hübsch, wenn ich etwas zum Componiren von Dir bekäme, ich wollte mich zusammennehmen. Mit Floras Finger geht es hoffentlich auch besser und sie spielt schon wieder Clavier; wenn ich wirklich dazu beigetragen hätte, ihr Freude an ihrem Spiel zu verschaffen, so wäre es mir sehr lieb. An Fr. v: Weyrother bitte ich Dich meine Empfehlung zu machen, und ihr zu sagen, daß ich zu Neujahr das rothe Uhrband in Dienst nehmen muß; das blaue ist fast unfähig. Ob ich neue bekomme, wenn diese drey verbraucht sind? – Und nun sollte ich eigentlich schließen, aber ich habe Dir doch noch einiges zu sagen, und so mußt Du noch einmal tourner, s. v. p. Eigentlich aber habe ich nur zu bitten; und zwar daß Du meiner immer so freundlich gedenken mögest, wie da Du mir Deinen ersten Brief nach Rom schriebst, ich habe ihn mir oft und nicht genug durchgelesen und er hat mir frohe Stunden verschafft. Wann immer Du einen müßigen Augenblick hast, so sag’ mir wieder ein Paar Worte, mehr erfreuen kannst Du keinen, dem Du schreibst. Und da Du mir nun einmal so gesinnt gewesen bist, so möchte ich nun auch, daß es so bleiben müßte. Wenn Du dann auch einmal einen schlechten, langweiligen Brief von mir lesen mußt, und wenn er Dich auch einen Augenblick gar verdrießt, so denk’ daß Du den Schreiber ganz genau kennst, daß Du weißt, wie er es wohl eigentlich sagen möchte und nicht kann, und bleibe freundlich Deinem Felix Mendelssohn Bartholdy. N. S. Ruscheweyh für dessen Bekanntschaft ich Dir sehr dankbar bin und der mit dem größten Interesse nach Dir und den Deinigen frägt, ist in einer ganz wünschenswerthen, guten Lage, soviel ich wenigstens von seinen Bekannten es habe erfahren können. Du hast mich danach gefragt und daher schreibe ich Dir dies. Den versprochnen Bericht über Rubini konnte ich nicht machen, weil ich ihn in Bologna nicht zu hören bekommen habe. Wo wird denn Adolph den Winter und das Frühjahr bleiben? und wird er nicht vielleicht auch hieher kommen? Du kannst Dir denken, wie sehr ich es wünsche. Nochmals leb wohl! F
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1830-11-29" xml:id="date_a6649227-7b47-48bb-b4cd-002ad2828492">29. 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Wenn es aber so recht heiter um Dich her ist, so denke dennoch einmal daran, es einem mitzutheilen, der sich mit daran freut und erquickt, und dann schreibe mir wieder ein Paar Worte, denn ich kann Dir nicht sagen, wie mich die bloße Ankunft Deines Briefes und die Adresse von Deiner Hand gerührt und erfreut hat. Und wenn ich Dir nun dafür und für Dein freundliches Gedenken von Dank sprechen wollte, so klänge es wie ein kaltes Wort; da es Dir nicht gleichgültig ist, einem den frohsten Tag zu bereiten, so schreibe mir wieder, und auf den Dank kommt es wenig an. </p><p>Ich bin nun seit einem Monat in Rom und denke den ganzen Winter hier zuzubringen. Es hat mich nicht, wie Du schreibst, frappirt und entzückt; der Eindruck ist ein sehr ernsthafter gewesen. Ich sehe mit Ruhe und so besonnen als möglich mich unter all den Herrlichkeiten um, und was ich neues sehe durchdringt mich gänzlich. Man kann wohl nicht hier sein, ohne sich durch und durch und für sein ganzes übriges Leben verändert zu fühlen, ich möchte fast sagen beruhigt; mir hat jeder neue Tag von neuem wohlgethan. Freilich sind die bewachsenen alten Mauern ein Bild, und man denkt sehr ernsthaft an die Zukunft, wenn die Vergangenheit der Völker in einem Blicke vor einem liegt. Und so haben für mich alle Trümmer von Rom etwas Erhebendes, fast Erheiterndes, während sonst Ruinen mich melancholisch gemacht haben. <hi rend="underline">Sonst</hi> muß ich immer die Herrlichkeit bedauern die untergangen ist, und <hi rend="underline">hier</hi> freue ich mich der Herrlichkeit die nicht untergangen ist und nie untergehen wird. Sie haben vor einigen Tagen den Anfang einer großen unterirdischen Wasserleitung ausgegraben, von der bisjetzt noch Niemand weiß, wo sie anfängt oder aufhört, aus welcher Zeit oder von wem sie herrührt, und die so herrlich und fest erhalten ist, als sey sie eben gebaut. Da sehen nun die uralten Mauerwerke aus der größten Tiefe herauf, man kann die Steinbogen deutlich unterscheiden, und das Alles ist hoch mit Erde bedeckt, man ging darauf umher und niemand hat es geahndet; muß aber doch nun nach aller Zeit wieder ans Tageslicht kommen. Dies Gefühl der Unvergänglichkeit giebt noch einen ganz andern Begriff von der Heiterkeit des Alterthums, als man schon mit sich bringt, und wie sich damit nun noch die Heiterkeit und Frische der ganzen Natur vereinigt so giebt es wohl einen unvergänglichen Eindruck. Ich weiß nicht, ob Du Dich des <placeName xml:id="placeName_4c209d52-f578-4afc-bf25-2db9735b9d96">Klosters St. Onofrio<name key="NST0100266" style="hidden" subtype="" type="institution">Sant’Onofrio (Kloster)</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> erinnern wirst; es liegt auf einem kleinen Hügel, sehr ruhig, zwischen Pomeranzenbüschen, die Wände bunt bemalt, da ist solch ein Punct wo alle Erinnerungen sich wieder erneuern: man steht auf den Trümmern eines Römischen Theaters und sieht die Mauern mit dem Epheu vor sich, auch die <placeName xml:id="placeName_98ae32db-e557-4a70-8105-7a213ac15a5f">Engelsburg<name key="SGH0100267" style="hidden" subtype="" type="sight">Engelsburg</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> und das <placeName xml:id="placeName_0c3806cb-f9f5-4285-96f2-62d73d1530d3">Pantheon<name key="SGH0100268" style="hidden" subtype="" type="sight">Pantheon</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> in der Ferne; dann kommt das Mittelalter mit seinen Denkmalen: eine Eiche unter der <persName xml:id="persName_93778bf6-6167-4d60-b2fb-eab73170e6c9">Tasso<name key="PSN0115248" style="hidden">Tasso, Torquato (1544-1595)</name></persName> gerne zu liegen pflegte, die schönen Freskobilder von <persName xml:id="persName_603198a1-1da2-4c38-9e54-3295121c63e1">Leonardo da Vinci<name key="PSN0112789" style="hidden">Leonardo da Vinci (1452-1519)</name></persName> und den andern Meistern, der ganze Bau des Klosters und etwas weiterhin die <placeName xml:id="placeName_13d42d27-1ac0-451c-9dd2-4524ba858df0">Peterskirche<name key="SGH0100229" style="hidden" subtype="" type="sight">San Pietro in Vaticano (Petersdom)</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>; und die neuere Zeit repräsentirt man nun eben selbst, wie man alle die reiche Vergangenheit genießt und sich dran freut und ein bischen zu viel drüber philosophirt. Indessen ergehe ich mich wirklich nicht so viel in müßigen Betrachtungen, wie es Dir aus diesem Briefe vielleicht scheinen möchte; sondern ich bin wirklich ziemlich fleißig und arbeite viel; es hat mir die Musik selten innerlich so viel Freude gemacht, wie hier, ich arbeite mit der größten Lust, und so werden mir die Stunden des Morgens, wo ich ganz allein auf meiner Stube componire, oder spiele, und mich dann am hellen warmen Sonnenschein im December freue, sehr glückliche und heitre Stunden; dann gehe ich gewöhnlich umher und sehe jeden Tag irgend etwas Neues, aber so wenig als möglich, um mir die Bilder und Eindrücke möglichst klar zu erhalten, und auch diese Zeit ist wohl sehr schön; wenn dann aber der Abend kommt, und ich weder schreiben noch Bilder sehen kann, oder wenn einmal eine Arbeit beendigt ist, und ich sie nun auch gern zeigen möchte, um mich am Eindruck den sie auf Andre macht zu belehren und zu stärken, da bleibt mir leider eine große Lücke, und weil denn die Leute behaupten, daß die <title xml:id="title_10c9aa66-9187-4ffe-9a48-f5e0599984ae">Bäume nicht in den Himmel wachsen dürfen<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108799" style="hidden" type="literature">Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit</name></title>, so wird sie auch wohl schwerlich ausgefüllt werden. Denn so vielen und manichfachen Umgang ich hier auch habe, so fehlen mir Menschen denen ich so ganz mittheilen kann, wie mir es ums Herz ist und die auch wohl einmal ein halbes Wort verstehen und an denen ich mich so ganz vollkommen erfreue. Die vielen Italiänischen Bekanntschaften die ich gemacht habe, zeigen daß es mit dem Sinn für Musik geht, wie mit dem für die bildenden Künste, der sich darin hervor thut, daß die untern Arabesken der <title xml:id="title_e9b50fb9-194b-45bb-9a1a-6e4705369b95">Logen von Raphael<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110385" style="hidden" type="art">Fresken (Rom, Villa Farnesina)</name></title> mit Namen und Inschriften überdeckt sind, theils mit Bleistift, theils mit Messern in die Mauer gekratzt, so daß von den Bildern die letzte Spur gänzlich vertilgt ist, oder daß die <title xml:id="title_1cf19ed5-7daf-4fb0-97a9-f2cd25e9c550">Freskobilder von Giulio Romano<name key="PSN0114270" style="hidden" type="author">Romano, Giulio (eigtl. Giulio di Pietro Gianuzzi) (1499-1546)</name><name key="CRT0110544" style="hidden" type="art">Fresken (Rom, Villa Madama)</name></title>, die ich heut Morgen in der <placeName xml:id="placeName_5317e53e-875e-47dd-828e-6b899616f637">villa Madama<name key="SGH0100269" style="hidden" subtype="" type="sight">Villa Madama</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> sah, nun zu Wänden des Krautbodens gebraucht werden oder darin, daß man <placeName xml:id="placeName_e8693fad-8213-4360-9e09-341c16508ef1">dem göttlichen Apoll vom Belvedere<name key="SGH0100270" style="hidden" subtype="" type="sight">Palazzo Vaticano</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> einen <title xml:id="title_6fb6b2a3-78d3-46a0-99a7-d4eae596760b">Theseus von Canova<name key="PSN0116378" style="hidden" type="author">Canova, Antonio (1757-1822)</name><name key="CRT0108338" style="hidden" type="art">Theseus und der Minotaur</name></title> gegenüberstellt und auch jenen durch Inschriften verunstaltet – so sind auch die Italiänischen Musiker beschränkt und ohne Kraft und Willen, und all ihr Lob ist mir unerfreulich. <persName xml:id="persName_2d9e2908-2a6c-4efb-85b2-343e8125fa87">Bendemann’s<name key="PSN0109803" style="hidden">Bendemann, Familie von → Anton Heinrich B.</name></persName>, die hier sind und mich voller Freundlichkeit aufnehmen sind wenig musikalisch, und Musik ist mir doch am Ende zur Vertraulichkeit unentbehrlich und so nothwendig wie die Luft; die jungen Deutschen Maler tragen Schnurr- und Knebelbärte, Sturmkappen, führen furchtbare Bullenbeißer, und mich graut vor ihnen. Wenn sie mit alle dem nur nicht so schwächliche Madonnen malten! Kurz es fehlt mir zuweilen an Menschen, und das ist eine große Entbehrung. In Wien war das nicht so; weißt Du, wem ich es verdanke? Wenn <persName xml:id="persName_a98e6ef1-53fa-459d-992e-bf919145a917">Bartholdy<name key="PSN0114444" style="hidden">Salomon (seit 1805) Bartholdy, Jakob Ludwig (vorh. Levy) (1779-1825)</name></persName> noch hier wäre, sollte es auch wohl anders seyn, und wenn ich Abends zuweilen an seinem <placeName xml:id="placeName_b35249c7-7868-48aa-83e8-facf38fb69a6">leeren Hause<name key="SGH0102491" style="hidden" subtype="" type="sight">Casa Bartholdy</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> vorübergehe, wird mir seltsam zu Muth. Ich hoffe wir werden uns einmal wiederfinden, und ich werde Dir dann sagen, wie oft ich an Baden zurückgedacht habe. – Grüß mir <persName xml:id="persName_bbe3720e-8f94-4a8a-8dae-d09d7d1f4ae1">Flora<name key="PSN0113802" style="hidden">Pereira-Arnstein, Florentina (Flora) Freiin von (1814-1882)</name></persName> doch recht herzlich, und sag ihr daß ich ihr schon längst das versprochne Lied geschickt hätte, doch hätte ich es nicht gleich so gut machen können, wie ich gern wollte; Du schreibst mir von Versen, die Du mir mitschicktest und ich habe keine erhalten. Es wäre sehr hübsch, wenn ich etwas zum Componiren von Dir bekäme, ich wollte mich zusammennehmen. Mit <persName xml:id="persName_94f94d32-4c6b-44a8-b584-718a79fa0635">Floras<name key="PSN0113802" style="hidden">Pereira-Arnstein, Florentina (Flora) Freiin von (1814-1882)</name></persName> Finger geht es hoffentlich auch besser und sie spielt schon wieder Clavier; wenn ich wirklich dazu beigetragen hätte, ihr Freude an ihrem Spiel zu verschaffen, so wäre es mir sehr lieb. An <persName xml:id="persName_5d67cadb-2483-4db3-afb0-b4c2f474fa38">Fr. v: Weyrother<name key="PSN0115746" style="hidden">Weyrother, Elise von</name></persName> bitte ich Dich meine Empfehlung zu machen, und ihr zu sagen, daß ich zu Neujahr das rothe Uhrband in Dienst nehmen muß; das blaue ist fast unfähig. Ob ich neue bekomme, wenn diese drey verbraucht sind? – Und nun sollte ich eigentlich schließen, aber ich habe Dir doch noch einiges zu sagen, und so mußt Du noch einmal tourner, s. v. p.</p><p>Eigentlich aber habe ich nur zu bitten; und zwar daß Du meiner immer so freundlich gedenken mögest, wie da Du mir Deinen ersten Brief nach Rom schriebst, ich habe ihn mir oft und nicht genug durchgelesen und er hat mir frohe Stunden verschafft. Wann immer Du einen müßigen Augenblick hast, so sag’ mir wieder ein Paar Worte, mehr erfreuen kannst Du keinen, dem Du schreibst. Und da Du mir nun einmal so gesinnt gewesen bist, so möchte ich nun auch, daß es so bleiben müßte. Wenn Du dann auch einmal einen schlechten, langweiligen Brief von mir lesen mußt, und wenn er Dich auch einen Augenblick gar verdrießt, so denk’ daß Du den Schreiber ganz genau kennst, daß Du weißt, wie er es wohl eigentlich sagen möchte und nicht kann, <seg type="closer" xml:id="seg_aa683dba-f3d4-4bab-ba53-4f6e41ed1930">und bleibe freundlich Deinem</seg></p><signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_b4dcb3ef-ba9b-48c3-949d-d2633bac0d8e"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">N. S. <persName xml:id="persName_fbcdc0e2-a10d-4838-a671-7af78204c555">Ruscheweyh<name key="PSN0114360" style="hidden">Ruscheweyh, Ferdinand (1785-1846)</name></persName> für dessen Bekanntschaft ich Dir sehr dankbar bin und der mit dem größten Interesse nach Dir und den Deinigen frägt, ist in einer ganz wünschenswerthen, guten Lage, soviel ich wenigstens von seinen Bekannten es habe erfahren können. Du hast mich danach gefragt und daher schreibe ich Dir dies. Den versprochnen Bericht über <persName xml:id="persName_7edd9f32-8829-44d0-9910-d3833e21eb95">Rubini<name key="PSN0114343" style="hidden">Rubini, Giovanni Battista (1794-1854)</name></persName> konnte ich nicht machen, weil ich ihn in Bologna nicht zu hören bekommen habe. Wo wird denn <persName xml:id="persName_512d6543-752b-4da5-8f2b-1f9be461c6b2">Adolph<name key="PSN0113800" style="hidden">Pereira-Arnstein, Adolf (Adolph) Freiherr von (1805-1846)</name></persName> den Winter und das Frühjahr bleiben? und wird er nicht vielleicht auch hieher kommen? Du kannst Dir denken, wie sehr ich es wünsche. <seg type="closer" xml:id="seg_5d699bef-736f-4c37-88f6-515a0129a9e5">Nochmals leb wohl!</seg></p><signed rend="right">F</signed></div></body> </text></TEI>