fmb-1830-07-14-01
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München, 14. Juli 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Leo
oii
Mendelssohn Bartholdy
Da bist Du nun mit einem Male in Paris und ich soll Dir nach der rue Louis le grand schreiben, und kann mir noch nicht denken, wie und wo Du wohnst, wie Du lebst, ob Du lange bleiben wirst, ob Du noch weiter reisest, und so noch vieles andre; da wird es mir eigentlich schwer, Dir ordentlich zu schreiben, indessen forderst Du mich in Deinem letzten Brief von Berlin aus auf Dir bald Nachricht von mir zu geben deshalb darf ichs nicht verschieben und wenn ich auch weiter nichts zu sagen hätte, als daß mir es wohl geht und daß ich mich freue Dich in diesem weltgeschichtlichem Moment gerade an der Quelle zu wissen, wo die wichtigsten Ereignisse sich ausbilden. Doch muß ich noch einiges aus Deinem vorigen Briefe beantworten und Dir, da es mit meinem Aufenthalte hier zu Ende geht, Rechenschaft ablegen, wie und wovon ich die Zeit über gelebt; mit dem Geld, das ich gebraucht habe, will ich anfangen: ich habe mir bei meiner Ankunft bei
stillen, ruhigenLeben in München spricht, während ich fast nie so musikal. thätig gelebt habe, als in diesen Wochen. Da wollt’ ich mich denn gerne rechtfertigen, und deshalb der dumme Brief; verzeih ihn mir, lieber
P. S. Auch daß ich nicht an
München d. 14 July. Lieber Vater Da bist Du nun mit einem Male in Paris und ich soll Dir nach der rue Louis le grand schreiben, und kann mir noch nicht denken, wie und wo Du wohnst, wie Du lebst, ob Du lange bleiben wirst, ob Du noch weiter reisest, und so noch vieles andre; da wird es mir eigentlich schwer, Dir ordentlich zu schreiben, indessen forderst Du mich in Deinem letzten Brief von Berlin aus auf Dir bald Nachricht von mir zu geben deshalb darf ichs nicht verschieben und wenn ich auch weiter nichts zu sagen hätte, als daß mir es wohl geht und daß ich mich freue Dich in diesem weltgeschichtlichem Moment gerade an der Quelle zu wissen, wo die wichtigsten Ereignisse sich ausbilden. Doch muß ich noch einiges aus Deinem vorigen Briefe beantworten und Dir, da es mit meinem Aufenthalte hier zu Ende geht, Rechenschaft ablegen, wie und wovon ich die Zeit über gelebt; mit dem Geld, das ich gebraucht habe, will ich anfangen: ich habe mir bei meiner Ankunft bei Kerstorff 20 Louisd’or geben lassen, von denen ich 6 gleich an Welling besorgt habe um meine Schuld abzutragen; die übrigen 14 werden für meinen Aufenthalt ausreichen, da ich noch über 30 Gulden davon habe, und in der nächsten Woche reisen will. Dann denke ich mir von Kerstorff die Summe geben zu lassen die er für zureichend für meine Reise nach Wien hält. Die hier zugebrachte Zeit glaube ich gut und zu meinem Nutzen angewendet zu haben; vor allem habe ich München (die Stadt und ihre Geselligkeit) kennen gelernt, wie es wohl wenig Fremden gelingen mag, Thiersch hat mich in der Glyptothek, Stieler in der Gallerie, der Hofcaplan in der Bibliothek, Martius im brasilianischen Cabinet umhergeführt, fast allen interessanten Männern hier bin ich begegnet und sie haben mich freundlich und zuvorkommend empfangen, und so werde ich an mein Hiersein oft mit Freude zurückdenken. Füge nun noch hinzu, daß ich für meine Musik eine Empfänglichkeit gefunden habe, wie noch nirgends, daß ich durch das viele Spielen einen Fortschritt darin gemacht zu haben glaube, daß Ende dieser Woche eine extra Versammlung des Orchesters meiner Sinfonie wegen zusammenkommt, die sie sich abschreiben lassen für nächsten Winter, und so wirst Du Dich nicht wundern, daß ich gern hier war. Mutter scheint es zu wünschen, daß ich vor dem Könige spiele; er war aber nur 6 Tage hier und wird wahrscheinlich erst im October zurückkommen, also war es unmöglich; der Churfürstinn hingegen, der einzigen vom Hofe, die die anwesend ist, habe ich zur Genüge vorgespielt. Da nun die für München festgesetzten 6 Wochen in der nächsten verflossen sind, so mache ich mich heut oder morgen über 8 Tage auf den Weg; hoffentlich nimmst Du mir es nicht übel, lieber Vater, daß ich nicht direct von hier nach Wien gehe, sondern einen Abstecher ins Gebirge über Tegernsee, Achenthal etc. mache und so nach Salzburg gehe. Jedermann sagte mir von den Schönheiten des Bayrischen Gebirges und räth mir dazu, das Wetter wird günstig und so denke ich Du wirst nichts dagegen haben, daß ich ein Paar Tage dran setze, um das schöne Land zu sehen und mein Zeichnen will ich dann wieder recht hervorsuchen. In Salzburg werde ich einige Tage bleiben, weil die Pereira in der Nähe ist, und Mutter wünscht, daß ich ihre Bekanntschaft machen solle; dann werde ich weiter nach Wien gehen und dort also Anfang August eintreffen; 4 – 5 Wochen, denke ich, werden mir genügen Wien in dieser Jahreszeit zu sehn, wo die meisten Leute auf dem Lande und die Theater geschlossen sein sollen. Im September denke ich also Italien zu betreten, und, wie es bestimmt war, Anfang October in Rom zu sein. Auch Klenze, der eben von dort kommt, sagt mir, wie Redens, ich müsse, womöglich nicht vor Oct. nach Rom gehen, weil das der schönste Monat sein soll, und er rieth mir lieber in Florenz einige Zeit vorher zu bleiben. Darüber werd’ ich nun wohl in Wien das nähere erfahren. Wenn Du mir gleich auf diesen Brief antworten wolltest, so würde ich Dich bitten, nach Salzburg poste restante oder an Kerstorff adressirt zu schreiben, denn ich werde dort meine Reiseroute nach Wien mit den Tagen angeben; wo nicht, so wäre es wohl das Sicherste an Eskeles gleich zu adressiren; doch bitte ich Dich recht herzlich, wenn es Deine Geschäfte nicht unmöglich machen, mir, wenn auch nur die Paar Worte, durch Kerstorff noch zu schicken, damit ich weiß, ob Du wohl vergnügt und mit Deinem Aufenthalt zufrieden bist. Lieber Vater, verzeihe mir den trocknen, schlechten Brief, in dem eigentlich nichts Rechtes steht; doch unterstreichst Du am Ende Deines vorigen Schreibens, ich solle nicht zu lange hier bleiben und meinen Zweck im Auge behalten, und da war mir es, als sey irgend ein Misverständniß vorgefallen, zumal da mir auch Mutter von meinem stillen, ruhigen Leben in München spricht, während ich fast nie so musikal. thätig gelebt habe, als in diesen Wochen. Da wollt’ ich mich denn gerne rechtfertigen, und deshalb der dumme Brief; verzeih ihn mir, lieber Vater, und auch das schlechte Format, es ist ein Versehn und der Brief soll fort. – Du siehst, daß ich mich gewissenhaft an die von uns festgesetzten Zeitpuncte halten werde, und so an Alles, was Du mir vorschreibst. Lebe wohl und glücklich. Dein treuer Felix P. S. Auch daß ich nicht an Beer geschrieben habe muß ein Misverständniß sein, denn vor langer Zeit schon (wenn ich nicht irre, mit dem Gratulationsbrief für Fanny zugleich) habe ich einen Brief an ihn abgeschickt, und mich für seine vielen Freundlichkeiten bedankt.
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Jedermann sagte mir von den Schönheiten des Bayrischen Gebirges und räth mir dazu, das Wetter wird günstig und so denke ich Du wirst nichts dagegen haben, daß ich ein Paar Tage dran setze, um das schöne Land zu sehen und mein Zeichnen will ich dann wieder recht hervorsuchen. In Salzburg werde ich einige Tage bleiben, weil die <persName xml:id="persName_2835cf6d-9c9e-44fb-8e36-7f492e95af40">Pereira<name key="PSN0113804" style="hidden">Pereira-Arnstein, Henriette (Judith) (seit 1812) Freifrau von (1780-1859)</name></persName> in der Nähe ist, und <persName xml:id="persName_721e7c03-bd29-488d-bb5d-84cad70689e1">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> wünscht, daß ich ihre Bekanntschaft machen solle; dann werde ich weiter nach Wien gehen und dort also Anfang August eintreffen; 4 – 5 Wochen, denke ich, werden mir genügen Wien in dieser Jahreszeit zu sehn, wo die meisten Leute auf dem Lande und die Theater geschlossen sein sollen. Im September denke ich also Italien zu betreten, und, wie es bestimmt war, Anfang October in Rom zu sein. Auch <persName xml:id="persName_8eaf078c-f3f0-40d4-a148-59ec94ada0df">Klenze<name key="PSN0112429" style="hidden">Klenze, Franz Leopold (Leo) Karl (1784-1864)</name></persName>, der eben von dort kommt, sagt mir, wie <persName xml:id="persName_342f1787-6699-4730-9783-80df37b858ae">Redens<name key="PSN0114093" style="hidden">Reden, Familie von → Franz Ludwig Wilhelm von R.</name></persName>, ich müsse, womöglich nicht vor Oct. nach Rom gehen, weil das der schönste Monat sein soll, und er rieth mir lieber in Florenz einige Zeit vorher zu bleiben. Darüber werd’ ich nun wohl in Wien das nähere erfahren. Wenn Du mir gleich auf diesen Brief antworten wolltest, so würde ich Dich bitten, nach Salzburg poste restante oder an <persName xml:id="persName_bf971393-dc73-409b-98f3-c94f653a6f19">Kerstorff<name key="PSN0112360" style="hidden">Kerstorf, Heinrich Sigmund Friedrich (bis 1816 Heymann Salomon Pappenheimer) Edler von (1769-1832)</name></persName> adressirt zu schreiben, denn ich werde dort meine Reiseroute nach Wien mit den Tagen angeben; wo nicht, so wäre es wohl das Sicherste an <persName xml:id="persName_7aca7281-859b-4659-976c-e7a7db422347">Eskeles<name key="PSN0110950" style="hidden">Eskeles, (Denis) Daniel Bernhard Freiherr von (1803-1876)</name><name key="PSN0109544" style="hidden">Arnstein & Eskeles, Bankhaus in Wien</name></persName> gleich zu adressiren; doch bitte ich Dich recht herzlich, wenn es Deine Geschäfte nicht unmöglich machen, mir, wenn auch nur die Paar Worte, durch <persName xml:id="persName_177222da-f93c-4144-80d5-e689623cdc5a">Kerstorff<name key="PSN0112360" style="hidden">Kerstorf, Heinrich Sigmund Friedrich (bis 1816 Heymann Salomon Pappenheimer) Edler von (1769-1832)</name></persName> noch zu schicken, damit ich weiß, ob Du wohl vergnügt und mit Deinem Aufenthalt zufrieden bist. Lieber <persName xml:id="persName_9305af09-96bf-46d9-8029-b8733b2c3c86">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, verzeihe mir den trocknen, schlechten Brief, in dem eigentlich nichts Rechtes steht; doch unterstreichst Du am Ende Deines vorigen Schreibens, ich solle nicht zu lange hier bleiben und meinen Zweck im Auge behalten, und da war mir es, als sey irgend ein Misverständniß vorgefallen, zumal da mir auch <persName xml:id="persName_ba216424-0a33-4e4c-9dec-ecc80ad48f31">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> von meinem <hi rend="underline">stillen, ruhigen</hi> Leben in München spricht, während ich fast nie so musikal. thätig gelebt habe, als in diesen Wochen. Da wollt’ ich mich denn gerne rechtfertigen, und deshalb der dumme Brief; verzeih ihn mir, lieber <persName xml:id="persName_d1064d7c-98b9-413c-ad41-f1555e2bd401">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, und auch das schlechte Format, es ist ein Versehn und der Brief soll fort. – Du siehst, daß ich mich gewissenhaft an die von uns festgesetzten Zeitpuncte halten werde, und so an Alles, was Du mir vorschreibst. <seg type="closer" xml:id="seg_893e735d-cbe9-48fd-9c4c-c9e4c78fb1aa">Lebe wohl und glücklich. Dein treuer</seg></p><signed rend="right">Felix</signed></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_a0bed546-2617-49a3-8e64-8c5eec04b6a2"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent">P. S. Auch daß ich nicht an <persName xml:id="persName_316332ef-15a1-40a0-829e-2d9be4ed994a">Beer<name key="PSN0109766" style="hidden">Beer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842)</name></persName> geschrieben habe muß ein Misverständniß sein, denn vor langer Zeit schon (wenn ich nicht irre, mit dem Gratulationsbrief für <persName xml:id="persName_8a3d31c5-4adb-4389-a2cb-4b50c24267fe">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> zugleich) habe ich einen Brief an ihn abgeschickt, und mich für seine vielen Freundlichkeiten bedankt.</p></div></body> </text></TEI>