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fmb-1830-10-25-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb></lb>Florenz, 25. Oktober 1830 Ob ich a little in love with Flora war, soll ich Dir sagen? Erstlich bin ich aber nie ein little in love, sondern wenn es nicht wenigstens tödtlich, sterblich, oder zum Erschießen ist, so fange Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 2, 361

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. IIIa/123. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Florenz, 25. Oktober 1830 Ob ich a little in love with Flora war, soll ich Dir sagen? Erstlich bin ich aber nie ein little in love, sondern wenn es nicht wenigstens tödtlich, sterblich, oder zum Erschießen ist, so fange

2 beschr. S. – Das Jahr ergibt sich aus dem im Brief genannten Aufenthaltsort Felix Mendelssohn Bartholdys.

Felix Mendelssohn Bartholdy

-

Mendelssohn, Reisebriefe, S. 42 f. (Teildruck).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

25. Oktober 1830 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Florenz Italien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Berlin Deutschland deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)25 Okt.Liebe Mutter!

Ob ich a little in love with FloraPereira-Arnstein, Florentina (Flora) Freiin von (1814-1882) war, soll ich Dir sagen? Erstlich bin ich aber nie ein little in love, sondern wenn es nicht wenigstens tödtlich, sterblich, oder zum Erschießen ist, so fange ich darum gar nicht an; und zweitens, ja wohl. – Wir haben uns prächtig die Cour gemacht und sind sehr vergnügt mit einander gewesen, aber Heines grauer Freund<name key="PSN0111816" style="hidden" type="author">Heine, Christian Johann Heinrich (bis 1825: Harry) (1797-1856)</name><name key="CRT0109127" style="hidden" type="literature">Yolante und Marie II</name> war ich darum doch nicht, denn ich war ohne Zweifel für das jüngere, hübschere Bündel Heu entschieden. Nimmst Du mir das übel, so apellire ich an den Augenschein, und der ist augenscheinlich meiner Meinung; daß ich Dir aber nicht mehr details von Deiner FreundinnPereira-Arnstein, Henriette (Judith) (seit 1812) Freifrau von (1780-1859) jetzt gebe, geschieht weil ich aus Gratz und auch später schon genug von ihr geschrieben habe; sie ist eben sehr liebenswürdig und wie es einer macht um liebenswürdig zu sein, ist wohl nicht leicht zu sagen. Ich habe ihr von Venedig aus geschrieben, der Brief ist aber schlecht geworden glaub’ ich, weil ich mir gar zu viel Mühe geben und ihn gern sehr zierlich machen wollte. Als ich hier Dein Illustrissimo auf meiner Adresse fand, machte mich es froh und ich dachte mir HenselHensel, Wilhelm (1794-1861), wie er alle richtigen Höflichkeitsformen angiebt, hoffentlich bekomm ich heut VatersMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) versprochnen Brief noch, und so habe ich mich umsonst gefürchtet. Gestern brachte ich meinen Brief von KüsterKüster, Johann Emanuel (seit 1815) von (1764-1833) und den von FränkelFränkel, Joseph Maximilian (1787-1857) an unsern GesandtenMartens, Friedrich Freiherr von (1781-1857) hier ab; der Mann ist herrlich und amüsirt mich, ohne es zu wollen, aufs Beste, denn er möchte nun gern den würdigen Stellvertreter der preuß. Nation spielen, und sich vornehm geberden, aber der Major MartensMartens, Friedrich Freiherr von (1781-1857) kuckt an allen Ecken heraus; man sieht fortwährend wie neu und warm ihm auf seinem Posten zu Muth ist, und für mich dem dergl. Würde wenig imponirt, ist es nun gar zu erquicklich, wenn er jetzt leider schon wieder den GroßherzogÖsterreich, Leopold II. von (1797-1870) besuchen muß, oder wenn er sich sein Wappen gestickt auf den Tisch ausbreitet und es betrachtet, oder wenn er mich versichert Preußen würde sich nicht einmischen u. s. w. ErMartens, Friedrich Freiherr von (1781-1857) hat mich übrigens zum Essen eingeladen, und seine FrauMartens, Freifrau von ist recht niedlich, also muß ich ihn loben. Er frug mich als ich hereinkam, ob ich auch ein Director sey? Ich sagte: nein, wieso wieso? Er sagte: weil schon ein Director hier sey, der ihm einen Brief gebracht habe, SchadowSchadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862) aus Düsseldorf. Empfehl mich Ihnen, Exc. sagte ich, und ging zu SchadowSchadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862) hin, den ich nun sehr freundlich und auch innerlich zufrieden heiter, nur durch fortdauernde Kränklichkeit herabgestimmt gefunden habe. Er hat mich gleich auf die AkademieAccademia di Belle Arti di FirenzeFlorenzItalien mitgenommen, ich war Abends bei ihm, gehe heut Abend wieder hin, und freue mich sehr drüber, ihn getroffen zu haben; er spricht sehr hübsch und klar, von seinen Schülern mit warmer Liebe, nimmt Theil an allem, kurz ich habe sehr angenehme Stunden mit ihm zugebracht. Er geht in 8 Tagen nach Rom, wo er den Winter zubringen wird, und erwartet täglich und stündlich hier Ed. BendemannBendemann, Eduard Julius Friedrich (1811-1889), SohnSohn, Carl Ferdinand (1805-1867) und HildebrandtHildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874), die mit ihm dahinreisen. Wenn Gott will kann der Winter wunderhübsch werden, es sieht ganz danach aus. Denn ich habe jetzt recht gesehn, wie nothwendig mir freundliche Menschen sind, die ganze Reise von Wien hieher habe ich keinen Bekannten gesprochen und da wurde mir am Ende ordentlich wild und verdrießlich, so daß ich mich hier doppelt gefreut habe wieder unter ordentliche Leute zu kommen. Auch der Brief an LagerswördLagersvärd, Johan Claes (1756-1836) von FränkelFränkel, Joseph Maximilian (1787-1857) ist mir recht angenehm gewesen, ich habe gestern da gegessen, die Familie ist sehr freundlich und höflich, es giebt ein paar hübsche MädchenLagersvärd, Töchter von → Johan Claes L. und → Jeanne Marie Brigitte L. da, die in Tripolis gewesen sind, AnnaFränkel, Anna Rosa (1812-?) ist ein schöner Conversationsanfang, da habe ich denn meinen Mittag recht vergnügt zugebracht. Übrigens habe ich hier erfahren, daß BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) diesen Monat in Neapel gewesen ist, und erst Ende des Monats wieder nach Rom kommt, deshalb bleibe ich noch bis Sonnabend hier, da es wirklich zu viel Schönes hier in jeder Beziehung zu sehen giebt, und bin dann so Gott will Montag früh in Rom. Es ist mir wichtig BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) gleich zu Anfang in Rom zu treffen, weil er mir bei meiner ganzen Lebens- und Reiseeinrichtung rathen soll. Auf jeden Fall möchte ich in Rom recht ordentlich zur Ruhe kommen, und arbeiten; es thut mir Noth, ich will auch meinen Tag mir danach eintheilen, daß ich einige Stunden blos für mich habe, und weder an Ruinen, noch an Bilder, noch an irgend andre Vergangenheit zu denken brauche; da will ich fleißig sein, und die Abende in Gesellschaft mit meinen Bekannten zubringen, denn das ist mein Hauptvergnügen. Jetzt will ich mal nach der TribüneGalleria degli UffiziFlorenzItalien gehen, und andächtig werden; es ist da ein Platz, wo ich mich gerne hinsetzte; man sieht gerade aus die kleine Venus von MedicisGalleria degli UffiziFlorenzItalien, und darüber die von Titian<name key="PSN0115347" style="hidden" type="author">Tizian (eigtl. Tiziano Vecellio)</name><name key="CRT0111095" style="hidden" type="art">Venus von Urbino</name>, und wenn man sich ein wenig links wenden will, so hängt da die Madonna del Cardello<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110392" style="hidden" type="art">Madonna del Cardellino</name> ein Lieblingsbild von mir, das mir ganz die belle Jardinière<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110388" style="hidden" type="art">Heilige Cäcilie mit den Heiligen Paulus, Johannes Evangelist, Augustinus und Magdalena</name> zurückruft und wie ein Schwesterbild dazu mir vorkommt, und auch die Fornarina<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110398" style="hidden" type="art">Porträt eines jungen Mannes</name>, die mir aber durchaus keinen Eindruck hat machen wollen, weil der Kupferstich wirklich treu, und für mich im Gesicht ein recht unangenehmer Ausdruck ist, was Gemeines sogar. Aber wenn man so nach den beiden Venus hinsieht, wird einem ordentlich fromm vor Schönheit zu Muthe; es ist als flögen die beiden Geister, die so was haben schaffen können, durch den Saal und packten einen an; der TitianTizian (eigtl. Tiziano Vecellio) ist ein unglaublicher Mensch gewesen, und hat sich seines Lebens in seinen Bildern gefreut, indeß die MedizäerinnGalleria degli UffiziFlorenzItalien ist auch nicht zu verachten. Und nun ist noch die göttliche NiobeGalleria degli UffiziFlorenzItalien mit all den Kindern dort; da weiß man nun erst gar nichts zu sagen. Dazu war ich noch gar nicht im Pallast PittiGalleria PalatinaFlorenzItalien, wo S. Ezechiel<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110409" style="hidden" type="art">Die Vision des Ezechiel</name> und die Sedia<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110393" style="hidden" type="art">Madonna della Sedia</name> von Raphael hängen; will heut hin; den Garten des PallastsBoboli-GärtenFlorenzItalien habe ich gestern im Sonnenschein gesehen; er ist herrlich und die unzähligen Cypressen, die dichten Myrten- und Lorbeergänge machen unser einem einen seltsam fremden Eindruck, wenn ich aber sage, daß ich Buchen, Linden, Eichen und Tannen zehnmal schöner, malerischer finde, als alles dies, so ruft HenselHensel, Wilhelm (1794-1861): der nordische Bär! und ich bin doch bekanntlich Dein Sohn

Felix.
            25 Okt. Liebe Mutter!
Ob ich a little in love with Flora war, soll ich Dir sagen? Erstlich bin ich aber nie ein little in love, sondern wenn es nicht wenigstens tödtlich, sterblich, oder zum Erschießen ist, so fange ich darum gar nicht an; und zweitens, ja wohl. – Wir haben uns prächtig die Cour gemacht und sind sehr vergnügt mit einander gewesen, aber Heines grauer Freund war ich darum doch nicht, denn ich war ohne Zweifel für das jüngere, hübschere Bündel Heu entschieden. Nimmst Du mir das übel, so apellire ich an den Augenschein, und der ist augenscheinlich meiner Meinung; daß ich Dir aber nicht mehr details von Deiner Freundinn jetzt gebe, geschieht weil ich aus Gratz und auch später schon genug von ihr geschrieben habe; sie ist eben sehr liebenswürdig und wie es einer macht um liebenswürdig zu sein, ist wohl nicht leicht zu sagen. Ich habe ihr von Venedig aus geschrieben, der Brief ist aber schlecht geworden glaub’ ich, weil ich mir gar zu viel Mühe geben und ihn gern sehr zierlich machen wollte. Als ich hier Dein Illustrissimo auf meiner Adresse fand, machte mich es froh und ich dachte mir Hensel, wie er alle richtigen Höflichkeitsformen angiebt, hoffentlich bekomm ich heut Vaters versprochnen Brief noch, und so habe ich mich umsonst gefürchtet. Gestern brachte ich meinen Brief von Küster und den von Fränkel an unsern Gesandten hier ab; der Mann ist herrlich und amüsirt mich, ohne es zu wollen, aufs Beste, denn er möchte nun gern den würdigen Stellvertreter der preuß. Nation spielen, und sich vornehm geberden, aber der Major Martens kuckt an allen Ecken heraus; man sieht fortwährend wie neu und warm ihm auf seinem Posten zu Muth ist, und für mich dem dergl. Würde wenig imponirt, ist es nun gar zu erquicklich, wenn er jetzt leider schon wieder den Großherzog besuchen muß, oder wenn er sich sein Wappen gestickt auf den Tisch ausbreitet und es betrachtet, oder wenn er mich versichert Preußen würde sich nicht einmischen u. s. w. Er hat mich übrigens zum Essen eingeladen, und seine Frau ist recht niedlich, also muß ich ihn loben. Er frug mich als ich hereinkam, ob ich auch ein Director sey? Ich sagte: nein, wieso wieso? Er sagte: weil schon ein Director hier sey, der ihm einen Brief gebracht habe, Schadow aus Düsseldorf. Empfehl mich Ihnen, Exc. sagte ich, und ging zu Schadow hin, den ich nun sehr freundlich und auch innerlich zufrieden heiter, nur durch fortdauernde Kränklichkeit herabgestimmt gefunden habe. Er hat mich gleich auf die Akademie mitgenommen, ich war Abends bei ihm, gehe heut Abend wieder hin, und freue mich sehr drüber, ihn getroffen zu haben; er spricht sehr hübsch und klar, von seinen Schülern mit warmer Liebe, nimmt Theil an allem, kurz ich habe sehr angenehme Stunden mit ihm zugebracht. Er geht in 8 Tagen nach Rom, wo er den Winter zubringen wird, und erwartet täglich und stündlich hier Ed. Bendemann, Sohn und Hildebrandt, die mit ihm dahinreisen. Wenn Gott will kann der Winter wunderhübsch werden, es sieht ganz danach aus. Denn ich habe jetzt recht gesehn, wie nothwendig mir freundliche Menschen sind, die ganze Reise von Wien hieher habe ich keinen Bekannten gesprochen und da wurde mir am Ende ordentlich wild und verdrießlich, so daß ich mich hier doppelt gefreut habe wieder unter ordentliche Leute zu kommen. Auch der Brief an Lagerswörd von Fränkel ist mir recht angenehm gewesen, ich habe gestern da gegessen, die Familie ist sehr freundlich und höflich, es giebt ein paar hübsche Mädchen da, die in Tripolis gewesen sind, Anna ist ein schöner Conversationsanfang, da habe ich denn meinen Mittag recht vergnügt zugebracht. Übrigens habe ich hier erfahren, daß Bunsen diesen Monat in Neapel gewesen ist, und erst Ende des Monats wieder nach Rom kommt, deshalb bleibe ich noch bis Sonnabend hier, da es wirklich zu viel Schönes hier in jeder Beziehung zu sehen giebt, und bin dann so Gott will Montag früh in Rom. Es ist mir wichtig Bunsen gleich zu Anfang in Rom zu treffen, weil er mir bei meiner ganzen Lebens- und Reiseeinrichtung rathen soll. Auf jeden Fall möchte ich in Rom recht ordentlich zur Ruhe kommen, und arbeiten; es thut mir Noth, ich will auch meinen Tag mir danach eintheilen, daß ich einige Stunden blos für mich habe, und weder an Ruinen, noch an Bilder, noch an irgend andre Vergangenheit zu denken brauche; da will ich fleißig sein, und die Abende in Gesellschaft mit meinen Bekannten zubringen, denn das ist mein Hauptvergnügen. Jetzt will ich mal nach der Tribüne gehen, und andächtig werden; es ist da ein Platz, wo ich mich gerne hinsetzte; man sieht gerade aus die kleine Venus von Medicis, und darüber die von Titian, und wenn man sich ein wenig links wenden will, so hängt da die Madonna del Cardello ein Lieblingsbild von mir, das mir ganz die belle Jardinière zurückruft und wie ein Schwesterbild dazu mir vorkommt, und auch die Fornarina, die mir aber durchaus keinen Eindruck hat machen wollen, weil der Kupferstich wirklich treu, und für mich im Gesicht ein recht unangenehmer Ausdruck ist, was Gemeines sogar. Aber wenn man so nach den beiden Venus hinsieht, wird einem ordentlich fromm vor Schönheit zu Muthe; es ist als flögen die beiden Geister, die so was haben schaffen können, durch den Saal und packten einen an; der Titian ist ein unglaublicher Mensch gewesen, und hat sich seines Lebens in seinen Bildern gefreut, indeß die Medizäerinn ist auch nicht zu verachten. Und nun ist noch die göttliche Niobe mit all den Kindern dort; da weiß man nun erst gar nichts zu sagen. Dazu war ich noch gar nicht im Pallast Pitti, wo S. Ezechiel und die Sedia von Raphael hängen; will heut hin; den Garten des Pallasts habe ich gestern im Sonnenschein gesehen; er ist herrlich und die unzähligen Cypressen, die dichten Myrten- und Lorbeergänge machen unser einem einen seltsam fremden Eindruck, wenn ich aber sage, daß ich Buchen, Linden, Eichen und Tannen zehnmal schöner, malerischer finde, als alles dies, so ruft Hensel: der nordische Bär! und ich bin doch bekanntlich Dein Sohn
Felix.          
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Nimmst Du mir das übel, so apellire ich an den Augenschein, und der ist augenscheinlich meiner Meinung; daß ich Dir aber nicht mehr details von <persName xml:id="persName_94a2e739-d348-4bc7-828f-84745164d711">Deiner Freundinn<name key="PSN0113804" style="hidden">Pereira-Arnstein, Henriette (Judith) (seit 1812) Freifrau von (1780-1859)</name></persName> jetzt gebe, geschieht weil ich aus Gratz und auch später schon genug von ihr geschrieben habe; sie ist eben sehr liebenswürdig und wie es einer macht um liebenswürdig zu sein, ist wohl nicht leicht zu sagen. Ich habe ihr von Venedig aus geschrieben, der Brief ist aber schlecht geworden glaub’ ich, weil ich mir gar zu viel Mühe geben und ihn gern sehr zierlich machen wollte. Als ich hier Dein Illustrissimo auf meiner Adresse fand, machte mich es froh und ich dachte mir <persName xml:id="persName_a9b57346-a7f4-4ef1-9811-d0fa11b7db79">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName>, wie er alle richtigen Höflichkeitsformen angiebt, hoffentlich bekomm ich heut <persName xml:id="persName_9baa654e-ccbe-4113-8fa4-c6b789765ba9">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> versprochnen Brief noch, und so habe ich mich umsonst gefürchtet. Gestern brachte ich meinen Brief von <persName xml:id="persName_555cefde-54bb-42bc-9154-2c68dbfb0b49">Küster<name key="PSN0112604" style="hidden">Küster, Johann Emanuel (seit 1815) von (1764-1833)</name></persName> und den von <persName xml:id="persName_7ac970dc-c41e-4308-83e7-5e8ea7445827">Fränkel<name key="PSN0111141" style="hidden">Fränkel, Joseph Maximilian (1787-1857)</name></persName> an <persName xml:id="persName_530d498c-8831-4ea2-9990-4bfef848c1db">unsern Gesandten<name key="PSN0113096" style="hidden">Martens, Friedrich Freiherr von (1781-1857)</name></persName> hier ab; der Mann ist herrlich und amüsirt mich, ohne es zu wollen, aufs Beste, denn er möchte nun gern den würdigen Stellvertreter der preuß. Nation spielen, und sich vornehm geberden, aber der <persName xml:id="persName_0aeb9264-1c7a-40c0-8bde-e05a3e2d19e7">Major Martens<name key="PSN0113096" style="hidden">Martens, Friedrich Freiherr von (1781-1857)</name></persName> kuckt an allen Ecken heraus; man sieht fortwährend wie neu und warm ihm auf seinem Posten zu Muth ist, und für mich dem dergl. Würde wenig imponirt, ist es nun gar zu erquicklich, wenn er jetzt leider schon wieder den <persName xml:id="persName_8488cc7a-a4dd-423b-8047-90cd1be5a6bb">Großherzog<name key="PSN0113701" style="hidden">Österreich, Leopold II. von (1797-1870)</name></persName> besuchen muß, oder wenn er sich sein Wappen gestickt auf den Tisch ausbreitet und es betrachtet, oder wenn er mich versichert Preußen würde sich nicht einmischen u. s. w. <persName xml:id="persName_fb068678-4c48-45e3-a10e-cc65729a076a">Er<name key="PSN0113096" style="hidden">Martens, Friedrich Freiherr von (1781-1857)</name></persName> hat mich übrigens zum Essen eingeladen, und <persName xml:id="persName_bf87d161-22bb-4c14-b2c7-ec22094a706a">seine Frau<name key="PSN0113094" style="hidden">Martens, Freifrau von</name></persName> ist recht niedlich, also muß ich ihn loben. Er frug mich als ich hereinkam, ob ich auch ein Director sey? Ich sagte: nein, wieso wieso? Er sagte: weil schon ein Director hier sey, der ihm einen Brief gebracht habe, <persName xml:id="persName_4cc24649-f499-40bc-ac77-f783a1ded1ae">Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> aus Düsseldorf. Empfehl mich Ihnen, Exc. sagte ich, und ging zu <persName xml:id="persName_24ea167e-593f-4965-816c-02485fdae9f3">Schadow<name key="PSN0114494" style="hidden">Schadow, Friedrich Wilhelm (seit 1843) von Godenhaus (1788-1862)</name></persName> hin, den ich nun sehr freundlich und auch innerlich zufrieden heiter, nur durch fortdauernde Kränklichkeit herabgestimmt gefunden habe. Er hat mich gleich auf die <placeName xml:id="placeName_c8e7aeda-e92c-4f58-a08d-1f1c9b329655">Akademie<name key="NST0100246" style="hidden" subtype="" type="institution">Accademia di Belle Arti di Firenze</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> mitgenommen, ich war Abends bei ihm, gehe heut Abend wieder hin, und freue mich sehr drüber, ihn getroffen zu haben; er spricht sehr hübsch und klar, von seinen Schülern mit warmer Liebe, nimmt Theil an allem, kurz ich habe sehr angenehme Stunden mit ihm zugebracht. Er geht in 8 Tagen nach Rom, wo er den Winter zubringen wird, und erwartet täglich und stündlich hier <persName xml:id="persName_be9e93f4-533b-4c79-82b2-40c15f5d59eb">Ed. Bendemann<name key="PSN0109806" style="hidden">Bendemann, Eduard Julius Friedrich (1811-1889)</name></persName>, <persName xml:id="persName_d86350d9-61ae-48e7-94b2-54a05e7950f1">Sohn<name key="PSN0114959" style="hidden">Sohn, Carl Ferdinand (1805-1867)</name></persName> und <persName xml:id="persName_2a2b4fc6-ee8a-402e-a048-334de9a6b653">Hildebrandt<name key="PSN0111982" style="hidden">Hildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874)</name></persName>, die mit ihm dahinreisen. Wenn Gott will kann der Winter wunderhübsch werden, es sieht ganz danach aus. Denn ich habe jetzt recht gesehn, wie nothwendig mir freundliche Menschen sind, die ganze Reise von Wien hieher habe ich keinen Bekannten gesprochen und da wurde mir am Ende ordentlich wild und verdrießlich, so daß ich mich hier doppelt gefreut habe wieder unter ordentliche Leute zu kommen. Auch der Brief an <persName xml:id="persName_c68bc57f-efbf-4fbc-b9ee-e30035d5c206">Lagerswörd<name key="PSN0112653" style="hidden">Lagersvärd, Johan Claes (1756-1836)</name></persName> von <persName xml:id="persName_1745161a-5ab0-4384-b6ae-3465f9c8d6f2">Fränkel<name key="PSN0111141" style="hidden">Fränkel, Joseph Maximilian (1787-1857)</name></persName> ist mir recht angenehm gewesen, ich habe gestern da gegessen, die Familie ist sehr freundlich und höflich, es giebt <persName xml:id="persName_0743141f-9dbe-46d0-8725-18c0eaa8a40a">ein paar hübsche Mädchen<name key="PSN0112651" style="hidden">Lagersvärd, Töchter von → Johan Claes L. und → Jeanne Marie Brigitte L.</name></persName> da, die in Tripolis gewesen sind, <persName xml:id="persName_336fa39a-819d-47e7-81c9-765a8da02c46">Anna<name key="PSN0111140" style="hidden">Fränkel, Anna Rosa (1812-?)</name></persName> ist ein schöner Conversationsanfang, da habe ich denn meinen Mittag recht vergnügt zugebracht. Übrigens habe ich hier erfahren, daß <persName xml:id="persName_9b0b324d-684f-49a6-842b-4de1c3aed3ab">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> diesen Monat in Neapel gewesen ist, und erst Ende des Monats wieder nach Rom kommt, deshalb bleibe ich noch bis Sonnabend hier, da es wirklich zu viel Schönes hier in jeder Beziehung zu sehen giebt, und bin dann so Gott will Montag früh in Rom. Es ist mir wichtig <persName xml:id="persName_ac573bd2-158c-4e4b-9973-2773a9b30404">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> gleich zu Anfang in Rom zu treffen, weil er mir bei meiner ganzen Lebens- und Reiseeinrichtung rathen soll. Auf jeden Fall möchte ich in Rom recht ordentlich zur Ruhe kommen, und arbeiten; es thut mir Noth, ich will auch meinen Tag mir danach eintheilen, daß ich einige Stunden blos für mich habe, und weder an Ruinen, noch an Bilder, noch an irgend andre Vergangenheit zu denken brauche; da will ich fleißig sein, und die Abende in Gesellschaft mit meinen Bekannten zubringen, denn das ist mein Hauptvergnügen. Jetzt will ich mal nach der <placeName xml:id="placeName_5b9bb90d-304d-4a29-90dc-81fb743a831f">Tribüne<name key="NST0100247" style="hidden" subtype="" type="institution">Galleria degli Uffizi</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> gehen, und andächtig werden; es ist da ein Platz, wo ich mich gerne hinsetzte; man sieht gerade aus die kleine <placeName xml:id="placeName_622ba22c-ef04-4bee-9791-436c4ac0d4b8">Venus von Medicis<name key="SGH0100248" style="hidden" subtype="" type="sight">Galleria degli Uffizi</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, und darüber die von <title xml:id="title_82c4de0a-ca1c-4a5a-9bc4-e590b18a9ff2">Titian<name key="PSN0115347" style="hidden" type="author">Tizian (eigtl. Tiziano Vecellio)</name><name key="CRT0111095" style="hidden" type="art">Venus von Urbino</name></title>, und wenn man sich ein wenig links wenden will, so hängt da die <title xml:id="title_4ddbed89-1442-4888-afec-b44702a05a6b">Madonna del Cardello<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110392" style="hidden" type="art">Madonna del Cardellino</name></title> ein Lieblingsbild von mir, das mir ganz die <title xml:id="title_ad930248-df4b-4fa8-8af9-d1457f23b30c">belle Jardinière<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110388" style="hidden" type="art">Heilige Cäcilie mit den Heiligen Paulus, Johannes Evangelist, Augustinus und Magdalena</name></title> zurückruft und wie ein Schwesterbild dazu mir vorkommt, und auch die <title xml:id="title_ced50b00-7fdb-4056-942d-6490cdd5c19c">Fornarina<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110398" style="hidden" type="art">Porträt eines jungen Mannes</name></title>, die mir aber durchaus keinen Eindruck hat machen wollen, weil der Kupferstich wirklich treu, und für mich im Gesicht ein recht unangenehmer Ausdruck ist, was Gemeines sogar. Aber wenn man so nach den beiden Venus hinsieht, wird einem ordentlich fromm vor Schönheit zu Muthe; es ist als flögen die beiden Geister, die so was haben schaffen können, durch den Saal und packten einen an; der <persName xml:id="persName_f5fc44fb-0f0b-4a14-b7f6-c731d22f6083">Titian<name key="PSN0115347" style="hidden">Tizian (eigtl. Tiziano Vecellio)</name></persName> ist ein unglaublicher Mensch gewesen, und hat sich seines Lebens in seinen Bildern gefreut, indeß die <placeName xml:id="placeName_390d9311-7c3f-4c68-9c46-98e9b90d3ef6">Medizäerinn<name key="SGH0100248" style="hidden" subtype="" type="sight">Galleria degli Uffizi</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> ist auch nicht zu verachten. Und nun ist noch die <placeName xml:id="placeName_dd14b451-1734-4539-afa5-4ff3003a7683">göttliche Niobe<name key="SGH0100249" style="hidden" subtype="" type="sight">Galleria degli Uffizi</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> mit all den Kindern dort; da weiß man nun erst gar nichts zu sagen. Dazu war ich noch gar nicht im <placeName xml:id="placeName_1c311e69-e65e-487c-abcf-3634eec57e17">Pallast Pitti<name key="NST0100250" style="hidden" subtype="" type="institution">Galleria Palatina</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, wo <title xml:id="title_43fc586b-435d-4b6a-add2-7c7b29091469">S. Ezechiel<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110409" style="hidden" type="art">Die Vision des Ezechiel</name></title> und die <title xml:id="title_e83464e6-29e1-4ec8-a9a8-e2c5c7327d8b">Sedia<name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name><name key="CRT0110393" style="hidden" type="art">Madonna della Sedia</name></title> von Raphael hängen; will heut hin; den <placeName xml:id="placeName_42c8e895-d64c-42b2-96e3-c48510ab1d25">Garten des Pallasts<name key="SGH0100251" style="hidden" subtype="" type="sight">Boboli-Gärten</name><settlement key="STM0100174" style="hidden" type="">Florenz</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> habe ich gestern im Sonnenschein gesehen; er ist herrlich und die unzähligen Cypressen, die dichten Myrten- und Lorbeergänge machen unser einem einen seltsam fremden Eindruck, wenn ich aber sage, daß ich Buchen, Linden, Eichen und Tannen zehnmal schöner, malerischer finde, als alles dies, so ruft <persName xml:id="persName_b896f9e0-de68-49e9-b08a-e6c752ac2385">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName>: der nordische Bär! <seg type="closer" xml:id="seg_554a98b0-c6f4-475e-bf7d-5187c601d9f9">und ich bin doch bekanntlich Dein Sohn</seg></p><signed rend="right">Felix.</signed></div></body> </text></TEI>