fmb-1825-03-18-01
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Frankfurt a. M., 17. und 18. März 1825
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 beschr. S.; Adresse, 1 Poststempel.
Felix Mendelssohn Bartholdy, Abrham Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Gestern sind wir glücklich im weißen Schwan hier angelangt, und wie freute ich mich gleich vom Wirth zu hören, daß
Auf unsrer Reise von Weimar hieher haben wir viel von der Kälte zu dulden gehabt. Fast immer mußten wir das Glasfenster herunterlassen, und dies war in demselben Augenblicke mit dicken Eisblumen bedeckt; um Eisenach lag der Schnee fußtief, trotz des Fußsacks froren mir die Füße, kurz wir machen im Frühling eine vollkommne Winterreise. Von Abenteuern ist nichts vorgefallen, also leider auch nichts zu erzählen, denn daß wir in Eisenach mit einem geisteskranken Edelmann zu Abend gegessen, hat Vater schon berichtet. Gestern Nacht blieben wir in Saalmünster, allwo ich ein aufrechtstehendes Pianoforte, von in Thulba fabricirt, antraf. Als wir daselbst gern gut schlafen wollten, konnte es Vater nicht, wegen eines Schnarchenden in der Nebenstube, dessen Töne Vater mit dem Brausen der Nordsee verglich. – Und so kamen wir gestern an, und waren gestern abend bei
ich war gestern kaum angekommen, so hat es schon
Wir fielen gestern in eine große sehr gestirnte Soirée bey
d. 18
ich habe durchaus noch einen Tag zugeben müßen, und reise nun Sonntag. allerneuesten Geschmack singen, und Felix spielen soll. über letztern soll sich r
ich mußte gestern in der Hundekälte mit
Heute Mittag treffe ich unsern
Den Zettel an die
Frankfurt a/m d. 17 Merz. 1825. Gestern sind wir glücklich im weißen Schwan hier angelangt, und wie freute ich mich gleich vom Wirth zu hören, daß Heydemann auch in Frankfurt sey, und ihn bald darauf aus dem Saale stürzen zu sehn. Er scheint sich in Heidelberg sehr gut zu gefallen, und viel gesünder zu seyn, als er in Berlin war. Seine allzusehr gewählte Sprache hat er auch abgelegt, wie er denn überhaupt viel freier und fröhlicher ist, als früher. Er war schon seit Dinstag Mittag hier, und hatte sich entschlossen heute abzureisen, doch nun bleibt er noch längere Zeit. Ich war schon heut den ganzen Morgen mit ihm zusammen, und wir sprachen ziemlich ernsthaft mit einander (denn gestern konnte ich vor Lachen über die vielen burschikosen Ausdrücke, die ihm alle Minute aus dem Munde fielen gar nicht zum Sprechen kommen, und auch er war so voll von Neuigkeiten, daß er nicht wußte, wo er anfangen sollte) . Er spricht mit Enthusiasmus von der Heidelberger Gegend in der Blüthezeit, und besonders findet er die weniger bekannten und besuchten Puncte schön, von Thibaut und Schlosser ist er entzückt, mit dem herrschenden Tone unter den Studenten unzufrieden, macht ihn aber doch mit (was vielleicht ein unvermeidliches Übel ist) bleibt dabei immer der besonnene Heydemann, kurz er ist ganz derselbe Mensch geblieben, der er war, nur hat er sich andre Kleider angezogen. Er hat im Winter täglich sieben Stunden Collegia gehört und überdem noch des Abends von 7 bis 1 gearbeitet, ist also gewaltig fleißig. Nun genug von Auf unsrer Reise von Weimar hieher haben wir viel von der Kälte zu dulden gehabt. Fast immer mußten wir das Glasfenster herunterlassen, und dies war in demselben Augenblicke mit dicken Eisblumen bedeckt; um Eisenach lag der Schnee fußtief, trotz des Fußsacks froren mir die Füße, kurz wir machen im Frühling eine vollkommne Winterreise. Von Abenteuern ist nichts vorgefallen, also leider auch nichts zu erzählen, denn daß wir in Eisenach mit einem geisteskranken Edelmann zu Abend gegessen, hat Vater schon berichtet. Gestern Nacht blieben wir in Saalmünster, allwo ich ein aufrechtstehendes Pianoforte, von Rüth in Thulba fabricirt, antraf. Als wir daselbst gern gut schlafen wollten, konnte es Vater nicht, wegen eines Schnarchenden in der Nebenstube, dessen Töne Vater mit dem Brausen der Nordsee verglich. – Und so kamen wir gestern an, und waren gestern abend bei Herzens, wo wir die Cousinen und Dr. Neuburg sämmtlich in der besten Gesundheit antrafen. Heut um 11 Uhr will ich mit Adolf – reiten gehn, um wieder einmal mich recht durchschütteln zu lassen. Felix Mendelssohn Bartholdy ich war gestern kaum angekommen, so hat es schon gespeyert und geschnappert und Frankfurt übt seinen lähmenden Einfluß auf mich aus. indessen haben wir hier einen vollkommenen, nur schneelosen Winter, und ich muß einiger Reparaturen am Wagen halber, ein wenig hier verweilen, gedenke aber noch morgen Nachmittag (zum Essen sind Felix und ich bereits bey Bethmann engagirt) oder spätestens übermorgen früh abzureisen, und du bekömmst denn nun wohl vor Paris keinen Brief von dort aus aber sogleich nach unsrer Ankunft, also gegen den 3 oder 4 april in deine Hände. Wir fielen gestern in eine große sehr gestirnte Soirée bey Herzenswo ich, komisch genug, die Bekanntschaft Waglers machte, die ich in Berlin vielleicht nie gemacht hätte. Die Existenz in diesem Hause ist stets die nehmliche für mich peinliche und quälende, weil sie sich stets alle selbst quälen und peinigen. Mariane sieht übel aus, Clärchen fällt zusammen, die jungen Mädchen wachsen heran, Enkel treten schon in die Reihe, während die Alten ihre Rechte an Jugend noch immer nicht aufgeben wollen, und so wird es mit jedem Jahre ein um so verworreneres, gehaltloseres und eitleres Wesen und Treiben, als andrerseits mit jedem Tage hier Luxus und Frivolität sich bis zum Taumel und Schwindel steigern, man hat davon keine Idee, und muß glauben das Verderben sey wieder vor der Thür. Übrigens sprechen Mariane und Julchen von Nichts als von ihrer Reise nach Berlin, und wenn ich nicht sehr irre, so werden sie jezt weniger Schwierigkeit finden fortzukommen als früher. d. 18 ich habe durchaus noch einen Tag zugeben müßen, und reise nun Sonntag. Clärchen will nicht davon ablassen, morgen eine musikalische Soirée zu geben, wo Adelheid die hier ist, italiänisch im allerneuesten Geschmack singen, und Felix spielen soll. über letztern soll sich Hummel, wie mir Dr Neuburg erzählt, hier mit großer Liebe ausgesprochen haben. Mich graut entsetzlich vor morgen, allein Du kannst das wissen. Julchen hat noch immer gute Einfälle; vielleicht fallen mir wieder ein Paar ein; über unsern Cousin Schimmelpfg. war sie ergötzlich. Pobecheims sind hier; die Mutter stets leidend, fühlt schon jetzt daß ihr das Clima in Bonn nicht lange zuträglich seyn wird. Marie ist sehr vergnügt; die Hochzeit wird in den ersten Tagen Aprils statt haben. ich mußte gestern in der Hundekälte mit Neuburg das Musäum besehen, und habe mich da aufs Neue sehr erkältet; zum Ende bekam er selbst Colik, und so wurde die Sache etwas abgekürzt. Heute Mittag treffe ich unsern Pfarrer Kirchner bey Bethmann; werde ihn aber vorher noch besuchen. ich schließe diesen Brief, aus dem nichts gescheidtes werden kann; Frankfurt tödtet mich. Grüße tausendmal Fanny, Beckchen und Paul, jeder soll von Paris aus etwas a partes haben; Herrn Heise und allen Hausfreunden viel Freundliches von Deinem Dir in Liebe ergebenen AM Abraham Mendelssohn Bartholdy Den Zettel an die Varnhagen besorgst Du wohl und thust 4 Gl. 3 d. hinein. Abraham Mendelssohn Bartholdy
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1825-03-17" xml:id="date_7aad88c8-9a99-4566-acf8-e1d0bfe0e67f">17.</date> und <date cert="high" when="1825-03-18" xml:id="date_4c85948c-fd71-4809-8e76-d5676d98e4d5">18. 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Er spricht mit Enthusiasmus von der Heidelberger Gegend in der Blüthezeit, und besonders findet er die weniger bekannten und besuchten Puncte schön, von <persName xml:id="persName_0d718077-d8a8-4758-ba3e-73692e0c0ad0">Thibaut<name key="PSN0115304" style="hidden">Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772-1840)</name></persName> und <persName xml:id="persName_c692de6d-ba76-44e9-9b0e-50df3e1e199c">Schlosser<name key="PSN0114595" style="hidden">Schlosser, Friedrich Christoph (1776-1861)</name></persName> ist er entzückt, mit dem herrschenden Tone unter den Studenten unzufrieden, macht ihn aber doch mit (was vielleicht ein unvermeidliches Übel ist) bleibt dabei immer der besonnene Heydemann, kurz er ist ganz derselbe Mensch geblieben, der er war, nur hat er sich andre Kleider angezogen. Er hat im Winter täglich sieben Stunden Collegia gehört und überdem noch des Abends von 7 bis 1 gearbeitet, ist also gewaltig fleißig. 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M.</name></persName>wo ich, komisch genug, die Bekanntschaft <persName xml:id="persName_b9a1c09d-d4de-47af-a184-5b55a4955c64">Waglers<name key="PSN0115590" style="hidden">Wagler, Johann Georg (1800-1832)</name></persName> machte, die ich in Berlin vielleicht nie gemacht hätte. Die Existenz in diesem Hause ist stets die nehmliche für mich peinliche und quälende, weil sie sich stets alle selbst quälen und peinigen. <persName xml:id="persName_b68faf86-3884-49f4-b734-3f5f2b283c9e">Mariane<name key="PSN0114390" style="hidden">Saaling (Saling), Helene Luise Marianne (bis 1812: Mirjam Salomon) (1786-1868)</name></persName> sieht übel aus, <persName xml:id="persName_f1019634-f6ee-4825-aa16-797af29c80ca">Clärchen<name key="PSN0111930" style="hidden">Hertz, Clara (1781-1851)</name></persName> fällt zusammen, die jungen Mädchen wachsen heran, Enkel treten schon in die Reihe, während die Alten ihre Rechte an Jugend noch immer nicht aufgeben wollen, und so wird es mit jedem Jahre ein um so verworreneres, gehaltloseres und eitleres Wesen und Treiben, als andrerseits mit jedem Tage hier Luxus und Frivolität sich bis zum Taumel und Schwindel steigern, man hat davon keine Idee, und muß glauben das Verderben sey wieder vor der Thür. Übrigens sprechen <persName xml:id="persName_9b2a4367-6f4b-4561-a0dd-e5454f3c6c49">Mariane<name key="PSN0114390" style="hidden">Saaling (Saling), Helene Luise Marianne (bis 1812: Mirjam Salomon) (1786-1868)</name></persName> und <persName xml:id="persName_c063ab33-4f97-4abf-b4b0-6570f3939773">Julchen<name key="PSN0111974" style="hidden">Heyse, Julie (Julchen) Caroline Marie Henriette (bis 1812 Gela Salomon) (1787-1864)</name></persName> von Nichts als von ihrer Reise nach Berlin, und wenn ich nicht sehr irre, so werden sie jezt weniger Schwierigkeit finden fortzukommen als früher.</p> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_82a168dd-a2aa-4ce6-888c-856e43807444"> <docAuthor key="PSN0113247" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113247" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</docAuthor> <dateline rend="left"><date cert="high" when="1825-03-18" xml:id="date_29ac44cf-5083-421e-8a07-f6444edb8d5f"> <hi rend="underline">d. 18</hi> </date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">ich habe durchaus noch einen Tag zugeben müßen, und reise nun Sonntag. <persName xml:id="persName_fe0727a3-691e-4c7f-a340-9a6c3e3c1c92">Clärchen<name key="PSN0111930" style="hidden">Hertz, Clara (1781-1851)</name></persName> will nicht davon ablassen, morgen eine musikalische Soirée zu geben, wo <persName xml:id="persName_c6e67073-29d1-409b-9e58-af2385815915">Adelheid<name key="PSN0111440" style="hidden">Goldschmidt, Adelheid (Adélaide) (1779-1839)</name></persName> die hier ist, italiänisch im <hi rend="underline">allerneuesten</hi> Geschmack singen, und Felix spielen soll. über letztern soll sich <persName xml:id="persName_90a0c187-dde3-4eec-969d-8aad45482fe9">Hummel<name key="PSN0112147" style="hidden">Hummel, Johann Nepomuk (1778-1837)</name></persName>, wie mir D<hi rend="superscript">r</hi> <persName xml:id="persName_32c0576e-38af-405c-95f4-e858388cc221">Neuburg<name key="PSN0113578" style="hidden">Neuburg, Johann Georg (vorh. Simon) (1757-1830)</name></persName> erzählt, hier mit großer Liebe ausgesprochen haben. Mich graut entsetzlich vor morgen, allein Du kannst das wissen.</p> <p><persName xml:id="persName_e007cdbe-c176-4ab6-a7e7-5dc5e457a2ca">Julchen<name key="PSN0111974" style="hidden">Heyse, Julie (Julchen) Caroline Marie Henriette (bis 1812 Gela Salomon) (1787-1864)</name></persName> hat noch immer gute Einfälle; vielleicht fallen mir wieder ein Paar ein; über unsern <persName xml:id="persName_ac41cecd-bce7-490f-a680-38174fc195af">Cousin Schimmelpfg.<name key="PSN0114549" style="hidden">Schimmelpfennig von der Oye und Engelburg, Hans Baron (1775-1849)</name></persName> war sie ergötzlich.</p> <p><persName xml:id="persName_e6d47acb-89d2-4d6c-8200-3cc095a4c0bb">Pobecheims<name key="PSN0113908" style="hidden">Pobeheim, Familie von → Simon von P.</name></persName> sind hier; die <persName xml:id="persName_f8168056-9be3-43d8-8658-5675210fbd34">Mutter<name key="PSN0113912" style="hidden">Pobeheim, Sophie von (bis um 1798: Freude) (1767-1857)</name></persName> stets leidend, fühlt schon jetzt daß ihr das Clima in Bonn nicht lange zuträglich seyn wird. <persName xml:id="persName_6a8a24c5-1e05-40dc-8a70-f05cba717f69">Marie<name key="PSN0113910" style="hidden">Pobeheim, Marie Antoinette Konstanze Octavie von (1800-1870)</name></persName> ist sehr vergnügt; die Hochzeit wird in den ersten Tagen Aprils statt haben.</p> <p>ich mußte gestern in der Hundekälte mit <persName xml:id="persName_b26e3f4c-22a6-4ab0-b875-27f1bc21577b">Neuburg<name key="PSN0113578" style="hidden">Neuburg, Johann Georg (vorh. Simon) (1757-1830)</name></persName> das <placeName xml:id="placeName_447022c4-31e8-4c02-a57b-b1b8c7aba966">Musäum<name key="NST0100435" style="hidden" subtype="" type="institution">Städelsches Kunstinstitut</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> besehen, und habe mich da aufs Neue sehr erkältet; zum Ende bekam er selbst Colik, und so wurde die Sache etwas abgekürzt.</p> <p>Heute Mittag treffe ich unsern <persName xml:id="persName_0b54cf9d-849c-4d28-a0b3-575f66eeba0c">Pfarrer Kirchner<name key="PSN0112385" style="hidden">Kirchner, Anton (1779-1834)</name></persName> bey <persName xml:id="persName_1adaafa0-9736-4fb6-81e7-259c6db0f4cd">Bethmann<name key="PSN0109923" style="hidden">Bethmann, Simon Moritz (seit 1808) Freiherr von (1768-1826)</name></persName>; werde ihn aber vorher noch besuchen. </p> <closer rend="left" xml:id="closer_25089b44-f62f-4aa8-9e5d-b1952442dfae">ich schließe diesen Brief, aus dem nichts gescheidtes werden kann; Frankfurt tödtet mich.</closer> <closer rend="left" xml:id="closer_6b1bc554-d3ce-41a4-b8b5-766e7273f06a">Grüße tausendmal <persName xml:id="persName_bab3d57a-fb2f-4240-822e-8646b6501b50">Fanny<name key="PSN0117585" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, <persName xml:id="persName_7f007ac7-c5a2-49e8-96dd-415ae49ce979">Beckchen<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> und <persName xml:id="persName_5e713c7d-7d84-458d-a11f-f332d7f750ef">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName>, jeder soll von Paris aus etwas a partes haben; <persName xml:id="persName_1e05c478-0e48-4486-a176-0e2c1279a982">Herrn Heise<name key="PSN0111970" style="hidden">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</name></persName> und allen Hausfreunden viel Freundliches von Deinem Dir in Liebe ergebenen</closer> <signed rend="right">AM <add resp="UT" type="editors_addition">[Abraham Mendelssohn Bartholdy]</add></signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_4450db95-845f-4a31-a563-4b1af696af10"> <docAuthor key="PSN0113247" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_adbb66f7-5b70-487a-9e7c-fb1d16d14782">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113247" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_b8cca16d-efd3-401c-a990-4e06c92aa782">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Den Zettel an die <persName xml:id="persName_1369707b-6ae8-4e86-b514-a462845786b5">Varnhagen<name key="PSN0115452" style="hidden">Varnhagen (seit 1826) von Ense, Antonie Friederike (Rahel) (1771-1833)</name></persName> besorgst Du wohl und thust 4 Gl. 3 d. hinein.</p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Abraham Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> </body> </text></TEI>