fmb-1829-11-14-01
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Norwood, 14. November 1829
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
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Aber gestern hab’ ich eine Entdeckung gemacht! Eine Entdeckung, die unsere Discussionen mit einem Male abschneidet und entscheidet. Sie wollten wissen, Freund, was für einen Eindruck wohl unsre Concerte hier auf einen Buschmann machen würden? Ich hab ihn gefunden, den Buschmann; einen ächten Wilden, und aus Deutschland; er hat nie ein Orchester gehört außer der Bande des Stadtmusikus in Remagen (seinem Geburtsort) nie einen Chor außer der Gemeinde Sonntags in der Kirche, kennt keinen Flügel als den von
Sie wissen wie ich die Straßenmusik in
Sonnabend, d. 14 November. Ach, Hints! Wie neblig ist es heut früh wieder! Aber gestern hab’ ich eine Entdeckung gemacht! Eine Entdeckung, die unsere Discussionen mit einem Male abschneidet und entscheidet. Sie wollten wissen, Freund, was für einen Eindruck wohl unsre Concerte hier auf einen Buschmann machen würden? Ich hab ihn gefunden, den Buschmann; einen ächten Wilden, und aus Deutschland; er hat nie ein Orchester gehört außer der Bande des Stadtmusikus in Remagen (seinem Geburtsort) nie einen Chor außer der Gemeinde Sonntags in der Kirche, kennt keinen Flügel als den von Oesterlein der seinem Vater gehört hat, und von Opern, Oratorien, Concerten u. dgl. hat er nur gelesen. Dabey hat er aber, bei Gott, ein Herz für Musik, und ist blond, und weiß vieles auswendig – aber ich will nach der Reihe erzählen, und berichten, wie ich zu ihm kam. Sie wissen wie ich die Straßenmusik in London hasse; sie ist schlechter und häufiger, als irgendwo, und wenn die Melodien aus der Stummen von Portici, oder aus der neuen Oper Thomas Akempis, (componirt von Bishop) oder verhunzte Volkslieder auf einer jämmerlichen Harfe, einer schwindsüchtigen Clarinette, oder gar auf dem Leierkasten losgehen, so wähle ich gern eine Seitenstraße um in Ruh schimpfen zu können. Die neue Polizey oder die Geistlichkeit sollte sich ins Mittel legen, denn solche sinnlose Musik muß den Sinn verderben und drum nenne ich sie unsittlich, Hints! Gestern aber fehlte es mir an einer Seitenstraße, ich mußte bei der Musik vorbey, und da steht neben dem blinden Fidler ein Mensch, dem ich von hinten am Schnitt seines Rocks gleich ansah, daß er erstlich ein Deutscher und zweitens entzückt sey. Wie ich mich nähere seh ich gar daß er sich in sein Taschenbuch den Irländischen Hopser nachschreibt, den jene aufspielen. Nun wurde mir der Mensch interessant: er hatte als Titel hingeschrieben: „Nationalmelodie in den Straßen von London gehört“, ich ging an ihn heran, er ist gar zu hübsch und wild blauäugig und so sehr jung, er findet alles herrlich, und für die Musik glüht er ganz – erst vor 3 Tagen ist er angekommen und soll nach dem Willen seines Vaters die Brauereyen hier mit Nutzen sehen um in Remagen eine ähnliche anzulegen – Hints! Hints! Das ist unser Mann! Der Frühling kommt, und mit ihm die tolle Zeit in der Stadt! Er muß in die Concerte! Er muß alles sehen und mitmachen! Er soll hören und seine Blicke sollen urtheilen und unsern Streit entscheiden. Aber wenn er in ein Morgenconcert tritt – Weh den Damen! Einstweilen aber verharre ich Ihr Ralf.
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Die neue Polizey oder die Geistlichkeit sollte sich ins Mittel legen, denn solche sinnlose Musik muß den Sinn verderben und drum nenne ich sie unsittlich, Hints! Gestern aber fehlte es mir an einer Seitenstraße, ich mußte bei der Musik vorbey, und da steht neben dem blinden Fidler ein Mensch, dem ich von hinten am Schnitt seines Rocks gleich ansah, daß er erstlich ein Deutscher und zweitens entzückt sey. Wie ich mich nähere seh ich gar daß er sich in sein Taschenbuch den Irländischen Hopser nachschreibt, den jene aufspielen. Nun wurde mir der Mensch interessant: er hatte als Titel hingeschrieben: „Nationalmelodie in den Straßen von London gehört“, ich ging an ihn heran, er ist gar zu hübsch und wild blauäugig und so sehr jung, er findet alles herrlich, und für die Musik glüht er ganz – erst vor 3 Tagen ist er angekommen und soll nach dem Willen seines Vaters die Brauereyen hier mit Nutzen sehen um in Remagen eine ähnliche anzulegen – Hints! Hints! Das ist unser Mann! 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