fmb-1830-11-16-01
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Rom, 16. November 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Hensel
o3
Vorgestern ging keine Post, und reden konnte ich nicht mit Dir, und wenn ich bedachte der Brief müsse erst noch zwey Tage hier liegen bleiben, ehe er gar abgehen würde, so war mir das Schreiben auch unmöglich: da hab’ ich denn so manchmal an Dich gedacht, habe Dir und uns Allen Glück gewünscht, und habe mich gefreut, daß Du vor so und soviel Jahren um diese Zeit geboren seyst: es giebt einem solch einen Rückhalt, wenn man dran denkt, was für vernünftige Leute in der Welt sind. Du bist aber einer davon, bleib heiter und klar und gesund, verändre dich nicht bedeutend, viel besser brauchst Du auch nicht zu werden, Dein Glück bleibe Dir treu: das sind denn ungefähr meine Geburtstagswünsche. Denn daß ich Dir auch etwa musikalische Ideen wünschen sollte, ist einem Menschen meines Kalibers gar nicht zuzumuthen; es ist auch nur Ungenügsamkeit, wenn Du Dich über Mangel daran beklagst; per bacco, wenn Du Lust hättest, würdest Du schon componiren was das Zeug hält (vergl. Leben eines reisenden Musikanten oder Felix in Rom) und wenn Du nicht Lust hast, warum grämst Du Dich entsetzlich? Wenn ich mein Kind zu päppeln hätte, so wollte ich keine Partitur schreiben, und da ich
stenOkt. (den ersten auf großem Format) empfing ich Sonnabend, und muß Euch bestätigen, daß es mit dem Porto ebenso wie in England ist; ein kleiner Brief auf 2 Bogen oder mit einem Couvert kostet das Doppelte von dem größten einfachen; auch bitte ich Euch statt Sonnabend, wo Ihr mir immer schreibt, lieber Dinstag zu wählen, wenn es Euch einerley ist; denn die Briefe vom Sonnabend kommen hier in 14, die vom Dinstag in 13 Tagen an. Und so wäre denn die Correspondenz in vollem Gange; Gott gebe, daß Ihr mir bald Erfreulicheres zu melden haben mögt, als im vorigen Briefe, der mich betrübt gemacht hat. Das Geschenk, liebe Fanny, was ich Dir diesmal zu Deinem Geburtstage fertig gemacht habe, ist
Rom d. 16 Nov. 30. Liebe Fanny Vorgestern ging keine Post, und reden konnte ich nicht mit Dir, und wenn ich bedachte der Brief müsse erst noch zwey Tage hier liegen bleiben, ehe er gar abgehen würde, so war mir das Schreiben auch unmöglich: da hab’ ich denn so manchmal an Dich gedacht, habe Dir und uns Allen Glück gewünscht, und habe mich gefreut, daß Du vor so und soviel Jahren um diese Zeit geboren seyst: es giebt einem solch einen Rückhalt, wenn man dran denkt, was für vernünftige Leute in der Welt sind. Du bist aber einer davon, bleib heiter und klar und gesund, verändre dich nicht bedeutend, viel besser brauchst Du auch nicht zu werden, Dein Glück bleibe Dir treu: das sind denn ungefähr meine Geburtstagswünsche. Denn daß ich Dir auch etwa musikalische Ideen wünschen sollte, ist einem Menschen meines Kalibers gar nicht zuzumuthen; es ist auch nur Ungenügsamkeit, wenn Du Dich über Mangel daran beklagst; per bacco, wenn Du Lust hättest, würdest Du schon componiren was das Zeug hält (vergl. Leben eines reisenden Musikanten oder Felix in Rom) und wenn Du nicht Lust hast, warum grämst Du Dich entsetzlich? Wenn ich mein Kind zu päppeln hätte, so wollte ich keine Partitur schreiben, und da ich Non nobis componirt habe, so kann ich leider meinen Neffen nicht auf dem Arm herumtragen. Aber im Ernst, das Kind ist noch kein halbes Jahr alt, und Du willst schon andre Ideen haben, als an Sebastian? (nicht Bach. ) Freu Du Dich, daß Du es da hast, die Musik bleibt nur aus, wenn sie eben keinen Platz hat, und es nimmt mich nicht Wunder, daß Du keine Rabenmutter bist. – Ich wünsche Dir aber doch zu Deinem Geburtstage, was irgend Dein Herz begehrt; ich will Dir also auch ein halb Dutzend Melodien wünschen, es wird aber nichts helfen. – Hier in Rom haben wir den 14 November so gefeiert, daß sich der Himmel blau und festtäglich geputzt hatte, und schöne warme Luft herunter sendete, da ging man dann sehr behaglich nach dem Capitol in die Kirche, und hörte eine allzu elende Predigt des Herrn v. Tippelskirch, der ein recht guter Mann sein mag, der mich aber immer ganz grimmig predigt, und wenn mich einer an dem Tage auf dem Capitol in der Kirche ärgern kann, so muß er es absonderlich anfangen; nachher ging ich zu Bunsen, der eben angekommen war, und der mich voll Freundlichkeit empfing; seine Frau ist ganz allerliebst und so sehr Englisch, daß mir zuweilen ganz nach vor einem Jahre zu Muthe wurde, da gab es nun viel Schönes, und Politik und Bedauern, daß Ihr nicht kämt; gestern Mittag war ich auch da zu Tische, benahm mich als gentleman, führte Mde. Bunsen und machte schön Conversation (Du siehst ich plaudre; mir ist aber so zu Muthe, à propos: mein Lieblingswerk, das ich jetzt studire, ist Lilis Park von Goethe; namentlich 3 Stellen „kehr ich mich um und brumm’“, dann „eh la menotte etc. “ und besonders „die ganze Luft ist warm, ist blüthevoll“ allwo die Clarinetten eintreten, ich will ein Scherzo für eine Sinfonie daraus machen. ) aber bei Tische gab es einen Deutschen Musiker, o Herre Gott, o Herre Gott, ich wollte ich wär ein Franzos; der Musiker sagte mir: Die Musik muß man doch eigentlich alle Tage handhaben. – Warum? antwortete ich drauf, und das setzte ihn in Verlegenheit. Er sprach also gleich vom ernsten Streben, und von seinem Lehrer Hauptmann, der eine 4 stimmige Messe gemacht hat, die so ohne Ideen, so ohne Reiz, so ohne Klang, so ohne alles Freye und Schöne, kurz so ohne Musik ist, daß die Musiker immer behaupten, sie sey im echten Kirchenstyl 4 stimmig componirt (Du wirst Dich ihrer erinnern) und wie doch Spohr gar kein ernstes Streben habe, wie er aber durch mein tu es Petrus ganz deutlich ein ernstes Streben habe durchschimmern sehen. Hätt’es einen Hahnen bei Tisch gegeben, so hätt’ ich ihn unterdessen aufgefressen, so mußt’ ich maccaroni dafür nehmen, der Kerl hat aber ein Gütchen bei Frascati, und ist eben im Begriff die Musik niederzulegen; wer doch auch schon so weit wäre! Auch Kestner war da, υἱος λοττῆς, und Gerhard der Bekenner (Professor von Antiquitäten) ferner Rehbeniz, und Bunsens Schwester, und Palestrinas Geist u. s. f. Nach Tische kamen alle Preußen, auch noch ein Musiker, der Bank heißt und einer von den „Männern“ bei Zelters Freitagen ist; Betty Pistor konnte ihn gar nicht ausstehen, er ist klein und blond und kahlköpfig; trägt einen spöttischen Schnurrbart, den ich moustache à peine nennen möchte, keine Halsbinde; Rom entspricht seinen Erwartungen, aber die päpstliche Kapelle nicht; er hat hier zum erstenmal versucht etwas für Orchester zu schreiben, und ich habe ihm meine aufrichtige Meinung drüber sagen müssen, ich habe aber doch gelogen; überhaupt, Fanny, wenn Du in die Welt kommst, mußt Du dreimal so viel lügen, als zu Hause, wenigstens durch Schweigen, und zugebendes Kopfnicken, und ausweichende Gleichgültigkeiten; ich kann es alles dreies aber nicht, und sie sehen mir immer gleich an, daß mein Herz schwarz ist. Dann kam Catel, Eggers, Senff, der spöttische Wolff, noch ein Maler, noch 2 Maler u. m. a. Auch mußte ich Clavier spielen, und sie verlangten Sachen von Seb. Bach, die hab ich ihnen dann reichlich gespielt, und viel Glück damit gemacht, auch hab ich die ganze Passionsaufführung deutlich beschreiben müssen; denn sie schienen mir kaum recht daran zu glauben; Bunsen besitzt nämlich den Klavierauszug davon, den hat er den Sängern der päpstlichen Kapelle gezeigt, und die haben vor Zeugen ausgesagt, daß dergleichen von menschlichen Stimmen nicht auszuführen sey. Ich glaube das Gegentheil. Übrigens gibt Trautwein die Passion nach dem Johannes in Partitur heraus; ich werde mir für Paris Hemdknöpfchen à la Back machen lassen. Aber heut führte mich Bunsen zu Baini, den er seit einem ganzen Jahre nicht gesehen hat, weil Baini niemals ausgeht, außer um die Beichte zu hören, da er einer der beliebtesten Beichtväter hier ist; ich freue mich auf ihn, und nehme mir vor, ihn so genau kennen zu lernen, als irgend möglich, weil er mir manches Räthsel auflösen wird. Der alte Santini ist immer fort die Gefälligkeit selbst; wenn ich Abends in Gesellschaft ein Stück lobe oder nicht kenne, so klopft er den andern Morgen sehr leise an, und bringt mir das Stück in sein blaues Schnupftüchelchen gewickelt; dafür begleite ich ihn dann Abends zu Hause, und wir haben uns sehr lieb. Er hat mir sogar sein 8 stimmiges Te deum gebracht, und mich gebeten ihm doch einige Modulation hinein zu corrigiren; es bliebe doch gar zu viel in g dur; ich will also sehen, ob ich einiges amoll oder e moll anbringen kann. Nun wünsche ich nur noch recht viel Italiäner kennen zu lernen; denn ein maestro von S. Giovanni Laterano, dessen Töchter musikalisch aber nicht hübsch sind, und bei dem ich eingeführt worden bin, will gar nichts sagen. Wenn Ihr also mir irgend Briefe schicken könnt, so thut es, denn wie ich des Morgens arbeite, Mittags sehe und bewundre und so den Tag bis Sonnenuntergang zubringe, so will ich gern Abends mich in der Römischen Welt herumtreiben. Meine freundlichen Engländer aus Venedig sind angekommen; Lord Harrowby mit seiner Familie (leider ohne Sandons) bringt den Winter hier zu, Schadows, Bendemanns, Bunsen’s und Tippelskirchs empfangen alle Abend Leute, kurz an Bekannten fehlt es mir nicht; nur möchte ich auch die Italiäner gern kennen lernen. Euern Brief vom 30sten Okt. (den ersten auf großem Format) empfing ich Sonnabend, und muß Euch bestätigen, daß es mit dem Porto ebenso wie in England ist; ein kleiner Brief auf 2 Bogen oder mit einem Couvert kostet das Doppelte von dem größten einfachen; auch bitte ich Euch statt Sonnabend, wo Ihr mir immer schreibt, lieber Dinstag zu wählen, wenn es Euch einerley ist; denn die Briefe vom Sonnabend kommen hier in 14, die vom Dinstag in 13 Tagen an. Und so wäre denn die Correspondenz in vollem Gange; Gott gebe, daß Ihr mir bald Erfreulicheres zu melden haben mögt, als im vorigen Briefe, der mich betrübt gemacht hat. Das Geschenk, liebe Fanny, was ich Dir diesmal zu Deinem Geburtstage fertig gemacht habe, ist ein Psalm für Chor und Orchester: non nobis, Domine, Du kennst den Anfang schon. Eine Arie kommt darin vor, die einen guten Schluß hat, und der letzte Chor wird Dir gefallen hoff’ ich; in der nächsten Woche soll, wie ich höre, eine Gelegenheit gehen, da schick ich Dirs samt vieler andrer neuen Musik. Nun will ich die Ouvertüre fertig machen, und dann so Gott will an die Sinfonie gehen. Auch ein ClavierConcert, das ich mir für Paris gern schreiben möchte, fängt mir an, im Kopfe zu spuken. Gebe der liebe Gott Gelingen und frohe Zeit, so wollen wir sie schon genießen. Lebt denn alle wohl und glücklich; wer mich sieht, frägt nach Euch allen und grüßt; Bendemanns, deren ganze Familie nun hier versammelt ist, tragen mir es täglich auf, und Hensel lebt noch bei Allen im besten, frischen Andenken. Von der Pereira hab ich einen liebenswürdigen Brief erhalten; ich erwarte nun auch Adolph bald hier. Nochmals lebt wohl und seyd glücklich. Felix.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1830-11-16" xml:id="date_3dda1ea7-37fa-4228-b8a3-683cbcfd2117">16. 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Du bist aber einer davon, bleib heiter und klar und gesund, verändre dich nicht bedeutend, viel besser brauchst Du auch nicht zu werden, Dein Glück bleibe Dir treu: das sind denn ungefähr meine Geburtstagswünsche. Denn daß ich Dir auch etwa musikalische Ideen wünschen sollte, ist einem Menschen meines Kalibers gar nicht zuzumuthen; es ist auch nur Ungenügsamkeit, wenn Du Dich über Mangel daran beklagst; per bacco, wenn Du Lust hättest, würdest Du schon componiren was das Zeug hält (vergl. Leben eines reisenden Musikanten oder Felix in Rom) und wenn Du nicht Lust hast, warum grämst Du Dich entsetzlich? 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Freu Du Dich, daß Du es da hast, die Musik bleibt nur aus, wenn sie eben keinen Platz hat, und es nimmt mich nicht Wunder, daß Du keine Rabenmutter bist. – Ich wünsche Dir aber doch zu Deinem Geburtstage, was irgend Dein Herz begehrt; ich will Dir also auch ein halb Dutzend Melodien wünschen, es wird aber nichts helfen. – Hier in Rom haben wir den 14 November so gefeiert, daß sich der Himmel blau und festtäglich geputzt hatte, und schöne warme Luft herunter sendete, da ging man dann sehr behaglich nach dem <placeName xml:id="placeName_c6c6e176-e96b-4548-a0d3-b8d826658f06">Capitol<name key="SGH0100252" style="hidden" subtype="" type="sight">Kapitol</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> in die Kirche, und hörte eine allzu elende Predigt des <persName xml:id="persName_076e15fa-8e71-48af-91ff-c7bdb1316106">Herrn v. 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Bunsen<name key="PSN0110197" style="hidden">Bunsen, Frances (seit 1858) Freifrau von (1791-1876)</name></persName> und machte schön Conversation (Du siehst ich plaudre; mir ist aber so zu Muthe, à propos: mein Lieblingswerk, das ich jetzt studire, ist <title xml:id="title_b4a3b0a2-bc04-4771-8135-d64213445b1d">Lilis Park von Goethe<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108838" style="hidden" type="literature">Lilis Park (»Ist doch keine Menagerie«)</name></title>; namentlich 3 Stellen „kehr ich mich um und brumm’“, dann „eh la menotte etc.“ und besonders „die ganze Luft ist warm, ist blüthevoll“ allwo die Clarinetten eintreten, ich will ein <title xml:id="title_cf4c3759-94bb-4cb5-aaf9-438c43e44c28">Scherzo für eine Sinfonie<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_hfazvawu-h78y-xygk-0ovj-k508ohnnob1l"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100342" style="hidden">Sinfonie A-Dur (»Italienische«) für Orchester, [Ende 1830] bis 13. März 1833; [Juni 1834 bis Anfang 1835]<idno type="MWV">N 16</idno><idno type="op">90</idno></name></title> daraus machen.) aber bei Tische gab es <persName xml:id="persName_8482ff70-6157-4784-9cbd-7d1e968285a5">einen Deutschen Musiker<name key="PSN0111341" style="hidden">Georg, Johann Gerhard</name></persName>, o Herre Gott, o Herre Gott, ich wollte ich wär ein Franzos; der Musiker sagte mir: Die Musik muß man doch eigentlich alle Tage handhaben. – Warum? antwortete ich drauf, und das setzte ihn in Verlegenheit. Er sprach also gleich vom ernsten Streben, und von seinem Lehrer Hauptmann, <title xml:id="title_b2164dbc-f5b9-4b45-a930-919e1a0feecf">der eine 4 stimmige Messe<name key="PSN0111769" style="hidden" type="author">Hauptmann, Carl Moritz (1792-1868)</name><name key="CRT0109052" style="hidden" type="music">Messe f-Moll, op. 18</name></title> gemacht hat, die so ohne Ideen, so ohne Reiz, so ohne Klang, so ohne alles Freye und Schöne, kurz so ohne Musik ist, daß die Musiker immer behaupten, sie sey im echten Kirchenstyl 4 stimmig componirt (Du wirst Dich ihrer erinnern) und wie doch <persName xml:id="persName_3af85844-8b17-40c0-9acf-884e60176d7a">Spohr<name key="PSN0115032" style="hidden">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name></persName> gar kein ernstes Streben habe, wie er aber durch <title xml:id="title_a90ca439-af9e-4ba4-a55c-1874ebd78600">mein tu es Petrus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_wi0d1x4t-6mej-9opv-12qb-eawcaagz63ck"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100104" style="hidden">»Tu es Petrus« für gemischten Chor und Orchester, [ca. September 1827] bis 14. November 1827<idno type="MWV">A 4</idno><idno type="op">111</idno></name></title> ganz deutlich ein ernstes Streben habe durchschimmern sehen. <title xml:id="title_4e97f58e-b1d7-4530-9db1-73880e62038f">Hätt’es einen Hahnen bei Tisch gegeben<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108799" style="hidden" type="literature">Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit</name></title> , so hätt’ ich ihn unterdessen aufgefressen, so mußt’ ich maccaroni dafür nehmen, der Kerl hat aber ein Gütchen bei Frascati, und ist eben im Begriff die Musik niederzulegen; wer doch auch schon so weit wäre! Auch <persName xml:id="persName_c7130071-8590-4861-bb37-3eb4d39c1c68">Kestner<name key="PSN0112364" style="hidden">Kestner, Georg August Christian (1777-1853)</name></persName> war da, <persName xml:id="persName_7cda2971-6471-4897-a3a1-3f44e03a0e1b">υἱος λοττῆς<name key="PSN0112363" style="hidden">Kestner, Charlotte (Lotte) Sophie Henriette (1753-1828)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_0042d709-ea23-46c0-8351-b823c421adc1">Gerhard der Bekenner<name key="PSN0111348" style="hidden">Gerhard, Friedrich Wilhelm Eduard (1795-1867)</name></persName> (Professor von Antiquitäten) ferner <persName xml:id="persName_8f575d68-2a21-4553-a034-ff440be9b05f">Rehbeniz<name key="PSN0114101" style="hidden">Rehbenitz, Theodor Markus (1791-1861)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_82c0667b-6353-4fc9-9372-ea6150edf4f2">Bunsens Schwester<name key="PSN0110199" style="hidden">Bunsen, Marie Christiane (1772-1850)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_dd1f67e2-ab98-481a-bf34-123867b5416b">Palestrinas Geist<name key="PSN0113727" style="hidden">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> u. s. f. Nach Tische kamen alle Preußen, auch noch ein Musiker, der <persName xml:id="persName_25ac76ba-9bb2-4828-8b43-820d8471ac61">Bank<name key="PSN0109651" style="hidden">Banck, Carl Ludwig Albert (1809-1889)</name></persName> heißt und einer von den „Männern“ bei <persName xml:id="persName_08f1c26b-5b70-4a05-9b30-0dc82906fc8e">Zelters<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName> <placeName xml:id="placeName_06e3d6ae-4e18-4eda-b7f5-931d848090be">Freitagen<name key="NST0100260" style="hidden" subtype="" type="institution">Freitagsmusiken von Carl Friedrich Zelter</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ist; <persName xml:id="persName_cbaf6cb9-c055-4a02-a83d-2f6d244bbc44">Betty Pistor<name key="PSN0113887" style="hidden">Pistor, Friederike Dorothea Elisabeth (Betty) (1808-1887)</name></persName> konnte ihn gar nicht ausstehen, er ist klein und blond und kahlköpfig; trägt einen spöttischen Schnurrbart, den ich moustache à peine nennen möchte, keine Halsbinde; Rom entspricht seinen Erwartungen, aber die <placeName xml:id="placeName_8b71236a-af5c-4a05-86bf-2539de1a5fcd">päpstliche Kapelle<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> nicht; er hat hier zum erstenmal versucht etwas für Orchester zu schreiben, und ich habe ihm meine aufrichtige Meinung drüber sagen müssen, ich habe aber doch gelogen; überhaupt, Fanny, wenn Du in die Welt kommst, mußt Du dreimal so viel lügen, als zu Hause, wenigstens durch Schweigen, und zugebendes Kopfnicken, und ausweichende Gleichgültigkeiten; ich kann es alles dreies aber nicht, und sie sehen mir immer gleich an, daß mein Herz schwarz ist. Dann kam <persName xml:id="persName_553f664d-bea1-4c1b-a1fd-54f702d734e1">Catel<name key="PSN0110319" style="hidden">Catel, Franz Ludwig (1778-1856)</name></persName>, <persName xml:id="persName_45222a5b-861f-4fdf-9812-2fcc99450743">Eggers<name key="PSN0110838" style="hidden">Eggers, Carl Adolf Johann (1787-1863)</name></persName>, <persName xml:id="persName_02976c41-d21a-4e4a-bfc2-ac14188d5f38">Senff<name key="PSN0114865" style="hidden">Senff, Carl Adolf (1785-1863)</name><name key="PSN0114866" style="hidden">Senff, Carl Julius (1804-1832)</name></persName>, <persName xml:id="persName_7ceed2a5-f0eb-494b-8542-0f21d572760b">der spöttische Wolff<name key="PSN0115842" style="hidden">Wolff, Emil (1802-1879)</name></persName>, noch ein Maler, noch 2 Maler u. m.a. Auch mußte ich Clavier spielen, und sie verlangten Sachen von <persName xml:id="persName_00fc640c-bba4-4db1-9c9b-ddc0c47e4c71">Seb. Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName>, die hab ich ihnen dann reichlich gespielt, und viel Glück damit gemacht, auch hab ich die ganze <title xml:id="title_0c55538f-8f0e-4d24-b544-ebc78c0d655e">Passionsaufführung<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> deutlich beschreiben müssen; denn sie schienen mir kaum recht daran zu glauben; <persName xml:id="persName_f3fe1e8f-538c-481d-b36a-9102f317b508">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> besitzt nämlich den Klavierauszug davon, den hat er den <placeName xml:id="placeName_860bb556-5272-45fa-bfe9-bf0029e8dd93">Sängern<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> der päpstlichen Kapelle gezeigt, und die haben vor Zeugen ausgesagt, daß dergleichen von menschlichen Stimmen nicht auszuführen sey. Ich glaube das Gegentheil. Übrigens gibt <persName xml:id="persName_1c306f92-5a87-40ba-a862-f3ea92ca6bf8">Trautwein<name key="PSN0115371" style="hidden">Trautwein, Traugott (1787-1865)</name></persName> die <title xml:id="title_5006f524-41de-4a2a-817b-e4a914f2eb57">Passion nach dem Johannes<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name></title> in Partitur heraus; ich werde mir für Paris Hemdknöpfchen à la Back machen lassen. Aber heut führte mich <persName xml:id="persName_054abcf7-f751-4582-bcc2-c2bf2ae0a68b">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> zu <persName xml:id="persName_204858c9-df42-47da-8bf7-99798b7f9f47">Baini<name key="PSN0109643" style="hidden">Baini, Giuseppe Giacobbe Baldassar(r)e (1775-1844)</name></persName>, den er seit einem ganzen Jahre nicht gesehen hat, weil <persName xml:id="persName_22005a9e-5569-4740-aca2-b16102be1255">Baini<name key="PSN0109643" style="hidden">Baini, Giuseppe Giacobbe Baldassar(r)e (1775-1844)</name></persName> niemals ausgeht, außer um die Beichte zu hören, da er einer der beliebtesten Beichtväter hier ist; ich freue mich auf ihn, und nehme mir vor, ihn so genau kennen zu lernen, als irgend möglich, weil er mir manches Räthsel auflösen wird. <persName xml:id="persName_83a15efd-444f-4e25-8251-2eb6413c9d9c">Der alte Santini<name key="PSN0114459" style="hidden">Santini, Fortunato (1778-1861)</name></persName> ist immer fort die Gefälligkeit selbst; wenn ich Abends in Gesellschaft ein Stück lobe oder nicht kenne, so klopft er den andern Morgen sehr leise an, und bringt mir das Stück in sein blaues Schnupftüchelchen gewickelt; dafür begleite ich ihn dann Abends zu Hause, und wir haben uns sehr lieb. Er hat mir sogar <title xml:id="title_a9a5a4ec-4103-4bba-9ccb-427f9f4da04f">sein 8 stimmiges Te deum<name key="PSN0114459" style="hidden" type="author">Santini, Fortunato (1778-1861)</name><name key="CRT0110624" style="hidden" type="music">Te Deum a due cori D-Dur</name></title> gebracht, und mich gebeten ihm doch einige Modulation hinein zu corrigiren; es bliebe doch gar zu viel in g dur; ich will also sehen, ob ich einiges amoll oder e moll anbringen kann. Nun wünsche ich nur noch recht viel Italiäner kennen zu lernen; denn ein maestro von <persName xml:id="persName_0df8fe1e-58d9-416a-a3b2-7270731fc7a2">S. Giovanni Laterano<name key="PSN0115292" style="hidden">Terziani, Pietro (1765-1831)</name></persName>, <persName xml:id="persName_b90613da-0ba5-41f0-bc25-8422171b2690">dessen Töchter<name key="PSN0115291" style="hidden">Terziani, Töchter von → Pietro T.</name></persName> musikalisch aber nicht hübsch sind, und bei dem ich eingeführt worden bin, will gar nichts sagen. Wenn Ihr also mir irgend Briefe schicken könnt, so thut es, denn wie ich des Morgens arbeite, Mittags sehe und bewundre und so den Tag bis Sonnenuntergang zubringe, so will ich gern Abends mich in der Römischen Welt herumtreiben. <persName xml:id="persName_ee43cfba-857f-47f2-82b5-1e953bd9ef91">Meine freundlichen Engländer aus Venedig<name key="PSN0114950" style="hidden">Smith, Newman (1788-1864)</name><name key="PSN0114949" style="hidden">Smith, Mary Anne (?-1887)</name></persName> sind angekommen; <persName xml:id="persName_b7f936b4-55a1-4b18-bedb-1ce0201f4ebe">Lord Harrowby<name key="PSN0111714" style="hidden">Harrowby, Dudley Ryder 1st Earl of (1762-1847)</name></persName> <persName xml:id="persName_89bb0501-e120-4d72-82b2-4cee9d93ead5">mit seiner Familie<name key="PSN0114456" style="hidden">Sandon, Dudley Ryder (seit 1847) 2nd Earl of Harrowby (1798-1882)</name></persName> (leider ohne Sandons) bringt den Winter hier zu, <persName xml:id="persName_c1145f71-32c8-45b4-92ba-dfcd92ab5fa8">Schadows<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name><name key="PSN0114492" style="hidden">Schadow, Charlotte (seit 1843) von Godenhaus (1795-1882)</name></persName>, <persName xml:id="persName_0e95d2a7-9e71-4fd0-9d30-09e24071f2ca">Bendemanns<name key="PSN0109803" style="hidden">Bendemann, Familie von → Anton Heinrich B.</name></persName>, <persName xml:id="persName_bb20e804-a991-43dc-862e-1103e4d8f727">Bunsen’s<name key="PSN0110194" style="hidden">Bunsen, Familie von → Christian Carl Josias B.</name></persName> und <persName xml:id="persName_77b197ac-5b25-4907-b80c-61a7ad8fd97a">Tippelskirchs<name key="PSN0115340" style="hidden">Tippelskirch, Familie von → Friedrich Carl Ernst August von T.</name></persName> empfangen alle Abend Leute, kurz an Bekannten fehlt es mir nicht; nur möchte ich auch die Italiäner gern kennen lernen. Euern Brief vom 30<hi rend="superscript">sten</hi> Okt. (den ersten auf großem Format) empfing ich Sonnabend, und muß Euch bestätigen, daß es mit dem Porto ebenso wie in England ist; ein kleiner Brief auf 2 Bogen oder mit einem Couvert kostet das Doppelte von dem größten einfachen; auch bitte ich Euch statt Sonnabend, wo Ihr mir immer schreibt, lieber Dinstag zu wählen, wenn es Euch einerley ist; denn die Briefe vom Sonnabend kommen hier in 14, die vom Dinstag in 13 Tagen an. Und so wäre denn die Correspondenz in vollem Gange; Gott gebe, daß Ihr mir bald Erfreulicheres zu melden haben mögt, als im vorigen Briefe, der mich betrübt gemacht hat. Das Geschenk, liebe Fanny, was ich Dir diesmal zu Deinem Geburtstage fertig gemacht habe, ist <title xml:id="title_5ce75185-1aa0-4936-8b7a-c3e7774e77af">ein Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_igifd4eu-rpgd-el8b-sawn-zp4l38veicnx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100109" style="hidden">Der 115. Psalm »Non nobis Domine« / »Nicht unserm Namen, Herr« für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, [1829] bis 15. November 1830<idno type="MWV">A 9</idno><idno type="op">31</idno></name></title> für Chor und Orchester: non nobis, Domine, Du kennst den Anfang schon. Eine Arie kommt darin vor, die einen guten Schluß hat, und der letzte Chor wird Dir gefallen hoff’ ich; in der nächsten Woche soll, wie ich höre, eine Gelegenheit gehen, da schick ich Dirs samt vieler andrer neuen Musik. Nun will ich die <title xml:id="title_d65eec81-b2d2-4d27-b115-e451b23b9973">Ouvertüre<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_1ejmiohc-jhfp-bqcl-kmck-ew3jenlzl3nt"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100363" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 2 Die Hebriden / The Isles of Fingal (Zur einsamen Insel) h-Moll (»Fingals Höhle«), 7. August 1829 bis 16. Dezember 1830; Umarbeitung bis 20. Juni 1832<idno type="MWV">P 7</idno><idno type="op">26</idno></name></title> fertig machen, und dann so Gott will an die <title xml:id="title_3debb08d-4baf-4240-9b74-826b9451978d">Sinfonie<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jaajimxu-ntoq-w9ik-g4js-emvovwe6fije"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100342" style="hidden">Sinfonie A-Dur (»Italienische«) für Orchester, [Ende 1830] bis 13. März 1833; [Juni 1834 bis Anfang 1835]<idno type="MWV">N 16</idno><idno type="op">90</idno></name></title> gehen. Auch ein <title xml:id="title_2c78b8cb-a57b-4a78-869f-bb8f7c667143">ClavierConcert<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_rasdliuy-8lg6-tmd3-59l8-wn1qa5rw3y4h"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100349" style="hidden">Konzert Nr. 1 g-Moll für Klavier und Orchester bzw. Streichorchester, [November 1830 bis Oktober 1831]<idno type="MWV">O 7</idno><idno type="op">25</idno></name></title>, das ich mir für Paris gern schreiben möchte, fängt mir an, im Kopfe zu spuken. Gebe der liebe Gott Gelingen und frohe Zeit, so wollen wir sie schon genießen. Lebt denn alle wohl und glücklich; wer mich sieht, frägt nach Euch allen und grüßt; <persName xml:id="persName_aaecd7cc-23d6-4a0a-b960-1f882a27ebfb">Bendemanns<name key="PSN0109803" style="hidden">Bendemann, Familie von → Anton Heinrich B.</name></persName>, deren ganze Familie nun hier versammelt ist, tragen mir es täglich auf, und <persName xml:id="persName_0aef530c-9ef6-4f85-b6f7-3db1807372eb">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> lebt noch bei Allen im besten, frischen Andenken. Von der <persName xml:id="persName_9662b3a5-7300-4c25-bd42-727f0985cbb7">Pereira<name key="PSN0113804" style="hidden">Pereira-Arnstein, Henriette (Judith) (seit 1812) Freifrau von (1780-1859)</name></persName> hab ich einen liebenswürdigen Brief erhalten; ich erwarte nun auch <persName xml:id="persName_6b8a84b9-c528-42ea-8672-943ec3f13546">Adolph<name key="PSN0113800" style="hidden">Pereira-Arnstein, Adolf (Adolph) Freiherr von (1805-1846)</name></persName> bald hier. <seg type="closer" xml:id="seg_a96ba0b9-bbd6-4b75-99bb-3d673da0f79c">Nochmals lebt wohl und seyd glücklich.</seg></p><signed rend="right">Felix.</signed></div></body> </text></TEI>