fmb-1830-07-23-01
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München, 23. Juli 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
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In der Verwirrung der Abreise schreibe ich; denn morgen geht es in die Gebirge tief hinein, dort ist Sonntag Passionsaufführung bei Partenkirchen, dann wird gen Inspruck und das Zillerthal marschirt, und so über Salzburg, Ischel und
München d. 23 Juli 30. In der Verwirrung der Abreise schreibe ich; denn morgen geht es in die Gebirge tief hinein, dort ist Sonntag Passionsaufführung bei Partenkirchen, dann wird gen Inspruck und das Zillerthal marschirt, und so über Salzburg, Ischel und Cousine Pereira nach Wien. Die Berge brauen heute helle Wolken und versprechen für Morgen den schönsten Tag, Marx der eben auf meinem Sopha sich ausruht ist ein wenig neugierig auf Schneeberge und Wasserfälle, denn er begleitet mich ein Stück hinein; wir kommen eben von Schleisheim zurück, haben auf der königl. Gallerie geschwelgt, Musik gemacht auf Teufel hole, und das war das nette München. O lustige Welt! So viel Freude haben die Leute bei meiner Musik noch nirgends gezeigt, als hier und da weiß man doch, warum man ein Musiker ist. Ich wollte, Ihr wärt bei der Probe meiner Sinfonie gewesen. Am Morgen früh erhielt ich einen Brief von Marx, der mir seine Ankunft für denselben Tag anzeigte, um 10 fing die Probe an, die im großen Opernhaus gehalten wurde, aufs Theater hatten sie mir ein Clavier gesetzt, damit ich ihnen Stellen vorspielen könne, die mir nicht recht wären, das erstemal ließ ich es glatt durchgehen; kam dann beim zweitenmale mit vielen Bemerkungen die sie con amore auffaßten und so ging es sehr schön und lebendig; viele meiner Bekannten, der ganze Theater Chor, eine Menge Schauspieler und Schauspielerinnen, der Intendant, Graf Sensheim u. m. hatten sich eingefunden und bildeten auf der Bühne einen großen dunkeln Kreis, in den Logen waren mehrere Damen, auf dem Proscenium machte Bärmann der Mde. Vespermann den Hof, kurz das Ganze war bunt und hübsch. Als sie nun die Sinfonie zweimal gespielt hatten, kletterten die Hofmusiker aufs Theater und forderten mich zum Spielen auf; das ließ sich denn nicht abschlagen obwohl das Instrument einem Hackebrett sehr ähnlich sah, und auf der abschüssigen Bühne sehr schief stand; ich spielte mein emoll-Stück und das Concertstück von Weber und es war auf dem großen Theater eine prächtige Stille, am Ende brüllten sie aber immer los wie toll. Darauf ging ich gemächlich nach der Burggasse und da stand Marx schon hinter der Thüre; er hat mir mancherley von Euch erzählt und wir sprachen beide eigentlich nicht schlecht von Euch. Wohl möchte ich Dein genre Bild sehen o Hofmaler, mit dem nackten Knaben, aber ein δαιμονιοs (cf. βῆκχεν) bist Du doch, da Du hier in München während drei Tagen soviel adlige Bekanntschaften gemacht hast, wie andre kaum in drei Wochen. Überall tauchen Freunde und Verehrer von Dir auf; neulich bei Küsters, (wo ich aber auch entsetzlich verzogen werde) fielen mir die Töchter beinahe in die Arme, als ich mich für Deinen Schwager erklärte, und Fräulein Julie konnte nicht aufhören, von Deinen Skizzenbüchern zu erzählen. Sie hat sich nach Deinem Muster auch ein „Gedenkbuch der Bekannten“ eingerichtet, und ich Unwürdiger, ich selbst muß – (es ist unaussprechlich) ihr sitzen; obwohl Marx richtig behauptet, eine junge Dame, die einen jungen Mann zeichne, sey nicht viel weniger komisch, als eine junge Dame, die einen jungen Mann barbiere. Aber Eitelkeit kann Alles, und somit sitze ich frisch, und nehme mein grünes Samtbuch mit, um mit Schwestern zu prahlen. „Nichts nutzige Leerheit verderbten Lebens giebt gewichtigen Gedanken Todesstoß“ würde Benda sagen. Deshalb schließe ich diesen Brief; versichere aber noch vor dem Ende, daß mir nie so wohl gewesen ist, als in den letzten 6 Wochen; das bittre Bier, das viele Umherlaufen, eine Masse Früchte schlagen gut an, und die Gebirgsreise wird auch nicht schaden. Meine Bekannten behaupten ich sehe jetzt dreimal wohler aus als bei meiner Ankunft und blicke so munter, als wolle ich ausschlagen (sowohl wie ein Baum, als wie ein Pferd. ) Ich esse des Meisten. (Droysen) Mein Bart ist Bayrisch blau, und wird täglich einmal abgeschabt. Neulich war ich immer gegen Abend unpäßlich; der Major Parseval rieth mir, als erprobtes Mittel dagegen Abendbrod zu essen; ich esse seitdem und bin gesund. Wahrlich es geht mir gut, und somit seid nicht bange, wenn ich Euch aus dem Gebirge gar nicht schreibe; vielleicht erlasse ich die versprochne Epistel aus Partenkirchen an Dich, o Paul, heut aber wird Dir nur die Hand gegeben, und lebwohl aus München gesagt. Danke dem Devrient für seinen prächtigen Brief durch Marx; er hat mich herzlich erfreut, und ich will auch antworten. Jetzt hab ich aber keine Zeit, ich muß Hemden packen, Carten holen, Zeichenbücher kaufen, die alte Mejan über meinen Abschied trösten (er, Mejan macht der Delphine die Cour und grämt sich schon weniger drüber) à propos Delphine hat ein Lied ohne Worte aus e dur in mein Stammbuch geschrieben. à propos c dur o Fanny ich habe an meiner Schottischen Sinf. ein wenig gearbeitet. O Dank für Deinen grünen Brief. Aber lebt wohl. Gewiß, liebe Mutter, ich bin recht sehr gesund und immer Euer F.
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Aber Eitelkeit kann Alles, und somit sitze ich frisch, und nehme mein grünes Samtbuch mit, um mit <persName xml:id="persName_14aa5842-6360-4cde-81c1-9689f936b8da">Schwestern<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name><name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> zu prahlen. „Nichts nutzige Leerheit verderbten Lebens giebt gewichtigen Gedanken Todesstoß“ würde <persName xml:id="persName_add1fec8-cdbd-46df-ad33-e5cfc05b4afc">Benda<name key="PSN0109801" style="hidden">Benda, Daniel Alexander (1786-1870)</name></persName> sagen. Deshalb schließe ich diesen Brief; versichere aber noch vor dem Ende, daß mir nie so wohl gewesen ist, als in den letzten 6 Wochen; das bittre Bier, das viele Umherlaufen, eine Masse Früchte schlagen gut an, und die Gebirgsreise wird auch nicht schaden. Meine Bekannten behaupten ich sehe jetzt dreimal wohler aus als bei meiner Ankunft und blicke so munter, als wolle ich ausschlagen (sowohl wie ein Baum, als wie ein Pferd.) Ich esse des Meisten. (<persName xml:id="persName_9fc09ec7-0c04-4a5d-8133-aeb5222418fd">Droysen<name key="PSN0110751" style="hidden">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</name></persName>) Mein Bart ist Bayrisch blau, und wird täglich einmal abgeschabt. Neulich war ich immer gegen Abend unpäßlich; der <persName xml:id="persName_89d82c80-84a6-4333-ab71-25ad22d89779">Major Parseval<name key="PSN0113756" style="hidden">Parseval, Ferdinand Alexandre Louis de (1791-1854)</name></persName> rieth mir, als erprobtes Mittel dagegen Abendbrod zu essen; ich esse seitdem und bin gesund. Wahrlich es geht mir gut, und somit seid nicht bange, wenn ich Euch aus dem Gebirge gar nicht schreibe; vielleicht erlasse ich die versprochne Epistel aus Partenkirchen an Dich, o <persName xml:id="persName_db004b0d-9e14-44bf-a51d-8040da92ca0a">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName>, heut aber wird Dir nur die Hand gegeben, und lebwohl aus München gesagt. Danke dem <persName xml:id="persName_5ffce054-0630-428a-8fff-81d3d4f85eba">Devrient<name key="PSN0110637" style="hidden">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> für seinen prächtigen Brief durch <persName xml:id="persName_a3ea46a7-bdfb-454a-9075-90e35c1232e5">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName>; er hat mich herzlich erfreut, und ich will auch antworten. Jetzt hab ich aber keine Zeit, ich muß Hemden packen, Carten holen, Zeichenbücher kaufen, <persName xml:id="persName_68ad2595-4be8-4c6a-8079-ec897ed9bff1">die alte Mejan<name key="PSN0113195" style="hidden">Méjan, Eugen Graf von (?-1847)</name></persName> über meinen Abschied trösten (er, <persName xml:id="persName_8c6ea4f9-8e35-4577-a924-25230e6b0771">Mejan<name key="PSN0113195" style="hidden">Méjan, Eugen Graf von (?-1847)</name></persName> macht der <persName xml:id="persName_a64a6705-3967-422c-9ee1-db4d312e2a4a">Delphine<name key="PSN0114515" style="hidden">Schauroth, Delphine (Adolphine) von (1814-1887)</name></persName> die Cour und grämt sich schon weniger drüber) à propos Delphine hat ein <title xml:id="title_f1eba093-7e32-4419-a2fc-c810ef940ca2">Lied ohne Worte aus e dur<name key="PSN0114515" style="hidden" type="author">Schauroth, Delphine (Adolphine) von (1814-1887)</name><name key="CRT0110643" style="hidden" type="music">Lied ohne Worte E-Dur</name></title> in mein Stammbuch geschrieben. à propos c dur o <persName xml:id="persName_12b57b01-1193-4bb6-bcd0-3906505993d4">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> ich habe an <title xml:id="title_204bf2f9-4964-4a90-8f8b-6f7e6a99f83e">meiner Schottischen Sinf.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_iswfrulp-tggi-wa7b-5wqb-ufmfg3cufjhl"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100344" style="hidden">Sinfonie Nr. 3 a-Moll (»Schottische«) für Orchester, 30. Juli 1829; [ca. 1841] bis 20. Januar 1842<idno type="MWV">N 18</idno><idno type="op">56</idno></name></title> ein wenig gearbeitet. O Dank für Deinen grünen Brief. <seg type="closer" xml:id="seg_bed9b253-86e4-4a52-9521-9b1ba8d87ae0">Aber lebt wohl. Gewiß, liebe </seg><persName xml:id="persName_e4edf5ff-6d69-4848-8a81-67d5fcb80429">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName><seg type="closer" xml:id="seg_c80d458a-1b09-4756-9a2f-c1839865427e">, ich bin recht sehr gesund und immer Euer</seg></p><signed rend="right">F.</signed></div></body> </text></TEI>