fmb-1830-01-06-01
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Berlin, 6. Januar 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
3 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Moscheles.
Emden.
franco.
Ich weiß kaum wo ich anfangen soll, Sie um Verzeihung meiner Sünden zu bitten, denn ich fühle deren eine ganze Last auf meinem Gewissen, und eine weitläuftige Entschuldigung möchte so langweilig werden, daß man sie wieder für eine neue Sünde halten könnte. Es ist auch wirklich fast unverzeihlich, daß ich mich erst jetzt an Sie wende, um Ihnen für die Freundlichkeiten und die Güte zu danken, die Sie mir diesen Frühling erwiesen haben; indeß ist es auch wahr, daß dies die ersten Tage eigentlicher Ruhe sind, die ich seit jener Zeit zubringe. Erst die Reise nach den schottischen Hochlanden, wo wir mit dem unfreundlichsten Wetter, schlechten Wegen, noch schlechteren Wagen, noch schlechteren Wirthshäusern und Einwohnern und der reichsten malerischen Natur zu beschäftigt waren um auch nur für einen Tag zur Besinnung und zum Ausruhen zu kommen; dann meine Rückkehr nach London, wo ich, im Begriff nach den Niederlanden abzureisen um meinen Vater zu treffen, im Augenblick der Beendigung so mancher angefangnen Arbeiten und Besorgungen, das Unglück hatte, in einem Gig umgeworfen zu werden, und nun 6 Wochen im Bette liegend, zwei Monate im Zimmer zubringen mußte; dann die Reise nach Haus, die mir durch die fortdauernde Schwäche meines beschädigten Fußes zu einer sehr beschwerlichen, ja gefahrvollen Unternehmung geworden ist, und mich sehr angegriffen hat, so daß ich nach meiner Ankunft wieder für einige Wochen ins Zimmer eingesperrt wurde, und endlich nun die silberne Hochzeit meiner Eltern, die wir in der vorigen Woche gefeiert haben und zu der ich
Wie ich es nun anfangen soll um Ihnen und
Wo es mir nun vergönnt sein wird, Ihnen dies mündlich zu wiederholen und besser auszudrücken, als man es mit den kalten, förmlichen Buchstaben kann, – das weiß ich nicht; doch hoff’ ich, daß mir bald einmal das Glück zu Theil werden möge, Ihnen irgendwo wieder zu begegnen, und bitte Sie, mir dann dieselbe Freundlichkeit zu erhalten, die Sie mir bei jeder Gelegenheit erwiesen haben, und für die ich nicht aufhören werde Ihnen verpflichtet und dankbar zu sein.
Berlin d. 6 Jan. 1830. Hochgeehrte Frau! Ich weiß kaum wo ich anfangen soll, Sie um Verzeihung meiner Sünden zu bitten, denn ich fühle deren eine ganze Last auf meinem Gewissen, und eine weitläuftige Entschuldigung möchte so langweilig werden, daß man sie wieder für eine neue Sünde halten könnte. Es ist auch wirklich fast unverzeihlich, daß ich mich erst jetzt an Sie wende, um Ihnen für die Freundlichkeiten und die Güte zu danken, die Sie mir diesen Frühling erwiesen haben; indeß ist es auch wahr, daß dies die ersten Tage eigentlicher Ruhe sind, die ich seit jener Zeit zubringe. Erst die Reise nach den schottischen Hochlanden, wo wir mit dem unfreundlichsten Wetter, schlechten Wegen, noch schlechteren Wagen, noch schlechteren Wirthshäusern und Einwohnern und der reichsten malerischen Natur zu beschäftigt waren um auch nur für einen Tag zur Besinnung und zum Ausruhen zu kommen; dann meine Rückkehr nach London, wo ich, im Begriff nach den Niederlanden abzureisen um meinen Vater zu treffen, im Augenblick der Beendigung so mancher angefangnen Arbeiten und Besorgungen, das Unglück hatte, in einem Gig umgeworfen zu werden, und nun 6 Wochen im Bette liegend, zwei Monate im Zimmer zubringen mußte; dann die Reise nach Haus, die mir durch die fortdauernde Schwäche meines beschädigten Fußes zu einer sehr beschwerlichen, ja gefahrvollen Unternehmung geworden ist, und mich sehr angegriffen hat, so daß ich nach meiner Ankunft wieder für einige Wochen ins Zimmer eingesperrt wurde, und endlich nun die silberne Hochzeit meiner Eltern, die wir in der vorigen Woche gefeiert haben und zu der ich mehrere Arbeiten vollenden mußte: – alles dies hat die letzten Monate des vorigen Jahres zu den buntesten und bewegtesten gemacht, die ich noch erlebt. Die unangenehmsten und die glücklichsten Tage meines Lebens sind einander so schnell gefolgt, daß ich wirklich wie betäubt davon bin; auch werden Sie das genugsam an diesem confusen unordentlichen Briefe gesehn haben, den ich nur deswegen nicht auf besonnenere Zeit verschiebe, um durch längeres Stillschweigen mein Unrecht nicht noch mehr zu vergrößern. Wie ich es nun anfangen soll um Ihnen und Herrn Moscheles so recht genügend zu danken, das weiß ich wahrlich nicht. Denn was ich Ihnen auch sagen mag, so sinds doch nur Worte, und die wollen mir gar nicht recht ausreichen, wenn ich eine so aufrichtige Erkenntlichkeit aussprechen möchte, wie jetzt. Sie wissen, was es heißt, zum erstenmal in ein fremdes Land kommen, und ein Fremder unter Fremden sein; dies Gefühl, das das schrecklichste in der Welt sein muß, haben Sie mich nicht empfinden lassen, Sie haben mir die erste Entfernung von meiner Familie so wenig fühlbar, als möglich gemacht; den erfreulichen schönen Eindruck den England auf mich machte, verdanke ich Ihnen zumeist, und dieser Eindruck wird sich hoffentlich auch auf meine übrige Reise verbreiten, weil der erste Anfang das schwerste für mich war. So will ich Ihnen auch weiter gar nicht für jede einzelne Gefälligkeit und Güte, für jede Mühe, die Sie sich meinetwegen gemacht, danken; ich würde nicht aufhören können das zu thun – aber die freundliche Gesinnung, die aus alle dem sprach, das Wohlwollen, mit dem Sie mich aufnahmen und mir erleichterten, was mir schwer und unbekannt war – dafür lassen Sie mich hier Ihnen und Ihrem Herrn Gemahl so recht von Herzen meinen Dank sagen. So lange ich nicht mein erstes Hinaustreten in die Welt vergessen werde, so lange wird mir die Erinnerung an Ihre Güte bleiben. Wo es mir nun vergönnt sein wird, Ihnen dies mündlich zu wiederholen und besser auszudrücken, als man es mit den kalten, förmlichen Buchstaben kann, – das weiß ich nicht; doch hoff’ ich, daß mir bald einmal das Glück zu Theil werden möge, Ihnen irgendwo wieder zu begegnen, und bitte Sie, mir dann dieselbe Freundlichkeit zu erhalten, die Sie mir bei jeder Gelegenheit erwiesen haben, und für die ich nicht aufhören werde Ihnen verpflichtet und dankbar zu sein. Genehmigen Sie die Hochachtung mit der ich bin Ihr ergebenster Felix Mendelssohn Bartholdy.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1830-01-06" xml:id="date_0f9aff11-ee33-4e47-b204-62d522f681a2">6. 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Es ist auch wirklich fast unverzeihlich, daß ich mich erst jetzt an Sie wende, um Ihnen für die Freundlichkeiten und die Güte zu danken, die Sie mir diesen Frühling erwiesen haben; indeß ist es auch wahr, daß dies die ersten Tage eigentlicher Ruhe sind, die ich seit jener Zeit zubringe. Erst die Reise nach den schottischen Hochlanden, wo wir mit dem unfreundlichsten Wetter, schlechten Wegen, noch schlechteren Wagen, noch schlechteren Wirthshäusern und Einwohnern und der reichsten malerischen Natur zu beschäftigt waren um auch nur für einen Tag zur Besinnung und zum Ausruhen zu kommen; dann meine Rückkehr nach London, wo ich, im Begriff nach den Niederlanden abzureisen um meinen Vater zu treffen, im Augenblick der Beendigung so mancher angefangnen Arbeiten und Besorgungen, das Unglück hatte, in einem Gig umgeworfen zu werden, und nun 6 Wochen im Bette liegend, zwei Monate im Zimmer zubringen mußte; dann die Reise nach Haus, die mir durch die fortdauernde Schwäche meines beschädigten Fußes zu einer sehr beschwerlichen, ja gefahrvollen Unternehmung geworden ist, und mich sehr angegriffen hat, so daß ich nach meiner Ankunft wieder für einige Wochen ins Zimmer eingesperrt wurde, und endlich nun die silberne Hochzeit meiner Eltern, die wir in der vorigen Woche gefeiert haben und zu der ich <title xml:id="title_c8a0b870-3be4-47bd-9cf0-67d5e9fa6f10">mehrere Arbeiten<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_t4oonnql-s8px-6oqf-prdg-czdgxhyppagm"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="stage_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="singspiels_and_operas" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100325" style="hidden">Aus der Fremde (»Heimkehr aus der Fremde«), Ein Liederspiel, [September 1829] bis 19. 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Denn was ich Ihnen auch sagen mag, so sinds doch nur Worte, und die wollen mir gar nicht recht ausreichen, wenn ich eine so aufrichtige Erkenntlichkeit aussprechen möchte, wie jetzt. Sie wissen, was es heißt, zum erstenmal in ein fremdes Land kommen, und ein Fremder unter Fremden sein; dies Gefühl, das das schrecklichste in der Welt sein muß, haben Sie mich nicht empfinden lassen, Sie haben mir die erste Entfernung von <persName xml:id="persName_05451a57-9f17-484f-99a9-6682d50bbeb4">meiner Familie<name key="PSN0113241" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</name></persName> so wenig fühlbar, als möglich gemacht; den erfreulichen schönen Eindruck den England auf mich machte, verdanke ich Ihnen zumeist, und dieser Eindruck wird sich hoffentlich auch auf meine übrige Reise verbreiten, weil der erste Anfang das schwerste für mich war. So will ich Ihnen auch weiter gar nicht für jede einzelne Gefälligkeit und Güte, für jede Mühe, die Sie sich meinetwegen gemacht, danken; ich würde nicht aufhören können das zu thun – aber die freundliche Gesinnung, die aus alle dem sprach, das Wohlwollen, mit dem Sie mich aufnahmen und mir erleichterten, was mir schwer und unbekannt war – dafür lassen Sie mich hier Ihnen und Ihrem <persName xml:id="persName_00a32ac7-a134-4999-9fbe-cfd405188de4">Herrn Gemahl<name key="PSN0113441" style="hidden">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> so recht von Herzen meinen Dank sagen. 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