fmb-1824-07-03-01
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Doberan, 3. Juli 1824
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
3 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenJuly 1824
So wären wir denn hier in guter Gesundheit angekommen, und da wir hören, daß um 6 Uhr die Post abgeht so ergreifen wir schnell den Augenblick Euch zu schreiben. Das Wetter war heute gar nicht besonders, und einigemal sogar abscheulich, so daß wir uns gezwungen sahen, die Scheiben herunter zu lassen. Doch die wenigen heiteren Augenblicke waren genügend, uns ein hübsches, fruchtbares Land und die schönsten Feldblumen zu zeigen, so daß uns eine Station von 6 Meilen, die wir heute machen mußten, nicht übermäßig lang vorkam. Gestern hingegen, wo wir in nicht sehr interessanter Gegend, bei schlechtem Wetter, schrecklichen Wegen, mit miserabeln Pferden und einem abscheulichen Postillion auf einer Station von 6 1 2neun Stunden fuhren, hätten wir beinahe die Geduld verloren; es war wirklich ein bischen arg. Indeß nun sind wir ja angekommen, wohnen gut, bei freundlichen Leuten, haben ein passables Clavier, niedliche Aussicht, was ist mehr zu verlangen? Ich habe großes Verlangen nach dem Meer, indessen werde ich auch dieses bald erfüllt sehn, und dann können wir wirklich zufrieden sein. – Nun haben wir gar eben sehr gut zu Mittage gegessen; aber um euch zu zeigen, daß ich nichts weniger, als eine Naschpuse bin, will ich von den trefflichen Erdbeeren mit Sahne, die wir mit großem Appetite verzehrten, kein einziges Wörtchen sagen.
Bis jetzt habe ich noch keine Note geschrieben, indessen denke ich heute Abend anzufangen. Auch habe ich noch keine Oden aus dem Lateinischen ins Deutsche, sondern nur sehr viele gebrannte Mandeln, Chokoladenplätzchen und Bonbons aus der Tüte in meinen Magen übertragen. Aber eine Naschpuse bin ich doch nicht, denn mehr als die Hälfte ist noch nicht verposamentiert.
Auch hat sich bis jetzt nichts rechtes zu calfactern gefunden, der Wagen hat sich in gutem Stand erhalten, es ist nichts vergessen worden und auch nichts verloren; doch sobald sich Etwas desgleichen ereignet, so werde ich dir eine Stafette senden, o Paphel! –
Dir, Backfisch, will ich einen Schöppenstädt-Güstrower Streich erzählen. Du kennst doch den Borghesischen Fechter? (von deiner Gelahrtheit läßt sich das ja voraussetzen). Diesen steinernen Mann hat sich ein Güstrower auf sein drei Stock hohes Haus setzen lassen. Geht man nun vorbei, so glaubt man der Kerl werde auf die Straße springen, solch gewaltigen Ansatz nimmt er. Gewöhnlich ist er der Sammelplatz der Raben, die sichs auf seiner Faust auf ihre Hand wohl sein lassen.
Empfehlt mich dem Herrn
Sagt doch daß ich ihm grüße!
A propos! Der Kuchen, den mir
Doberan, d. 3ten July 1824. So wären wir denn hier in guter Gesundheit angekommen, und da wir hören, daß um 6 Uhr die Post abgeht so ergreifen wir schnell den Augenblick Euch zu schreiben. Das Wetter war heute gar nicht besonders, und einigemal sogar abscheulich, so daß wir uns gezwungen sahen, die Scheiben herunter zu lassen. Doch die wenigen heiteren Augenblicke waren genügend, uns ein hübsches, fruchtbares Land und die schönsten Feldblumen zu zeigen, so daß uns eine Station von 6 Meilen, die wir heute machen mußten, nicht übermäßig lang vorkam. Gestern hingegen, wo wir in nicht sehr interessanter Gegend, bei schlechtem Wetter, schrecklichen Wegen, mit miserabeln Pferden und einem abscheulichen Postillion auf einer Station von 6 1 2 Meilen fast neun Stunden fuhren, hätten wir beinahe die Geduld verloren; es war wirklich ein bischen arg. Indeß nun sind wir ja angekommen, wohnen gut, bei freundlichen Leuten, haben ein passables Clavier, niedliche Aussicht, was ist mehr zu verlangen? Ich habe großes Verlangen nach dem Meer, indessen werde ich auch dieses bald erfüllt sehn, und dann können wir wirklich zufrieden sein. – Nun haben wir gar eben sehr gut zu Mittage gegessen; aber um euch zu zeigen, daß ich nichts weniger, als eine Naschpuse bin, will ich von den trefflichen Erdbeeren mit Sahne, die wir mit großem Appetite verzehrten, kein einziges Wörtchen sagen. Bis jetzt habe ich noch keine Note geschrieben, indessen denke ich heute Abend anzufangen. Auch habe ich noch keine Oden aus dem Lateinischen ins Deutsche, sondern nur sehr viele gebrannte Mandeln, Chokoladenplätzchen und Bonbons aus der Tüte in meinen Magen übertragen. Aber eine Naschpuse bin ich doch nicht, denn mehr als die Hälfte ist noch nicht verposamentiert. Auch hat sich bis jetzt nichts rechtes zu calfactern gefunden, der Wagen hat sich in gutem Stand erhalten, es ist nichts vergessen worden und auch nichts verloren; doch sobald sich Etwas desgleichen ereignet, so werde ich dir eine Stafette senden, o Paphel! – Dir, Backfisch, will ich einen Schöppenstädt-Güstrower Streich erzählen. Du kennst doch den Borghesischen Fechter? (von deiner Gelahrtheit läßt sich das ja voraussetzen) . Diesen steinernen Mann hat sich ein Güstrower auf sein drei Stock hohes Haus setzen lassen. Geht man nun vorbei, so glaubt man der Kerl werde auf die Straße springen, solch gewaltigen Ansatz nimmt er. Gewöhnlich ist er der Sammelplatz der Raben, die sichs auf seiner Faust auf ihre Hand wohl sein lassen. Empfehlt mich dem Herrn Professor Zelter, ich schreibe ihm nächster Tage, sobald ich nur von etwas wichtigern schreiben kann, als von Erdbeerenkrem. Sagt doch Ritz, daß ich Knuth in Gransee besucht habe, und diesen sowohl, als seine beiden Schwestern in guter Gesundheit angetroffen. Den See habe ich auch wohl bemerkt, die Berge aber, von nicht unbeträchtlicher Höhe, habe ich durch die feinste Lupe nicht deutlich sehen können. Bestellt ihm übrigens: daß ich ihm grüße! Auch Herrn Lindenau bitte ich zu grüßen, ich muß jedesmal an ihn denken sobald ich die Leute sagen höre: eine Mile, um negen, Adjüs etc. – und nun grüßt mir alle Bekannte, Verwandte und Freunde recht herzlich. A propos! Der Kuchen, den mir Mutter großmüthigst schenkte, ist schon über alle Berge; aber eine Naschpuse bin ich doch nicht, sondern Euer Felix Mendelssohn Bartholdy.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1824-07-03" xml:id="date_9be97d73-da3b-43cd-824c-1ce26c452c8c">3. 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Aber eine Naschpuse bin ich doch nicht, denn mehr als die Hälfte ist noch nicht verposamentiert.</p><p>Auch hat sich bis jetzt nichts rechtes zu calfactern gefunden, der Wagen hat sich in gutem Stand erhalten, es ist nichts vergessen worden und auch nichts verloren; doch sobald sich Etwas desgleichen ereignet, so werde ich dir eine Stafette senden, o Paphel! – </p><p>Dir, Backfisch, will ich einen Schöppenstädt-Güstrower Streich erzählen. Du kennst doch den Borghesischen Fechter? (von deiner Gelahrtheit läßt sich das ja voraussetzen). Diesen steinernen Mann hat sich ein Güstrower auf sein drei Stock hohes Haus setzen lassen. Geht man nun vorbei, so glaubt man der Kerl werde auf die Straße springen, solch gewaltigen Ansatz nimmt er. 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