fmb-1829-07-28-01
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Edinburgh, 28. Juli 1829
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel, Zusatz von fremder Hand: »single.« – Die Textfolge ist nicht gemäß des Originals wiedergegeben worden, um den inhaltlichen Zusammenhang zu gewährleisten. Mehrfache Textverluste sind auf das Abreißen des Siegels zurückzuführen.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
In Edinburg ist es Sonntag wenn man eben ankommt: Da geht man denn über die Wiesen auf zwei höllisch steile Felsen zu, die Arthurs Sitz heißen, und klettert hinauf. Unten gehn die buntesten Menschen, Frauen, Kinder, und Kühe im Grün herum, weit umher breitet sich die Stadt aus, wo in der Mitte die Burg wie ein Vogelnest am Abhang steht, über die Burg hinweg seht ihr Wiesen, dann Hügel, dann einen breiten Fluß; über den Fluß hinweg seht ihr wieder Hügel, dann kommt ein ernsterer Berg auf dem Stirlings Gebäude erscheinen, das ist schon blaue Ferne; dahinter steht ein schwacher Schatten den sie Ben Lomond nennen. Alles Das ist aber nur die eine Hälfte von Arthurs Sitz; die andre ist einfach genug; es ist die hohe blaue See, unermeßlich weit, bedeckt mit weißen Segeln, schwarzen Dampfschornsteinen, kleinen Insecten von Kähnen und Bööten, Felsinseln, und d.gl. Was soll ichs beschreiben? Ihr müßt es selbst sehen. Wenn der liebe Gott sich mit Panoramenmalen abgibt, so wirds etwas toll. Wenige Schweizer Erinnerungen können dies schlagen. Es sieht alles so ernsthaft und kräftig hier aus, und liegt alles halb im Duft, oder Rauch, oder Nebel; dazu ist gar morgen ein Wettstreit der Hochländer auf der bagpipe, und so kamen viele in ihrem Anzug aus den Kirchen, führten ihre geputzten Mädchen siegreich am Arm, sahen stattlich und wichtig in die Welt hinein; mit den langen rothen Bärten, den bunten Mänteln und Federhüten, den nackten Knien, und ihrer Sackpfeife in der Hand, gingen sie ganz ruhig vor dem halbzerstörten grauen Schloß auf der Wiese vorbey, wo ten holte. Den las ich mit besonderm Behagen auf Princes Street in Edinburg mir durch. In Edinb! einen Brief vom Taxus her! Eben so behaglich war es mir, als ich heut in die See hinein schwamm, und nun ein Paar Augenblicke allein im Meer mich herum trieb, und dabey dachte, wie genau wir doch eigentlich mit einander bekannt wären; und doch steckte ich tief im Schottischen Meer, das sehr salzig schmeckt, Dobberan ist Limonade dagegen. Daß ich Eure Briefe nicht bekomme, wundert Euch? Es ist sehr natürlich, das Dampfboot ist neulich erst am Sonnabend, diesmal am Freitag Abend angekommen. Doch verstehe ich nicht, daß die festen Puncte meiner Reise und die Art des Briefwechsels Euch nicht zugekommen sind: hier also ein Duplicat: bitte, schickt alles an
Vieles wird nun doppelt vernommen werden – und die Wahrheit liegt dann als Drittes in der Mitte! – Am vergangenen Mittwoch setzten wir uns wie sonst Uhren und schlugen – ein den Weg in fremde Lande – Tage Nacht- und Stunden- oder Terzienbücher sind nicht gehalten denn das macht ungehalten, aber gereist ist durch Menschenmassen in London die in Newgate exequiren sehen wollten, durch Felder und Wiesen, breit und lang, platt und hügelig, bis York – dort scheint die Sonne in den Münster, und Nachts der Mond und die Sterne, statt Erbauen klirrt dort nur Bauen. Dann gings nach Durham – feiner Weg – eine offene Schule arbeitet hart an der Landstraße an sich und der Seelenstraße zur Vervollkommnung – ich schmeiße Manches durcheinander – denn noch gabs frühe Pferderennen was unsre Pferde aus dem Rennen brachte – eine Englische Seele die gen Himmel jagt, stapfet auf dem Wege wenn unten ein Rennen ist und Jockeys glänzen. Durham konnte Mollham heißen so weich und romantisch ists – hohe Cathedrale, tiefer Fluß, weite Gegend, enge Haine ringsum. Das Handwerk wurde beim r.
Ist denn noch nicht gemeldet worden daß wir beide zu gleicher Zeit schreiben, weil wir heute Morgen Hospitäler besehen und darauf – durch Baden – vermieden haben, und um 5. ins Dinner gehen? Wie die Zeit edel ist auf Reisen, weiß man nur auf ihnen selber. Also wie gesagt die guten Schotten sind eben gute Schotten – Mr. r. r r. – – – – pp – Wir wissen kaum wie lange wir hier noch bleiben – schwer fortzukommen ist nicht, da man uns reichlich speist und tränkt, aber wegzukommen, in die Hochlande. Wie wird das werden – acht Tage sind wir erst fort und 400. Meilen nebst 3000 Bekanntschaften sind schon gemacht – zu Fuß ist noch gar nicht gegangen als auf die Stadtberge, im Meer ist erst einmal geschwommen und noch gar nicht geschifft – die bagpipers blasen erst morgen, nachdem wir schon mit dem freundlichen o 39. da und da wohnt der muß wieder gut Wetter werden weil wir Glück haben müssen nämlich wollen. Daß unser erster Tag hier ein Sonntag war mit Sonnenschein und geputzten umherwandelnden Edinbürgern und Bürgerinnen, danke dem Tage der Himmel – das blaue Meer thuts Einem an! –
Jetzt wirds confus und steif vollends – denn es schlägt schon 5. und ich bin im steifen DinnerDress für Mr.
Edinburg d. 28 July 29 In Edinburg ist es Sonntag wenn man eben ankommt: Da geht man denn über die Wiesen auf zwei höllisch steile Felsen zu, die Arthurs Sitz heißen, und klettert hinauf. Unten gehn die buntesten Menschen, Frauen, Kinder, und Kühe im Grün herum, weit umher breitet sich die Stadt aus, wo in der Mitte die Burg wie ein Vogelnest am Abhang steht, über die Burg hinweg seht ihr Wiesen, dann Hügel, dann einen breiten Fluß; über den Fluß hinweg seht ihr wieder Hügel, dann kommt ein ernsterer Berg auf dem Stirlings Gebäude erscheinen, das ist schon blaue Ferne; dahinter steht ein schwacher Schatten den sie Ben Lomond nennen. Alles Das ist aber nur die eine Hälfte von Arthurs Sitz; die andre ist einfach genug; es ist die hohe blaue See, unermeßlich weit, bedeckt mit weißen Segeln, schwarzen Dampfschornsteinen, kleinen Insecten von Kähnen und Bööten, Felsinseln, und d. gl. Was soll ichs beschreiben? Ihr müßt es selbst sehen. Wenn der liebe Gott sich mit Panoramenmalen abgibt, so wirds etwas toll. Wenige Schweizer Erinnerungen können dies schlagen. Es sieht alles so ernsthaft und kräftig hier aus, und liegt alles halb im Duft, oder Rauch, oder Nebel; dazu ist gar morgen ein Wettstreit der Hochländer auf der bagpipe, und so kamen viele in ihrem Anzug aus den Kirchen, führten ihre geputzten Mädchen siegreich am Arm, sahen stattlich und wichtig in die Welt hinein; mit den langen rothen Bärten, den bunten Mänteln und Federhüten, den nackten Knien, und ihrer Sackpfeife in der Hand, gingen sie ganz ruhig vor dem halbzerstörten grauen Schloß auf der Wiese vorbey, wo Maria Stuart glänzend gelebt hat und wo sie Rizzio hat ermorden sehen. Es kommt mir vor als ginge die Zeit sehr schnell, wenn ich so viel Vergangenheit neben der Gegenwart vor mir habe. Es ist aber hier schön. Abends weht kalte Luft von der See her, und dann sehn alle Gegenstände höchst scharf und klar aus, schneiden sich gegen den grauen Himmel deutlich ab, die Lichter aus den Fenstern blinken sehr hell, und so war es gestern, als ich mit Hrrn. Ferguson, einem Edinburger friend of mine, an den mich Hr. Droop ein Londoner friend of mine empfohlen hat, die Straßen auf und abging, und mir aus der Post Euern Brief vom 13ten holte. Den las ich mit besonderm Behagen auf Princes Street in Edinburg mir durch. In Edinb! einen Brief vom Taxus her! Eben so behaglich war es mir, als ich heut in die See hinein schwamm, und nun ein Paar Augenblicke allein im Meer mich herum trieb, und dabey dachte, wie genau wir doch eigentlich mit einander bekannt wären; und doch steckte ich tief im Schottischen Meer, das sehr salzig schmeckt, Dobberan ist Limonade dagegen. Daß ich Eure Briefe nicht bekomme, wundert Euch? Es ist sehr natürlich, das Dampfboot ist neulich erst am Sonnabend, diesmal am Freitag Abend angekommen. Doch verstehe ich nicht, daß die festen Puncte meiner Reise und die Art des Briefwechsels Euch nicht zugekommen sind: hier also ein Duplicat: bitte, schickt alles an Doxat, bis zu meiner Rückkunft nach London, wo ich Euch das Weitere wissen lassen will; Doxats haben meine Adressen für Schottland und Wales und lassen mir pünctlich alles zukommen. Auch ich will schreiben, so oft es geht; doch muß ich leider wohl prophezeien, daß am nächsten Mittwoch, nach der Ankunft dieses Briefs, wohl einer ausbleiben wird, weil aus den Hochlanden sich nichts wird schicken lassen, obwohl gewiß schreiben: es kommt dann alles nach. Noch muß ich 2 Puncte des gestrigen Schreibens beantworten; den vom Gelde erstlich; ich begreife nicht, daß Doxats noch nicht an Vater deswegen geschrieben haben; ich brauchte monatlich 30£, und sie gaben mir für diese Reise einen Creditbrief auf 500£ für 5 Städte mit, wollten aber niemals, daß ich ihnen einen Empfangschein gäbe, weil sie mir sagten, daß sie das alles mit Dir, lieber Vater, unmittelbar abmachten und berichtigten. Bitte laß mich wissen, ob ich und was ich bei meiner Rückkehr nach London in dieser Beziehung zu thun habe. Dann scheinst Du vorauszusetzen, daß ich in Irland einen langen Aufenthalt machen wollte. Ich dachte aber blos etwa auf 8 Tage hinüber zu gehen, um einige Gegenden da zu sehen, die nach Beschreibungen und Bildern, die ich davon kenne, zu den schönsten in Engl. gehören müssen, und um Dublin auf ein Paar Tage zu besuchen. Die Seereise dauert 4 Stunden, und so ist alles das nur eine kurze Excursion, die doch wohl der Mühe werth ist. Ob ich Sir Walter hier sehen werde, ist, obwohl ich einen Brief an ihn von einem seiner genauen Freunde aus London habe, noch ganz ungewiß, doch hoffe ich’s, meistens um von Dir, liebe Mutter, nicht gar zu sehr ausgescholten zu werden, wenn ich ohne den lion gesehen zu haben, wiederkomme. Auch den Blumensaamen kann ich wegen der Verspätung des Dampfboots erst nach der Reise besorgen; ich schäme mich ordentlich, ihn nicht geschickt zu haben, statt Scheeren, Nadeln, und dgl. aber man vergißt am Ende in London wirklich, daß eine Natur in der Welt sey, und sowie man fast kalt und menschengleichgültig da wird, beim Feuerlärm nur aus dem Fenster nach der Flamme aus sieht, aber ruhig weiterschläft, wenn sie nicht in der Nähe scheint, so fällt es auch keinem ein, daß Blumen zur Welt, oder gar Samen zu den Blumen gehören; man riecht daran, steckt sie ins Knopfloch, und vergißt sie; ich will es aber wieder gutmachen; die Nelken sind gar schön, und sollen den Garten zieren. – Nun noch ein Schlüssel zu dem seltsamen Brief. Weil man uns hier so ungemein freundlich und zuvorkommend aufnimmt, so sind Mittag, Abend und Frühstücke unsres Hierseins besetzt, in der Zwischenzeit laufen wir herum. Wir haben deshalb den großen Bogen genommen und zugleich geschrieben, jeder von seiner Seite; der Raum auf der vorigen unter Klingem. s Anfang blieb leer bis jetzt weil er enger schreibt, als ich, und meine Seite daher eher voll war; die Hochlandsbriefe erfolgen in derselben Manier. (Das Schreiben der Herz gebe ich morgen ab) Die Hochlandsfahrt selbst geht so: über Stirling, Perth, Dunkeld und die Wasserfälle nach Blair Atholl; von da zu Fuß über die Berge nach Inverary, nach Glencoe, der Insel Staffa und der Insel Isla; hier wird ein Paar Tage geblieben, weil mir Sir Alexander J. noch einen sehr höflichen Brief nach Edinburg nachgeschickt hat, mit einem eingeschloßnen Empfehlungsschreiben an Sir Walter Campbell, den Herrn, Besitzer und Tyrannen der Insel, den ein Wort von Johnston zähmt, und zum Führer macht; von da den Clyde hinauf nach Glasgow; und von da nach Ben Lomond, weil er mit Loch Lom. die Hochlands lions sind, nach Loch Earn, Ben Vorlich, Loch Katrin, dann heraus nach Cumberland u. s. w. Was soll ich weiter erzählen? Wie ich Zelters, Devrients und Ritzs Brief auf Charing Cross 5 Minuten vor der Abreise durch Zufall bekam und in der stage durchlas? Wie wir morgen früh nach Roslyn fahren um die Ruinen zu sehen, und jetzt zu Mr Finlay Dun um zu diniren, und nacher zu Mr. Wood um zu musiciren, dann morgen nach dem Sackpfeifenwettstreit, (wo aber auch schottisch national getanzt wird) um uns zu amüsiren? Die Zeit und der Raum gehn zu Ende, und alles läuft wieder auf den Refrain heraus: wie freundlich die Menschen, und wie freigebig der liebe HerrGott in Edinburg sind. Auch sind die Schottländerinnen zu beachten, und im Falle Machmud Vaters Rath befolgt und ein Christ wird, so werde ich an seiner Statt ein Türke, und lasse mich in der Nähe hier nieder. Wenn sie nur nicht so viel Schnaps tränken! und so wenig pie hätten! Da kann es Sir George besser, mit dem ich den letzten Abend in London speiste, und der mir in Moselwein die Gesundheit meiner Familie, an der er mir mehrere gute Eigenschaften nachwies, und meines Vaterlandes zutrank. Ich machte einen Dankspeach, wir schworen uns Freundschaft und beschenkten uns königlich; er mich mit einem Trinkcanon, ich ihn mit der Ouvert. zum SommerNsTr., die das philharm. im nächsten Jahre spielt. Mit wem ich gewettet habe? Mit meinem Briefgegenfüßler. Beckchen, Du bist in der Welt um ausgelacht zu werden? Hier mache ich W. Horns Stellung nach. Mühlenf. wird schon raspeln. Gott steh uns bey. Ein Londoner Doctor fand dein Portrait hätte viel Ähnlichkeit mit Sappho, besonders im Kinnkasten. Ein dandy hat Deutsch zu lernen versprochen, um cour zu machen; ein alter Musiker meinte, er fände viele Schönheitslinien in Deinem Gesicht. Leider war der Mann halb verrückt, gieb also nicht viel darauf. Überhaupt. Lebt wohl. Time is. Time was. Time is passed. Daran hängt ein Mährlein. Felix Verehrteste Leut! Mittwoch, d 28. July Edinburg. Vieles wird nun doppelt vernommen werden – und die Wahrheit liegt dann als Drittes in der Mitte! – Am vergangenen Mittwoch setzten wir uns wie sonst Uhren und schlugen – ein den Weg in fremde Lande – Tage Nacht- und Stunden- oder Terzienbücher sind nicht gehalten denn das macht ungehalten, aber gereist ist durch Menschenmassen in London die in Newgate exequiren sehen wollten, durch Felder und Wiesen, breit und lang, platt und hügelig, bis York – dort scheint die Sonne in den Münster, und Nachts der Mond und die Sterne, statt Erbauen klirrt dort nur Bauen. Dann gings nach Durham – feiner Weg – eine offene Schule arbeitet hart an der Landstraße an sich und der Seelenstraße zur Vervollkommnung – ich schmeiße Manches durcheinander – denn noch gabs frühe Pferderennen was unsre Pferde aus dem Rennen brachte – eine Englische Seele die gen Himmel jagt, stapfet auf dem Wege wenn unten ein Rennen ist und Jockeys glänzen. Durham konnte Mollham heißen so weich und romantisch ists – hohe Cathedrale, tiefer Fluß, weite Gegend, enge Haine ringsum. Das Handwerk wurde beim Organisten gegrüßt, der nicht Er selber war, sondern sein Bruder – Hier zittert die Hand – der Absatz hier liegt im Moore in dem wir lagen, und an dem dies himmlische Nest Edinburg liegt – wir schwammen eben oben und schmeckten Seewasser, aßen darauf Früchte und zittern nun vor Plaisir. Ueberhaupt, o Nachsichtstetsübende! wenn die hier gegenwärtigen Bemerkungen schief werden, so liegt das nur an der Lage des Papiers und des Ortes, der unter sich selber durch geht, so wie mein mir auf dem Kopfe stehendes Vis-à Vis für mich mit grade schreibt. Der Organist in Durham also tractirte uns mit Orgel, schneeweißer feierlicher Cathedrale à la glace, einer Aussicht vom Thurm auf alles Gemüse der Umgegend, und auf einen unschuldigen Lammbraten zu Haus – wie wir alles rein aufgegessen hatten, kam der Bruder selber zu Haus mit einer Frau die die seinige war, und fanden ungenießbare Fremde statt genießbarer Kost. Man fraß und trank sich durch, war aimabel und verwunderte sich weniger über Hasen- als über Zeitläufte und eiferte als gut Durhämisch-Bischöflich gegen die Kathol. Emancipation. Nebenbei gewitterte es – und nach Gewittern wird es immer kalt – das Wetter sowie Bier was eben gebraut wird, setzen sich beide nicht, sondern bleiben trübe. Darum rauchte es in New Castle upon Tine – darum regnete es später – darum wurde der Koffer in dem sich ein großer Theil unsres künftigen Glanzes befand, in der Dunkelheit vor unsern und gänzlich mit meinen Augen vertauscht – ein Waiter lief bis spät Nachts in der Stadt umher, und molestirte all die vielen Dunn’s die da wohnen – der Eigenthümer des eingetauschten Koffers hatte sich so an ihm verewigt – mit Fragen: ob sie nicht gereiste Leute mit einem unrechten Mantelsack wären? Sie warens nicht – so wenig wie die übrigen Dunnse, die am folgenden Morgen zwischen 5. und 6. Uhr peinlich darüber befragt wurden; der NationalCredit ist noch groß in England, wir ließen den falschen Demetrius da und nahmen das Versprechen mit, den rechten in Edinburg gestern abend zu empfangen, wo er auch eintraf und uns bereits zum Entzücken geschminkt und vergoldet hat. Man tadle mich wenig über das unglückliche Wechselgeschäft – ist doch der Mr. Dunn, obgleich er nur 7 Meilen von NewCastle im Lande wohnt, nicht bedächtiger noch umsichtiger gewesen wie ein Mensch aus Limmer. Dann regnete es – dann kamen wir auf hohe Haide – dann blies der Wind kalt über die Haide vom Meere her – dann sah man von weitem den blauen Meerstreif selber und das Castle von Edinburg, und der da drüben wird melden wie kukkastenartig die Straßen über Höhen und durch Thäler schleichen, und über die Thäler die trockenen Brücken, und wie durch sie der graue Rauch strömt, wie die See ernsthaft und wie ein starres Räthsel zur Stadt hineinsieht, oder grüne Berge von andern Seiten. Auf den Straßen geht oder vielmehr steigt man fast nur mit ausgebreiteten Armen damit die lieben Schotten hineinfliegen können, so gastfrei- und freundlich sind sie. – Ist denn noch nicht gemeldet worden daß wir beide zu gleicher Zeit schreiben, weil wir heute Morgen Hospitäler besehen und darauf – durch Baden – vermieden haben, und um 5. ins Dinner gehen? Wie die Zeit edel ist auf Reisen, weiß man nur auf ihnen selber. Also wie gesagt die guten Schotten sind eben gute Schotten – Mr. Ferguson ist ein solcher der mehr thut wie sagt – obgleich er Felix gestern keinen Pie gegeben hat. Am ersten Morgen fielen wir – schon badebedürftig – einer Anstalt ins Haus an deren Spitze ein dürrer Doctor stand – er ließ sich in lange Gespräche mit uns ein über old Blükker und dessen Kriegszucht und erzählte Anekdoten die wir leugneten – Deutsch habe er in wenigen Sessionen gelernt und schneller wie es sein Lehrer gelehrt habe der es selber nicht verstanden – er könne aber schon früher Gothisch, und dazu breitete er ein Lexicon Saxo-Gothicon vor uns aus, mit dem er dick that wie ein civilisirter Barbar. Ein andrer Schauder überlief mich – ein süßer der weiten Entfernung und ganz neuen Umgebung, als Mr. Ferguson gestern bemerkte, es wäre gut für die Führer in den Hochlanden etwas Taback zum Schnupfen und – nicht Rauchen – sondern – aber es ist kaum zu sagen – mitzunehmen, und sie von Zeit zu Zeit damit zu beschenken und aufzufrischen wie Kamele mit Musik – ich dachte an Cook und andre Weltumsegler – ferner für kleine Portionen Whisky zu sorgen. Whisky, nebenbei gesagt, schmeckt wie distillirter Rauch und heißt wenn man ihn eben hinunterschluckt, a dram. Ein Schottisches Frühstück – berühmt über die ganze Welt und den Mond – haben wir heute früh erlebt – mit einer Art Seeschinken – nämlich Fisch an Rauch gebraten. Wer mag das! Miss Janie, die Tochter des Mr Wood, President of the College of Surgeons, bei dem dies alles vorfiel, setzte sich nachher wie ein OpferLamm ans Clavier, und spielte ab und zu, was sie wußte, – nur ein Undankbarer würde solche Musik geräucherten Schall nennen – es rührte mich und Felix drehte um – und spielte dann selber. Mr. Wood führte uns in einige Erziehungsanstalten – man ängstigt sich vor dergleichen in unsern windigen ObenhinausZeiten, aber wo Einem die vollkommene Zweckmäßigkeit so schlagend entgegentritt (Felix bemerkte schon so was über London) da ruht wieder ein Schönes darin – und wenn nun gar in einem Hospitale, zur Erziehung von Kaufmannstöchtern, groß, heiter und frei gebaut, 91 frische gesunde blühende Mädchengesichter einen anlachen – die Räume alle luftig, hoch, und reinlich – die Aufseherinnen mit ernsthaften ruhigen Minen – ein Theil der Kinder nähend, an dem Tische schreibend, einige größere Mädchen musicirend, unser Wood als freundlicher Artzt nachfragend – wenn in Reihen von Schränken der unschuldige Sonntagsstaat der Kinder, ihre Festhüte ruhen, und in andern wieder die Wintermäntel und die Regenhüte – wenn man bei alle dem in eine grüne stille Gegend hinaussieht, so freut man sich im Ganzen, ohne an Zweck oder Schönheit zu denken. Felix zeigte der Einen die spielte, ein h, für das sie ein b zu nehmen habe – erst nachher fiel mir ein, wie das zu einer wahren Engl. Zeitungsanecdote zu gebrauchen sey: etwa: the celebrated Composer Mr. – – – – pp – Wir wissen kaum wie lange wir hier noch bleiben – schwer fortzukommen ist nicht, da man uns reichlich speist und tränkt, aber wegzukommen, in die Hochlande. Wie wird das werden – acht Tage sind wir erst fort und 400. Meilen nebst 3000 Bekanntschaften sind schon gemacht – zu Fuß ist noch gar nicht gegangen als auf die Stadtberge, im Meer ist erst einmal geschwommen und noch gar nicht geschifft – die bagpipers blasen erst morgen, nachdem wir schon mit dem freundlichen Ferguson eine Landfrüh- und stückende Parthi nach Roslyn Abbey gemacht haben werden. Dazu ist Manches hier historisch und beziehungsreich, No 39. da und da wohnt der Lion Sir W. Scott und corrigirt seine Druckbogen – in irgend einem Laden bei dem man vorübergeht, ist die Druckerschwärze dazu käuflich – 1745. noch haußten hier die Hochländer und der letzte kühne Stuart hielt hier Hof – das zog vorüber und die Rebellionen sind abgekommen – sie haben nachher hier eine neue Stadt gebaut und nennen nun das Ganze „modern Athens“ – und Fremde lassen sich hier 5. Tage häuslich nieder und schreiben und empfangen Berliner Briefe. Es regnet jetzt – zum erstenmale, seit wir hier sind, aber das stört uns nicht und der Humor bleibt trocken und warm, denn es muß wieder gut Wetter werden weil wir Glück haben müssen nämlich wollen. Daß unser erster Tag hier ein Sonntag war mit Sonnenschein und geputzten umherwandelnden Edinbürgern und Bürgerinnen, danke dem Tage der Himmel – das blaue Meer thuts Einem an! – Jetzt wirds confus und steif vollends – denn es schlägt schon 5. und ich bin im steifen DinnerDress für Mr. Finlay-Don, der gut französisch spricht – “So’n Mensch im Dress der einen Brief schreibt, sieht gar zu komisch aus“, sagt der in diesem Augenblick nur sich anziehende Felix gleichfalls und die “Stärke meiner Halsbinde wird zur Schwäche meines Schreibens. O wie grüße ich Sie Alle! Das geht nun so fort mit Kreuz und QueerZiehen und Schreiben bis zum 18. August, wo wir uns trennen, weil ich am 20. wieder in Town seyn muß – bis dahin blühen noch Berge und dampfen noch Inseln die Hülle und Fülle. Kriegte man da nur nicht gar zu schlecht zu essen! Bannocks – Porridge – OatmealCake, wahrscheinlich auch gebratene Baumstämme und geräucherte Felsblöcke mit einer Moossauce – (Geb 2 Dec 1798. – The Scotch Women have high Cheekbones, – sagte ein Cockney vor der Abreise – aber sie sehen fein treuherzig aus und erinnern weniger in Länge als Breite an liebe Deutsche Gesichter Ihres weichmüthigsten CKl.
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Juli 1829</title> <incipit>In Edinburg ist es Sonntag wenn man eben ankommt: Da geht man denn über die Wiesen auf zwei höllisch steile Felsen zu, die Arthurs Sitz heißen, und klettert hinauf. Unten gehn die buntesten Menschen, Frauen,</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.; Adresse, mehrere Poststempel, Zusatz von fremder Hand: »single.« – Die Textfolge ist nicht gemäß des Originals wiedergegeben worden, um den inhaltlichen Zusammenhang zu gewährleisten. Mehrfache Textverluste sind auf das Abreißen des Siegels zurückzuführen.</p> <handDesc hands="2"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Hensel, Familie Mendelssohn 1879, Bd. 1, S. 240-242 (Teildruck).</bibl> <bibl type="printed_letter">Sietz, Leben in Briefen, S. 42-45 (Teildruck).</bibl> <bibl type="printed_letter">Elvers, Briefe, S. 79-82 (Felix Mendelssohn Bartholdys Briefteil).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-07-28" xml:id="date_2df0f055-9c0a-4d68-a11d-44b239b87e2f">28. Juli 1829</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112434" resp="author" xml:id="persName_5a57d77d-195a-4377-aec1-b91fd8ba4355">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_02e0e43d-a204-4665-8027-24c7c7cce4c4">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_54d95dee-cdc6-4aba-9261-99747f7d669a"> <settlement key="STM0100316">Edinburgh</settlement> <country>Großbritannien</country></placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0113247" resp="receiver" xml:id="persName_2d73b726-855e-4869-94ec-56119a3924d9">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName> <persName key="PSN0113241" resp="receiver" xml:id="persName_11fa8042-09f0-4044-be43-e65d3dce778e">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Abraham Mendelssohn Bartholdy</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_d1b8bc6d-c2d9-4b89-b3fb-0e7ee0104837"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_6fe674c8-e97a-40e9-a07c-24b8f4342e44"> <head> <address> <addrLine>Mess. Doxat & Co</addrLine> <addrLine>London</addrLine> <addrLine>Pour Mr. A Mendelssohn Bartholdy.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_a706ec41-88ed-4938-9290-38318dc9f36d"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Edinburg d. <date cert="high" when="1829-07-28" xml:id="date_3e48e6a9-8671-452b-99c3-c5b7004e41b1">28 July 29</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">In Edinburg ist es Sonntag wenn man eben ankommt: Da geht man denn über die Wiesen auf zwei höllisch steile Felsen zu, die Arthurs Sitz heißen, und klettert hinauf. Unten gehn die buntesten Menschen, Frauen, Kinder, und Kühe im Grün herum, weit umher breitet sich die Stadt aus, wo in der Mitte die Burg wie ein Vogelnest am Abhang steht, über die Burg hinweg seht ihr Wiesen, dann Hügel, dann einen breiten Fluß; über den Fluß hinweg seht ihr wieder Hügel, dann kommt ein ernsterer Berg auf dem Stirlings Gebäude erscheinen, das ist schon blaue Ferne; dahinter steht ein schwacher Schatten den sie Ben Lomond nennen. Alles Das ist aber nur die eine Hälfte von Arthurs Sitz; die andre ist einfach genug; es ist die hohe blaue See, unermeßlich weit, bedeckt mit weißen Segeln, schwarzen Dampfschornsteinen, kleinen Insecten von Kähnen und Bööten, Felsinseln, und d.gl. Was soll ichs beschreiben? Ihr müßt es selbst sehen. Wenn der liebe Gott sich mit Panoramenmalen abgibt, so wirds etwas toll. Wenige Schweizer Erinnerungen können dies schlagen. Es sieht alles so ernsthaft und kräftig hier aus, und liegt alles halb im Duft, oder Rauch, oder Nebel; dazu ist gar morgen ein Wettstreit der Hochländer auf der bagpipe, und so kamen viele in ihrem Anzug aus den Kirchen, führten ihre geputzten Mädchen siegreich am Arm, sahen stattlich und wichtig in die Welt hinein; mit den langen rothen Bärten, den bunten Mänteln und Federhüten, den nackten Knien, und ihrer Sackpfeife in der Hand, gingen sie ganz ruhig vor dem halbzerstörten grauen Schloß auf der Wiese vorbey, wo <persName xml:id="persName_e61d7a52-b5ef-4e0d-ae68-aefad4a203e0">Maria Stuart<name key="PSN0114685" style="hidden">Schottland, Maria Stuart (1542-1587)</name></persName> glänzend gelebt hat und wo sie <persName xml:id="persName_dab209df-5d5c-4239-9d07-2f4139b16645">Rizzio<name key="PSN0114160" style="hidden">Riccio (Rizzio), David (1533-1566)</name></persName> hat ermorden sehen. Es kommt mir vor als ginge die Zeit sehr schnell, wenn ich so viel Vergangenheit neben der Gegenwart vor mir habe. Es ist aber hier schön. Abends weht kalte Luft von der See her, und dann sehn alle Gegenstände höchst scharf und klar aus, schneiden sich gegen den grauen Himmel deutlich ab, die Lichter aus den Fenstern blinken sehr hell, und so war es gestern, als ich mit <persName xml:id="persName_d4d06537-1523-4426-8f21-95a0c366ad6b">Hrrn. Ferguson<name key="PSN0111033" style="hidden">Ferguson, Herr</name></persName>, einem Edinburger friend of mine, an den mich <persName xml:id="persName_8fa0a318-6f60-4fcd-91b8-4d6fc0205ef0">Hr. Droop<name key="PSN0110745" style="hidden">Droop, Johann (John) Abraham (1781-1842)</name></persName> ein Londoner friend of mine empfohlen hat, die Straßen auf und abging, und mir aus der Post Euern Brief vom 13<hi rend="superscript">ten</hi> holte. Den las ich mit besonderm Behagen auf Princes Street in Edinburg mir durch. In Edinb! einen Brief vom Taxus her! Eben so behaglich war es mir, als ich heut in die See hinein schwamm, und nun ein Paar Augenblicke allein im Meer mich herum trieb, und dabey dachte, wie genau wir doch eigentlich mit einander bekannt wären; und doch steckte ich tief im Schottischen Meer, das sehr salzig schmeckt, Dobberan ist Limonade dagegen. Daß ich Eure Briefe nicht bekomme, wundert Euch? Es ist sehr natürlich, das Dampfboot ist neulich erst am Sonnabend, diesmal am Freitag Abend angekommen. Doch verstehe ich nicht, daß die festen Puncte meiner Reise und die Art des Briefwechsels Euch nicht zugekommen sind: hier also ein Duplicat: bitte, schickt alles an <persName xml:id="persName_e16da80a-ff2d-4efa-88c5-47c12eecfad5">Doxat<name key="PSN0110729" style="hidden">Doxat & Co., Bankhaus in London</name></persName>, bis zu meiner Rückkunft nach London, wo ich Euch das Weitere wissen lassen will; <persName xml:id="persName_a9998d9f-5653-43e8-a1d7-0c2e93b8bca4">Doxats<name key="PSN0110729" style="hidden">Doxat & Co., Bankhaus in London</name></persName> haben meine Adressen für Schottland und Wales und lassen mir pünctlich alles zukommen. Auch ich will schreiben, so oft es geht; doch muß ich leider wohl prophezeien, daß am nächsten Mittwoch, nach der Ankunft dieses Briefs, wohl einer ausbleiben wird, weil aus den Hochlanden sich nichts wird schicken lassen, obwohl gewiß schreiben: es kommt dann alles nach. Noch muß ich 2 Puncte des gestrigen Schreibens beantworten; den vom Gelde erstlich; ich begreife nicht, daß <persName xml:id="persName_73c3707f-d753-4676-90e8-db79f4f3e729">Doxats<name key="PSN0110729" style="hidden">Doxat & Co., Bankhaus in London</name></persName> noch nicht an <persName xml:id="persName_816a08d7-f42e-4b60-acec-16150c990800">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> deswegen geschrieben haben; ich brauchte monatlich 30£, und sie gaben mir für diese Reise einen Creditbrief auf 500£ für 5 Städte mit, wollten aber niemals, daß ich ihnen einen Empfangschein gäbe, weil sie mir sagten, daß sie das alles mit Dir, lieber <persName xml:id="persName_8d82b0c7-d644-4a1a-9e63-74e9fcda3078">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, unmittelbar abmachten und berichtigten. Bitte laß mich wissen, ob ich und was ich bei meiner Rückkehr nach London in dieser Beziehung zu thun habe. Dann scheinst Du vorauszusetzen, daß ich in Irland einen langen Aufenthalt machen wollte. Ich dachte aber blos etwa auf 8 Tage hinüber zu gehen, um einige Gegenden da zu sehen, die nach Beschreibungen und Bildern, die ich davon kenne, zu den schönsten in Engl. gehören müssen, und um Dublin auf ein Paar Tage zu besuchen. Die Seereise dauert 4 Stunden, und so ist alles das nur eine kurze Excursion, die doch wohl der Mühe werth ist. Ob ich <persName xml:id="persName_ed7a77bf-2839-4cb5-b934-35cbda873a5f">Sir Walter<name key="PSN0114821" style="hidden">Scott, (seit 1820) Sir Walter (1771-1832)</name></persName> hier sehen werde, ist, obwohl ich einen Brief an ihn von einem seiner genauen Freunde aus London habe, noch ganz ungewiß, doch hoffe ich’s, meistens um von Dir, liebe <persName xml:id="persName_c3bbd04f-29ad-47ce-92e4-cf492f68fe05">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName>, nicht gar zu sehr ausgescholten zu werden, wenn ich ohne den lion gesehen zu haben, wiederkomme. Auch den Blumensaamen kann ich wegen der Verspätung des Dampfboots erst nach der Reise besorgen; ich schäme mich ordentlich, ihn nicht geschickt zu haben, statt Scheeren, Nadeln, und dgl. aber man vergißt am Ende in London wirklich, daß eine Natur in der Welt sey, und sowie man fast kalt und menschengleichgültig da wird, beim Feuerlärm nur aus dem Fenster nach der Flamme aus sieht, aber ruhig weiterschläft, wenn sie nicht in der Nähe scheint, so fällt es auch keinem ein, daß Blumen zur Welt, oder gar Samen zu den Blumen gehören; man riecht daran, steckt sie ins Knopfloch, und vergißt sie; ich will es aber wieder gutmachen; die Nelken sind gar schön, und sollen den Garten zieren. – Nun noch ein Schlüssel zu dem seltsamen Brief. Weil man uns hier so ungemein freundlich und zuvorkommend aufnimmt, so sind Mittag, Abend und Frühstücke unsres Hierseins besetzt, in der Zwischenzeit laufen wir herum. Wir haben deshalb den großen Bogen genommen und zugleich geschrieben, jeder von seiner Seite; der Raum auf der vorigen unter <persName xml:id="persName_71328b28-3142-4302-85a0-26bae5dc7a72">Klingem.s<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> Anfang blieb leer bis jetzt weil er enger schreibt, als ich, und meine Seite daher eher voll war; die Hochlandsbriefe erfolgen in derselben Manier. (Das Schreiben der <persName xml:id="persName_45f7f951-fb79-401d-9c5d-155dba3622ab">Herz<name key="PSN0111940" style="hidden">Herz, Henriette Julie (1764-1847)</name></persName> gebe ich morgen ab) Die Hochlandsfahrt selbst geht so: über Stirling, Perth, Dunkeld und die Wasserfälle nach Blair Atholl; von da zu Fuß über die Berge nach Inverary, nach Glencoe, der Insel Staffa und der Insel Isla; hier wird ein Paar Tage geblieben, weil mir Sir <persName xml:id="persName_baa5d98d-49b0-4968-b4ad-34ef68027d83">Alexander J.<name key="PSN0112262" style="hidden">Johnston, (seit 1811) Sir Alexander (1775-1849)</name></persName> noch einen sehr höflichen Brief nach Edinburg nachgeschickt hat, mit einem eingeschloßnen Empfehlungsschreiben an Sir Walter Campbell, den Herrn, Besitzer und Tyrannen der Insel, den ein Wort von <persName xml:id="persName_8ef843ff-0c6f-4cc1-abc9-e642fb50a9e4">Johnston<name key="PSN0112262" style="hidden">Johnston, (seit 1811) Sir Alexander (1775-1849)</name></persName> zähmt, und zum Führer macht; von da den Clyde hinauf nach Glasgow; und von da nach Ben Lomond, weil er mit Loch Lom. die Hochlands lions sind, nach Loch Earn, Ben Vorlich, Loch Katrin, dann heraus nach Cumberland u.s.w. Was soll ich weiter erzählen? Wie ich <persName xml:id="persName_3420cee3-adb1-406e-90a4-7ce12e7ee76c">Zelters<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName>, <persName xml:id="persName_7b5945d7-4a2a-4875-99fa-263f17ead59b">Devrients<name key="PSN0110637" style="hidden">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> und <persName xml:id="persName_fa7b4bf7-a56e-4d23-ba6c-b225dc82b911">Ritzs<name key="PSN0114202" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName> Brief auf Charing Cross 5 Minuten vor der Abreise durch Zufall bekam und in der stage durchlas? Wie wir morgen früh nach Roslyn fahren um die Ruinen zu sehen, und jetzt zu <persName xml:id="persName_35973658-d896-4cfc-bb2d-ea30e9269ee7">Mr Finlay Dun<name key="PSN0110775" style="hidden">Dun, Finlay (1795-1853)</name></persName> um zu diniren, und nacher zu <persName xml:id="persName_ce7ec53d-7f2c-4240-bdc7-23d815b2a348">Mr. Wood<name key="PSN0115867" style="hidden">Wood, John Muir (1805-1892)</name></persName> um zu musiciren, dann morgen nach dem Sackpfeifenwettstreit, (wo aber auch schottisch national getanzt wird) um uns zu amüsiren? Die Zeit und der Raum gehn zu Ende, und alles läuft wieder auf den Refrain heraus: wie freundlich die Menschen, und wie freigebig der liebe HerrGott in Edinburg sind. Auch sind die Schottländerinnen zu beachten, und im Falle <persName xml:id="persName_6395d562-c8ab-449c-9c36-6ee2ae5b74c5">Machmud<name key="PSN0113041" style="hidden">Mahmud II. (Osmanisches Reich) (1785-1839)</name></persName> <persName xml:id="persName_32ef4370-0699-49be-80c0-0446457a4d4a">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> Rath befolgt und ein Christ wird, so werde ich an seiner Statt ein Türke, und lasse mich in der Nähe hier nieder. Wenn sie nur nicht so viel Schnaps tränken! und so wenig pie hätten! Da kann es <persName xml:id="persName_3b3dd8b0-6f7b-4c44-9074-422680c1c7f9">Sir George<name key="PSN0114944" style="hidden">Smart, Sir George Thomas (1776-1867)</name></persName> besser, mit dem ich den letzten Abend in London speiste, und der mir in Moselwein die Gesundheit meiner Familie, an der er mir mehrere gute Eigenschaften nachwies, und meines Vaterlandes zutrank. Ich machte einen Dankspeach, wir schworen uns Freundschaft und beschenkten uns königlich; er mich mit einem Trinkcanon, ich ihn mit der <title xml:id="title_1ece7037-6b06-40c8-90f4-fa52ad722c5c">Ouvert. zum SommerNsTr.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_onqjdifn-pjav-qgq8-0ugh-l3wkc8qb6mvv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100359" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 1 zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, [Juli 1826] bis 6. August 1826<idno type="MWV">P 3</idno><idno type="op">21</idno></name></title>, die das <placeName xml:id="placeName_ccbc96cd-00cb-4f45-8fa3-9d5a9ec06fe4">philharm.<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> im nächsten Jahre spielt. Mit wem ich gewettet habe? Mit meinem Briefgegenfüßler. <persName xml:id="persName_f12c8227-decd-454c-8d44-433055604c11">Beckchen<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>, Du bist in der Welt um ausgelacht zu werden? Hier mache ich <persName xml:id="persName_0239e3d1-691f-4517-903c-cb4c004ca3f2">W. Horns<name key="PSN0112093" style="hidden">Horn, Wilhelm Theodor (seit 1865) von (1803-1871)</name></persName> Stellung nach. <persName xml:id="persName_b27b090f-d50e-4c33-aaaa-60356bf2daeb">Mühlenf.<name key="PSN0113471" style="hidden">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName> wird schon raspeln. Gott steh uns bey. Ein <persName xml:id="persName_ad79ca9b-f0ef-4b68-a6f6-7f29941b156f">Londoner Doctor<name key="PSN0115044" style="hidden">Spurzheim, Johann Christoph (Johann Gaspar) (1776-1832)</name></persName> fand <title xml:id="title_5c272f6b-79e2-446c-a62e-08e8377ac8dd">[dein] Portrait<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name><name key="CRT0109204" style="hidden" type="art">Rebecka Mendelssohn Bartholdy (Zeichnung 1829)</name></title> hätte viel Ähnlichkeit mit <persName xml:id="persName_8c86a45c-a385-4296-bbd4-5ebb30487089">Sappho<name key="PSN0114461" style="hidden">Sappho</name></persName>, besonders im Kinnkasten. Ein dand[y hat De]utsch zu lernen versprochen, um cour zu machen; ein alter Musiker [meint]e, er fände viele Schönheitslinien in Deinem Gesicht. Leider war der Mann halb verrückt, gieb also nicht viel darauf. <seg type="closer" xml:id="seg_965a0749-faf3-4e39-a427-8c583af613f7">Überhaupt. Lebt wohl. Time is. Time was. Time is passed. Daran hängt ein Mährlein.</seg></p> <signed rend="right">Felix </signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_5652b769-503b-40f0-b193-05fc595c3f5f"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</docAuthor> <salute rend="left">Verehrteste Leut!</salute> <dateline rend="right">Mittwoch, d <date cert="high" when="1829-07-28" xml:id="date_ea1aea2d-527b-459e-a1a4-45bd7cd03b92">28. July</date> Edinburg.</dateline> <p style="paragraph_without_indent">Vieles wird nun doppelt vernommen werden – und die Wahrheit liegt dann als Drittes in der Mitte! – Am vergangenen Mittwoch setzten wir uns wie sonst Uhren und schlugen – ein den Weg in fremde Lande – Tage Nacht- und Stunden- oder Terzienbücher sind nicht gehalten denn das macht ungehalten, aber gereist ist durch Menschenmassen in London die in Newgate exequiren sehen wollten, durch Felder und Wiesen, breit und lang, platt und hügelig, bis York – dort scheint die Sonne in den Münster, und Nachts der Mond und die Sterne, statt Erbauen klirrt dort nur Bauen. Dann gings nach Durham – feiner Weg – eine offene Schule arbeitet hart an der Landstraße an sich und der Seelenstraße zur Vervollkommnung – ich schmeiße Manches durcheinander – denn noch gabs frühe Pferderennen was unsre Pferde aus dem Rennen brachte – eine Englische Seele die gen Himmel jagt, stapfet auf dem Wege wenn unten ein Rennen ist und Jockeys glänzen. Durham konnte Mollham heißen so weich und romantisch ists – hohe Cathedrale, tiefer Fluß, weite Gegend, enge Haine ringsum. Das Handwerk wurde beim <persName xml:id="persName_0dc0d35d-a315-495a-8886-2ce3e3270d4f">Organisten<name key="PSN0111904" style="hidden">Henshaw, William (1791-1877)</name></persName> gegrüßt, der nicht Er selber war, sondern <persName xml:id="persName_9f21f7c5-36c7-4b9e-b173-9c47a0ad8f45">sein Bruder<name key="PSN0111903" style="hidden">Henshaw, Herr</name></persName> – Hier zittert die Hand – der Absatz hier liegt im Moore in dem wir lagen, und an dem dies himmlische Nest Edinburg liegt – wir schwammen eben oben und schmeckten Seewasser, aßen darauf Früchte und zittern nun vor Plaisir. Ueberhaupt, o Nachsichtstetsübende! wenn die hier gegenwärtigen Bemerkungen schief werden, so liegt das nur an der Lage des Papiers und des Ortes, der unter sich selber durch geht, so wie mein mir auf dem Kopfe stehendes Vis-à Vis für mich mit grade schreibt. Der Organist in Durham also tractirte uns mit Orgel, schneeweißer feierlicher Cathedrale à la glace, einer Aussicht vom Thurm auf alles Gemüse der Umgegend, und auf einen unschuldigen Lammbraten zu Haus – wie wir alles rein aufgegessen hatten, kam der Bruder selber zu Haus mit einer <persName xml:id="persName_af39a8a1-fd9f-414b-a7f2-a41df65b885c">Frau<name key="PSN0111902" style="hidden">Henshaw, Frau</name></persName> die die seinige war, und fanden ungenießbare Fremde statt genießbarer Kost. Man fraß und trank sich durch, war aimabel und verwunderte sich weniger über Hasen- als über Zeitläufte und eiferte als gut Durhämisch-Bischöflich gegen die Kathol. Emancipation. Nebenbei gewitterte es – und nach Gewittern wird es immer kalt – das Wetter sowie Bier was eben gebraut wird, setzen sich beide nicht, sondern ble[iben] trübe. Darum rauchte es in New Castle upon Tine – darum regnete es später – darum wurde der Koffer in dem sich ein großer Theil unsres künftigen Glanzes befand, in der Dunkelheit vor unsern und gänzlich mit meinen Augen vertauscht – ein Waiter lief bis spät Nachts in der Stadt umher, und molestirte all die vielen Dunn’s die da wohnen – der Eigenthümer des eingetauschten Koffers hatte sich so an ihm verewigt – mit Fragen: ob sie nicht gereiste Leute mit einem unrechten Mantelsack wären? Sie warens nicht – so wenig wie die übrigen Dunnse, die am folgenden Morgen zwischen 5. und 6. Uhr peinlich darüber befragt wurden; der NationalCredit ist noch groß in England, wir ließen den falschen <persName xml:id="persName_710b543a-56a4-4e83-b050-0bca63149e26">Demetrius<name key="PSN0114366" style="hidden">Russland, Demetrius / Dmitri Iwanowitsch (Dmitrij Ivanovič) von (1582-1591)</name></persName> da und nahmen das Versprechen mit, den rechten in Edinburg gestern abend zu empfangen, wo er auch eintraf und uns bereits zum Entzücken geschminkt und vergoldet hat. Man tadle mich wenig über das unglückliche Wechselgeschäft – ist doch der M<hi rend="superscript">r</hi>. <persName xml:id="persName_65cbab9b-0796-47df-b9d7-861acf3b6141">Dunn<name key="PSN0110775" style="hidden">Dun, Finlay (1795-1853)</name></persName>, obgleich er nur 7 Meilen von NewCastle im Lande wohnt, nicht bedächtiger noch umsichtiger gewesen wie ein Mensch aus Limmer. Dann regnete es – dann kamen wir auf hohe Haide – dann blies der Wind kalt über die Haide vom Meere her – dann sah man von weitem den blauen Meerstreif selber und das Castle von Edinburg, und der da drüben wird melden wie kukkastenartig die Straßen über Höhen und durch Thäler schleichen, und über die Thäler die trockenen Brücken, und wie durch sie der graue Rauch strömt, wie die See ernsthaft und wie ein starres Räthsel zur Stadt hineinsieht, oder grüne Berge von andern Seiten. Auf den Straßen geht oder vielmehr steigt man fast nur mit ausgebreiteten Armen damit die lieben Schotten hineinfliegen können, so gastfrei- und freundlich sind sie. – </p> <p style="paragraph_without_indent">Ist denn noch nicht gemeldet worden daß wir beide zu gleicher Zeit schreiben, weil wir heute Morgen Hospitäler besehen und darauf – durch Baden – vermieden haben, und um 5. ins Dinner gehen? Wie die Zeit edel ist auf Reisen, weiß man nur auf ihnen selber. Also wie gesagt die guten Schotten sind eben gute Schotten – M<hi rend="superscript">r</hi>. <persName xml:id="persName_98372cfd-67f1-428c-9b73-30c1544b1367">Ferguson<name key="PSN0111033" style="hidden">Ferguson, Herr</name></persName> ist ein solcher der mehr thut wie sagt – obgleich er Felix gestern keinen Pie gegeben hat. Am ersten Morgen fielen wir – schon badebedürftig – einer Anstalt ins Haus an deren Spitze ein dürrer Doctor stand – er ließ sich in lange Gespräche mit uns ein über <persName xml:id="persName_114f0c2e-f84c-4e2c-921c-c23571eff39d">old Blükker<name key="PSN0109978" style="hidden">Blücher, Gebhard Leberecht von (1742-1819)</name></persName> und dessen Kriegszucht und erzählte Anekdoten die wir leugneten – Deutsch habe er in wenigen Sessionen gelernt und schneller wie es sein Lehrer gelehrt habe der es selber nicht verstanden – er könne aber schon früher Gothisch, und dazu breitete er ein Lexicon Saxo-Gothicon vor uns aus, mit dem er dick that wie ein civilisirter Barbar. Ein andrer Schauder überlief mich – ein süßer der weiten Entfernung und ganz neuen Umgebung, als M<hi rend="superscript">r</hi>. <persName xml:id="persName_c1d54708-83ad-4dac-be26-556ac981e507">Ferguson<name key="PSN0111033" style="hidden">Ferguson, Herr</name></persName> gestern bemerkte, es wäre gut für die Führer in den Hochlanden etwas Taback zum Schnupfen und – nicht Rauchen – sondern – aber es ist kaum zu sagen – mitzunehmen, und sie von Zeit zu Zeit damit zu beschenken und aufzufrischen wie Kamele mit Musik – ich dachte an <persName xml:id="persName_d4fb4e88-b5fb-4085-b565-1dacc83f8ca4">Cook<name key="PSN0110454" style="hidden">Cook, James (1728-1779)</name></persName> und andre Weltumsegler – ferner für kleine Portionen Whisky zu sorgen. Whisky, nebenbei gesagt, schmeckt wie distillirter Rauch und heißt wenn man ihn eben hinunterschluckt, a dram. Ein Schottisches Frühstück – berühmt über die ganze Welt und den Mond – haben wir heute früh erlebt – mit einer Art Seeschinken – nämlich Fisch an Rauch gebraten. Wer mag das! <persName xml:id="persName_8a634b8f-2861-403a-a7ad-ca3cb135b2fa">Miss Janie<name key="PSN0115866" style="hidden">Wood, Janie</name></persName>, die Tochter des M<hi rend="superscript">r</hi> <persName xml:id="persName_3f3acbb2-b237-490c-bfdf-688c5ea4e78f">Wood<name key="PSN0115870" style="hidden">Wood, William (1774-1857)</name></persName>, President of the College of Surgeons, bei dem dies alles vorfiel, setzte sich nachher wie ein OpferLamm ans Clavier, und spielte ab und zu, was sie wußte, – nur ein Undankbarer würde solche Musik geräucherten Schall nennen – es rührte mich und Felix drehte um – und spielte dann selber. <persName xml:id="persName_252d5099-026c-4990-b5a5-f2eb66a37867">Mr. Wood<name key="PSN0115870" style="hidden">Wood, William (1774-1857)</name></persName> führte uns in einige Erziehungsanstalten – man ängstigt sich vor dergleichen in unsern windigen ObenhinausZeiten, aber wo Einem die vollkommene Zweckmäßigkeit so schlagend entgegentritt (Felix bemerkte schon so was über London) da ruht wieder ein Schönes darin – und wenn nun gar in einem Hospitale, zur Erziehung von Kaufmannstöchtern, groß, heiter und frei gebaut, 91 frische gesunde blühende Mädchengesichter einen anlachen – die Räume alle luftig, hoch, und reinlich – die Aufseherinnen mit ernsthaften ruhigen Minen – ein Theil der Kinder nähend, an dem Tische schreibend, einige größere Mädchen musicirend, unser <persName xml:id="persName_6dc9c6ef-72f3-43ef-986c-de6ce4881809">Wood<name key="PSN0115870" style="hidden">Wood, William (1774-1857)</name></persName> als freundlicher Artzt nachfragend – wenn in Reihen von Schränken der unschuldige Sonntagsstaat der Kinder, ihre Festhüte ruhen, und in andern wieder die Wintermäntel und die Regenhüte – wenn man bei alle dem in eine grüne stille Gegend hinaussieht, so freut man sich im Ganzen, ohne an Zweck oder Schönheit zu denken. Felix zeigte der Einen die spielte, ein h, für das sie ein b zu nehmen habe – erst nachher fiel mir ein, wie das zu einer wahren Engl. Zeitungsanecdote zu gebrauchen sey: etwa: the celebrated Composer M<hi rend="superscript">r</hi>. – – – – pp – Wir wissen kaum wie lange wir hier noch bleiben – schwer fortzukommen ist nicht, da man uns reichlich speist und tränkt, aber wegzukommen, in die Hochlande. Wie wird das werden – acht Tage sind wir erst fort und 400. Meilen nebst 3000 Bekanntschaften sind schon gemacht – zu Fuß ist noch gar nicht gegangen als auf die Stadtberge, im Meer ist erst einmal geschwommen und noch gar nicht geschifft – die bagpipers blasen erst morgen, nachdem wir schon mit dem freundlichen <persName xml:id="persName_6e0b6a48-0c4e-4125-91cf-f33dbd89adee">Ferguson<name key="PSN0111033" style="hidden">Ferguson, Herr</name></persName> eine Landfrüh- und stückende Parthi nach Roslyn Abbey gemacht haben werden. Dazu ist Manches hier historisch und beziehungsreich, N<hi rend="superscript">o</hi> 39. da und da wohnt der <persName xml:id="persName_b8161df3-7f4d-45d2-a9f1-f42af29bf0d6">Lion Sir W. Scott<name key="PSN0114821" style="hidden">Scott, (seit 1820) Sir Walter (1771-1832)</name></persName> und corrigirt seine Druckbogen – in irgend einem Laden bei dem man vorübergeht, ist die Druckerschwärze dazu käuflich – 1745. noch haußten hier die Hochländer und der <persName xml:id="persName_c524fd78-6324-4375-b30c-24f9341b5913">letzte kühne Stuart<name key="PSN0110916" style="hidden">England, Jakob II. von (1633-1701)</name></persName> hielt hier Hof – das zog vorüber und die Rebellionen sind abgekommen – sie haben nachher hier eine neue Stadt gebaut und nennen nun das Ganze „modern Athens“ – und Fremde lassen sich hier 5. Tage häuslich nieder und schreiben und empfangen Berliner Briefe. Es regnet jetzt – zum erstenmale, seit wir hier sind, aber das stört uns nicht und der Humor bleibt trocken und warm, denn es <hi rend="underline">muß</hi> wieder gut Wetter werden weil wir Glück haben müssen nämlich wollen. Daß unser erster Tag hier ein Sonntag war mit Sonnenschein und geputzten umherwandelnden Edinbürgern und Bürgerinnen, danke dem Tage der Himmel – das blaue Meer thuts Einem an! – </p> <p>Jetzt wirds confus und steif vollends – denn es schlägt schon 5. und ich bin im steifen DinnerDress für M<hi rend="superscript">r</hi>. <persName xml:id="persName_597c01c5-ba81-4a36-ba13-b1e23f0fac6d">Finlay-Don<name key="PSN0110775" style="hidden">Dun, Finlay (1795-1853)</name></persName>, der gut französisch spricht – “So’n Mensch im Dress der einen Brief schreibt, sieht gar zu komisch aus“, sagt der in diesem Augenblick nur sich anziehende Felix gleichfalls und die “Stärke meiner Halsbinde wird zur Schwäche meines Schreibens. O wie grüße ich Sie Alle! Das geht nun so fort mit Kreuz und QueerZiehen und Schreiben bis zum 18. August, wo wir uns trennen, weil ich am 20. wieder in Town seyn muß – bis dahin blühen noch Berge und dampfen noch Inseln die Hülle und Fülle. Kriegte man da nur nicht gar zu schlecht zu essen! Bannocks – Porridge – OatmealCake, wahrscheinlich auch gebratene Baumstämme und geräucherte Felsblöcke mit einer Moossauce – (Geb 2 Dec 1798. – The Scotch Women have high Cheekbones, – sagte ein Cockney vor der Abreise – aber sie sehen fein treuherzig aus und erinnern weniger in Länge als Breite an liebe Deutsche Gesichter Ihres weichmüthigsten</p> <signed rend="right">CKl.</signed> </div> </body> </text></TEI>