fmb-1829-06-17-01
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London, 17. Juni 1829
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
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Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Du hast mich durch Deinen Brief vom 30sten May, den ich erst gestern empfing, sehr herzlich erfreut; und ich will Dir also vor allem dafür danken; denn es wird mir fast sonderbar wenn ich von Euch etwas hier erhalte; ich fühle dann, daß ich sehr weit entfernt bin, und es macht mich doch nicht betrübt; ja als ich gestern Abend Deinen Brief in einer Gesellschaft zufällig bekam, wurde mir auf einmal so behaglich, als hätte ich eben Dein Dienstmädchen gefragt, ob Hr Devrient zu Hause sey, und als holte sie statt der Antwort den Schlüssel, um aufzumachen. Schreib oft. – Nun aber will ich mich auch benehmen, als sey ich in der Rosenstr. no. 1 und muß etwas wüthen, nämlich über eine Stelle in Deinem Briefe, auf die ich recht kräftig losziehen will; „mein Brief, schreibst Du, hätte mir bei
London d. 17ten Juny 1829Lieber Eduard Du hast mich durch Deinen Brief vom 30sten May, den ich erst gestern empfing, sehr herzlich erfreut; und ich will Dir also vor allem dafür danken; denn es wird mir fast sonderbar wenn ich von Euch etwas hier erhalte; ich fühle dann, daß ich sehr weit entfernt bin, und es macht mich doch nicht betrübt; ja als ich gestern Abend Deinen Brief in einer Gesellschaft zufällig bekam, wurde mir auf einmal so behaglich, als hätte ich eben Dein Dienstmädchen gefragt, ob Hr Devrient zu Hause sey, und als holte sie statt der Antwort den Schlüssel, um aufzumachen. Schreib oft. – Nun aber will ich mich auch benehmen, als sey ich in der Rosenstr. no. 1 und muß etwas wüthen, nämlich über eine Stelle in Deinem Briefe, auf die ich recht kräftig losziehen will; „mein Brief, schreibst Du, hätte mir bei Deiner Frau genützt, sie hätte solch ein Misfallen mit meinem hiesigen Leben gehabt, und auch Du seist damit gar nicht einverstanden. “ Wärst Du hier, so ging ich in Deiner Stube auf und ab, und würde Dir meinen Ärger durch Manches zu erkennen geben, würde aber die Predigt, die ich nun doch schreiben muß, (denn Du kannst mein böses Gesicht nicht sehen) verschlucken. Soll mir etwas bei Dir oder Deiner Frau nützen? Mir sollte nichts nützen, und nichts schaden, bei Euch; denn ich dachte, Ihr müßtet mich kennen. Wenigstens wenn ich einmal weiß, daß einer aufrichtig mit mir spricht, wenn ich ihn kenne: so stelle ich mir den Kerl fest hin; und nun mag das Leben, oder was es sey, kommen und reißen und ändern wollen, ich denke immer, daß er schon stehn bleiben wird; was würdest Du auch sagen, wenn ich Dich recht bäte, Dich nicht durch den Glanz der Spontinischen Opern blenden zu lassen, sondern die gute Musik lieb zu behalten? Du würdest von mir mehr Vertrauen verlangen, und ich werde nicht dran denken, Dir es zu sagen. Leben und Kunst sind aber nicht zweierley, und wenn ich gewiß bin, daß Du nicht fürchtest ich möchte hier zum Rossini oder zum John Bull übergehen, so mußt Du deshalb auch nicht fürchten, daß mich das Leben ersäuft. Wir werden länger aus einander bleiben; wenn Du aber nicht fest auf einen baust, den Du kennst, so wirst Du gewiß noch oft bange sein um mich, und das möchte ich doch nicht, und möchte auch mir nicht wieder in Deinen Augen nützen oder schaden; und möchte auch nicht, daß Du je besorgtest, ich hätte mich geändert; wahrhaftig, Devrient, wenn ich mich bessre oder verschlechtre, so schick ich Dir einen Expressen, bis dahin glaub’s nicht (ich meine natürlich, was gewisse Dinge betrifft, die die Leute Gesinnung nennen. ). – Hol der Teufel vieles, unter andern auch die ganze vorige Seite, die nichts taugt. Ich weiß aber wohl, was ich eigentlich meine: Von etwas Andrem. Schreib mir viel; von Agnes, vom ganzen Theater, von der Musik in Berlin, besonders aber kleine Einzelheiten von Deinem Leben, und wo Du wohnst: mit der Hausnummer u. dgl. das thut wohl. Du verlangst, Lieber, ich solle hier einigen Lärm erregen und eclat; ich freue mich, meiner künftigen Aussichten wegen Dir sagen zu können, daß ich das gethan habe; die Engländer sprechen von mir, und sind freundlich und vergnügt mit mir; dies Jahr ist es nun wohl eigentlich mit der Musik hier vorbey, denn die saison ist fast schon aus; doch spiele ich noch, meines Gewissens wegen, in den nächsten Tagen Beethovens großes Concert in es dur, die Musiker halten es für unmöglich, und denken das Publicum werde mich fressen, ich glaube es nicht, und spiele. Auch wird an demselben Tage mein Sommer. N. str. gegeben, mehr als Probe für das künftige Jahr, wo das Philharm. ihn spielen muß; denn ich will diese Ouvert., und die Meeresstille, deren Worte Mühlenfels trefflich übersetzt hat, für die nächsten Winterconcerte hier lassen. Für Coventgarden schreibe ich eine Oper, wenn die Texte, die man mir hier geben will, genügend sind. Sie haben mir Bedingungen gemacht, die ehrenvoll, angenehm und vortheilhaft sind, und im Ganzen sind mir die Leute hier meiner Musik wegen gut, und achten mich deshalb; das freut mich ganz außerordentlich; denn es ist hübsch, daß ich mir nun so viele Fremde, Unbekannte, vom Hals geschafft, und zu Bekannten gemacht habe. – Im Ganzen komme ich nicht zur Ruhe, und zum Componiren, und das konnte ich in Berlin; aber ich möchte hier augenblicklich dem Publ. meine Meeresstille u. dgl. vorspielen, und sie würden es weit besser fassen und verstehen, als der Cirkel gebildeter Leute in unserm Saal. Und doch wissen sie nichts von Musik, und alles liegt im Ärgsten und Argen. Woher kommt das? Auch spiele ich hier bei Gott besser als in Berlin, und zwar deshalb, weil die Leute lieber zuhören. Du würdest das nicht für Eitelkeit halten, aber es hebt einen jeden, gerade wenn er sieht, daß es gelingt, und daß er denen Plaisir macht. Nächstens mehr. Antworte mir bald. Neulich sah ich D. Giovanni von den Italiänern, es ist komisch. Pellegrini sang Leporello, betrug sich, wie ein Affe, setzte einen Schluß von 10 Rossinischen Klatschtacten an seine erste Arie an, das Mandolinensolo „deh vieni etc. “ spielte einer mit dem Bogen sehr zart, verzierte es gebührend das zweitemal, und schloß in hohen Regionen. Ich rief stark da capo aus Grimm. Der Comthur hatte einen Pudermantel um. Die Malibr. nahm Zerline ganz toll, nämlich wie eine wilde, coquette, spanische Bauerdirne; sie hat ein ungeheures Talent. Wie gut die Sontag D. Anna singt, wirst Du wissen. – Schreibe bald, und bleib mir nah. F.
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Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-06-17" xml:id="date_5a010075-2fcd-47eb-b0fc-b0b1053204e7">17. 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Du verlangst, Lieber, ich solle hier einigen Lärm erregen und eclat; ich freue mich, meiner künftigen Aussichten wegen Dir sagen zu können, daß ich das gethan habe; die Engländer sprechen von mir, und sind freundlich und vergnügt mit mir; dies Jahr ist es nun wohl eigentlich mit der Musik hier vorbey, denn die saison ist fast schon aus; doch spiele ich noch, meines Gewissens wegen, in den nächsten Tagen <title xml:id="title_e632e222-bd2b-4b66-9024-43505e147b3f">Beethovens großes Concert in es dur<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108018" style="hidden" type="music">5. Klavierkonzert Es-Dur, op. 73</name></title>, die Musiker halten es für unmöglich, und denken das Publicum werde mich fressen, ich glaube es nicht, und spiele. 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Sie haben mir Bedingungen gemacht, die ehrenvoll, angenehm und vortheilhaft sind, und im Ganzen sind mir die Leute hier meiner Musik wegen gut, und achten mich deshalb; das freut mich ganz außerordentlich; denn es ist hübsch, daß ich mir nun so viele Fremde, Unbekannte, vom Hals geschafft, und zu Bekannten gemacht habe. – Im Ganzen komme ich nicht zur Ruhe, und zum Componiren, und das konnte ich in Berlin; aber ich möchte hier augenblicklich dem Publ. <title xml:id="title_4b5f9284-bc9e-43c1-9da7-b23f2ee4e04d">meine Meeresstille<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_awzxsjvx-qnab-e1kh-dlnn-fihoiyl75o01"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100361" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 3 Meeresstille und glückliche Fahrt D-Dur, [Februar bis September 1828]; Umarbeitung 1833/1834<idno type="MWV">P 5</idno><idno type="op">27</idno></name></title> u. dgl. vorspielen, und sie würden es weit besser fassen und verstehen, als der Cirkel gebildeter Leute in unserm Saal. Und doch wissen sie nichts von Musik, und alles liegt im Ärgsten [und] Argen. Woher kommt das? Auch spiele ich hier bei Gott besse[r als] in Berlin, und zwar deshalb, weil die Leute lieber zuhören. Du [würdest] das nicht für Eitelkeit halten, aber es hebt einen jeden, [gerade] wenn er sieht, daß es gelingt, und daß er [denen] Plaisir macht. Nächstens mehr. Antworte mir bald. Neulich sah ich <title xml:id="title_6db5d837-8991-47af-90ee-3517b1b64261">D. Giovanni<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title> von den Italiänern, es ist komisch. <persName xml:id="persName_2b33c81c-acb0-4f15-8a06-2005ed3a909a">Pellegrini<name key="PSN0113787" style="hidden">Pellegrini, Julius (Giulio) (1806-1858)</name></persName> sang Leporello, betrug sich, wie ein Affe, setzte einen Schluß von 10 <persName xml:id="persName_7e026081-e712-430f-803f-c32dcc8e04f5">Rossinischen<name key="PSN0114299" style="hidden">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name></persName> Klatschtacten an seine erste Arie an, das Mandolinensolo „deh vieni etc.“ spielte einer mit dem Bogen sehr zart, verzierte es gebührend das zweitemal, und schloß in hohen Regionen. Ich rief stark da capo aus Grimm. Der Comthur hatte einen Pudermantel um. Die <persName xml:id="persName_2b3a7d10-88a8-42f1-9d66-1b7301b963a1">Malibr.<name key="PSN0113047" style="hidden">Malibran, María Felicità (1808-1836)</name></persName> nahm Zerline ganz toll, nämlich [wie eine] wilde, coquette, spanische Bauerdirne; sie hat ein ungeheures Talent. Wie [gut] die <persName xml:id="persName_06323a4b-2172-4b6e-aa3c-befd21fd4794">Sontag<name key="PSN0114969" style="hidden">Sontag (eigtl. Sonntag), Henriette Gertrude Walpurgis (seit 1831) Freiin von Lauenstein (1806-1854)</name></persName> D. Anna singt, wirst Du wissen. – <seg type="closer" xml:id="seg_9045a247-479b-4dc5-b7a7-6061fe35c323">Schreibe bald, und bleib mir nah. </seg><seg type="signed">F.</seg></p></div></body> </text></TEI>