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fmb-1824-07-09-01

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Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Friedrich Zelter in Berlin <lb></lb>Doberan, 9. Juli 1824 Schon längst, Herr Professor, hätte ich Ihnen über uns, und unsere Reise geschrieben, wenn uns nur irgend etwas Interessantes begegnet wäre. Wir leben einen Tag, wie den andern; Baden, Essen und Schlafen sind unsere Hauptbeschäftigungen, Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 1, 43

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Deutschland Berlin D-B Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Musikabteilung MA Ep. 2. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Friedrich Zelter in Berlin; Doberan, 9. Juli 1824 Schon längst, Herr Professor, hätte ich Ihnen über uns, und unsere Reise geschrieben, wenn uns nur irgend etwas Interessantes begegnet wäre. Wir leben einen Tag, wie den andern; Baden, Essen und Schlafen sind unsere Hauptbeschäftigungen,

4 beschr. S.

Felix Mendelssohn Bartholdy

-

Elvers, Briefe, S. 35 f.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

9. Juli 1824 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Doberan Deutschland Zelter, Carl Friedrich (1758-1832) Berlin Deutschland deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Dobberan d. 9ten July.

Schon längst, Herr Professor, hätte ich Ihnen über uns, und unsere Reise geschrieben, wenn uns nur irgend etwas Interessantes begegnet wäre. Wir leben einen Tag, wie den andern; Baden, Essen und Schlafen sind unsere Hauptbeschäftigungen, und was für Vergnügen hätt’ es Ihnen machen können, zu hören ob das Meer ruhig, bewegt oder nebelig gewesen? Darum habe ich Ihnen also lange nicht geschrieben; jetzt aber, da ich mir die KircheMünsterDoberanDeutschland, die Orgel, und den Thurm besehen habe, kann ich Ihnen doch hierüber Einiges melden.

Die KircheMünsterDoberanDeutschland ist ein ganz außerordentlich schönes Gebäude aus dem 12ten Jahrhundert. Sie ist von lauter Backsteinen gebaut, und liegt mitten in einem ziemlich großen Park, zwischen Bäumen. Sie ist einfach und grandios. Besonders liebe ich die äußere Ansicht des Allerheiligsten oder der Hinterseite der Kirche. Ungefähr 10 Schritte davon steht ein kleines, uraltes doch wohlconservirtes Gebäude, wie ein kleines rundes Thürmchen, welches man das Beinhaus nennt. Dies ist ein großer Liebling von dem Professor RöselRösel, Gottlob Samuel (1769-1843) der es mir ganz besonders empfohlen hat; es gefällt mir auch sehr. Das Innere der Kirche ist auch ganz prächtig; nur leider wird der Eindruck durch mehrere neuere Zusätze sehr geschwächt. So sind, zum Beispiel, die Kanzel, mehrere Reihen von Stühlen im Schiff der Kirche, die Gallerie, viele Verzierungen, u. s. w. neu hinzugesetzt, und dadurch wird die Kirche an einigen Stellen freilich verunstaltet; doch bleiben noch die Hauptformen übrig, und diese sind wirklich imposantMünsterDoberanDeutschland. Auch die Orgel ist alt, nur zu alt! 226 Jahr für eine OrgelMünsterDoberanDeutschland ist sehr viel! Auch fehlen in beiden Manualen und im Pedal die halben Töne der untersten Octave; die einzelnen Register klingen aber doch zuweilen recht angenehm; nur Schade daß das Unterclavier fast unbrauchbar ist, sonst würde wohl auch das volle Werk stark genug klingen. Aber so! Noch dazu stocken ein paar halbe Dutzend Töne, da wird das Unglück vollkommen. Endlich hat der Cantor die Gewohnheit immer ein Paar Viertel vor der Gemeine zu singen; also fällt er auch immer mit der ersten Note ein, wenn die kleinen Zwischenspiele des Organisten kaum angefangen haben; so daß ich ein paarmal nahe dran war zu rufen: Ohe! iam satis! Dann, nach den Liedern kam eine Predigt; der hiesige Pastor ist krank, mußte also einen andern für sich reden lassen; der las die Predigt ab und hielt mitten in jeder Phrase ein paarmal inne, um in seinem scripto nachzusehen. Sprach er nun von den Freuden des Paradieses etwa, so brüllte er fast, stampfte mit den Füßen, und schlug mit den Händen auf’s Kanzelbrett. Dagegen kündigte er den Sündern ihre ewige Pein mit sanfter leiser Stimme an. etc. etc.

Als ich solches merkte fing ich an eine Treppe hinaufzusteigen, die, wie ich bald sah in den Thurm führte; am Ende kommt ein beschwerlicher Weg auf Leitern, den mich der kleine Sohn des Wächters führte, oben ist eine sehr schöne Aussicht bis auf’s Meer hin. Doch ist der Thurm an sich selbst schlecht. Der alte ist vom Blitz getroffen worden, so hat man einen neuen hölzernen drauf gesetzt, der zur alten KircheMünsterDoberanDeutschland paßt, wie die Faust auf’s Auge

Ich könnte Ihnen nun noch von dem jungen Küster hier manches erzählen, welcher sich ein Positiv baut, indessen will ich mir doch etwas für’s nächste mal aufsparen.Leben Sie wohl! Ihr ergebnerFelix Mendelssohn Bartholdy
            Dobberan d. 9ten July. Schon längst, Herr Professor, hätte ich Ihnen über uns, und unsere Reise geschrieben, wenn uns nur irgend etwas Interessantes begegnet wäre. Wir leben einen Tag, wie den andern; Baden, Essen und Schlafen sind unsere Hauptbeschäftigungen, und was für Vergnügen hätt’ es Ihnen machen können, zu hören ob das Meer ruhig, bewegt oder nebelig gewesen? Darum habe ich Ihnen also lange nicht geschrieben; jetzt aber, da ich mir die Kirche, die Orgel, und den Thurm besehen habe, kann ich Ihnen doch hierüber Einiges melden.
Die Kirche ist ein ganz außerordentlich schönes Gebäude aus dem 12ten Jahrhundert. Sie ist von lauter Backsteinen gebaut, und liegt mitten in einem ziemlich großen Park, zwischen Bäumen. Sie ist einfach und grandios. Besonders liebe ich die äußere Ansicht des Allerheiligsten oder der Hinterseite der Kirche. Ungefähr 10 Schritte davon steht ein kleines, uraltes doch wohlconservirtes Gebäude, wie ein kleines rundes Thürmchen, welches man das Beinhaus nennt. Dies ist ein großer Liebling von dem Professor Rösel der es mir ganz besonders empfohlen hat; es gefällt mir auch sehr. Das Innere der Kirche ist auch ganz prächtig; nur leider wird der Eindruck durch mehrere neuere Zusätze sehr geschwächt. So sind, zum Beispiel, die Kanzel, mehrere Reihen von Stühlen im Schiff der Kirche, die Gallerie, viele Verzierungen, u. s. w. neu hinzugesetzt, und dadurch wird die Kirche an einigen Stellen freilich verunstaltet; doch bleiben noch die Hauptformen übrig, und diese sind wirklich imposant. Auch die Orgel ist alt, nur zu alt! 226 Jahr für eine Orgel ist sehr viel! Auch fehlen in beiden Manualen und im Pedal die halben Töne der untersten Octave; die einzelnen Register klingen aber doch zuweilen recht angenehm; nur Schade daß das Unterclavier fast unbrauchbar ist, sonst würde wohl auch das volle Werk stark genug klingen. Aber so! Noch dazu stocken ein paar halbe Dutzend Töne, da wird das Unglück vollkommen. Endlich hat der Cantor die Gewohnheit immer ein Paar Viertel vor der Gemeine zu singen; also fällt er auch immer mit der ersten Note ein, wenn die kleinen Zwischenspiele des Organisten kaum angefangen haben; so daß ich ein paarmal nahe dran war zu rufen: Ohe! iam satis! Dann, nach den Liedern kam eine Predigt; der hiesige Pastor ist krank, mußte also einen andern für sich reden lassen; der las die Predigt ab und hielt mitten in jeder Phrase ein paarmal inne, um in seinem scripto nachzusehen. Sprach er nun von den Freuden des Paradieses etwa, so brüllte er fast, stampfte mit den Füßen, und schlug mit den Händen auf’s Kanzelbrett. Dagegen kündigte er den Sündern ihre ewige Pein mit sanfter leiser Stimme an. etc. etc.
Als ich solches merkte fing ich an eine Treppe hinaufzusteigen, die, wie ich bald sah in den Thurm führte; am Ende kommt ein beschwerlicher Weg auf Leitern, den mich der kleine Sohn des Wächters führte, oben ist eine sehr schöne Aussicht bis auf’s Meer hin. Doch ist der Thurm an sich selbst schlecht. Der alte ist vom Blitz getroffen worden, so hat man einen neuen hölzernen drauf gesetzt, der zur alten Kirche paßt, wie die Faust auf’s Auge
Ich könnte Ihnen nun noch von dem jungen Küster hier manches erzählen, welcher sich ein Positiv baut, indessen will ich mir doch etwas für’s nächste mal aufsparen. Leben Sie wohl! Ihr ergebner
Felix Mendelssohn Bartholdy          
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Sprach er nun von den Freuden des Paradieses etwa, so brüllte er fast, stampfte mit den Füßen, und schlug mit den Händen auf’s Kanzelbrett. Dagegen kündigte er den Sündern ihre ewige Pein mit sanfter leiser Stimme an. etc. etc.</p><p>Als ich solches merkte fing ich an eine Treppe hinaufzusteigen, die, wie ich bald sah in den Thurm führte; am Ende kommt ein beschwerlicher Weg auf Leitern, den mich der kleine Sohn des Wächters führte, oben ist eine sehr schöne Aussicht bis auf’s Meer hin. Doch ist der Thurm an sich selbst schlecht. 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