fmb-1827-09-21-01
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Heidelberg, 20. und 21. September 1827
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
„O Heidelberg, du schöne Stadt, allwo’s den ganzen Tag geregnet hat“ sagen die Knoten, ich aber, ich bin ein Bursche, ich bin ein Kneipgenie, was kümmert mich der Regen? Es giebt ja noch Weintrauben, Instrumentenmacher, Journale, Kneipen,
selbst,
, eigenhändignach dem Gasthofe, um mir einen Gegenbesuch zu machen. Ich verfehlte ihn also leider, aber dafür fand ich ihn noch nachher zu Hause, und so war ich ziemlich den ganzen Tag bei ihm, Essens-, Schreibens- und Promenirenszeit abgerechnet. Leider muß
Da ich ihn gestern Abend um 1 2
Schöne Wirthschaft gestern Abend! Tabaksrauch, kalter Braten, Hundebellen, und
Gestern erhielt ich die Briefe vom 13ten
Meiner“, als zwei Kürzen gebraucht, vor. Habe ich Dir nicht ausdrücklich gesagt, dies Wort sey
„mich erharrst“zu steif schien, sagte ich nicht, daß ich statt „Treu stets
mir verbleibt“ „mir
ewigbleibt“ aus demselben Grunde gesetzt habe, zeigt’ ich nicht, wie der Prosode sagt: „was ich
fühl’, O,“ ich „fühle“; der Prosode „nach mir fragst“ – ich „befragst,“ Sagt’ ich das nicht? Verstummst Du? Warst Du blind oder eine Taube? Ist in Sacrow ein Laubgang an der Weinwand, oder nicht vielmehr ein Weingang an der Laubwand?
Von Baden hätte ich wol noch manches nachzuholen, das Meiste spare ich aber einer mündlichen Erzählung auf. So gehört die ungemein freundliche Aufnahme, die ich bei
einemTone, als sey es ein plaidoyer. Wie da nun
Die Nebel fallen, der Himmel wird blau, wir müssen nun nach Neckargemünd, und ich schließe. Wenn es möglich ist, wollen wir in Frankfurt den
A propos!
Von allen Bekannten haben wir hier keinen angetroffen. Eiffert auch nicht.
Heidelberg d. 20 Sept. 1827. „O Heidelberg, du schöne Stadt, allwo’s den ganzen Tag geregnet hat“ sagen die Knoten, ich aber, ich bin ein Bursche, ich bin ein Kneipgenie, was kümmert mich der Regen? Es giebt ja noch Weintrauben, Instrumentenmacher, Journale, Kneipen, Thibauts – nein, das ist gelogen, es giebt nur einen Thibaut, aber der gilt für sechse. Das ist ein Mann! Ich habe eine rechte Schadenfreude, daß ich nicht aus bloßem Gehorsam für Deinen heutigen Brief, liebste Mutter, diese Bekanntschaft gemacht habe, sondern schon gestern, (also 24 Stunden vor Empfang desselben), ein Paar Stunden mit ihm plauderte. Es ist sonderbar; der Mann weiß wenig von Musik, selbst seine historischen Kenntnisse darin sind ziemlich beschränkt, er handelt meist nach bloßem Instinct, ich verstehe mehr davon, als er – und doch habe ich unendlich von ihm gelernt, bin ihm gar vielen Dank schuldig. Denn er hat mir ein Licht für die alt-Italienische Musik aufgehen lassen, an seinem Feuerstrom hat er mich dafür erwärmt. Das ist eine Begeisterung und eine Glut, mit der er redet, das nenne ich eine blumige Sprache! Ich komme eben vom Abschiede her, und da ich ihm manches von Seb. Bach erzählt hatte, und ihm gesagt, das Haupt und das Wichtigste sey ihm noch unbekannt, denn im Sebastian, da sey alles zusammen, so sprach er zum Abschiede: „Leben Sie wohl, und unsere Freundschaft wollen wir an den Luis de Vittoria und den Sebastian Bach anknüpfen, gleichwie sich zwei Liebende das Wort geben, in den Vollmond zu sehen und sich dann nicht mehr fern von einander glauben. “ – Aber erst muß ich erzählen, wie ich dazu kam, zu ihm zu gehen. Gestern Nachmittag wurde das Wetter schlecht, und die Langeweile unter uns dreien groß, da fiel mir ein, daß T. in seinem Buche von einem Tu es Petrus! gesprochen hatte, und weil ich nun denselben Text grade componire, so faßte ich ein Herz und einen Frack, und ging gerade zu ins Kaltethal, falle ins Haus. Er kann mir das Stück gerade nicht geben, aber andere sind da, bessere, er zeigt mir sogleich seine große Bibliothek von Musik aller Völker und Zeiten, spielt mir vor und singt dazu, setzt mir die Stücke ordentlich aus einander, und so gingen mehrere Stunden vorüber, als ein Besuch kam, dem ich sogleich das Feld räumte, ich sollte aber heut früh wiederkommen. Was mich bei alle dem am meisten freute, war, daß er mich gar nicht nach meinem Namen gefragt hatte; darauf kam es ihm gar nicht an, ich liebte Musik, das übrige ist einerley, und da ich für einen Studenten gehalten wurde, hatte man mich ungemeldet in die Arbeitsstube gelassen. Auch heute früh waren wir wieder zwei Stunden zusammen, da fiel es ihm erst ein nach meinem Namen zu fragen, und war er vorher freundlich gewesen, so wurde er’s jetzt erst recht; nun wurde musicirt und erzählt, auch gab er mir ein prächtiges Stück von Lotti, zum Abschreiben mit, ich versprach, es ihm heute Abend wiederzubringen, aber gleich nach Tische, als ich das erträgliche Wetter gerade zu einem Spaziergang auf die Riesensteine benutzte, kam er selbst, Thibaut, eigenhändig nach dem Gasthofe, um mir einen Gegenbesuch zu machen. Ich verfehlte ihn also leider, aber dafür fand ich ihn noch nachher zu Hause, und so war ich ziemlich den ganzen Tag bei ihm, Essens-, Schreibens- und Promenirenszeit abgerechnet. Leider muß er morgen in Geschäften nach Carlsruhe. Da ich ihn gestern Abend um 1 2 7 verließ, vertrieb ich mir die Zeit und ging zum Instrumentenmacher, phantasire hin und her auf seinen Instrumenten, und als ich weggehn will, hat der Mann Hut und Stock genommen, und betheuert mir, ich müsse besseres von seinen Arbeiten sehen, Herr Schröder hätte einen sehr guten Flügel. Gut. Nun geht es im Regen zu Herrn Schröder, Studio. Wir kommen an, der Instrumentenmacher stellt mich vor, ohne meinen Namen zu wissen, gleichviel, ein Mensch kommt; und dann läuft er fort, denn er muß wieder arbeiten, ich soll aber ja wiederkommen. Nun bin ich allein mit dem Studio auf seinem cubiculo; er bittet mich, mir es bequem zu machen, ich möchte doch eine Pfeife beim Phantasiren rauchen, eine ungeheuere Dogge, die bei Clavierspielen belfert wird unter den Sopha geschaßt – „Hanne! eine Flasche Hochheimer! die müssen wir ausstechen, Freundchen. “ Und so geschah’s. Dazwischen spielte ich nun nach Herzenslust, bis ich satt und müde war, und heute Mittag ward dafür der Studio zu uns eingeladen, dafür hat uns der Studio wieder auf heute Abend zu sich eingeladen, und wer nun läugnet, daß ich ein Kneipgenie bin! Am 21 Sept. Schöne Wirthschaft gestern Abend! Tabaksrauch, kalter Braten, Hundebellen, und Euryanthe. Heydemann und Magnus waren en canone knüll, ich war nicht einmal angebrannt, und beobachtete alles. Wir sangen auch vierstimmig, und stellten mancherley Zeug vor, Heydemann ritt als Bachus auf der Dogge, und Magnus rauchte con furore Tabak auf die Gesundheit des berühmten Sknusemont. Dazwischen Collegiengeschichten erzählt mit Paukereyen gewürzt, kurz ich war in einer Kneipe. – Gebt mich nicht auf; sie nannten mich nüchtern, kopfhängend, traurig, ich müßte erst lernen – aber nein! Heute fahren wir nun in großer Gesellschaft nach Neckargemünd. À propos! Denkt euch Wölfchen und den kleinen Schlesinger mit dem Bärtlein, à tout knüll, oder, wie man hier sagt, carthaunenvoll, von vier Studenten in Prozession nach der Todtenkammer getragen (So heißt eine bereitete Streu neben dem Trinksaale, zum Heil der Schwachen) und da nun miteinander schnarchend!! O Gott! Denn Schlesinger schwört immer bei Cervis, er seye schoppenfest, aber eine Flasche wirft ihn um. Gestern erhielt ich die Briefe vom 13ten Fanny, Du mußt Rüffel besehen. Erstlich wirfst du Voß „Meiner“, als zwei Kürzen gebraucht, vor. Habe ich Dir nicht ausdrücklich gesagt, dies Wort sey von meiner Fabrik, weil mir das Vossische „mich erharrst“ zu steif schien, sagte ich nicht, daß ich statt „Treu stets mir verbleibt“ „mir ewig bleibt“ aus demselben Grunde gesetzt habe, zeigt’ ich nicht, wie der Prosode sagt: „was ich fühl’, O, “ ich „fühle“; der Prosode „nach mir fragst“ – ich „befragst, “ Sagt’ ich das nicht? Verstummst Du? Warst Du blind oder eine Taube? Ist in Sacrow ein Laubgang an der Weinwand, oder nicht vielmehr ein Weingang an der Laubwand? Reichard hat’s componirt, wo’s her ist, geht mich nichts an. Nun aber zweitens, bist Du die Inquisition? Spürst Du mir nach? Ist das Seil an dem ich flattre lang, doch unzerreißbar? Du warst auf meiner Stube! Da hast Du das Lied beim Kramen gefunden! Du selbst hast auch nicht die grammaticalia herausgestöbert, Dr. Heyse hat helfen müssen! Hüte Dich, schön’s Blümelein, daß ich nicht noch ärgre Dinge von Dir denke! Von Baden hätte ich wol noch manches nachzuholen, das Meiste spare ich aber einer mündlichen Erzählung auf. So gehört die ungemein freundliche Aufnahme, die ich bei Roberts fand, und wie mir Robert gern entgegenkommt, so daß ich die Opernsache sehr erwünscht beendigt zu haben glaube, unter das Aufgesparte. Das kann ich aber nicht verschweigen, daß ich neulich in einer Gesellschaft bei Charpentier’s war, mit mehreren bekannten Leuten. Benj. Constant war da, und verließ das Zimmer nur, um zuweilen seiner vielgeliebten Roulette einen Besuch abzustatten, denn ohne die kann er nicht leben; er spielt vom Morgen bis an den Abend, und ich sah ihn neulich in Verzweifelung, weil trente six nicht kam. Schickt sich das wohl? Ferner war da, der Baron Eckstein, katholischen Andenkens; er erschien später, weil er zu Charpentier’s größter Bewundrung den Platon las. „Denken Sie sich, sagt Charp., kaum ist er eine Stunde vom Spaziergang zurück, so lies’t er schon den Platon. Imaginez, que ce Platqon – ! O Platon, c’est un Grec! – Et ce pauvre baron, il est absorbé, dans cette philosophie-là!“ – Nun dieser Plato-Eckstein erschien, mit glacé Handschuhen und rothem Backenbart, und war sehr vornehm und gnädig. Ferner war da Mde. de la Serre, Frau des verstorbenen Ministers. Sie war früher schön, und wollte, sie wäre es noch, und dann ein Paar Franzosen oder Engländer, diese alle sprachen nun durcheinander von den Geschworengerichten und der Giraffe, von Preßfreyheit und den Osages, von Charles dix und Auber. Mich ignorirten sie ganz, bis ich gespielt hatte, aber dann wurden sie auch desto huldreicher und liebevoller, und hoben mich dans les cieux, und wann ich angefangen hätte, und ah, quelle grâce, und man möchte sein bischen Clavierspielen ganz bei Seite legen, meinte Mde. Charpentier, ich forderte sie aber doch nicht auf, es zu produciren. Endlich las mir Charpentier den zweiten Act seiner Oper vor; da er aber Advocat ist, so gings en glapissant, und er las das Ding in einem Tone, als sey es ein plaidoyer. Wie da nun Eckstein gähnend lächelte, und lächelnd schlummerte, wie sich Constant aus der Thür drückte, wie Mde. de la Serre ergriffen auf dem Sopha fest schlief, und die andern alle hin und wieder Beyfall mucksten, und wie ich mein Gesicht ernsthaft und einsichtsvoll einzukniffen wußte, – das war ein schönes Bild. Die Nebel fallen, der Himmel wird blau, wir müssen nun nach Neckargemünd, und ich schließe. Wenn es möglich ist, wollen wir in Frankfurt den Oberon sehen, aber wir müssen jetzt eilen, die Blätter werden gelb, die Tage kurz, und die Weinlese wird anfangen. Bald sind wir wieder da. A propos! Thibaut sagt von Breidenstein: „er sey wie der hölzerne Tisch im Faust. Wo man ihn anzapft, da kommt Wasser heraus. “ Nun Adieu; ich möchte nicht gern einen offnen Brief abgeben, in welchem sich jemand, als neuen Beethoven abschätzen läßt, aber Marx reis’t, so werde ich wohl müssen. Von allen Bekannten haben wir hier keinen angetroffen. Eiffert auch nicht. Nochmals Lebet wohl! Für alle die besten Wünsche und Grüße. Euer Felix
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Es giebt ja noch Weintrauben, Instrumentenmacher,</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_715dd93c-727f-4006-b258-09ca18b5880f">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). 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Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1827-09-20" xml:id="date_2134b825-9757-40ba-ad46-6d60243dea0a">20.</date> und <date cert="high" when="1827-09-21" xml:id="date_8ca6af7e-c722-4050-8af0-1ac2dfde8c7e">21. 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September 1827] bis 14. November 1827<idno type="MWV">A 4</idno><idno type="op">111</idno></name></title> grade componire, so faßte ich ein Herz und einen Frack, und ging gerade zu ins Kaltethal, falle ins Haus. Er kann mir das <title xml:id="title_e17ea8db-db06-4794-9d20-6ef9ca968d46">Stück<name key="PSN0114488" style="hidden" type="author">Scarlatti, Pietro Alessandro Gaspare (1660-1725)</name><name key="CRT0110634" style="hidden" type="music">Tu es Petrus</name></title> gerade nicht geben, aber andere sind da, bessere, er zeigt mir sogleich seine große Bibliothek von Musik aller Völker und Zeiten, spielt mir vor und singt dazu, setzt mir die Stücke ordentlich aus einander, und so gingen mehrere Stunden vorüber, als ein Besuch kam, dem ich sogleich das Feld räumte, ich sollte aber heut früh wiederkommen. Was mich bei alle dem am meisten freute, war, daß <persName xml:id="persName_5377d58d-3598-4937-9cf4-d0aeaaa0efdf">er<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName> mich gar nicht nach meinem Namen gefragt hatte; darauf kam es ihm gar nicht an, ich liebte Musik, das übrige ist einerley, und da ich für einen Studenten gehalten wurde, hatte man mich ungemeldet in die Arbeitsstube gelassen. Auch heute früh waren wir wieder zwei Stunden zusammen, da fiel es ihm erst ein nach meinem Namen zu fragen, und war <persName xml:id="persName_9ed11bdb-3c62-45d1-b3b7-752cd40a4767">er<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName> vorher freundlich gewesen, so wurde er’s jetzt erst recht; nun wurde musicirt und erzählt, auch gab er mir ein prächtiges Stück von <persName xml:id="persName_c98833dc-5b7d-4137-b5b7-3aac1a5ff425">Lotti<name key="PSN0112935" style="hidden">Lotti, Antonio (1666-1740)</name></persName>, zum Abschreiben mit, ich versprach, es ihm heute Abend wiederzubringen, aber gleich nach Tische, als ich das erträgliche Wetter gerade zu einem Spaziergang auf die Riesensteine benutzte, kam er <hi rend="underline">selbst, </hi><persName xml:id="persName_f136135e-c289-4796-8066-e3748014d53d">Thibaut<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName><hi rend="underline">, eigenhändig</hi> nach dem Gasthofe, um mir einen Gegenbesuch zu machen. Ich verfehlte ihn also leider, aber dafür fand ich ihn noch nachher zu Hause, und so war ich ziemlich den ganzen Tag bei ihm, Essens-, Schreibens- und Promenirenszeit abgerechnet. Leider muß <persName xml:id="persName_2ac8770a-7c33-4cd9-84b1-e13bbb80f61b">er<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName> morgen in Geschäften nach Carlsruhe.</p><p>Da ich ihn gestern Abend um <formula rend="fraction_slash"> <hi rend="supslash">1</hi> <hi rend="barslash"></hi> <hi rend="subslash">2</hi></formula> 7 verließ, vertrieb ich mir die Zeit und ging zum Instrumentenmacher, phantasire hin und her auf seinen Instrumenten, und als ich weggehn will, hat der Mann Hut und Stock genommen, und betheuert mir, ich müsse besseres von seinen Arbeiten sehen, <persName xml:id="persName_f124150c-ad23-4580-9165-64550c7fca58">Herr Schröder<name key="PSN0114699" style="hidden">Schröder, Student in Heidelberg</name></persName> hätte einen sehr guten Flügel. Gut. Nun geht es im Regen zu <persName xml:id="persName_f882e8fd-a36b-4ace-b393-db2cf15b6466">Herrn Schröder<name key="PSN0114699" style="hidden">Schröder, Student in Heidelberg</name></persName>, Studio. Wir kommen an, der Instrumentenmacher stellt mich vor, ohne meinen Namen zu wissen, gleichviel, ein Mensch kommt; und dann läuft er fort, denn er muß wieder arbeiten, ich soll aber ja wiederkommen. Nun bin ich allein mit dem <persName xml:id="persName_9d8a4de8-a440-48b0-b536-1bf7f25d4d06">Studio<name key="PSN0114699" style="hidden">Schröder, Student in Heidelberg</name></persName> auf seinem cubiculo; er bittet mich, mir es bequem zu machen, ich möchte doch eine Pfeife beim Phantasiren rauchen, eine ungeheuere Dogge, die bei Clavierspielen belfert wird unter den Sopha geschaßt – „Hanne! eine Flasche Hochheimer! die müssen wir ausstechen, Freundchen.“ Und so geschah’s. Dazwischen spielte ich nun nach Herzenslust, bis ich satt und müde war, und heute Mittag ward dafür der <persName xml:id="persName_219e9f64-d54f-409e-9f8e-1d13c58a6668">Studio<name key="PSN0114699" style="hidden">Schröder, Student in Heidelberg</name></persName> zu uns eingeladen, dafür hat uns der <persName xml:id="persName_8c82898c-b056-482d-91da-557f988a9579">Studio<name key="PSN0114699" style="hidden">Schröder, Student in Heidelberg</name></persName> wieder auf heute Abend zu sich eingeladen, und wer nun läugnet, daß ich ein Kneipgenie bin!</p></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_29070ffc-1e43-4b42-9a4d-2caecd3c7119"><docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor><dateline rend="right">Am 21 Sept.</dateline><p>Schöne Wirthschaft gestern Abend! Tabaksrauch, kalter Braten, Hundebellen, und <title xml:id="title_b4ec0929-eb28-4b08-b4a3-d32cbca6fd4b">Euryanthe<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786-1826)</name><name key="CRT0111242" style="hidden" type="music">Euryanthe op. 81 (WeV C. 9)</name></title>. <persName xml:id="persName_0f2115e2-750b-41aa-9939-f80091f85301">Heydemann<name key="PSN0111960" style="hidden">Heydemann, Albert Gustav (1808-1877)</name></persName> und <persName xml:id="persName_7e8790be-a20c-4526-bf92-d0beed4a5753">Magnus<name key="PSN0113039" style="hidden">Magnus, Rudolph Albert (1809-1859)</name></persName> waren en canone knüll, ich war nicht einmal angebrannt, und beobachtete alles. Wir sangen auch vierstimmig, und stellten mancherley Zeug vor, <persName xml:id="persName_6fcf36de-a3c8-4b64-9d1f-7f66616b4351">Heydemann<name key="PSN0111960" style="hidden">Heydemann, Albert Gustav (1808-1877)</name></persName> ritt als Bachus auf der Dogge, und <persName xml:id="persName_ced6d176-ef2b-4126-8451-fa3cd4555a39">Magnus<name key="PSN0113039" style="hidden">Magnus, Rudolph Albert (1809-1859)</name></persName> rauchte con furore Tabak auf die Gesundheit des berühmten Sknusemont. Dazwischen Collegiengeschichten erzählt mit Paukereyen gewürzt, kurz ich war in einer Kneipe. – Gebt mich nicht auf; sie nannten mich nüchtern, kopfhängend, traurig, ich müßte erst lernen – aber nein! Heute fahren wir nun in großer Gesellschaft nach Neckargemünd. À propos! Denkt euch Wölfchen und den kleinen <persName xml:id="persName_3082c676-19cd-4c1e-a8db-091c13ed0185">Schlesinger<name key="PSN0114577" style="hidden">Schlesinger, Carl Theodor (1808-1831)</name></persName> mit dem Bärtlein, à tout knüll, oder, wie man hier sagt, carthaunenvoll, von vier Studenten in Prozession nach der Todtenkammer getragen (So heißt eine bereitete Streu neben dem Trinksaale, zum Heil der Schwachen) und da nun miteinander schnarchend!! O Gott! Denn <persName xml:id="persName_ec663486-0019-4ed3-bd88-44020d3d7c05">Schlesinger<name key="PSN0114577" style="hidden">Schlesinger, Carl Theodor (1808-1831)</name></persName> schwört immer bei Cervis, er seye schoppenfest, aber eine Flasche wirft ihn um. </p><p>Gestern erhielt ich die Briefe vom 13<hi rend="superscript">ten</hi> <persName xml:id="persName_4d2ac376-3a1b-4bb4-b38c-64f26dd8052d">Fanny<name key="PSN0117585" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, Du mußt Rüffel besehen. Erstlich wirfst du <title xml:id="title_f49fff07-4319-4efd-a182-039abdff090f">Voß<name key="PSN0110751" style="hidden" type="author">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</name><name key="CRT0108613" style="hidden" type="literature">Frage (»Ist es wahr?«)</name></title> „<hi rend="underline">Meiner</hi>“, als zwei Kürzen gebraucht, vor. Habe ich Dir nicht ausdrücklich gesagt, dies Wort sey <title xml:id="title_96821bf8-6bee-4f21-82c5-5c3bd8ac5adb">von meiner Fabrik<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_i2nxwqls-s3vc-ocga-u7ze-sfqejckgomyv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100254" style="hidden">Frage »Ist es wahr«, 3. Juni 1827 (Pfingsten)<idno type="MWV">K 39</idno><idno type="op">9/1</idno></name></title>, weil mir das Vossische <hi rend="underline">„mich erharrst“</hi> zu steif schien, sagte ich nicht, daß ich statt „Treu stets <hi rend="underline">mir verb</hi>leibt“ „mir <hi rend="underline">ewig</hi> bleibt“ aus demselben Grunde gesetzt habe, zeigt’ ich nicht, wie der Prosode sagt: „was ich <hi rend="underline">fühl’, O</hi>,“ ich „fühle“; der Prosode „nach mir fragst“ – ich „befragst,“ Sagt’ ich das nicht? Verstummst Du? Warst Du blind oder eine Taube? Ist in Sacrow ein Laubgang an der Weinwand, oder nicht vielmehr ein Weingang an der Laubwand? <persName xml:id="persName_cb268a1d-37f0-4ece-9982-74d3301f6113">Reichard<name key="PSN0114109" style="hidden">Reichardt, Johann Friedrich (1752-1814)</name></persName> hat’s componirt, wo’s her ist, geht mich nichts an. Nun aber zweitens, bist Du die Inquisition? Spürst Du mir nach? Ist das Seil an dem ich flattre lang, doch unzerreißbar? Du warst auf meiner Stube! Da hast Du das Lied beim Kramen gefunden! Du selbst hast auch nicht die grammaticalia herausgestöbert, <persName xml:id="persName_66e2be32-ef61-4bd2-9936-6bf18394c385">Dr. Heyse<name key="PSN0111970" style="hidden">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</name></persName> hat helfen müssen! <title xml:id="title_ee9200a5-c7b9-4488-8e21-a3a72fb62fc8">Hüte Dich, schön’s Blümelein<name key="PSN0109533" style="hidden" type="author">Arnim, Karl Joachim (Achim) Friedrich Ludwig von (1781-1831)</name><name key="CRT0107650" style="hidden" type="literature">Es ist ein Schnitter, der heißt Tod</name></title>, daß ich nicht noch ärgre Dinge von Dir denke!</p><p>Von Baden hätte ich wol noch manches nachzuholen, das Meiste spare ich aber einer mündlichen Erzählung auf. So gehört die ungemein freundliche Aufnahme, die ich bei <persName xml:id="persName_f4394f9c-51c7-4d40-9377-7e2dd7aea8ab">Roberts<name key="PSN0117970" style="hidden">Robert, Familie von → Ernst Friedrich Ludwig R.</name></persName> fand, und wie mir <persName xml:id="persName_42e1a55b-49a0-4f7b-becf-e6b90f64b9dd">Robert<name key="PSN0114232" style="hidden">Robert (vorh. Liepmann Levin, seit 1814: Robert-Tornow), Ernst Friedrich Ludwig (1778-1832)</name></persName> gern entgegenkommt, so daß ich die <title xml:id="title_c0f198c9-a47d-4034-836f-2e25a27b10a9">Opernsache<name key="PSN0114232" style="hidden" type="author">Robert (vorh. Liepmann Levin, seit 1814: Robert-Tornow), Ernst Friedrich Ludwig (1778-1832)</name><name key="CRT0110524" style="hidden" type="dramatic_work">Die Amazone oder Der Frauen und der Liebe Sieg (Libretto)</name></title> sehr erwünscht beendigt zu haben glaube, unter das Aufgesparte. Das kann ich aber nicht verschweigen, daß ich neulich in einer Gesellschaft bei <persName xml:id="persName_1f6c2e26-4b0b-4b02-bf91-8b9820a818a5">Charpentier’s<name key="PSN0110353" style="hidden">Charpentier, Herr</name></persName> war, mit mehreren bekannten Leuten. <persName xml:id="persName_ccb3737b-35b7-417f-84dc-d150cf9eac54">Benj. Constant<name key="PSN0110452" style="hidden">Constant de Rebeque, Henri Benjamin (1767-1830)</name></persName> war da, und verließ das Zimmer nur, um zuweilen seiner vielgeliebten Roulette einen Besuch abzustatten, denn ohne die kann er nicht leben; er spielt vom Morgen bis an den Abend, und ich sah ihn neulich in Verzweifelung, weil trente six nicht kam. Schickt sich das wohl? Ferner war da, der <persName xml:id="persName_1faec425-0001-43f4-a120-74d22343551d">Baron Eckstein<name key="PSN0110826" style="hidden">Eckstein, Ferdinand Baron von (1790-1861)</name></persName>, katholischen Andenkens; er erschien später, weil er zu <persName xml:id="persName_31329f5e-b369-40f9-a246-c84cfd18f382">Charpentier’s<name key="PSN0110353" style="hidden">Charpentier, Herr</name></persName> größter Bewundrung den <persName xml:id="persName_de6d21cd-9db3-4244-bdfd-418364ab52ea">Platon<name key="PSN0113899" style="hidden">Platon</name></persName> las. „Denken Sie sich, sagt <persName xml:id="persName_a919864f-e5c0-4341-a1a6-15eaf83956e9">Charp.<name key="PSN0110353" style="hidden">Charpentier, Herr</name></persName>, kaum ist er eine Stunde vom Spaziergang zurück, so lies’t er schon den <persName xml:id="persName_46c07db4-37dc-4d64-9102-9b7026187da4">Platon<name key="PSN0113899" style="hidden">Platon</name></persName>. Imaginez, que ce <persName xml:id="persName_6f60d731-9e41-4793-a61c-9a6b31e1037a">Platqon<name key="PSN0113899" style="hidden">Platon</name></persName> – ! O <persName xml:id="persName_685f2a3f-5f3f-4269-8528-d78a109669f7">Platon<name key="PSN0113899" style="hidden">Platon</name></persName>, c’est un Grec! – Et ce pauvre <persName xml:id="persName_5441fadb-959d-46bd-b1e4-3b4860cec157">baron<name key="PSN0110826" style="hidden">Eckstein, Ferdinand Baron von (1790-1861)</name></persName>, il est absorbé, dans cette philosophie-là!“ – Nun dieser <persName xml:id="persName_625747e2-6665-4798-a46e-c6e013b6837b">Plato-Eckstein<name key="PSN0110826" style="hidden">Eckstein, Ferdinand Baron von (1790-1861)</name></persName> erschien, mit glacé Handschuhen und rothem Backenbart, und war sehr vornehm und gnädig. Ferner war da <persName xml:id="persName_02e74cfa-374a-4b91-8fd9-a63f570fdc1b">Mde. de la Serre<name key="PSN0114870" style="hidden">Serre, Mémie Philippine Marie Joseph de la (1794-1875)</name></persName>, Frau des <persName xml:id="persName_5069244d-f008-4437-b2ee-f98cdee98711">verstorbenen Ministers<name key="PSN0114871" style="hidden">Serre, Pierre François Hercule Comte de la (1776-1824)</name></persName>. <persName xml:id="persName_cfe9d78a-e79d-4098-a4b4-557f9319be6e">Sie<name key="PSN0114870" style="hidden">Serre, Mémie Philippine Marie Joseph de la (1794-1875)</name></persName> war früher schön, und wollte, <persName xml:id="persName_b23c3ba1-09f8-4f67-8885-130a6a6b9fa5">sie<name key="PSN0114870" style="hidden">Serre, Mémie Philippine Marie Joseph de la (1794-1875)</name></persName> wäre es noch, und dann ein Paar Franzosen oder Engländer, diese alle sprachen nun durcheinander von den Geschworengerichten und der Giraffe, von Preßfreyheit und den Osages, von <persName xml:id="persName_f52b696e-e9b9-48bd-a1f0-d5ff7864603c">Charles dix<name key="PSN0111146" style="hidden">Frankreich, Karl X. von, Comte d’Artois (1757-1836)</name></persName> und <persName xml:id="persName_cc542426-4d8f-4b5b-bb67-f327fd5d9776">Auber<name key="PSN0109578" style="hidden">Auber, Daniel-François-Esprit (1782-1871)</name></persName>. Mich ignorirten sie ganz, bis ich gespielt hatte, aber dann wurden sie auch desto huldreicher und liebevoller, und hoben mich dans les cieux, und wann ich angefangen hätte, und ah, quelle grâce, und man möchte sein bischen Clavierspielen ganz bei Seite legen, meinte <persName xml:id="persName_a428a0e3-05c9-460c-a36d-9e24d7163f96">Mde. Charpentier<name key="PSN0110354" style="hidden">Charpentier, Madame</name></persName>, ich forderte sie aber doch nicht auf, es zu produciren. Endlich las mir <persName xml:id="persName_34baff4f-596a-4b54-9e78-9f63abdd8351">Charpentier<name key="PSN0110353" style="hidden">Charpentier, Herr</name></persName> den zweiten Act seiner Oper vor; da er aber Advocat ist, so gings en glapissant, und er las das Ding in <hi rend="underline">einem</hi> Tone, als sey es ein plaidoyer. Wie da nun <persName xml:id="persName_487924ed-31c3-4576-9f0a-2f9d97e8b7df">Eckstein<name key="PSN0110826" style="hidden">Eckstein, Ferdinand Baron von (1790-1861)</name></persName> gähnend lächelte, und lächelnd schlummerte, wie sich <persName xml:id="persName_39b8ef10-232f-4aa8-a044-3d6238b7bb93">Constant<name key="PSN0110452" style="hidden">Constant de Rebeque, Henri Benjamin (1767-1830)</name></persName> aus der Thür drückte, wie <persName xml:id="persName_25ebeb78-e2b3-481f-a334-ad81f345cb97">Mde. de la Serre<name key="PSN0114870" style="hidden">Serre, Mémie Philippine Marie Joseph de la (1794-1875)</name></persName> ergriffen auf dem Sopha fest schlief, und die andern alle hin und wieder Beyfall mucksten, und wie ich mein Gesicht ernsthaft und einsichtsvoll einzukniffen wußte, – das war ein schönes Bild.</p><p>Die Nebel fallen, der Himmel wird blau, wir müssen nun nach Neckargemünd, und ich schließe. Wenn es möglich ist, wollen wir in Frankfurt den <title xml:id="title_cd5f5245-0277-4f64-9082-c37d6e7c6c86">Oberon<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786-1826)</name><name key="CRT0111259" style="hidden" type="music">Oberon, or the Elf King’s Oath WeV C. 10</name></title> sehen, aber wir müssen jetzt eilen, die Blätter werden gelb, die Tage kurz, und die Weinlese wird anfangen. Bald sind wir wieder da.</p><p>A propos! <persName xml:id="persName_1d6746fd-743f-4622-b52d-8d64d303c7eb">Thibaut<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName> sagt von <persName xml:id="persName_3acb2c35-2218-41e3-8d8c-ebb3a9954705">Breidenstein<name key="PSN0110109" style="hidden">Breidenstein, Heinrich Carl (1796-1876)</name></persName>: „er sey wie der hölzerne Tisch im <title xml:id="title_5250eac5-3000-4a4d-bcda-7012d459c31b">Faust<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108814" style="hidden" type="dramatic_work">Faust. Der Tragödie erster Theil</name></title>. Wo man ihn anzapft, da kommt Wasser heraus.“ Nun Adieu; ich möchte nicht gern einen offnen Brief abgeben, in welchem sich jemand, als neuen <persName xml:id="persName_3608a354-b3e7-4e67-a94c-145a7bc25ee2">Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name></persName> abschätzen läßt, aber <persName xml:id="persName_5bc7ce4a-ec6e-45d4-a636-5d21389fa9bb">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName> reis’t, so werde ich wohl müssen.</p><p>Von allen Bekannten haben wir hier keinen angetroffen. Eiffert auch nicht. <seg type="closer" xml:id="seg_4df7e50c-6a77-45b8-ba42-c5d2d8f9ca71">Nochmals Lebet wohl! Für alle die besten Wünsche und Grüße. </seg></p><signed rend="right">Euer</signed><signed rend="right">Felix</signed></div></body> </text></TEI>