fmb-1823-12-06-01
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Berlin, 6. Dezember 1823
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
4 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich freue mich sehr,
Sie schreiben mir, daß Sie dem Winter ungern entgegensehn. Der Sommer giebt Ihrem Wohnorte ja eben seinen schönsten Schmuck.
Die reizende Gegend, die Menschenmenge im Bade, die Wälder und Berge und das angenehme Klima, alles dies ist nur im Sommer da zu bewundern, und wohl glaub’ ich, daß der Winter bei Ihnen traurig und einsam ist. Ganz anders ist’s hier bei uns. Da ist der Sommer unangenehm; die Gegend ist kahl; wer nur fort kann, der verreiset; der Staub ist schrecklich und sehr wenig Schatten. Was Wunder, daß man mit Freuden dem Winter entgegensieht, wo Alles sich wieder vereinigt, wo man es nicht für Pflicht hält spazieren zu gehn, und wo man wieder gute Musik hören kann. So war es auch im Anfange dieses Winters. Doch plötzlich zog die Vermählung des
Abends hielten achthundert Studenten einen Fackelzug vom Thor bis an’s Schloß. Als sie nun am Schloß angekommen waren, strömte die Volksmenge zurück, und nun entstand auf einer kleinen Brücke, die neben der steinernen geht ein solches Gedränge, daß dreißig Leute, theils erdrückt, theils in’s Wasser gestoßen worden sind; viele werden vermißt, viele sind verwundet. Die ganze Stadt ist sehr bewegt durch dieses Ende mit Schrecken. Der
Doch genug von diesen Hofstaatsactionen. Sobald ich nur Zeit habe, will ich das verlangte Stück für Violine und Clavier anfangen und es Ihnen dann gleich schicken.
Berlin, den 6 Dec. 1823. Ich freue mich sehr, mein lieber Herr Rector, daß Sie meiner noch zuweilen gedenken, und wenn ich, wie Sie in ihrem gütigen Brief mir schreiben, einiges zur Verbesserung ihrer Bibliothek beigetragen habe, so vermehrt dies das Vergnügen, mit dem ich an Reinerz zurückdenke, um vieles. Der Dank, den mir die Soldaten sagen lassen gebührt mir nicht so sehr, als Ihnen, denn Sie haben die Mühe der Anordnung des Concerts, und die erste Idee dazu gehabt, und das Wenige was ich vielleicht zur Erleichterung des Schicksals dieser armen Leute beigetragen habe, bedarf nicht der Erwähnung. Es freuete mich zu sehn, wie ein einziger Mann, wenn er Lust und Liebe zur Sache hat, in einer Stadt, sie sey so groß oder so klein wie sie wolle, ein Orchester aufbringen kann, mit dem sich Symphonien von Beethoven ausführen lassen. Glauben Sie ja nicht, daß ich es für leicht halte einer Stadt Geschmack für Musik beizubringen, oder daß ich die Wirkungen Ihrer Anstrengungen übersehn habe. Sie schreiben mir, daß Sie dem Winter ungern entgegensehn. Der Sommer giebt Ihrem Wohnorte ja eben seinen schönsten Schmuck. Die reizende Gegend, die Menschenmenge im Bade, die Wälder und Berge und das angenehme Klima, alles dies ist nur im Sommer da zu bewundern, und wohl glaub’ ich, daß der Winter bei Ihnen traurig und einsam ist. Ganz anders ist’s hier bei uns. Da ist der Sommer unangenehm; die Gegend ist kahl; wer nur fort kann, der verreiset; der Staub ist schrecklich und sehr wenig Schatten. Was Wunder, daß man mit Freuden dem Winter entgegensieht, wo Alles sich wieder vereinigt, wo man es nicht für Pflicht hält spazieren zu gehn, und wo man wieder gute Musik hören kann. So war es auch im Anfange dieses Winters. Doch plötzlich zog die Vermählung des Kronprinzen mit einer bairischen Prinzessin aller Leute Aufmerksamkeit auf sich. Den 28. November sollte die Prinzessin eingeholt werden, und man wendete Alles auf, um den Empfang recht glänzend zu machen. An einer großen neugebauten steinernen Brücke (deren sich Onkel wohl erinnern wird), welche zwischen des Königs Palais und dem großen Schlosse steht, war eine Ehrenpforte errichtet worden. Durch die Linden (die Hauptpromenade) sollte der Zug gehen. Auf beiden Seiten dieser Straße wimmelte es von Menschen, die Fenster von allen drei Etagen, ja selbst die Dachluken waren vollgepropft mit Neugierigen, auf Bäumen, auf Laternen, auf Pfählen, auf Leitern, auf Brunnen, ja auf Dächern standen Leute mehrere Stunden, um – einen vergoldeten Staatswagen zu sehen und ihr Hurrah zu brüllen. Endlich kam der erwünschte Augenblick, die Prinzessin zog ein, escortirt von Schlächtern, Brauern, Tischlern, Schneidern, Schustern und Kaufleuten; an der Ehrenpforte empfingen sie hundertundfünfzig junge Mädchen, die ihr ein Kissen überreichten, das sie die Gnade hatte anzusehen; dann kam sie in’s Schloß und geruhte ein unterthäniges Mittagsmahl einzunehmen. Dann war die Lustigkeit aus. Nun kommt das Traurige und Schreckliche. Abends hielten achthundert Studenten einen Fackelzug vom Thor bis an’s Schloß. Als sie nun am Schloß angekommen waren, strömte die Volksmenge zurück, und nun entstand auf einer kleinen Brücke, die neben der steinernen geht ein solches Gedränge, daß dreißig Leute, theils erdrückt, theils in’s Wasser gestoßen worden sind; viele werden vermißt, viele sind verwundet. Die ganze Stadt ist sehr bewegt durch dieses Ende mit Schrecken. Der König war wüthend, der Commandant bestürzt, der Polizeidirector machte ein langes Gesicht, man verbot dem Zeitungsschreiber von dieser Sache zu reden, und damit war’s gut!! Doch genug von diesen Hofstaatsactionen. Sobald ich nur Zeit habe, will ich das verlangte Stück für Violine und Clavier anfangen und es Ihnen dann gleich schicken. Grüßen Sie doch, Onkel, Tante und Ihre ganze Familie, auch Herrn Leo und den Bürgermeister von Ihrem F. Mendelssohn Bartholdy
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1823-12-06" xml:id="date_d0611b99-b803-4ddc-ad18-948354527e4a">6. 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