]> Brief: fmb-1824-07-07-01

fmb-1824-07-07-01

Hilfe zum Zitier-Tool

Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.

Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.


Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy, Carl Wilhelm Ludwig Heyse und Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin<lb></lb>Doberan, 6. und 7. Juli 1824 Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt, Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Bd. 1, 42

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

USA New York, NY US-NYp New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division *MNY++ Mendelssohn Letters Vol. I/11. Autograph Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy, Carl Wilhelm Ludwig Heyse und Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Doberan, 6. und 7. Juli 1824 Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt,

4 beschr. S.

Felix Mendelssohn Bartholdy

-

Elvers, Briefe, S. 34 f. (Briefteil an Paul Mendelssohn Bartholdy).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

6. und 7. Juli 1824 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Doberan Deutschland Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Berlin Deutschland deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Dobberan, d. 6 July 1824.

Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt, ich erstaune vor deinem Riesengenie. Indessen fällt mir ein guter Ausweg ein. Ich werde deine respective Fragen Stück vor Stück beantworten und einige lehrreiche Sentenzen einstreuen, die ich jedesmal unterstreichen will; merk’ auf! und lerne welch weisen Bruder du hast!

Gezeichnet hab’ ich bis dato nur 2 Blättchen von der Kirche zu DobberanMünsterDoberanDeutschland; denn gestern und heute gab es das Wetter nicht zu. Aber ich will schon fleißiger werden, denn die prächtige Kirche giebt mir viel zu thun; Rösels Beinhaus<name key="PSN0114280" style="hidden" type="author">Rösel, Gottlob Samuel (1769–1843)</name><name key="CRT0110555" style="hidden" type="art">Beinhaus in Doberan</name>MünsterDoberanDeutschland<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_srlodmt3-omf7-lnqe-7gvx-ycny6jrwi4tp"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="drawing_albums" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100791" style="hidden">Dobberan (Beinhaus), 3. August 1824; fol. 38r<idno type="MWV">ZB 1/36</idno><idno type="op"></idno></name> soll nicht vergessen werden, doch will ich mich nicht übereilen. Ich habe Zeit. Festina lente!

Du denkst ich werde Dame Ostsee die Cour (Cur) machen können, so wie ich in Dobberan ankomme; aber du bist auf Wegen, die wir in diesen Tagen oft befahren mußten; will sagen, auf Holzwegen. Dobberan ist ein hübsches Dorf im Sande, und pas plus de See que sur ma main. Als wir angekommen war es schlechtes Wetter, wir besahen die Zimmer, machten wenige Complimente und gingen dann aus; ich nahm mein kleines Zeichenbuch unter den Arm, und ging im Sande so vor mich hin, und eine Ansicht von der Kirche zu suchen, die ich auch bald fand, das war mein Sinn. Da verzeichnete ich denn eine Landschaft<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_isvlh6pu-j3zk-tlb9-ln9f-z0satnwuin10"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="drawing_albums" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100804" style="hidden">Dobberan (Landschaft), 15. Juli 1824; fol. 41r<idno type="MWV">ZB 2/43</idno><idno type="op"></idno></name> und den Nachmittag; ging zu Hause, und fand da den alten VogelVogel, Samuel Gottlieb (1750-1837) der VaternMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) besuchte. Ein lebendiger, freundlicher, gesprächiger, alter Mann, und der eigentliche Stifter des Dobberaner Seebades. Es wurde bestimmt, daß VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) den folgenden Tag warm (88°) und ich kalt baden solle (die See hatte nur 61° Fahrenheit nämlich, denn nach dem rechnet man hier, weil man den Franzosen nicht dem Deutschen vorziehen will; hier laß uns Hütten bauen! nicht so, Fanny?)

Am andern Tage setzten wir uns in den Wagen um nach dem heiligen DammeHeiligendammDeutschland zu fahren; ich war in der höchsten Spannung; glückliches Alter, in dem man noch gespannt sein kann! Der Weg geht durch einen Buchenwald, endlich nach einer halben Stunde wendet er sich, und man hat den schönsten Prospect auf die weiße Wand des Badehauses, keinen Tropfen Wasser sieht man aber. So täuscht sich oft die Jugend in Erwartungen und Wünschen. Man kommt dem Hause näher, endlich ist man auf dem Platz vor dem BadehauseBadehaus HeiligendammHeiligendammDeutschland; ich sah mich links um und fand wieder ein weißes Haus; VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) aber sagte: da ist die See. Ich sah mich rechts um, und sah – was ich zu beschreiben hübsch bleiben lassen werde – die See. Dies Farbenspiel, die Brandung, die gerade Linie die sie in der Ferne begränzt, das Brausen, Tosen und Brüllen, alles dies war so schön, so schön – – wie was.

Als VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) gebadet hatte, ließ ich mir eine Schwimmkarte geben, der Kahn stieß ab, und ich sprang hinein, kostete ein bischen Salzwasser, und tummelte mich dann wacker herum, und der Kahn tummelte sich mit mir. Als nun aber commandirt wurde: so hier raus! gegen die Wellen an! da hätte ich vor Freude bald gebrüllt. Aber so leicht ist doch nicht schwimmen, als in der zahmen Spree. Wenn eine Welle ankommt, so muß man immer Berg an schwimmen, und dann fällt man mit eins wieder herunter, und so immer fort; einmal schwamm ich in einem ordentlichen Thal von Wellen, und dann wieder mit dem Winde – ich wünsche euch allen solch Vergnügen. Aber ich bin auch so vorsichtig! Vorsicht allein bringt Vergnügen. Meine heutige Schwimmerey, wo das Meer etwas höher ging, will ich für den Mann aufsparen, den sie gewiß am meisten interessiren muß; für Paul, den Großen. So weit unser Baden. Alles muß ein Ende haben!

Du hast das d moll Concert<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107778" style="hidden" type="music">Konzert für Cembalo d-Moll, BWV 1052</name> gewählt; die gerechte Strafe bleibt nicht aus. Nun, ich hoffe, ZelterZelter, Carl Friedrich (1758-1832) wird dich für dein Pudeln nicht mopsen. Für das bravissimo von RitzRietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832) wird er eine Blase auf der Zunge bekommen. Gott verzeihe dem Cantor, daß er die bewußte Stelle verdarb. RiesRies, Johann Peter Joseph Hubert (1802-1886) sagt, er finge an Seb. BachBach, Johann Sebastian (1685-1750) zu lieben?

Wir haben hier gräulich viel zu thun. Unsere wichtigsten Beschäftigungen sind: Baden, Caffeetrinken, Erdbeerenessen, Mittagbrodessen, Spazierengehn, Schachspielen, Abendbrodessen, und Schlafen. Aber zuweilen sehen wir auch aus dem Fenster. Ist das nicht viel?

Ich danke dir sehr, liebste Mutter, daß du dir so viel Mühe mit meinem Quartett<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ayozggzd-zj02-3v1h-gxlf-fpzgu0dwwial"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_with_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100374" style="hidden">Quartett Nr. 2 f-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, 9. November 1823 bis [Anfang 1824]<idno type="MWV">Q 13</idno><idno type="op">2</idno></name> nimmst. Die Partitur wird doch nicht gedruckt, sondern die Clavierstimme? Daß da nur kein Misverständniß herauskommt!

Ihnen, Herr Heyse, habe ich nun endlich etwas zu schreiben. Denken Sie sich: ich habe 80 Verse in der Ilias<name key="PSN0112080" style="hidden" type="author">Homer</name><name key="CRT0109350" style="hidden" type="literature">Ilias</name> und 3 Capitel im CiceroCicero, Marcus Tullius gelesen, und eine Seite auswendiggelernt. Quid nunc? Schreiben Sie mir doch gefälligst, oder lassen Sie mir schreiben, ob folgende Inschrift ein Hexameter ist.

HEIC TE LAETITIA INVITAT POST BALNEA SANUM

Ich halte sie dafür.

Meine herzlichen Grüße an Herrn Leopold LindenauLindenau, Leopold (1806-1859), die Herrn FrankFranck, Georg Hermann (1802-1855), KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) etc. etc. etc. Felix Mendelssohn Bartholdy.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)

N. S. Was? keine Clarinetti im Idomeneo<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110094" style="hidden" type="music">Idomeneo KV 366</name>? Clarinetti in H sind drin, so war ich ehrlich bin! Hoboen sind göttliche Instrumente, Cantemire<name key="PSN0111037" style="hidden" type="author">Fesca, Friedrich Ernst (1789-1826)</name><name key="CRT0108700" style="hidden" type="music">Cantemire op. 19</name> hat sehr schöne Sachen, das Posthorn ist unangenehm. Der Kuchen kann nicht gut sein, denn er ist nicht für mich, und über dicke Hörner, Bratschen und Contrabässe geht nichts in der Welt! Das ist meine wahre ernstliche Meinung, Fiesko!<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110673" style="hidden" type="dramatic_work">Die Verschwörung des Fiesco zu Genua</name>

Wer’s glaubt gibt 6 Schilling u. s. w.

N.S.z.N.S. Dem H. P. ZelterZelter, Carl Friedrich (1758-1832) würd’ ich heute schreiben, wenn ich nur irgend etwas wüßte, was ihn interessirte; ich kann ihm doch keine Possen schreiben, wie dir, meine Hochverehrte? Empfiehl mich ihm, ich schreib ihm nächsten Posttag, wie auch Herrn Eduard RitzRietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832). Grüße den von mir.

Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) d. 7ten

Dir, mein lieber Paul, danke ich für dein hübsches Briefchenlein; es ist kurz und gut, schreibe nur recht oft; du hast wahrhaftig nichts besseres zu thun, als deinem hochgelahreten Bruder zu schreiben. Aber ein paar gewaltige Fehler hast du doch gemacht. Ich will sie Dir herzählen.

I. Woher weißt Du, daß ich im Wagen schlafe? Ich habe noch nie im Wagen geschlafen, denn wenn die Gegend nicht interessant ist, so denke ich. Das geschieht folgendermaßen. Ich mache die Augen zu, strecke alle Viere von mir, mache zuweilen den Mund avf, gleichsam, um durch die Luft gute Ideen zu bekommen, und singe auch öfters vor mich hin, doch sehr durch die Nase. Wer also sagt daß ich schlafe, den zeih’ ich einer Lüge.

II. Woher weißt du, daß ich mich in Dobberan langweile? Wärst du hier, da würdest du anders sprechen. Laß dir von Fanny nur vorlesen, was wir alles zu arbeiten haben; das Schwerste kommt heute noch dazu, denn heute wird gar das TheaterSchauspielhausDoberanDeutschland eröffnet. Wer also sagt, daß ich mich langweile, den zeih’ ich einer Lüge.

III. Woher weißt du, daß ich gerne Kuchen esse? Damit ist’s avs. Das thu ich wohl zu Havse, um auch einen Spas zu machen, aber sonst ist er mir sehr gleichgültig; eine gute Suppe, und tüchtiges Fleisch, davon könnt’ ich leben. Aber avs Kuchen mach’ ich mir gar nichts. Avch ohne den, ist mir so cannibalisch wohl, als wie fünfhundert – Caninchen. Vide Göthe’s Favst<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108814" style="hidden" type="dramatic_work">Faust. Der Tragödie erster Theil</name>. Wer also sagt, daß ich Kuchen gerne esse, den zeih’ ich einer Lüge.

Solcher Fehler sind noch ungefähr 22 in Deinem Briefe, wo sollt ich Zeit hernehmen, sie dir aufzumutzen? Auch wollt’ ich dir ein großes Schwimmabentheuer erzählen. Aber heute ist der erste schöne Tag, du wirst mir’s also nicht übel nehmen, wenn ich zeichnen gehe, und ein andermal dir mehr schreibe. Wir machen keine Complimonien.

U. A. w. g. Tief unten Serenissime! Felix Mendelssohn Bartholdy
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)

N. S.

Ist ne komische Idee. Was soll der Tand, Das rothe Band, Du junger Fant?
            Dobberan, d. 6 July 1824. Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt, ich erstaune vor deinem Riesengenie. Indessen fällt mir ein guter Ausweg ein. Ich werde deine respective Fragen Stück vor Stück beantworten und einige lehrreiche Sentenzen einstreuen, die ich jedesmal unterstreichen will; merk’ auf! und lerne welch weisen Bruder du hast!
Gezeichnet hab’ ich bis dato nur 2 Blättchen von der Kirche zu Dobberan; denn gestern und heute gab es das Wetter nicht zu. Aber ich will schon fleißiger werden, denn die prächtige Kirche giebt mir viel zu thun; Rösels Beinhaus soll nicht vergessen werden, doch will ich mich nicht übereilen. Ich habe Zeit. Festina lente!
Du denkst ich werde Dame Ostsee die Cour (Cur) machen können, so wie ich in Dobberan ankomme; aber du bist auf Wegen, die wir in diesen Tagen oft befahren mußten; will sagen, auf Holzwegen. Dobberan ist ein hübsches Dorf im Sande, und pas plus de See que sur ma main. Als wir angekommen war es schlechtes Wetter, wir besahen die Zimmer, machten wenige Complimente und gingen dann aus; ich nahm mein kleines Zeichenbuch unter den Arm, und ging im Sande so vor mich hin, und eine Ansicht von der Kirche zu suchen, die ich auch bald fand, das war mein Sinn. Da verzeichnete ich denn eine Landschaft und den Nachmittag; ging zu Hause, und fand da den alten Vogel der Vatern besuchte. Ein lebendiger, freundlicher, gesprächiger, alter Mann, und der eigentliche Stifter des Dobberaner Seebades. Es wurde bestimmt, daß Vater den folgenden Tag warm (88°) und ich kalt baden solle (die See hatte nur 61° Fahrenheit nämlich, denn nach dem rechnet man hier, weil man den Franzosen nicht dem Deutschen vorziehen will; hier laß uns Hütten bauen! nicht so, Fanny?)
Am andern Tage setzten wir uns in den Wagen um nach dem heiligen Damme zu fahren; ich war in der höchsten Spannung; glückliches Alter, in dem man noch gespannt sein kann! Der Weg geht durch einen Buchenwald, endlich nach einer halben Stunde wendet er sich, und man hat den schönsten Prospect auf die weiße Wand des Badehauses, keinen Tropfen Wasser sieht man aber. So täuscht sich oft die Jugend in Erwartungen und Wünschen. Man kommt dem Hause näher, endlich ist man auf dem Platz vor dem Badehause; ich sah mich links um und fand wieder ein weißes Haus; Vater aber sagte: da ist die See. Ich sah mich rechts um, und sah – was ich zu beschreiben hübsch bleiben lassen werde – die See. Dies Farbenspiel, die Brandung, die gerade Linie die sie in der Ferne begränzt, das Brausen, Tosen und Brüllen, alles dies war so schön, so schön – – wie was.
Als Vater gebadet hatte, ließ ich mir eine Schwimmkarte geben, der Kahn stieß ab, und ich sprang hinein, kostete ein bischen Salzwasser, und tummelte mich dann wacker herum, und der Kahn tummelte sich mit mir. Als nun aber commandirt wurde: so hier raus! gegen die Wellen an! da hätte ich vor Freude bald gebrüllt. Aber so leicht ist doch nicht schwimmen, als in der zahmen Spree. Wenn eine Welle ankommt, so muß man immer Berg an schwimmen, und dann fällt man mit eins wieder herunter, und so immer fort; einmal schwamm ich in einem ordentlichen Thal von Wellen, und dann wieder mit dem Winde – ich wünsche euch allen solch Vergnügen. Aber ich bin auch so vorsichtig! Vorsicht allein bringt Vergnügen. Meine heutige Schwimmerey, wo das Meer etwas höher ging, will ich für den Mann aufsparen, den sie gewiß am meisten interessiren muß; für Paul, den Großen. So weit unser Baden. Alles muß ein Ende haben!
Du hast das d moll Concert gewählt; die gerechte Strafe bleibt nicht aus. Nun, ich hoffe, Zelter wird dich für dein Pudeln nicht mopsen. Für das bravissimo von Ritz wird er eine Blase auf der Zunge bekommen. Gott verzeihe dem Cantor, daß er die bewußte Stelle verdarb. Ries sagt, er finge an Seb. Bach zu lieben?
Wir haben hier gräulich viel zu thun. Unsere wichtigsten Beschäftigungen sind: Baden, Caffeetrinken, Erdbeerenessen, Mittagbrodessen, Spazierengehn, Schachspielen, Abendbrodessen, und Schlafen. Aber zuweilen sehen wir auch aus dem Fenster. Ist das nicht viel?
Ich danke dir sehr, liebste Mutter, daß du dir so viel Mühe mit meinem Quartett nimmst. Die Partitur wird doch nicht gedruckt, sondern die Clavierstimme? Daß da nur kein Misverständniß herauskommt!
Ihnen, Herr Heyse, habe ich nun endlich etwas zu schreiben. Denken Sie sich: ich habe 80 Verse in der Ilias und 3 Capitel im Cicero gelesen, und eine Seite auswendiggelernt. Quid nunc? Schreiben Sie mir doch gefälligst, oder lassen Sie mir schreiben, ob folgende Inschrift ein Hexameter ist.
HEIC TE LAETITIA INVITAT POST BALNEA SANUM
Ich halte sie dafür.
Meine herzlichen Grüße an Herrn Leopold Lindenau, die Herrn Frank, Klingemann etc. etc. etc. Felix Mendelssohn Bartholdy.
N. S. Was? keine Clarinetti im Idomeneo? Clarinetti in H sind drin, so war ich ehrlich bin! Hoboen sind göttliche Instrumente, Cantemire hat sehr schöne Sachen, das Posthorn ist unangenehm. Der Kuchen kann nicht gut sein, denn er ist nicht für mich, und über dicke Hörner, Bratschen und Contrabässe geht nichts in der Welt! Das ist meine wahre ernstliche Meinung, Fiesko!
Wer’s glaubt gibt 6 Schilling u. s. w.
N. S. z. N. S. Dem H. P. Zelter würd’ ich heute schreiben, wenn ich nur irgend etwas wüßte, was ihn interessirte; ich kann ihm doch keine Possen schreiben, wie dir, meine Hochverehrte? Empfiehl mich ihm, ich schreib ihm nächsten Posttag, wie auch Herrn Eduard Ritz. Grüße den von mir.
d. 7ten Dir, mein lieber Paul, danke ich für dein hübsches Briefchenlein; es ist kurz und gut, schreibe nur recht oft; du hast wahrhaftig nichts besseres zu thun, als deinem hochgelahreten Bruder zu schreiben. Aber ein paar gewaltige Fehler hast du doch gemacht. Ich will sie Dir herzählen.
I. Woher weißt Du, daß ich im Wagen schlafe? Ich habe noch nie im Wagen geschlafen, denn wenn die Gegend nicht interessant ist, so denke ich. Das geschieht folgendermaßen. Ich mache die Augen zu, strecke alle Viere von mir, mache zuweilen den Mund avf, gleichsam, um durch die Luft gute Ideen zu bekommen, und singe auch öfters vor mich hin, doch sehr durch die Nase. Wer also sagt daß ich schlafe, den zeih’ ich einer Lüge.
II. Woher weißt du, daß ich mich in Dobberan langweile? Wärst du hier, da würdest du anders sprechen. Laß dir von Fanny nur vorlesen, was wir alles zu arbeiten haben; das Schwerste kommt heute noch dazu, denn heute wird gar das Theater eröffnet. Wer also sagt, daß ich mich langweile, den zeih’ ich einer Lüge.
III. Woher weißt du, daß ich gerne Kuchen esse? Damit ist’s avs. Das thu ich wohl zu Havse, um auch einen Spas zu machen, aber sonst ist er mir sehr gleichgültig; eine gute Suppe, und tüchtiges Fleisch, davon könnt’ ich leben. Aber avs Kuchen mach’ ich mir gar nichts. Avch ohne den, ist mir so cannibalisch wohl, als wie fünfhundert – Caninchen. Vide Göthe’s Favst. Wer also sagt, daß ich Kuchen gerne esse, den zeih’ ich einer Lüge.
Solcher Fehler sind noch ungefähr 22 in Deinem Briefe, wo sollt ich Zeit hernehmen, sie dir aufzumutzen? Auch wollt’ ich dir ein großes Schwimmabentheuer erzählen. Aber heute ist der erste schöne Tag, du wirst mir’s also nicht übel nehmen, wenn ich zeichnen gehe, und ein andermal dir mehr schreibe. Wir machen keine Complimonien.
U. A. w. g. Tief unten Serenissime! Felix Mendelssohn Bartholdy
N. S.
Ist ne komische Idee. Was soll der Tand, Das rothe Band, Du junger Fant?          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="fmb-1824-07-07-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="fmb-1824-07-07-01" xml:id="title_d5f161bb-0afb-4300-b07e-400c85e1d220">Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy, Carl Wilhelm Ludwig Heyse und Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin<lb></lb>Doberan, 6. und 7. Juli 1824</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_63711a6c-da4d-4d12-84c0-255ba8c5db99">Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt,</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_d7e80567-6fdb-42cb-879b-80ab65746c00">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> <idno type="MSB">Bd. 1, 42 </idno> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>USA</country> <settlement>New York, NY</settlement> <institution key="RISM">US-NYp</institution> <repository>New York, NY, The New York Public Library for the Performing Arts, Astor, Lenox and Tilden Foundations, Music Division</repository> <collection>*MNY++ Mendelssohn Letters</collection> <idno type="signatur">Vol. I/11.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="fmb-1824-07-07-01" type="letter" xml:id="title_0d4a2ad5-6d22-4ebe-ad20-ac4c212a90ea">Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy, Carl Wilhelm Ludwig Heyse und Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Doberan, 6. und 7. Juli 1824</title> <incipit>Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt,</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>4 beschr. S.</p> <handDesc hands="1"> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Elvers, Briefe, S. 34 f. (Briefteil an Paul Mendelssohn Bartholdy).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1824-07-06" xml:id="date_af791c28-dd41-4b49-9e16-30c694d19da5">6.</date> und <date cert="high" when="1824-07-07" xml:id="date_4d04707e-c099-40e9-aba4-6e7d7671c8c6">7. Juli 1824</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0000001" resp="author" xml:id="persName_03f3eb55-ba84-42a5-881b-dcafc1827d9f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_359c8e27-baa9-4984-a536-ddc42ac44f0f"> <settlement key="STM0100144">Doberan</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0111970" resp="receiver" xml:id="persName_18324648-c76f-45b9-abff-eec86f4ef5c6">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</persName> <persName key="PSN0113263" resp="receiver" xml:id="persName_aaf4df53-bee5-481b-b1d6-0f059f4a8843">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</persName> <persName key="PSN0113260" resp="receiver" xml:id="persName_e38c6f93-7598-43d7-9060-16e0edd9d981">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName> <persName key="PSN0117586" resp="receiver" xml:id="persName_140b537e-4463-4654-8f6a-15172c472b71">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName> <persName key="PSN0117585" resp="receiver" xml:id="persName_49f0751b-6f42-428c-88a9-128acb70705d">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_a685bfd2-5f4a-4e02-8dd6-0872f8a47b85"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country></placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_f88e6cb3-732a-435e-8c3c-cf2a00b59113"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Dobberan, d. <date cert="high" when="1824-07-06" xml:id="date_1fa0602c-1f46-47d7-9bbf-fb052d852153">6 July 1824.</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Himmel! wo soll ich Laune, Witz, Humor genug hernehmen, um deinen höchst launigen, höchst witzigen, höchst humoristischen Brief zu beantworten? Mir ist so zu Muthe, wie es Amalien hätte sein sollen; ich bin beschämt, verwirrt, ich erstaune vor deinem Riesengenie. Indessen fällt mir ein guter Ausweg ein. Ich werde deine respective Fragen Stück vor Stück beantworten und einige lehrreiche Sentenzen einstreuen, die ich jedesmal unterstreichen will; merk’ auf! und lerne welch weisen Bruder du hast! </p> <p>Gezeichnet hab’ ich bis dato nur 2 Blättchen von der <placeName xml:id="placeName_231d00d8-e8f1-4a4d-9de9-4e221dafb4fe">Kirche zu Dobberan<name key="SGH0100708" style="hidden" subtype="" type="sight">Münster</name><settlement key="STM0100144" style="hidden" type="">Doberan</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>; denn gestern und heute gab es das Wetter nicht zu. Aber ich will schon fleißiger werden, denn die prächtige Kirche giebt mir viel zu thun; <placeName xml:id="placeName_3c596f57-9dfe-44b1-b321-4fde8fc8a9a4"><title xml:id="title_fc9d9c63-9cdb-4815-bcb5-cfd8615f8487">Rösels Beinhaus<name key="PSN0114280" style="hidden" type="author">Rösel, Gottlob Samuel (1769–1843)</name><name key="CRT0110555" style="hidden" type="art">Beinhaus in Doberan</name></title><name key="SGH0100708" style="hidden" subtype="" type="sight">Münster</name><settlement key="STM0100144" style="hidden" type="">Doberan</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><title xml:id="title_c5d664e4-15cf-4886-9aa3-00babd823d1c"><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_srlodmt3-omf7-lnqe-7gvx-ycny6jrwi4tp"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="drawing_albums" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100791" style="hidden">Dobberan (Beinhaus), 3. August 1824; fol. 38r<idno type="MWV">ZB 1/36</idno><idno type="op"></idno></name></title> soll nicht vergessen werden, doch will ich mich nicht übereilen. Ich habe Zeit. <hi rend="underline">Festina lente!</hi></p> <p>Du denkst ich werde Dame Ostsee die Cour (Cur) machen können, so wie ich in Dobberan ankomme; aber du bist auf Wegen, die wir in diesen Tagen oft befahren mußten; will sagen, auf Holzwegen. Dobberan ist ein hübsches Dorf im Sande, und pas plus de See que sur ma main. Als wir angekommen war es schlechtes Wetter, wir besahen die Zimmer, machten wenige Complimente und gingen dann aus; ich nahm mein kleines Zeichenbuch unter den Arm, und ging im Sande so vor mich hin, und eine Ansicht von der Kirche zu suchen, die ich auch bald fand, das war mein Sinn. Da verzeichnete ich denn <title xml:id="title_150d7902-f989-40d3-809b-3d311d9525f6">eine Landschaft<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_isvlh6pu-j3zk-tlb9-ln9f-z0satnwuin10"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="drawing_albums_and_collection_sources_with_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="drawing_albums" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100804" style="hidden">Dobberan (Landschaft), 15. Juli 1824; fol. 41r<idno type="MWV">ZB 2/43</idno><idno type="op"></idno></name></title> und den Nachmittag; ging zu Hause, und fand da den <persName xml:id="persName_57a38f37-c1c2-4d55-8273-abda139ee3dc">alten Vogel<name key="PSN0115530" style="hidden">Vogel, Samuel Gottlieb (1750-1837)</name></persName> der <persName xml:id="persName_1df62817-0a33-40b7-a310-541f958d681c">Vatern<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> besuchte. Ein lebendiger, freundlicher, gesprächiger, alter Mann, und der eigentliche Stifter des Dobberaner Seebades. Es wurde bestimmt, daß <persName xml:id="persName_a9f6712f-8e4a-49e7-b1f7-81881ced7f0d">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> den folgenden Tag warm (88°) und ich kalt baden solle (die See hatte nur 61° Fahrenheit nämlich, denn nach dem rechnet man hier, weil man den Franzosen nicht dem Deutschen vorziehen will; hier laß uns Hütten bauen! nicht so, Fanny?)</p> <p>Am andern Tage setzten wir uns in den Wagen um nach <placeName xml:id="placeName_0c89f54c-79f2-4b36-8148-c1fba4f0809b">dem heiligen Damme<settlement key="STM0103285" style="hidden" type="locality">Heiligendamm</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu fahren; ich war in der höchsten Spannung; <hi rend="underline">glückliches Alter, in dem man noch gespannt sein kann!</hi> Der Weg geht durch einen Buchenwald, endlich nach einer halben Stunde wendet er sich, und man hat den schönsten Prospect auf die weiße Wand des Badehauses, keinen Tropfen Wasser sieht man aber. <hi rend="underline">So täuscht sich oft die Jugend in Erwartungen und Wünschen.</hi> Man kommt dem Hause näher, endlich ist man auf dem Platz vor dem <placeName xml:id="placeName_dc1878aa-fd0f-4f56-962e-17cb6a1a62e5">Badehause<name key="NST0103289" style="hidden" subtype="" type="institution">Badehaus Heiligendamm</name><settlement key="STM0103285" style="hidden" type="locality">Heiligendamm</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>; ich sah mich links um und fand wieder ein weißes Haus; <persName xml:id="persName_9829c3d1-bd55-43fd-825e-43037e749aa8">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> aber sagte: da ist die See. Ich sah mich rechts um, und sah – was ich zu beschreiben hübsch bleiben lassen werde – die See. Dies Farbenspiel, die Brandung, die gerade Linie die sie in der Ferne begränzt, das Brausen, Tosen und Brüllen, alles dies war so schön, so schön – – wie was. </p> <p>Als <persName xml:id="persName_8cecf6db-6ed2-4708-8b9b-8bb9730e35dd">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> gebadet hatte, ließ ich mir eine Schwimmkarte geben, der Kahn stieß ab, und ich sprang hinein, kostete ein bischen Salzwasser, und tummelte mich dann wacker herum, und der Kahn tummelte sich mit mir. Als nun aber commandirt wurde: so hier raus! gegen die Wellen an! da hätte ich vor Freude bald gebrüllt. Aber so leicht ist doch nicht schwimmen, als in der zahmen Spree. Wenn eine Welle ankommt, so muß man immer Berg an schwimmen, und dann fällt man mit eins wieder herunter, und so immer fort; einmal schwamm ich in einem ordentlichen Thal von Wellen, und dann wieder mit dem Winde – ich wünsche euch allen solch Vergnügen. Aber ich bin auch so vorsichtig! <hi rend="underline">Vorsicht allein bringt Vergnügen.</hi> Meine heutige Schwimmerey, wo das Meer etwas höher ging, will ich für den Mann aufsparen, den sie gewiß am meisten interessiren muß; für Paul, den Großen. So weit unser Baden. <hi rend="underline">Alles muß ein Ende haben!</hi></p> <p>Du hast das <title xml:id="title_2a7e1816-c7e2-43d1-ba07-99113312fe43">d moll Concert<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107778" style="hidden" type="music">Konzert für Cembalo d-Moll, BWV 1052</name></title> gewählt; <hi rend="underline">die gerechte Strafe bleibt nicht aus.</hi> Nun, ich hoffe, <persName xml:id="persName_ae1d429e-aad4-437d-9ab6-5d0783899c9e">Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName> wird dich für dein Pudeln nicht mopsen. Für das bravissimo von <persName xml:id="persName_b0933493-5f54-4240-b7cc-5f2838132119">Ritz<name key="PSN0114202" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName> wird er eine Blase auf der Zunge bekommen. Gott verzeihe dem Cantor, daß er die bewußte Stelle verdarb. <persName xml:id="persName_643f42b7-0f1a-4f49-825d-e097382c0f3a">Ries<name key="PSN0114192" style="hidden">Ries, Johann Peter Joseph Hubert (1802-1886)</name></persName> sagt, er finge an <persName xml:id="persName_ef4d06ea-08ca-4fc0-b940-79b4ed8c5c84">Seb. Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> zu lieben?</p> <p>Wir haben hier gräulich viel zu thun. Unsere wichtigsten Beschäftigungen sind: Baden, Caffeetrinken, Erdbeerenessen, Mittagbrodessen, Spazierengehn, Schachspielen, Abendbrodessen, und Schlafen. Aber zuweilen sehen wir auch aus dem Fenster. Ist das nicht viel?</p> <p>Ich danke dir sehr, <seg type="salute">liebste Mutter</seg>, daß du dir so viel Mühe mit <title xml:id="title_b636670e-e39a-4d85-a2c3-ef36d6731d39">meinem Quartett<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ayozggzd-zj02-3v1h-gxlf-fpzgu0dwwial"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_with_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100374" style="hidden">Quartett Nr. 2 f-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, 9. November 1823 bis [Anfang 1824]<idno type="MWV">Q 13</idno><idno type="op">2</idno></name></title> nimmst. Die Partitur wird doch nicht gedruckt, sondern die Clavierstimme? Daß da nur kein Misverständniß herauskommt!</p> <p>Ihnen, Herr Heyse, habe ich nun endlich etwas zu schreiben. Denken Sie sich: ich habe 80 Verse in der <title xml:id="title_aa8ed71a-f447-45a6-b037-2174ce37309c">Ilias<name key="PSN0112080" style="hidden" type="author">Homer</name><name key="CRT0109350" style="hidden" type="literature">Ilias</name></title> und 3 Capitel im <persName xml:id="persName_f02047d7-d3f2-4987-86a6-9f867c8ba61b">Cicero<name key="PSN0110392" style="hidden">Cicero, Marcus Tullius</name></persName> gelesen, und eine Seite auswendiggelernt. Quid nunc? Schreiben Sie mir doch gefälligst, oder lassen Sie mir schreiben, ob folgende Inschrift ein Hexameter ist.</p> <p style="paragraph_centered">HEIC TE LAETITIA INVITAT POST BALNEA SANUM</p> <p style="paragraph_without_indent">Ich halte sie dafür.</p> <closer rend="left">Meine herzlichen Grüße an <persName xml:id="persName_5e44f17e-164e-4125-8983-4dcd0113c275">Herrn Leopold Lindenau<name key="PSN0112862" style="hidden">Lindenau, Leopold (1806-1859)</name></persName>, die <persName xml:id="persName_66815e0d-c98f-44e0-9916-3e239728aa0d">Herrn Frank<name key="PSN0111123" style="hidden">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName>, <persName xml:id="persName_14c4fafc-5b20-4dc6-b076-0e7cd102db64">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> etc. etc. etc.</closer> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_038caa41-d8e4-4fae-8565-2787523ca606"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">N. S. Was? keine Clarinetti im <title xml:id="title_02b16ff9-030d-4889-bd9a-633c547d302c">Idomeneo<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name><name key="CRT0110094" style="hidden" type="music">Idomeneo KV 366</name></title>? <hi rend="underline">Clarinetti in H</hi> sind drin, so war ich ehrlich bin! Hoboen sind göttliche Instrumente, <title xml:id="title_3bfbc559-4908-4db9-aa56-cba9cd3bacdd">Cantemire<name key="PSN0111037" style="hidden" type="author">Fesca, Friedrich Ernst (1789-1826)</name><name key="CRT0108700" style="hidden" type="music">Cantemire op. 19</name></title> hat sehr schöne Sachen, das Posthorn ist unangenehm. Der Kuchen kann nicht gut sein, denn er ist nicht für mich, und über dicke Hörner, Bratschen und Contrabässe geht nichts in der Welt! <title xml:id="title_1c1cec80-bd8f-4dcb-a840-ae8c09f25244">Das ist meine wahre ernstliche Meinung, Fiesko!<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110673" style="hidden" type="dramatic_work">Die Verschwörung des Fiesco zu Genua</name></title></p> <p>Wer’s glaubt gibt 6 Schilling u. s. w.</p> <p style="paragraph_without_indent">N.S.z.N.S. Dem H. P. <persName xml:id="persName_d6b151eb-31ce-4050-a628-7de36a978098">Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName> würd’ ich heute schreiben, wenn ich nur irgend etwas wüßte, was ihn interessirte; ich kann ihm doch keine Possen schreiben, wie dir, meine Hochverehrte? Empfiehl mich ihm, ich schreib ihm nächsten Posttag, wie auch Herrn Eduard <persName xml:id="persName_0fb52f3a-2c53-4454-a231-321493df879a">Ritz<name key="PSN0114202" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName>. <seg type="closer">Grüße den von mir</seg>.</p> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_dacb04c8-9c1e-4e46-9309-6881bada09d7"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <dateline rend="right">d. <date cert="high" when="1824-07-07" xml:id="date_a2a55ba1-593f-4b20-a24b-ba587bbdf471">7<hi rend="superscript">ten</hi></date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Dir, <seg type="salute">mein lieber Pa<hi n="1" rend="underline">u</hi>l</seg>, danke ich für dein hübsches Briefchenlein; es ist kurz und gut, schreibe nur recht oft; du hast wahrhaftig nichts besseres zu thun, als deinem hochgelahreten Bruder zu schreiben. Aber ein paar gewaltige Fehler hast du doch gemacht. Ich will sie Dir herzählen.</p> <p>I. Woher weißt Du, daß ich im Wagen schlafe? Ich habe noch nie im Wagen geschlafen, denn wenn die Gegend nicht interessant ist, so denke ich. Das geschieht folgendermaßen. Ich mache die Augen zu, strecke alle Viere von mir, mache zuweilen den Mund avf, gleichsam, um durch die Luft gute Ideen zu bekommen, und singe auch öfters vor mich hin, doch sehr durch die Nase. Wer also sagt daß ich schlafe, den zeih’ ich einer Lüge.</p> <p>II. Woher weißt du, daß ich mich in Dobberan langweile? Wärst du hier, da würdest du anders sprechen. Laß dir von Fanny nur vorlesen, was wir alles zu arbeiten haben; das Schwerste kommt heute noch dazu, denn heute wird gar das <placeName xml:id="placeName_1415fedc-3f62-4e25-b53c-68f65cdaf303">Theater<name key="NST0100221" style="hidden" subtype="" type="institution">Schauspielhaus</name><settlement key="STM0100144" style="hidden" type="">Doberan</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> eröffnet. Wer also sagt, daß ich mich langweile, den zeih’ ich einer Lüge.</p> <p>III. Woher weißt du, daß ich gerne Kuchen esse? Damit ist’s avs. Das thu ich wohl zu Havse, um auch einen Spas zu machen, aber sonst ist er mir sehr gleichgültig; eine gute Suppe, und tüchtiges Fleisch, davon könnt’ ich leben. Aber avs Kuchen mach’ ich mir gar nichts. Avch ohne den, ist mir so cannibalisch wohl, als wie fünfhundert – Caninchen. Vide <title xml:id="title_524849bc-64fe-43ca-bc68-7286fa2ae2ce">Göthe’s Favst<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name><name key="CRT0108814" style="hidden" type="dramatic_work">Faust. Der Tragödie erster Theil</name></title>. Wer also sagt, daß ich Kuchen gerne esse, den zeih’ ich einer Lüge.</p> <p style="paragraph_without_indent">Solcher Fehler sind noch ungefähr 22 in Deinem Briefe, wo sollt ich Zeit hernehmen, sie dir aufzumutzen? Auch wollt’ ich dir ein großes Schwimmabentheuer erzählen. Aber heute ist der erste schöne Tag, du wirst mir’s also nicht übel nehmen, wenn ich zeichnen gehe, und ein andermal dir mehr schreibe. Wir machen keine Complimonien.</p> <closer rend="left" xml:id="closer_2182372b-93fe-4b7b-ae0c-00a6487dd8d1">U. A. w. g.</closer> <closer rend="right" xml:id="closer_3f637880-7df2-4a68-ab63-6386cdf600ef">Tief unten Serenissime!</closer> <signed rend="right">Felix Mendelssohn Bartholdy</signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_847d1bfa-382f-4dd8-8e32-e06e1d619c46"> <docAuthor key="PSN0000001" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0000001" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">N. S.</p> <lg rend="left" type="verse" xml:id="lg_28cd286c-1d13-4e0c-89d2-747f07417ace"> <l>Ist ne komische Idee.</l> <l>Was soll der Tand,</l> <l>Das rothe Band,</l> <l>Du junger Fant?</l> </lg> </div> </body> </text></TEI>